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Pedro Alvarez hatte immerhin seinen Oberkörper freigemacht, wagte aber nicht, seine blasse Haut der Sonne auszusetzen. Er hatte sich unter das Sonnensegel am Heck zurückgezogen und schlürfte einen eisgekühlten Drink.

Die „Valetta“ fuhr mit Höchstgeschwindigkeit ihrem Bestimmungsort entgegen. Die See war ruhig, und aus dem Bauch der Jacht kam das beruhigende Stampfen der Maschine. Der Bug lag hoch aus dem Wasser, und hin und wieder schäumten Spritzer der Bugwelle bis zum Heck. Das Boot war für hohe Geschwindigkeiten gebaut. Der Konstrukteur hatte Wert darauf gelegt, dass es jedem Boot der Küstenwache entkommen konnte.

Lucky Garcia legte das Fernglas zur Seite, mit dem er den Horizont abgesucht hatte, und wandte sich an seinen Kumpel. „Wir werden morgen im Laufe des Tages ankommen“, sagte er.

Alvarez nickte. „Ich weiß. Vielleicht sollten wir uns mal die Ausrüstung ansehen.“

„Ein guter Gedanke.“ Garcia lachte. „Der Boss hat uns versprochen, dass alles an Bord ist, was wir eventuell gebrauchen könnten.“

Er winkte zur Brücke hinauf, bis der Kapitän der dreiköpfigen Besatzung ihn bemerkte. Er war ein verschlossener Mann von etwa vierzig Jahren, der bisher mit ihnen noch keine drei Worte gewechselt hatte. Er nickte und kletterte zu ihnen herunter.

Alvarez setzte seinen Drink ab. „Der Boss meinte, es seien ein paar Überraschungen für uns an Bord. Wir möchten uns die Sachen gern mal ansehen.“

Der Kapitän nickte und machte eine Handbewegung. „Kommen Sie mit!“

Sie stiegen in den Maschinenraum hinunter, wo sich ein weiterer Mann mit Putzarbeiten beschäftigte. Sie konnten nur hintereinander gehen, denn der Platz hier unten war ziemlich beengt. Am Heck gab es eine winzige Luke, die der Kapitän mit einem Schlüssel öffnete, den er um den Hals trug. „Gehen Sie hinein!“

Alvarez drängte sich hinter Garcia in die winzige Kammer. Sie hatten beide kaum Platz darin. Vor ihnen waren einige Kisten ohne jede Aufschrift gestapelt.

Alvarez wuchtete die erste herunter und stellte sie ab. Sie mussten die Zehenspitzen einziehen. Er öffnete den Deckel, und sie starrten auf ein halbes Dutzend Schnellfeuergewehre vom Typ M 16.

„Damit können wir uns ein paar Minuten verteidigen“, meinte Garcia grinsend. Sie stellten die Kiste an ihren Platz zurück und öffneten die übrigen.

Es war ausreichend Munition vorhanden. Außerdem fanden sie Handgranaten, Sprengstoff und Zünder, mehrere Pistolen und .Revolver, sowie Harpunen für die Unterwasserjagd. Mit ihnen hätte man einen Hai umbringen können. Sie waren mit winzigen Sprengladungen ausgerüstet. Die Reichweite musste beträchtlich sein, wie aus den Gaspatronen ersichtlich war, mit denen die Harpunen betrieben wurden.

„Das macht einen sehr ordentlichen Eindruck“, stellte Alvarez nach einer Pause fest. „Ich denke, dass der Boss für alle Eventualitäten vorgesorgt hat. Ich mag es, wenn man richtig plant.“

Sie stellten die Kisten wieder an ihren Platz und gingen an Deck. Der Kapitän hatte sich auf die Brücke zurückgezogen.

„Was hältst du von ihm?“, fragte Garcia.

Alvarez zuckte die Schultern. „Ich denke, dass er verlässlich ist, sonst hätte der Boss ihn nicht ausgesucht.“

„Wir sollten mal ein paar Worte mit ihm reden.“ Alvarez nickte. „Einverstanden. Gehen wir mal zu ihm.“ Er streifte sich sein Hemd über, da er auf dem Weg in die Sonne kommen würde, und das wollte er seiner Haut nicht zumuten.

Sie kletterten nacheinander die Gangway hoch. Sculler, so hatte sich der Kapitän ihnen vorgestellt, sah ihnen ohne Überraschung entgegen.

„Haben Sie ein paar Minuten Zeit für uns?“, fragte Garcia.

Sculler nickte wortlos.

„Wir haben die Ausrüstung gesehen und sind natürlich beeindruckt. Wie steht es aber mit der Mannschaft? Wie verhalten sich Ihre beiden Leute, wenn es hart auf hart geht? Wir müssen damit rechnen, dass wir Schwierigkeiten bekommen.“

„Das hat mir der Boss schon gesagt“, murmelte Sculler. „Meine Leute sind es gewohnt, in Schwierigkeiten zu kommen. Ich kenne sie schon aus Vietnam, wissen Sie.“ Das war die längste Rede, die Sculler während dieser Fahrt bis jetzt gehalten hatte, und die beiden Gangster waren beeindruckt.

