Читать книгу Im Zentrum der Lust | Roman - Alissa Stone - Страница 5
ОглавлениеKapitel 3
»Ich hoffe, du hast die Zeit genutzt, um dich zu beruhigen«, sagte Jeff, der, gefolgt von Theo, in den gläsernen Käfig trat. Die Strenge in seiner Stimme hielt mich nicht weniger gefangen wie der unbewegliche Knebel, der inzwischen schmerzhafte Verspannungen in Mund und Nacken hervorgerufen hatte.
»Miststück!«, raunte Theo. Er sah zu dem Seil, das neben meinen Füßen lag.
Wie konnte ich nur glauben, solange ich meine Hände hinter dem Rücken verbarg, würden sie es nicht bemerken, dass ich mich davon befreit hatte.
»Das braucht sie ohnehin nicht mehr«, sagte Jeff und zog flache, schwarze Bänder aus seiner Hosentasche an denen etwas silbern glänzte. Theo packte meine Handgelenke und streckte sie Jeff entgegen. Es waren Manschetten, die jeweils einen kleinen Metallring trugen. Elastisch schmiegten sie sich um meine Handgelenke und fühlten sich an wie breite, enge Armbänder.
Jeff schloss die Schnappverschlüsse und klinkte die beiden Ringe ineinander. Wieder war ich gefesselt. Meine innere Unruhe stieg, ich zitterte.
Jeff löste den Knebel und mein Gewicht sackte auf die Füße. Ich verlor an Halt. Die Knie knickten ein und meine Fußsohlen spürte ich kaum noch, als wären sie eingeschlafen. Theo hatte scheinbar damit gerechnet und fing mich auf. Mit einem Ruck warf er mich über die Schulter. Ich war zu erschöpft, um zu protestieren.
Wie ein erlegtes Tier ließ ich mich die Treppe nach unten tragen. Nur meine Sinne waren noch im Geschehen. Tränen lösten sich und trübten meinen Blick. Verschwommen nahm ich den schmalen Gang wahr. Der Boden war schwarz, die Wand grau. Theo schleppte mich an mehreren Türen vorbei, die ebenfalls grau waren. Der Gang war lang, oder kam es mir nur so vor?
Endlich blieben wir stehen. Eine Tür wurde geöffnet. Das helle Zimmer dahinter setzte sich in Kontrast zum fahlen Korridor. Ein paar Schritte später befand ich mich im Licht.
Theo setzte mich auf etwas Weichem ab. Ich kniff die Augen zusammen und befreite sie von den angesammelten Tränen.
Ich fand mich in einem kleinen Raum wieder, mit weißen Wänden und einem langen, weißen Tisch, der an einer der kahlen Wände stand. Eine Lichtquelle, die beinahe die gesamte Decke einnahm, tauchte das fensterlose Zimmer in künstliches Tageslicht. Mehr liegend als sitzend befand ich mich auf einer weißen Liege, die ähnlich einem Gynäkologenstuhl über zwei Beinhalter verfügte. Theo hob mein Bein auf einen der Halter und schnallte es mit breiten Nylongurten daran fest. Ebenso mein zweites Bein.
Alles kam mir so unwirklich vor. Als würden diese Körperteile nicht zu mir gehören. Als wäre alles nicht echt.
Jemand fasste meine Haare zu einem Zopf zusammen, zog sie nach oben und hob dadurch meinen Kopf von der Kopfstütze an. Wieder sah ich Jeff neben mir. Er hielt eines dieser Bänder in der Hand. Nur war es länger, als die an meinen Handgelenken. Ich fühlte mich noch immer so schwach, so neben der Spur. Wie in Trance sah ich zur Decke. Ständig sammelte ich Speichel und schluckte ihn runter, weil sich mein Mund trocken anfühlte. Das Gefühl der Ohnmacht drängte sich auf. Ich schaffte es nicht, an irgendwas zu denken. Es war mir alles zu viel. Die Aufregung, diese Umgebung, Jeff, Theo.
Irgendetwas legte sich um meinen Hals. Es fühlte sich kalt an. Meine Augen brannten, weil ich zu lange ins Licht gesehen hatte. Ich schluckte und spürte dieses Teil am Hals. Gerade wollte ich die Hände heben und danach tasten, als Jeff vor meinen Augen zu verschwimmen begann. Mein Kreislauf sackte nach unten. Ich atmete tief durch, ich wollte nicht kollabieren. Ich musste bei Bewusstsein bleiben. Er drückte meine Arme wieder nach unten. Kalter Schweiß benetzte meine Stirn und ein Pfeifen durchdrang meine Ohren. Zwei Personen betraten den Raum. Schemenhaft, wie Schnellzüge, eilten sie an mir vorbei. Dann legte sich ein grauer Schleier über den weißen Raum und meine Sinne.
