Читать книгу Das Super Krimi Paket Dezember 2021: 12 Romane in einem Buch - 1800 Seiten Thriller Spannung - Alfred Bekker - Страница 93

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Der übliche Ort war Henry’s Steak Diner in der North Dearborn Street, nicht weit vom Redaktionsgebäude der Chicago Tribune entfernt.

Braden Naismith wartete bereits vor einer Tasse Kaffee auf mich.

Ich wusste, dass die Flüssigkeit in der Tasse zwar braun war, es sich aber um etwas ganz anderes als Kaffee handelte.

Ein Kellner brachte auch mir unaufgefordert eine Tasse und schenkte uns beiden aus einer silbernen Kanne nach.

Mit einem Laut des Wohlbehagens leerte Braden Naismith den Inhalt in einem Zug und ließ sie sich gleich wieder auffüllen.

„Es lebe die Prohibition!“, grinste er.

Vor dem massigen Mann lagen ein Block und ein gespitzter Bleistift.

Braden wartete, bis der Kellner verschwunden war.

„Erzähl mir, was du mit der Kleinen aus dem Lake Michigan zu tun hast! Drohen da Schwierigkeiten? Die Tote hatte eine Visitenkarte von dir bei sich, oder?“

„Gut recherchiert!“, gab ich zu. „Bist du Hellseher geworden oder hat dich dein Kollege soweit erzogen, dass du ihm im Ressort Mord und Totschlag aushilfst?“

„Nein, ich war nur dabei, als er mit Captain Chesterfield telefonierte. Außerdem hat er jemanden bei der Leichenhalle, der ihm ab und zu ein paar Tipps gibt, wenn sich was Interessantes tut.“

„Ich kann dir nicht viel sagen, außer die Kleine aus dem See maximal fünf Minuten mit mir gesprochen hat. Und das liegt auch schon eine Weile zurück.“

„Am Telefon hast du gesagt, du wärst in einer Klemme!“

„Man kann es auch anders ausdrücken. Ich habe einen Riesenfisch an der Angel, aber die Sache ist so heiß, dass man sich daran leicht die Finger verbrennen kann!“

„Dann schieß mal los!“

Ich führte die Tasse zum Mund und grinste. „Ich dachte wirklich, das wäre Kaffee...“

Ich beugte mich etwas vor und sprach in gedämpftem Tonfall. Ein anderer Gast war bereits auf uns aufmerksam geworden. Ein wieselartiger, kleiner, gedrungen wirkender Man mit spitzer, leicht nach oben zeigender Nase und einem Mantel, der aussah, als müsste er ihn für seinen großen Bruder auftragen.

Das Wiesel blickte zu uns hinüber.

Seine Vorderzähne standen etwas vor, wie bei einem Nagetier, was den wieselartigen Eindruck ebenso verstärkte wie die ruckartigen, gehetzten Bewegungen und der unruhige Blick.

Als ich in seine Richtung sah, blickte er sofort zur Seite.

Braden Naismith begriff sofort was los war.

„Der Bursche ist harmlos, Pat.“

„Ach, ja?“

„Du kannst dich auf mich verlassen!“

„Für jemanden, der harmlos ist, glotzt er mich aber ziemlich intensiv an und irgendwie habe ich das Gefühl, dass seine Ohren dabei immer länger werden!“

Braden Naismith lachte leise in sich hinein und trank seine Tasse

„Kaffee“ aus. „Gut beobachtet. Wir warten alle schon darauf, dass ihm die Ohren irgendwann bis auf den Boden fallen. Aber Neugier ist nun einmal eine Voraussetzung für unseren Job, Pat...“

„Dann ist er einer von euch?“

„Ja, er arbeitet seit zwei Wochen bei der Chicago Tribune. Ich würde in seiner Gegenwart nicht gerade über meine dunkelsten Familiengeheimnisse quatschen, aber eigentlich ist gegen ihn nichts zu sagen.“

„Wie heißt er?“

„Dave Mobury. Der kriegt alles mit und wenn man nicht aufpasst, hat er einem die Story wegstibitzt, hinter der man selbst her war!“

„Ach, so einer...“

„Der Chef mag ihn.“

„Verstehe.“

„Glücklicherweise überzieht er immer maßlos seine Mittagspausen, so wird es nicht gar zu innig zwischen den beiden!“

Mobury schob seine Tasse und einen Teller, der aussah wie glatt geleckt zur Seite, legte ein paar Münzen auf den Tisch, dass es klapperte und nahm den Hut vom Haken. Dann ging er hinaus. Kurz bevor er die Tür passierte, blickte er noch mal kurz zu uns herüber und verzog das Gesicht zu einem verlegenen Grinsen, das seine Nagetierzähne freilegte.

Braden nickte ihm zu.

Das Wiesel verschwand.

„Und jetzt pack aus, Pat!“, forderte Braden Naismith. „Worum geht es?“

„Der Name McCormick sagt dir was?“

Braden Naismith musste schlucken.

„ Der McCormick? McCormick, der Herr der Kanalratten?“

„Fast. Seine Frau war bei mir und hat mich beauftragt ihren verschwundenen Mann zu suchen.“

„Das ist nicht dein Ernst!“

„Sie glaubt, dass da ein Zusammenhang mit einem Wohnungseinbruch besteht, bei dem Schmuck im Wert von 50 000 Dollar abhanden gekommen ist.“

Braden Naismith lachte so laut und schallend, dass der Kellner auf ihn aufmerksam wurde. Er nutzte die Gelegenheit, um sich noch etwas „Kaffee“ nachfüllen zu lassen. Ich nahm auch noch eine Tasse.

