Читать книгу Rondaria - Melanie Weber-Tilse, Alisha Mc Shaw - Страница 5
Prolog
Оглавление»Tränen sind die Boten der Liebe, denn es weint nur, wer auch liebt.«
Er fiel.
Das Gefühl von Schwerelosigkeit ließ ihn den Schmerz für einen Moment vergessen. Wie bei einem Film im Zeitraffer rasten Gedanken und Emotionen an ihm vorbei. Er dachte an seine Gefährtin und die vielen Dinge, die für immer ungesagt bleiben würden. Brennend rief sich das Messer in seinem Körper in Erinnerung und machte die simple Tatsache, dass er noch immer stürzte, für einen Moment wieder nichtig.
Mit einem dumpfen Geräusch schlug er auf dem Boden auf. Die Klinge bohrte sich durch den Aufprall noch tiefer hinein. Japsend schnappte er nach Luft, als könnte er den Schmerz so verringern. Er spürte seine Läufe kaum, jede noch so geringe Bewegung quälte ihn. Vermutlich waren all seine Knochen gebrochen. Rund fünfzehn Meter war er in die Tiefe gefallen. Eigentlich ... war er ja gestoßen worden. Aber das spielte im Endergebnis keine Rolle.
Er öffnete die Augen, bewegte vorsichtig den Kopf und ein stechender Schmerz schoss seinen Rücken hinab. Mit verdrehten Gliedern lag er auf einer Ansammlung von Geröll. Einige Meter über sich machte er eine rote Aura aus. Sie gehörte zu dem, der ihm das Messer in den Körper gerammt und ihn dann hinuntergeworfen hatte. Die Gestalt verharrte einen Moment und hämisches Lachen hallte zu ihm hinab. Dann verschwand das rote Leuchten. Dieser Mistkerl hat mich im Steinbruch entsorgt!
»Hallo Herr Löwe, bist du runtergefallen?«
Er zuckte zusammen und drehte den Kopf in die Richtung, aus der die helle Stimme kam. Ein Mädchen kniete neben ihm und sah besorgt auf ihn herab. Ihre Aura schimmerte in einem sanften Orange, was darauf schließen ließ, dass sie ein Mischling war. ›Lauf weg! Du bist in Gefahr, er ist noch hier!‹, wollte er rufen, aber aus seiner Kehle kam nur ein Röcheln.
Die Kleine legte ihm die Hand auf das lange Fell neben seinem Ohr. »Nicht sprechen, wir müssen uns leise verhalten. Ich darf nämlich nicht hier sein, mein Papa hat es verboten«, flüsterte sie, während sie ihm sachte über die Mähne strich.
Die sanfte Berührung ließ ihn etwas entspannen. Er verzog die Lefzen und ihm entwich ein Wimmern. Das kleine Mädchen sah ihn an und die Unentschlossenheit darüber, was sie tun sollte, spiegelte sich in ihrer Miene wieder. Schweigend rückte sie dichter an ihn heran. Jetzt erst schien sie das Messer zu sehen, das aus seinem Körper ragte. Angsterfüllt riss sie die Hand vor den Mund, ihr liefen Tränen über die Wangen. Sie war so klein, so unschuldig. Ihr Blick suchte seinen und er erschrak über dessen Intensität.
»Tränen sind die Boten der Liebe, denn es weint nur, wer auch liebt«, flüsterte er.
Vorsichtig schlang sie ihre Arme um seinen Hals und schmiegte sich an ihn. Ihre Haare dufteten nach Sommerwiese, und ihre Körperwärme strahlte auf ihn ab.
»Keine Angst! Ich passe auf dich auf. Ich lasse dich nicht allein ...«, wisperte sie und begann zu summen. Eine fremde Melodie, aber sie wirkte tröstend auf ihn. Sein Atem wurde ruhiger und er schloss die Augen. Die Schmerzen wurden erträglicher, sein Herz leichter. Er verspürte keine Angst mehr, sah erneut das Gesicht seiner Gefährtin vor sich und lächelte liebevoll. Ein Ruck ging durch seinen Körper, er bäumte sich ein letztes Mal auf und dann - war es vorbei.
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Es begann zu regnen.
Das Mädchen hielt den leblosen Körper sanft fest. Tränen rannen ihre Wangen herab und tropften auf sein weißes Fell. Für einige Zeit saß sie stumm da. Dann löste sie sich von dem toten Tier.
»Schlaf, Herr Löwe, schlaf!«, flüsterte sie und wandte sich ab.
Dass sie über und über mit Blut verschmiert war, bemerkte sie nicht. Sie sah auch nicht mehr, dass der tote Löwe hinter ihr anfing, im fahlen Mondlicht zu schimmern. Der Leichnam schwebte in die Luft und das Leuchten durchdrang alles um ihn herum, bis der Körper gänzlich verschwunden war. Zurück blieb nur ein Schwarm aus funkelnden Lichtern.
Das Meer aus Helligkeit löste sich auf und regnete auf das Mädchen herab.