***
Eine kalte Hand tätschelte meine Wange. Da waren Geräusche, Stimmen, nur dumpf. Das Licht blendete. Mit einem Mal klärte sich der Druck auf meinen Ohren.
»Es passt schon alles«, sagte Jeff.
Was passt? Was war geschehen? Wo war ich? Mein Blick jagte umher. Alles wirkte extrem hell, steril, leblos. Ich konnte mich nicht bewegen. Sah in fremde Gesichter, die alle mit etwas beschäftigt waren, nur nicht mit mir. Ich war festgebunden. Arme, Beine, mein ganzer Körper war mit breiten Gurten an diesen weißen Stuhl fixiert. Ich versuchte zu schreien, doch irgendetwas hinderte mich daran. Mein Mund war geschlossen. Zugeklebt. Mit Klebeband oder Ähnlichem. Panik stieg in mir auf.
Ein Mann im Arztkittel saß auf einem Hocker und drehte sich zu mir um. Er zog an seinem hellblauen Latexhandschuh und spreizte die damit bekleideten Finger. Die eisblauen Augen und das fahle Gesicht wirkten emotionslos wie das eines toten Fisches. War ich tot? Nein, ich fühlte mich nicht tot, viel mehr lebendig begraben. Ich wollte mich bemerkbar machen, versuchte meine drapierten Körperteile zu bewegen, versuchte Laute von mir zu geben. Niemand schien mich wahrzunehmen.
Neben dem Arzt stand eine junge Frau mit hochgesteckten Haaren. Seine Assistentin? Auch sie trug diese Handschuhe und einen weißen Kittel. Auch sie sah nicht, wie ich versuchte, mich mitzuteilen. Oder wollte sie es nicht sehen? In der Hand hielt sie ein Rasiermesser, das sie mit einer Flüssigkeit besprühte und dann auf ein Tablett aus Edelstahl legte, auf dem, soweit ich das erkennen konnte, noch andere Instrumente lagen. Plötzlich kam sie zu mir und nahm eine kleine Kompresse von meiner Ellenbeuge. Ich sah einen kleinen roten Punkt, eine Einstichstelle. Sie hatten mir etwas injiziert!
»Hab keine Angst. Es war nur eine Blutentnahme«, hörte ich Jeffs Stimme. Leise, sanft. Er stand hinter mir und legte seine Hand auf meine Schulter. Glaubte er allen Ernstes, das würde mich beruhigen? Dennoch war ich froh, dass er mit mir sprach. Ich hatte Angst. Immer wieder riss ich an den Gurten. Sie ließen nicht locker und auch das Wimmern verschaffte mir kein Mitgefühl.
Mein Atem beschleunigte sich und mein Herz galoppierte, während der Mann mit dem Fischgesicht auf seinem Hocker zu mir rollte und zwischen meinen Beinen haltmachte. Die Frau nahm das Tablett und stellte sich neben ihn. Ich konnte nicht sehen, welches von den Instrumenten er nahm. Kurz darauf spürte ich etwas Kaltes am Schamhügel. Bitte, schluchzte ich lautlos in den Knebel und suchte nach Jeff, dessen Hand noch auf meiner Schulter ruhte. Doch er stand außerhalb meines Blickfeldes. Lediglich den Ärmel seines Hemds konnte ich hinter mir erkennen. Ich spürte, wie der Mann dieses kalte Etwas auf meinem Hügel verteilte, es fühlte sich an wie eine Flüssigkeit oder ein Gel. Ich hörte ein Scheppern und spannte jeden Muskel an. Plötzlich fühlte ich ein leichtes Kratzen. Als würde er mit einer kleinen Spachtel über die Haut schaben. Mir fiel das Rasiermesser ein, das die Assistentin in der Hand gehalten hatte. Rasierte er mich etwa? Aber warum? Ich war rasiert! Nach einigen Minuten hörte er auf und reichte das Messer wieder der Frau. Okay, er hatte mich rasiert, denn an der Klinge haftete noch Rasierschaum.
