Читать книгу Krimi Paket 9 starke Thriller im August 2021 - Alfred Bekker - Страница 58
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ОглавлениеBount ging auf der von den beiden anderen Schiffen abgewandten Seite ins Wasser. Dort schaukelte bereits der Scooter auf der Oberfläche. Mit seinem blauen Anstrich und den knallgelben Streifen wirkte er nicht gerade unauffällig. Bount hatte vor, unmittelbar über Grund zu bleiben. Das Wasser war tief genug.
Das Ding sah aus wie ein kleiner Torpedo. Die Bedienung war denkbar einfach. Der Taucher hängte sich hinten dran und ließ sich ziehen. Eine winzige Schraube reichte für den Antrieb.
Die anderen winkten ihm zu, und Bount hob grüßend die Hand. Dann ließ er sich in die Tiefe ziehen.
Immer wieder war er fasziniert von der Unterwasserwelt. Fische wichen dem ungewöhnlichen Gegenstand aus, der für sie wie ein großer Räuber wirken musste.
Bount ließ sich bis zum Grund sinken. Seine Ausrüstung war komplett. Der Sauerstoff reichte für eine Stunde. Das war mehr als genug.
Er blickte auf den Kompass und korrigierte seine Richtung. Hier unten sah alles ganz anders aus. Er musste häufiger großen Felsen ausweichen und hätte ohne den Kompass die Richtung verloren.
Die Schraube des Tauchscooters drehte sich unermüdlich und nahezu lautlos. Bount hatte auf halbe Kraft gestellt. Die kurze Entfernung zu den beiden Jachten würde er in wenigen Minuten überwinden.
Endlich sah er über sich den dunklen Schatten. Das musste die „Diablo del Mar“ sein. Er schwamm an der Ankerleine vorbei und stellte den Motor seines Scooters ab. Langsam schwamm er aus eigener Kraft weiter und zog das Gerät hinter sich her.
Dann war er unter dem nächsten Schatten. Er ließ sich bis zu dem halb im Sand steckenden Anker sinken und befestigte den Scooter an einem Felsen. Jetzt kam der schwierige Teil der Operation. Bount löste die Sauerstoffflasche vom Rücken, behielt aber noch das Mundstück zwischen den Zähnen.
Bount blickte nach oben. Die Tiefe mochte knapp zehn Meter betragen. Hinaufzukommen war nicht das Problem, aber es würde schwer für ihn werden, wieder in diese Tiefe hinabzutauchen. Denn wenn er sich oben umsehen wollte, konnte er keine Behinderung durch die schwere Aqualunge gebrauchen. Doch dann hatte er eine Idee.
Er schwamm an der Ankerkette hoch, bis er die halbe Distanz zur Oberfläche erreicht hatte. Auf diese Weise brauchte er nicht so tief ohne Sauerstoff zu tauchen und würde außerdem die Stelle schnell finden. Er befestigte die Gurte des Tragegestells an der Kette, nahm einen tiefen Zug und schloss das Ventil. Mit einem kräftigen Flossenschlag stieß er sich ab und schoss nach oben auf die Helligkeit zu.
Er kam unmittelbar neben der Bordwand an die Oberfläche. Frische Luft füllte seine Lungen. Vorsichtig trat er Wasser. Er durfte keine ungewöhnlichen Geräusche verursachen, denn wenn sein Verdacht stimmte, mussten diese Leute sehr aufmerksam sein.
Er sprang ein Stück aus dem Wasser, bis er die Ankerklüse erreichte. Seine Fingerspitzen krallten sich um den schmalen Rand, und er kletterte mit den Füßen an der Bordwand hoch. Die Schwimmflossen behinderten ihn. Er löste sie und stopfte sie neben die Ankerkette in die Öffnung. Dann tastete er nach der Reling, bis seine Finger sich um eine senkrechte Verstrebung schlossen.
Die zweite Hand folgte, und er konnte sich hochziehen, um einen ersten Blick zu riskieren.
Das Vorschiff war leer. Über das kleine Deck war ein Sonnensegel gespannt, das ihn vor Blicken vom Ruderhaus schützen würde. Vom Heck her hörte er Stimmen.
Er rollte sich unter der Messingreling auf das hölzerne Deck. Wenn jetzt jemand kam, besaß er nicht die geringste Deckung. Er tastete nach dem Tauchermesser, das in der Scheide an seinem rechten Unterschenkel steckte.
Mit zwei raschen Schritten war er an der Wand des Ruderhauses. Seine Füße hinterließen nasse Flecken auf den polierten Planken, aber in der Hitze würden sie rasch trocknen. Er riskierte einen vorsichtigen Blick um die Ecke. Auf dem größeren Achterdeck befanden sich mehrere Personen, die er nicht kannte.
