Читать книгу Die besten Geheimnisromane März 2022: Romantic Thriller Sammelband 6 Romane - Alfred Bekker - Страница 15

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Als Maureen zu Ende gefrühstückt und Harry's verlassen hatte, nahm sie ihr Fahrrad und schob es die Straße entlang.

Sie sah ein paar Kinder spielen, die neugierig zu der fremden Frau herüberblickten.

Die Jüngeren von ihnen würde sie in einigen Wochen wohl als ihre Schüler wiedersehen...

Maureens Blick ging über die kleinen Häuser. An einem der Fenster nahm sie eine Bewegung war und es war ihr auf einmal irgendwie unangenehm, sich so beobachtet zu fühlen.

Da musst du durch!, sagte sie sich selbst und beschloss, nicht weiter darauf zu achten.

Sie erreichte die schlichte Kirche, dann kam sie an der kleinen Schule vorbei und erreichte schließlich das Haus ihrer Vorgängerin.

Elizabeth Wainright - so stand es deutlich an ihrer Tür zu lesen.

Maureen läutete an der Tür und wenig später machte ihr eine sympathisch wirkende ältere Dame die Tür auf.

"Miss Wainright?", fragte Maureen.

"Ja?"

"Ich bin Maureen Stanley, die neue Lehrerin!"

Miss Wainright schien überrascht.

"Sie sind noch sehr jung", entfuhr es ihr, aber schon in der nächsten Minute schien ihr diese Bemerkung leid zu tun.

"Verzeihen, Sie Miss Stanley, aber so war es nicht gemeint. Wirklich nicht!"

"Ist schon gut", gab Maureen freundlich zurück. "Aber Sie haben ja vollkommen recht. Dies ist meine erste Anstellung!"

"Kommen Sie doch herein! Und setzen Sie sich zu uns..."

Als die junge Frau Miss Wainright in ihren Flur folgte, sah sie plötzlich die hochgewachsene Gestalt eines Mannes aus aus dem Halbdunkel auftauchen. Er mochte Anfang dreißig sein, und hatte ein feingeschnittenes Gesicht, in dessen Mitte zwei intelligente Augen blitzten. In der Rechten hielt er ein kleines Köfferchen, das darauf schließen ließ, dass er Arzt war.

"Aber Dr. Anderson! Wollen Sie nicht doch noch etwas bleiben?"

Dr. Anderson lächelte.

"Nun, ich habe noch einige Hausbesuche vor mir", murmelte er, wobei er seinen Blick nicht von Maureen ließ. Er nickte ihr zu.

"Ich habe den Tee fertig", meinte Miss Wainright. "Wollen Sie nicht doch noch eine Tasse probieren?"

"Naja, für einen Augenblick..."

Miss Wainright führte den Maureen und Dr. Anderson in ein völlig überladenes Wohnzimmer, das aber einen eigenen, merkwürdigen Charme entfaltete.

Es war das Zimmer einer Sammlerin.

Altmodische, aber gemütliche Möbel, die nicht zu einander passten, standen hier. Maureen sah eine Vitrine, die mit alten Porzellan-Puppen angefüllt war.

An den Wänden hingen Bilder.

Es waren Photos, Gemälde und Zeichnungen. Manche von professionellen Malern, andere offenbar von Kindern ihrer Schule angefertigt. Gruppenphotos von Schulklassen, Erinnerungsphotos von Ausflügen und Festen. Viele davon waren schon ziemlich vergilbt, aber alle hatte Miss Wainright mit viel Liebe gerahmt.

Maureens Blick glitt die dicht behängten Wände entlang.

Es waren so viele Bilder, dass man kaum irgendwo ein Stück der Tapete sehen konnte.

Und dann erstarrte die junge Frau plötzlich, als ihr Blick auf ein Gemälde fiel, das einen Reiter zeigte, dessen Pferd in wildem Galopp über einen vom Sturm entwurzelten Baum sprang. Von seiner äußeren Erscheinung her glich dieser Reiter demjenigen, den sie heute morgen von ihrem Haus aus gesehen hatte...

Maureen schluckte.

Es lief ihr kalt über den Rücken.

Der Reiter auf dem Bild trug einen Dreispitz und eine gepuderte Perücke, dazu die charakteristische schwarze Maske, durch deren Augenlöcher es gespenstisch zu leuchten schien.

Den Säbel schwang er hoch über dem Kopf, so als wollte er zu einem furchtbaren Schlag ausholen.

Im Vordergrund war eine junge Frau zu sehen, die offenbar in wilder Panik vor dem Reiter zu fliehen versuchte. Das dichte, braune Haar wehte ihr ins Gesicht, so dass ihre Züge nicht erkennbar waren.

Maureens Blick drohte förmlich in diesem Bild zu versinken.

Wie durch einen Nebel drang Miss Wainrights Stimme an ihr Ohr.

"Miss Stanley! Wollen Sie sich nicht setzen?"

Maureen lächelte gezwungen.

"Ja, natürlich..."

Dr. Anderson nahm in einem der Plüschsessel Platz, während Maureen sich in das Sofa sinken ließ. Ihr Blick war noch immer auf das Gemälde mit dem Reiter gerichtet, während Miss Wainright in die benachbarte Küche gegangen war, um den Tee zu holen.

"Sie starren dieses Bild an, als ob..." Dr. Anderson brach ab und machte eine hilflose Geste.