Er schob sich mit dem Stuhl zu den Tischen und griff nach einer Sprühflasche. Nach mehrmaligem Pumpen spürte ich einen kalten Nebel an meiner Schamlippe. Es brannte, wenn auch nur ganz leicht. Mit einem Tuch trocknete er die Stelle ab. Wieder klapperte es und ich wusste, es war noch nicht vorbei. Ich presste den Hinterkopf an die Kopfstütze und richtete den Blick nach oben zur leuchtenden Decke. Konzentrierte mich auf die silbernen Streben der Deckenleuchten. Ich stellte mir die übelsten Szenarien vor. Wie sie meinen Bauch aufschlitzten und mir ein Organ entnahmen oder mir einen Fremdkörper einsetzten. Entgegen der wachsenden Panik atmete ich tief durch und versuchte, mich zu beruhigen.
Die körperliche Anspannung entlud sich, noch bevor ich sie zügeln konnte. Ein heller, spitzer Druckschmerz durchbohrte meine Schamlippe. Ein Schrei raste durch meine Kehle und ich zerrte an den Fesseln. Wider Erwarten spürte ich keinen weiteren Schmerz. Das Stechen hatte so schnell nachgelassen, wie es gekommen war. Nur ein leichtes Ziehen und Drücken machte sich bemerkbar. Der Arzt drehte sich zur Assistentin und nahm irgendetwas entgegen, das ich nicht erkennen konnte. Dann entflammte ein grelles Licht. Ein kurzes Hitzegefühl drang an meinen Schoß und endete mit einem metallischen Schmorgeruch. Was machten die mit mir? Ich versuchte, nach unten zu sehen, doch ich konnte nichts erkennen, weil die Gurte meinen Oberkörper auf die Liege zwangen. Ich stieß den Atem durch die Nase und sah wieder nach oben. Meine Pupillen schossen ständig hin und her.
Endlich rollte der Mann seinen Hocker zurück an den Tisch. Er stand auf und packte wortlos kleine, runde Plastikbehälter in eine schwarze Ledertasche. Ich versuchte, mich auf die Stelle zu konzentrieren, die er eben noch behandelt hatte. Sie fühlte sich warm und taub an.
»Tapferes Mädchen«, sagte Jeff, nachdem der Arzt mit seiner Assistentin den Raum verlassen hatte. Wir waren allein. Er streichelte über meine Schulter und trat neben mich. Seine Hand lag auf einem der Gurte, die meinen Oberarm umspannten. Mit dem Handrücken streichelte er mir über die Wange. Auf die zarte Berührung folgte ein schmerzhaftes Kratzen.
Er hatte das Klebeband von meinem Mund gerissen und faltete es zusammen. Dann drehte er sich um und ließ es neben sich in einen Papierkorb fallen.
Mit der Zunge leckte ich über die trockenen Lippen. Ich traute mich nicht zu schreien. Die Befürchtung, er würde mich erneut knebeln, hielt mich davon ab. Ich wollte lieber, dass er mich aufklärte. Ich wollte wissen, was der Arzt bei mir gemacht hatte, welche Qualen mir noch bevorstünden. Wann man mich gehen lassen würde, ob man mich überhaupt gehen lassen würde.
»Bitte Jeff«, flüsterte ich.
Er drehte sich zu mir. Ein Funkeln lag in seinen Augen. In der Hand hielt er ein Glas, das er mir an den Mund führte.
»Trink, das ist Wasser«, sagte er.
Ich tat es, weil mein Hals so trocken war. Es schmeckte nach nichts. Es hätte auch etwas anderes sein können, kam es mir viel zu spät in den Sinn. Ich wartete auf einen erneuten Schwächeanfall, womöglich war etwas im Wasser. Aber ich blieb bei vollem Bewusstsein.
»Lass mich gehen. Bitte!«, flehte ich, den Tränen nahe.
Er grinste nur und schnalzte mit der Zunge »... zzz, du wirst uns doch nicht verlassen wollen, bevor das Spiel begonnen hat.« Ein ironisch vorwurfsvoller Ton lag in seiner Stimme. Es hatte noch gar nicht angefangen? War das alles nur ein Vorspiel? Eine Vorbereitung auf etwas noch viel Schlimmeres?
»Was ist das für ein Spiel?« Meine Stimme zitterte.
»Ein Spiel, bei dem es keine Verlierer gibt. Es wird dir gefallen«, sagte er, ohne mich dabei anzusehen. Sein Blick lag auf meinem Fuß und seine Hand folgte ihm. Was machte ihn so sicher, dass es mir gefiel? Oder wollte er mich nur beruhigen, damit ich tat, was sie von mir verlangten? Das konnte er vergessen!
