Читать книгу Das Super Krimi Paket Dezember 2021: 12 Romane in einem Buch - 1800 Seiten Thriller Spannung - Alfred Bekker - Страница 105

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„Wohin geht die Reise?“, fragte ich, nachdem ich wieder einigermaßen bei mir war. Ich hatte mitgekriegt, dass der Ford mehrfach abgebogen war und es irgendwie aus der Stadt hinausging.

„Maul halten!“, knurrte der Bursche mit dem Glasauge.

Und der Rothaarige fügte hinzu. „Sie werden schon sehen, wohin es geht.“

Der dritte Mann war der Fahrer.

Als er sich halb herumdrehte, sah ich die Narbe an seinem Kinn.

„Diesen Ort nennt man wohl auch Paradies oder so!“, lachte er.

Die beiden anderen lachten ebenfalls.

Ich hatte nach Buddys Beschreibungen keinen Zweifel, es mit dem Trio Meath, Sutter und Reagan zu tun zu haben.

Wenigstens brauchte ich mir keine Mühe mehr geben, ihre Adressen herauszufinden. Leider konnte ich Kitty nichts davon sagen. Vielleicht hätte sie ihren Termin bei der Maniküre ja noch einhalten können.

Eine üble Ahnung beschlich mich und mein Magen rebellierte. Das waren wohl nicht nur der Schlag mit dem Tommy Gun Kolben und der enttäuschende Hamburger, sondern auch der untrügliche Instinkt dafür, dass meine Stunden wohl gezählt waren, wenn mir nicht sehr schnell etwas Gutes einfiel.

Wir ließen schließlich die Stadt hinter uns. Als ich den Schwarm von Möwen und Krähen in der Luft kreisen sah, wusste ich, wo das Ziel dieser Fahrt war.

Eine der Müllkippen rund um Chicago.

Ich sollte Recht behalten.

Ein paar Baracken gab es hier, ansonsten Berge von Müll. Ein erbärmlicher Gestank hing in der Luft und drang auch in das Innere des Ford. Man wagte es kaum, etwa tiefer Luft zu holen. Um diese Zeit wurde hier kein Müll mehr abgeladen. Wir allein, meine Mörder, die Möwen und ich.

Eine gute Ausgangsposition nennt man so etwas wohl nicht.

„Sie machen einen Riesenfehler“, sagte ich.

„Den Riesenfehler haben Sie schon gemacht!“, grinste Meath.

„Und zwar in dem Sie Ihre verdammte Nase zu tief in Dinge gesteckt haben, die Sie nichts angehen.“

„Mister Meath, wenn ich mich nicht irre. Und die anderen beiden Gentlemen heißen Sutter und Reagan, stimmt’s? Eure Reihen sind nicht dicht. Da dringt so einiges nach draußen.“ Ich deutete auf die Tommy Gun. „Ich wette, Jed Flaherty wurde mit diesem Ding erschossen!“

„Schon möglich, aber außer den Möwen wird Ihnen niemand bei Ihren Stories zuhören!“, glaubte Meath.

„Sollen wir ihn mit seiner eigenen Waffe erledigen?“, fragte Sutter.

„Nein, ich mach das schon“, sagte Meath. Mit einem ratschenden Geräusch lud er die Tommy Gun durch.

Der Wagen hielt an.

Der rothaarige Sutter öffnete die Tür. Ich wurde herausgezerrt und auf den Boden geschleudert. Sutter richtete meine eigene Waffe auf mich. „Keine Dummheiten!“, knurrte er.

Wie auch – bei dem Gestank!

Ich war froh, nicht gleich zu ersticken.

„Meath kommt schon wegen des Mordes an Flaherty an den Galgen. Der hat nichts zu verlieren. Aber für die anderen gilt das nicht!“

„Mund halten!“, knurrte Sutter, während Allan Meath in aller Seelenruhe aus dem Wagen stieg, dessen Hinterrad sich in dem matschigen Untergrund festgefahren hatte. Es drehte durch und schleuderte eine Fontäne aus Dreck in die Höhe. Reagan, der Mann mit der Narbe, fluchte lauthals.

„So ein verfluchter Mist!“, rief er und tat genau das Falsche. Er gab noch einmal kräftig Gas, womit er alles nur noch verschlimmerter.