So eine Gelegenheit ließ ich mir nicht entgehen. Es geht schließlich nichts über echtes Kaffee-Aroma.

Als der Kellner sich wieder zurückgezogen hatte, beugte sich Braden über den Tisch. Seine Stimme wurde zu einem leisen Wispern.

„Die Kollegen sind an der Sache dran.“

„Und ich nehme an, dass du so einiges mitbekommen hast, Braden!“

„Na ja, ich will nicht übertreiben.“

„Meine Chancen stünden jedenfalls besser, wenn du mich auf die richtige Fährte setzen würdest! Ich weiß nämlich ehrlich gesagt nicht so recht, was ich von Mrs McCormick halten soll. Die Polizei glaubt, dass McCormick den Einbruch selbst in Auftrag gegeben hat, um sich mit dem Schmuck absetzen zu können – offenbar ohne seine Frau in seine Pläne mit einzubeziehen.“

Braden zuckte die Schultern. „Ich sage es ungern, aber ich glaube, die Polizei könnte durchaus Recht haben.“

„Das habe ich befürchtet.“

„McCormick steht das Wasser bis zum Hals. Was mich an der Sache wundert, ist eigentlich nicht, dass McCormick ein korrupter Hund ist, der allerlei krumme Dinger am Laufen hat...“

„Sondern?“

„Verwunderlich ist der Zeitpunkt, da dies alles an die Öffentlichkeit gekommen ist. Dass George McCormick sich illegal bereichert hat, pfiffen doch die Spatzen von den Dächern. Du brauchst nur mal einen Blick in einen x-beliebigen Abwasserkanal zu werfen und dir dann die Summen ansehen, die angeblich für dessen Renovierung ausgegeben worden sind. Dann weißt du, dass da was faul ist!“

„Du meinst, man hat McCormick absichtlich über die Klinge springen lassen?“

„Natürlich!“

„Lass ich raten: Er hat vorher Wind davon bekommen und gerade noch rechtzeitig die Kurve gekratzt, bevor man ihn ins Loch stecken konnte.“

Braden nickte. „Du hast es erfasst, Pat.“

„Und wer steckt deiner Meinung nach dahinter?“

„Ich weiß aus ziemlich zuverlässiger Quelle, was da im Hintergrund abgelaufen ist.“

Ich grinste. „Raus damit! Ich hänge an deinen Lippen wie an einer Flasche Bourbon!“

„O’Donovan – das Fass – hat bisher wohlwollend seine schützenden fetten Patschhändchen über McCormick gehalten. Aber aus irgendeinem Grund ist damit jetzt Schluss...“

Ich pfiff durch die Zähne. Seamus O’Donovan, aufgrund seiner nicht gerade besonders grazilen Erscheinung „The Jar“ – „das Fass“ genannt – war der Boss der irischen Mafia. Sein Einfluss reichte bis in die Spitzen der Stadtverwaltung. Dass McCormick auf der Liste von O’Donovans Günstlingen gestanden hatte, war nicht weiter verwunderlich. Interessanter war der Grund, den „das Fass“ gehabt hatte, ihn ausgerechnet jetzt fallen zu lassen.

Ich hakte bei Braden Naismith noch mal deswegen nach.

Aber der Mann von der Chicagio Tribune hob nur bedauernd die Hände. „Tut mir leid, Pat! Mehr weiß ich auch nicht. Aber ich habe es aus erster Quelle und wenn ich etwas hören sollte, dann lass ich es dich wissen.“

„Wozu hat man Freunde!“

„Eben!“

„Verrätst du mir auch noch, wer die Quelle dieser Story ist?“

„Von dem solltest du die Finger lassen, Pat – sonst bricht er sie dir!“

„Dann nehme ich mal an, dass es sich nicht um einen hoch anständigen Kollegen von der Tribune handelt!“

Braden Naismith seufzte. Er schien zu ahnen, dass jedwede Warnungen an meine Adresse in den Wind gesprochen waren.

„Der Bursche, von dem ich das weiß, heißt Jed Flaherty. Er ist ein Unterführer von O’Donovan.“

„Ich wundere mich über deinen schlechten Umgang, Braden!“

Braden machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich traf ihn neulich bei einem Boxkampf und da habe mich mit ihm so über dies und das unterhalten. Flaherty investiert nämlich gerne sein überschüssiges Geld in hoffnungsvolle Boxtalente, verstehst du?“

„Vollkommen. Wo finde ich diesen Flaherty?“

„Im Cyprus Grove Club.“

„Ist das nicht dieser neue Nachtclub in der South Side?“

„Richtig. Der Laden gehört einem gewissen Peter Stephens, auch ein Ire. Aber das ist nur ein Strohmann. In Wahrheit landet jeder Lincoln, der da umgesetzt wird, irgendwann über ein paar Ecken auf Jed Flahertys dickem Bankkonto.“ Braden Naismith hob die Tasse.

„Leg dich besser nicht mit dem Kerl an.“

„Nicht, wenn es sich vermeiden lässt“, versprach ich.

„Er hat immer einen fiesen Schläger bei sich, vor dem ich mich in Acht nehmen würde.“

„Ich werde mich in Acht nehmen“, versprach ich. „Ach, noch etwas! Wie sieht Flaherty eigentlich aus?“

„Hager, rothaarig, trägt einen Bowler-Hut und die Farbe seiner Einstecktücher beißt sich mit der seiner Krawatten. Er hat einen miserablen Geschmack, was das angeht.“

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