Sie standen an der Steuerbordseite und blickten offensichtlich zur „Diablo del Mar“ hinüber. Es sah aus, als erwarteten sie jemanden.
Bount sah sich um und überprüfte seinen Rückweg für den Notfall. Es war unwahrscheinlich, dass jemand in seine Nähe kam, aber in diesem Falle war er in einem raschen Sprung verschwunden.
„Da kommt unser Freund“, sagte einer der Männer und deutete mit der Hand zu einer Stelle, die Bount nicht sehen konnte.
Bount hörte das Knattern eines Außenbordmotors, dann einen leichten Schlag gegen die Bordwand. Benson war also zu Besuch gekommen, um den Kontakt mit seinen Verbündeten aufzunehmen.
Sekunden später erschien sein Kopf über der Bordwand. Er stand an Deck und streckte die Hand aus.
„Pedro Alvarez“, sagte der erste. „Sie sind Bolt.“
Benson nickte, und Bount war überrascht, dass er auch hier seinen neuen Decknamen beibehielt.
„Das ist Lucky Garcia“, stellte Alvarez weiter vor. „Und dies ist Kapitän Sculler. Er hat uns in der schnellstmöglichen Geschwindigkeit hierhergebracht.“ Sie ließen sich auf den Deckstühlen nieder. Alvarez wandte sich an den Kapitän. „Sie haben sicher zu tun.“ Sculler biss sich auf die Lippen, verschwand aber wortlos aus Bount Reinigers Sicht. Die drei Ganoven rückten näher zusammen, aber sie sprachen laut genug, dass Bount jedes Wort verstehen konnte. Er war froh, dass er das Risiko auf sich genommen hatte. Die Absichten des Gegners zu kennen, war oft der halbe Sieg.
„Dann schießen Sie mal los, worum es eigentlich geht“, begann Garcia.
„Den Hintergrund kennen wir bereits“, erläuterte Alvarez.
Benson nickte grimmig. „Auf der Jacht dort drüben sind ein paar reiche Amerikaner, die hinter einem spanischen Silberschiff her sind. Ein Fischer aus der Gegend hat vor ein paar Tagen eine Kassette mit alten spanischen Münzen aus dem Meer geholt. Die Münzen habe ich, und der Fischer kann unglücklicherweise nichts mehr sagen. Durch Zufall haben auch die Leute dort drüben davon erfahren. Ich nehme an, dass sie jetzt nach dem versunkenen Schiff suchen. Sie haben jedenfalls die nötige Ausrüstung an Bord. Ich glaube zwar, dass die Chance verschwindend gering ist das Schiff zu finden - aber man kann nie wissen.“
„Haben Sie es denn schon gefunden?“, fragte Garcia. Benson schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Ahnung. Ich habe sie beschattet, seit sie den Hafen verlassen haben. Seitdem ankern sie an dieser Stelle und tauchen täglich am Riff.“
„Haben sie denn schon etwas an Bord geholt?“
„Das ist schwer zu erkennen. Sie setzen Bojen und suchen das ganze Gebiet offenbar planmäßig ab. Irgendwie müssen sie eine Information bekommen haben, wonach das Schatzschiff in dieser Gegend liegt.“
Alvarez und Garcia sahen sich ungläubig an. „Und auf eine so dünne Geschichte ist der Boss hereingefallen!“, meinte Garcia schließlich. „Das ist ja wie eine Märchenstunde. Ich hatte angenommen, dass es ein paar handfestere Informationen gibt!“
Bensons Gesicht verzog sich wütend. „Ich bin schon länger in der Gegend. Ich weiß, dass die Geschichten um versunkene spanische Schiffe keine Märchen sind. Man hat schon einiges gehoben, und das Gold und Silber an Bord dieser Schiffe ist viele Millionen Dollar wert. Vor allem gehört es niemand. Man kann es ganz legal heben.“
Garcia grinste. „Ganz legal doch wohl nicht. Wenn mich nicht alles täuscht, befinden wir uns hier innerhalb der Hoheitsgewässer.“
Benson hob geringschätzig die Schultern. „Wen interessiert das schon? Wir sind hier ganz unter uns. Die Frage ist nur, wie wir weiter vorgehen. Wir müssen davon ausgehen, dass die Amerikaner das versunkene Schiff möglicherweise finden.“
„Das wäre die einfachste Lösung“, meinte Alvarez. „Wir warten, bis sie das Zeug gehoben haben, und dann nehmen wir es ihnen weg. Wir haben für diesen Zweck genügend Material an Bord. Notfalls versenken wir den Kahn.“ Er lachte rau.