„Na großartig“, knurrte Meath, der inzwischen den Wagen verlassen hatte. Er umrundete ihn allerdings erst, als Reagan den Motor abstellte, um nicht in die Dreckfontäne hinein zu geraten.

Dann stand Meath hinter mir und richtete seine Tommy Gun auf mich. Mir war klar, dass es im Moment weder Sinn noch Zweck hatte, irgendwelche Tricks zu versuchen. Die Tommy Gun machte aus mir innerhalb von Sekunden ein Sieb mit zwanzig, dreißig Löchern.

Also blieb mir nichts anders übrig, als geduldig abzuwarten. Wenn es nicht gerade um das eigene Leben geht, fällt einem das Warten auf den richtigen Augenblick allerdings entschieden leichter. Das muss ich schon zugeben.

„Ich muss mal pinkeln“, meinte Sutter.

„Geh schon!“, forderte ihn Meath auf. „Gleichgültig wo du dich hier hinstellst, du machst nichts dreckig!“

„Sehr witzig!“

„Anschließend hilfst du Hank, damit der Wagen wieder in Gang kommt.“

„Und was ist mit dem Kerl da?“ Damit meinte Sutter mich.

„Das kriege ich schon alleine hin!“, knurrte Meath grimmig.

Er stieß mir die Mündung der Tommy Gun in den Rücken und führte mich hinter die Baracke. Gleich dahinter türmten sich die Müllgebirge. Unter unseren Füßen war ebenfalls Müll.

Verschimmeltes Zeitungspapier, platt gedrückte Blechdosen und irgendeine undefinierbare weiche Masse, die schlecht roch. Ratten liefen hier und da zwischen den Müllbergen umher. Und die Möwen kreischten so laut, dass es in den Ohren wehtat.

„Graben Sie ein Loch!“, forderte mich Meath auf.

„In den Müll hinein?“

„Logisch. Glaubst du, ich habe Lust mir die Gelbsucht an irgendeiner rostigen Konservendose zu holen, nur um Sie zu verscharren?“

„Würde ich an Ihrer Stelle auch so machen!“

Der Müll wurde hier einfach nur abgeladen. Schicht drückte auf Schicht. Alles, was hier einfach hingeworfen wurde, sank im Laufe der Jahre immer tiefer. Und was mich anging, so hatte ich dasselbe Schicksal vor Augen, wie eine gewöhnliche Blechdose, die ausgedient hatte.

Das war keine Aussicht, die mir gefiel.

Meine Pläne für die Zukunft sahen anders aus. Leider hatte der Mann hinter mir eine Tommy Gun, die so etwas wie die moderne Ausgabe eines Zepters sein muss.

„Nun mach schon“, maulte Meath.

Gleichzeitig hörte ich, wie Hank Reagan und Brian Sutter noch einmal versuchten, den Wagen zu starten und aus dem Matschloch herauszuholen. Reagan wies seinen Komplizen lauthals an, doch kräftiger zu schieben.

So etwas wie: „Hast du nur Luft in den Schläuchen oder was ist los?“, konnte man als heiseren Schrei durch das Motorengeräusch hindurch hören.

Ich räumte etwas Müll zur Seite. Aber von dem großen Müllgebirge vor mir rutschte dauernd etwas nach.

„Mach schneller!“, fauchte Meath.

„Warum? Damit ich schneller abgeschossen werde?“

„Mund halten.“

Meath schien mir zunehmend nervös zu werden. Die Aussicht, in Kürze zusammen mit einer Leiche hier festzusitzen, weil der Wagen feststeckte, schien ihm nicht zu schmecken.

Ich vermied es, heftig zu atmen. Irgendwie widerstrebte es mir mit einem derart übel riechenden Aroma als letzten Eindruck von dieser Welt vor den Schöpfer zu treten. Die Welt mochte ein Jammertal sein, aber so schlecht war sie dann auch wieder nicht, dass es gerechtfertigt gewesen wäre, sie eine Ewigkeit lang in schlechter Erinnerung zu behalten.

Ich setzte meine Grabarbeiten fort, schnitt mir die Hand an einer Blechdose und fand dann eine Dose, deren Deckel einfach zur Seite fiel. Der Inhalt bestand aus einer undefinierbaren, glasigen Flüssigkeit, die an sehr dünnflüssigen Honig erinnerte.