Maureen wandte den Blick zu dem jungen Arzt und hob die Augenbrauen.

"Als ob was, Dr. Anderson?"

Er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß auch nicht...", bekannte er.

Jetzt kam Miss Wainright mit dem Tee zurück.

"Sagen Sie, was ist das dort für ein Bild?", fragte Maureen ihre Vorgängerin und deutete auf das Gemälde mit dem finsteren Reiter.

Miss Wainright schenkte zunächst den Tee ein. Dann setzte sie sich und meinte: "Es ist schon uralt. Sie sehen es an den Farben, Miss Stanley. Sie sind hier und da schon etwas arg verblasst... Der Maler ist nicht bekannt, aber er muss wohl aus dieser Gegend stammen. Wer sonst würde sich sonst schon Lord Kavanaugh, den ruhelosen Reiter aus dem Totenreich als Motiv für ein Gemälde auswählen?"

Maureen führte ihre Teetasse zum Mund und nahm einen Schluck. Eines musste man Miss Wainright in jedem Fall lassen: Sie verstand sich ausgezeichnet auf die Teezubereitung.

"Lord Kavanaugh?", fragte die junge Frau dann etwas befremdet. "Der Reiter aus dem Totenreich?"

"Ja, ein beliebtes Motiv in den Sagen und Legenden dieser Gegend... Lord Kavanaugh ist ein Verfluchter, ein Untoter, der immer wieder die Lebenden heimsucht!" Miss Wainright lächelte ein wenig amüsiert, als sie Maureens erstauntes Gesicht sah. "Ja, Sie werden sich wohl oder übel auch mit diesen alten Geschichten befassen müssen. Schon allein, um sie den Kindern in der Schule erzählen zu können..."

Maureen erzählte dann von dem Reiter, den sie gesehen hatte. "Er sah genau so aus, wie auf diesem Bild", erklärte sie.

"Ich verstehe", meinte Dr. Anderson. "Deshalb haben Sie das Gemälde so angestarrt..."

Maureen nickte.

"Ja, so ist es."

Dr. Anderson lächelte.

"Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder, Sie haben wirklich ein Gespenst aus dem Jenseits gesehen..."

"Oder?"

"Oder jemand hat sich einen ganz üblen Scherz erlaubt!", ergänzte Miss Wainright.

Maureen zuckte mit den Schultern.

"Ja, scheint so... Da es keine Gespenster gibt, muss es wohl so sein. Aber warum?"

Miss Wainright machte eine wegwerfende Bewegung. "Ein dummer Jungenstreich, so schätze ich das ein. Was glauben Sie, was ich schon alles hab über mich ergehen lassen müssen - in dieser speziellen Hinsicht meine ich! Da könnte ich Ihnen Sachen erzählen!"

Und dann begann sie zu erzählen.

Maureen sah immer wieder zu dem Gemälde mit dem Reiter hin, während Dr. Anderson mehrfach auf die Uhr schaute, nachdem er seinen Tee aufgetrunken hatte.

Wahrscheinlich hatte er Miss Wainrights Geschichten über Schülerstreiche und dergleichen schon mehrfach mit anhören müssen.

Jedenfalls erhob er sich schließlich.

"Sie nehmen es mir hoffentlich nicht übel, Miss Wainright, aber ich muss jetzt wirklich los!", erklärte er, wobei er sich erhob.

"Und dasselbe gilt für mich", gestand Maureen.

"Oh, das ist wirklich schade. Aber ich denke, wir werden noch öfter Gelegenheit bekommen, uns zu unterhalten..."

"Ich würde gerne einen Blick in die Schulräume werfen!"

"Aber natürlich. Warten Sie, Miss Stanley, ich hole Ihnen die Schlüssel..."

Miss Wainright ging an eine ihrer Kommoden, zog eine Schublade auf und gab Maureen einen Augenblick später die Schlüssel.

"Hier. Sie sind jetzt dafür verantwortlich."

"In Ordnung."

"Ich habe einen guten Eindruck von Ihnen, Miss Stanley. Sie werden Ihre Sache schon gut machen! Davon bin ich überzeugt"

Sie gingen alle drei zur Tür. Miss Wainright verabschiedete von Maureen und Dr. Anderson.

Der Arzt deutete auf seinen Wagen, den er ein paar Dutzend Meter weiter an der Straße abgestellt hatte.

"Kann ich Sie irgendwohin mitnehmen?", fragte er.

Aber Maureen schüttelte den Kopf.

"Nein, danke, Dr. Anderson. Ich wollte noch in die Schule..."

"Sagen Sie Jim zu mir."

"Gut. Ich bin Maureen."

Und bei sich dachte sie: Er ist attraktiver Mann, dieser Arzt. Er war ihr ausgesprochen sympathisch.

"Sagen Sie, Jim: Was zieht einen relativ jungen Arzt wie Sie hier in diese Abgeschiedenheit! Das würde mich wirklich interessieren!"

Er lächelte gewinnend.

"Eine ähnliche Frage könnte ich Ihnen stellen, Maureen!"

"Aber ich habe zuerst gefragt."

"Nun, es steckt nicht viel dahinter. Ich bin hier geboren und hatte die Gelegenheit, die Praxis meines Vaters zu übernehmen. Und ich bereue es nicht. Es gefällt mir hier... Und Ihnen?"

Maureen hob die Augenbrauen und meinte schelmisch: "Solange mir der Geist von Lord Kavanaugh nicht nachstellt..."

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