Bount biss die Zähne zusammen. Jetzt wusste er ganz genau, mit wem sie es zu tun hatten. Dies waren zwei professionelle Killer. Bount kannte diese Typen zur Genüge. Um Erfolg zu haben, würden sie ihre Waffen rücksichtslos einsetzen und vor Mord nicht zurückschrecken.
„Wir könnten noch ein paar Druckmittel einsetzen“, ergänzte Garcia. „Ich kenne mich in diesen Dingen aus. Sie werden spuren müssen. Aber das ist das geringere Problem. Was mich ärgert, ist, dass wir auf die Suche keinen Einfluss haben. Wer sagt uns, ob und wann sie den Schatz finden?“
„Vielleicht können wir jemanden an Bord der Jacht auf unsere Seite ziehen“, schlug Alvarez vor. „Was sind das für Leute?“
„Keine Dummköpfe“, sagte Benson. „Einer von ihnen ist schon auf mich aufmerksam geworden.“
Er vergaß zu erwähnen, dass Bount ihn sogar kannte. Immerhin schien er Respekt bekommen zu haben.
„Das wird der Boss nicht gern hören“, erwiderte Alvarez langsam. „Er besteht darauf, dass keine Spuren zu ihm führen. Da müssen wir uns eine befriedigende Lösung einfallen lassen.“
Sie sprachen von Mord, als sei es etwas Alltägliches. Bount wusste, dass er und seine Freunde in höchster Gefahr waren. Diese sportliche Schatzsuche wurde zu einer tödlichen Angelegenheit. Er musste sich die entsprechenden Gegenmaßnahmen ausdenken. Vor allen Dingen war Wachsamkeit jetzt Trumpf!
„Ich finde, wir sollten den Leuten mal einen freundlichen Besuch abstatten“, schlug Alvarez vor. „Wir sind harmlose Touristen, die hier angeln wollen. Ich möchte gern wissen, wie viele Leute an Bord sind und welchen Eindruck sie machen. Es ist immer besser, den Feind zu kennen.“
„Das ist eine sehr gute Idee“, sekundierte Garcia.
„Sie werden wissen, dass ihr auf meiner Seite seid“, sagte Benson.
Alvarez schüttelte den Kopf. „Wir werden sagen, dass wir rein zufällig zunächst die ‚Diablo del Mar‘ angelaufen haben. Wir können sogar sagen, dass wir Sie nicht besonders entgegenkommend fanden. Auf diese Weise könnten wir sogar ihr Vertrauen gewinnen.“
„Das ist ein guter Plan“, stimmte Benson zu.
Ihr werdet euch wundern, dachte Bount Reiniger.
Benson füllte drei Gläser mit Whisky, und sie prosteten sich zu. Auf allen Gesichtern lag ein breites Grinsen, als hätten sie das Gold schon in der Tasche. Bount kniff die Lippen zusammen. Diese Suppe würde er ihnen gründlich versalzen.
„Was meinen Sie, wie lange es dauern wird, bis die Kameraden da drüben Erfolg haben?“, fragte Garcia.
Benson hob die Schultern. „Ich bin doch kein Hellseher. Es ist möglich, dass sie überhaupt nichts finden. Eine Garantie gibt es nicht. Das habe ich auch dem Boss gesagt. Wir haben eine winzige Chance - mehr nicht. Dafür müssen wir nichts weiter als Zeit opfern. So gesehen ist es kein schlechtes Geschäft.“
Alvarez nickte. „Unter diesem Aspekt stimmt die Sache. Größere Risiken müssen wir erst eingehen, wenn wir sicher sind, dass die andere Seite fündig geworden ist. Also warten wir in aller Ruhe ab, was in den nächsten Tagen geschieht.“
Garcia nickte. „Ich wollte schon immer in der Karibik Ferien machen. Bin lange nicht mehr hier gewesen.“
Sie hoben die Gläser und tranken aus.
Bount zog sich langsam von seinem Beobachtungsposten zurück. Es wurde höchste Zeit hier zu verschwinden. Er hatte sein Glück lange genug strapaziert. Jede Sekunde konnte er entdeckt werden. Und das wäre kein sonderlicher Erfolg seiner Mission. Denn noch wussten die Gangster nicht, dass er ihre Pläne kannte.
Jetzt musste er noch herausfinden, wer der geheimnisvolle Boss im Hintergrund war. Er dachte an das Notizbuch, dass er in Bensons Büro entdeckt hatte. Darin gab es nur eine einzige Adresse in Miami. Nun - es war vielleicht noch zu früh, die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Er schlich zum Bug zurück und ließ sich vorsichtig ins Wasser gleiten. Wie ein Fisch versank er lautlos unter der Oberfläche.