Der Geruch war intensiv.

Vermutlich irgendein Lackrest.

Ich packte die Dose, schleuderte sie kurz entschlossen herum, so dass der Inhalt Meath entgegen spritzte.

Ein Teil der Ladung ging ihm ins Gesicht. Er riss die Arme hoch.

Ein paar Schüsse lösten sich dabei aus seiner Tommy Gun, aber die gingen ins Nichts. Er konnte nicht mehr zielen. Das Zeug saß ihm in den Augen und brannte offenbar höllisch. Er schrie auf. Ich schnellte einen Schritt nach vorn, bog den Lauf der Tommy Gun zur Seite und streckte ihn mit einer rechten Graden nieder.

Wie ein gefällter Baum kam Meath zu Boden und blieb in dem Unrat regungslos liegen. Ich nahm ihm die Tommy Gun ab, stieß ihn noch mal an. Aber wie es schien hatte ich Meath erstmal schlafen gelegt. Er würde voraussichtlich für die nächsten zwei Stunden keinen Ton mehr sagen. Ich durchsuchte ihn kurz und nahm ihm meine eigene Waffe ab, die er sich in den Hosenbund gesteckt hatte, außerdem fand ich noch einen 22er bei ihm, den ich ebenfalls an mich nahm. Schließlich bin ich kein Narkosearzt, der die Bewusstlosigkeit eines Menschen genau vorher zu bestimmen vermag. Und vor unliebsamen Überraschungen wollte ich mich schützen, auch wenn ich bezweifelte, dass Meath in seinem fast blinden Zustand noch mit irgendeiner Waffe etwas hätte anfangen können.

Die beiden anderen Gangster waren immer noch mit dem Wagen beschäftigt, den sie jetzt endlich freibekommen hatten.

Als ich hinter den Müllbergen auftauchte, bemerkten die beiden mich erst gar nicht, dann stutzten sie und waren ziemlich überrascht.

Die Schüsse, die gefallen waren, hatten sie bislang nur so interpretieren können, dass Meath gerade meinen Körper voll Blei gepumpt hatte.

Ein Fehlschluss, der sich rächen sollte.

Ich hielt die Tommy Gun im Anschlag.

Die beiden Kerle wussten genau, dass sie mit ihren Revolvern dagegen nicht ankommen konnten. Wenn ich einfach losballerte, waren die beiden weg vom Fenster, ehe einer von ihnen sein Eisen in der Hand hatte.

„Schön die Hände hoch!“, sagte ich. „Und aussteigen!“ Letzteres galt für Reagan, der hinter dem Steuer des Fords saß, während Sutter geschoben hatte. Der Motor lief noch und ich befahl, ihn laufen zu lassen.

Reagan stieg vorsichtig aus.

Er wusste genau, dass das dünne Sperrholz, aus dem der Großteil der Karosserie bestand, kein Schutz gegen ein Bleigewitter darstellte.

Die Kugeln der Tommy Gun wären einfach durchgegangen.

Ich ging auf die beiden Kerle zu. „Ich werde mir nicht die Mühe machen, euch zu fesseln oder dergleichen“, sagte ich. „Die Polizei wird euch kriegen, darauf könnt ihr wetten. Euer Komplize liegt übrigens halbblind hinter dem Berg da vorne und schläft. Vielleicht kümmert ihr euch mal ein bisschen um ihn.“ Ich lud die Tommy Gun durch. „Vielleicht habt ihr aber auch Lust, mir noch ein paar Fragen zu beantworteten.“

Die beiden wechselten einen Blick.

„Wir haben die Morde nicht begangen!“, behauptete Sutter.

„Ach, nein? Wer soll euch das glauben? Wenn die Tatsache, dass Meath zurzeit nichts dagegen sagen kann euer einziges Argument ist, dann überlegt euch besser was anderes.“

„Meath hat Flaherty umgebracht!“, verteidigte sich Sutter.

„Das weiß ich! Und was ist mit Jessica Rampell?“

„Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen!“

„Wirklich nicht?“

„Lassen Sie uns laufen! Dann geschieht Ihnen nichts!“

Ich musste lachen. „Zu gütig. Ihr wollt wirklich behaupten, dass ihr nicht gleich zu Sullivan geht, um ihn zu alarmieren. Aber bedenkt, dass der sich wahrscheinlich gleich aus dem Staub machen wird – genau wie McCormick.“

Die beiden wechselten einen Blick.