„Das ist natürlich nicht Vietnam“, sagte Alvarez zweifelnd.

Sculler warf ihm einen raschen Blick zu. „Überall ist Vietnam.“

Garcia hüstelte leicht. „Na ja, wenn Sie es so sehen ...“

„Meine Leute können durchaus mit den Waffen umgehen, die dort unten gestapelt sind - und sie werden es auch tun, wenn ich es ihnen befehle. Aber der Boss hat ausdrücklich gesagt, dass wir nur im Notfall einzuspringen haben. Für die Operation vor Ort sind Sie zuständig. Ich bringe Sie nur hin und stehe für den Notfall zur Verfügung.“

„Das ist ja immerhin was“, bemerkte Garcia sarkastisch.

Sculler nickte. „Der Boss meinte aber, das würde nicht nötig sein, da es sich bei Ihnen beiden um Profis handelt, die ihren Job verstehen. Er sagte, es würde sicher keine Schwierigkeiten geben, die Sie nicht beheben könnten. Ich muss sagen, er war von Ihnen überzeugt, sodass ich ihm einfach glauben musste. Hatte er unrecht?“

„Nein!“, sagte Garcia scharf. „Natürlich nicht. Schließlich weiß unser Boss, wen er sich für bestimmte Aufgaben aussucht. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Wir werden unsere Aufgabe allein schaffen, das ist völlig klar. Wäre es zu viel verlangt, wenn wir Sie um Rückendeckung bitten?“

„Ich stehe zur Verfügung.“

Garcia und Alvarez kletterten wieder von der Brücke.

„Das ist aber ein unangenehmer Zeitgenosse“, sagte Alvarez, als sie wieder unter dem Sonnensegel saßen, wo Sculler sie nicht beobachten konnte. „Wir sollten uns besser nur auf uns selbst verlassen.“

Garcia schüttelte den Kopf. „Da bin ich anderer Ansicht. Er wollte uns nur auf die Probe stellen. Valetta sucht sich seine Leute sehr sorgfältig aus. Ich bin sicher, dass wir uns auf diese drei Leute verlassen können. Sie sind Profis wie wir. Aber sie wollen natürlich erst mal sehen, wen sie da an Bord haben.“

„Damit kannst du natürlich recht haben. Also machen wir mal einen Plan, wie wir vorgehen.“

„Wir sind harmlose Touristen, die einen Angelausflug in die Karibik machen. Wir werden uns die Amerikaner ansehen und ein bisschen herumhorchen. Dann beobachten wir sie. Wenn sie wissen, wo das Gold liegt, werden sie hinfahren. Wir brauchen ihnen nur zu folgen. Wir lassen sie das Gold holen und dann nehmen wir es ihnen weg. Das ist doch ganz einfach.“

„Ein bisschen zu einfach!“

„Alle guten Pläne sind einfach. Außerdem müssen wir erst mal dort sein. Alles weitere wird sich ergeben. Und jetzt sollten wir ein paar Schießübungen machen, damit wir nicht aus der Übung kommen. Ich kenne gern die Waffen, mit denen ich arbeite. Sicher hat Sculler ein paar leere Dosen oder Flaschen.“

Alvarez nickte. „Das ist eine gute Idee. Ich hole mir eins von den M 16. Damit habe ich lange nicht mehr geschossen.“

Und die ehrenwerten Gentlemen bemühten sich nun, ihre Treffsicherheit zu vervollkommnen. Sie rechneten damit, dass der Job, den sie für Valetta erledigen mussten, den Einsatz von Waffen durchaus einbezog. Aber das war für Männer wie Pedro Alvarez und Lucky Garcia ein ganz normaler Vorgang.

Sculler beobachtete die beiden von der Brücke aus. Er lächelte geringschätzig. Sie warfen Konservendosen ins Wasser, warteten, bis das Schiff eine gewisse Entfernung zurückgelegt hatte, und feuerten dann, was die Läufe hergaben.

Sculler sah, dass die Trefferquote auf längere Distanz nicht sonderlich hoch lag. Er hielt die beiden für Gangster, die nur auf kurze Entfernungen gut waren. Er war sicher, dass sie mit ihm nicht mithalten konnten. Nun ja, gute Leute waren eben schwer zu bekommen.

Der Kapitän hatte keine rechte Vorstellung, worum es bei diesem Job ging. Valetta hatte ihn nicht eingeweiht. Das machte der Boss immer so. Keiner hatte den Gesamtüberblick. Wer nicht alles wusste, konnte auch nicht alles erzählen. Sculler fand diese Regelung in Ordnung. Dennoch hätte er gern gewusst, was diese beiden Latinos in der Karibik trieben.

Er blickte auf die Seekarte, die aufgeschlagen vor ihm lag. Dann nahm er einen Bleistift und zog einen kleinen Kreis um die Insel östlich von Kuba.

Krimi Paket 9 starke Thriller im August 2021

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