Und dann fiel mir ein, dass Sutter zwar von „Morden“ gesprochen hatte, aber das damit ja nicht zwangsläufig Jed Flaherty und Jessica Rampell gemeint sein mussten.

„George McCormick?“, fragte ich. „Er ist nicht in Kanada, ihr habt ihn auch alle gemacht.“ Ich hob etwas den Lauf der Tommy Gun. Die Wirkung blieb nicht aus.

„Ich habe nur den Wagen gefahren!“, zeterte Sutter.

„Jetzt will ich die Geschichte genauer wissen!“

„Bist du verrückt?“, rief Reagan.

„Jetzt ist doch sowieso alles egal“, meinte Sutter. „Meath hat die Drecksarbeit gemacht!“

Ich lächelte dünn. „Natürlich.“

„Er stand am Hafen und wollte gerade auf sein Schiff gehen. Wir haben ihn in den Wagen gezogen und einkassiert. Ich wusste nicht warum und habe gedacht, dass wir ihn einfach nur vermöbeln sollten.

Aber dann hat Meath mit ihm kurzen Prozess gemacht.“

„In Sullivans Auftrag?“

„Glauben Sie, wir machen irgendetwas aus eigener Initiative?“

Ich schüttelte den Kopf. „Wenn ich so darüber nachdenke...“

„Keiner von uns hatte mit McCormick eine Rechnung offen!“

„Abgesehen von Sullivan!“, murmelte ich. Das machte Sinn.

Sullivan hatte das Risiko ausschalten wollen, dass man ihn doch noch fand und er vielleicht auspackte, um die eigene Haut zu retten.

Sullivan hatte einfach keine Lust gehabt, mit in den Strudel hineingezogen zu werden. Die Lage für ihn, Flaherty und die anderen Geldgeber des Bauprojekts war schon prekär genug gewesen.

Seamus O’Donovan schützte ihre Schweinereien nicht mehr und so hatten sie ziemlich nackt dagestanden.

„Warum musste Flaherty sterben?“, fragte ich. „Na los, ihr beide seid doch völlig unschuldig und habt wahrscheinlich nur den Wagen gefahren oder Meath die Tommy Gun angereicht, aber mich interessiert das Motiv.“

„Flaherty war drauf und dran die Nerven zu verlieren. O’Donovan hat ihm zugesetzt und jetzt noch die Sache mit McCormick und dem Bauprojekt. Er dachte ernsthaft daran, die Seiten zu wechseln und mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Für ihn wahrscheinlich die einzige Überlebenschance. Außerdem hatte er nicht viel auf dem Kerbholz, da hätte man mit dem Staatsanwalt reden können. Aber dann wäre Sullivan dran gewesen. Dazu wusste Flaherty zu viel über ihn.“

„Hat Buddy Kavanaugh Sullivan so umfassend informiert?“

„Wer sonst! Der Riese war doch in letzter Zeit bei allem dabei, was Flaherty so besprochen hat. Flaherty hat sich doch nicht mal mehr allein aufs Klo getraut, so viel Schiss hatte der davor, dass O’Donovan ihn ausradieren lässt.“

„Kein Ton mehr, Brian!“, mischte sich jetzt Reagan ein, dessen Nerven bis zum Zerreißen gespannt waren. Sein Gesicht war eine rot angelaufene Maske geworden.

„Eine Frage noch. Als George McCormick am Hafen herumstand und ihr ihn eingesackt habt – war er da allein?“

„Ja, war er“, behauptete Sutter.

Dann bekam er von Reagan einen Faustschlag. Es folgte eine schnelle Links-Rechts-Kombination und Sutter sank bewusstlos zu Boden. Ich ballerte mit der Tommy Gun vor Reagans Füße. Der Mann mit der Narbe sprang zurück und taumelte davon. Er fiel in den Dreck, rappelte sich auf und rannte weiter.

Ich ließ ihn laufen.

Sollte er es nur versuchen!

Bis zum nächsten Telefon brauchte er als Fußgänger mindestens zwei Stunden. Da war ich allemal schneller und früher oder später lief er doch den Cops in die Arme.

Mir ging es um den Mann im Hintergrund.

Sullivan.

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