Er streichelte über meine Wade und weiter nach oben über die Innenseite meines Schenkels.
»Du wirst mir vertrauen müssen, so wie du es gestern getan hast.«
Seine Hand wanderte weiter. Ich spürte seine Fingerkuppen, wie sie um meine äußeren Schamlippen streiften. Es fühlte sich so zart an, so unschuldig. Das durfte nicht sein. Ich konnte nicht zulassen, dass er meine Empfindungen steuerte. Nein, rief ich in Gedanken. Doch je mehr ich mich darauf konzentrierte, es nicht zuzulassen, desto größer wurde mein Verlangen nach mehr. Mehr von diesem berauschenden Gefühl, das die Angst verdrängte, die Unruhe entspannte und mich vergessen ließ, dass ich gegen meinen Willen auf diesem Stuhl festgeschnallt war. Ich verzehrte mich plötzlich nach diesem paradiesischen Gefühl, das mich in einen friedvollen Zustand geleitete, ein Gefühl, das er mir heute Morgen nicht geben wollte.
Dann traf er den Punkt, der eine Welle der Erregung unter meine Haut schickte. Die Wogen reichten bis zu den Zehenspitzen. Mit kreisenden Bewegungen stimulierte er diese empfängliche Stelle.
»Ich kann dir nicht vertrauen«, sagte ich und fühlte mich sogleich als Lügnerin, weil seine Finger es erneut schafften, ein Gefühl zu entfachen, das meinen Atem stocken ließ. Ein so wunderschönes Gefühl, von dem ich nur noch mehr wollte.
»Du wirst es lernen«, sagte er sanft, »und jetzt ... scht.«
Er beugte sich über meinen Körper und begann, meine Schenkel mit Küssen zu bedecken. Ich fragte mich, wie etwas sein konnte, was nicht sein durfte.
Geschickt umspielten seine Fingerkuppen meine Knospe. Suchten sich den Weg zu meiner Mitte und versanken kurz darin. Langsam aber siegessicher verteilte er die Feuchte um meine Klitoris und setzte fort, wo er zuvor aufgehört hatte. Ich schämte mich so sehr.
»Nein«, stöhnte ich, während mein Körper sich seinen Berührungen nicht entziehen konnte, und es auch nicht wollte. Es fühlte sich zu gut an. Besser, als die Angst.
Ununterbrochen massierte er den Ansatz meines Kitzlers. Eine innere Hitze stieg in mir auf, die schleichend intensiver wurde. Bis ich nur noch in dieser berauschenden Empfindung badete. Er beschleunigte sein Tempo, während er meine empfindsamste Stelle so sacht liebkoste, dass es sich anfühlte, als würde er sie kaum berühren. Als würde ein Wirbelsturm darüber hinwegfegen, der als Vorbote einer bevorstehenden Naturgewalt geradewegs ins Meer der Besinnungslosigkeit toste. Und wieder tauchte ein Finger in meine Vagina. Er streichelte meinen Körper von innen, während sein Daumen meine Spitze umschmeichelte. Dabei massierte er die beiden Stellen, die mich direkt an die Schwelle der Ekstase führten. Wiederkehrende Wellen setzten ein. In immer kürzeren Abständen umspülten sie meinen intimsten Bereich. Ich wusste, ich war kurz davor. Entgegen meiner Vernunft. Und mit einem erlösenden und gewaltigen Ausklang überrollte mich ein unaufhaltsamer Orgasmus, besänftigte für einen kurzen Moment mein Gewissen und meinen Verstand, der sich nun, wo alles vorbei war, zutiefst schämte.
Jeff trat neben mich und streichelte Haarsträhnen beiseite, die an meiner vom Lustschweiß benetzten Stirn klebten.
»Warum?«, fragte ich. »Warum tust du das?«
»Weil es dir gefällt.«
»Nein, es macht mir Angst.«
»Das gehört dazu.« Er öffnete die Gurte an meinen Beinen. »Du wirst lernen, damit umzugehen. Und wenn es so weit ist, wirst du dafür dankbar sein.«
»Warum sagst du mir nicht, was du mit mir vorhast?«
»Das wirst du früh genug erfahren.« Mit wenigen Handgriffen befreite er meinen linken Arm von den Gurten. Kurz überlegte ich, ob eine Chance darin bestand, ihn mit einem gezielten Tritt außer Gefecht zu setzen. Als ahnte er von meiner Überlegung, schritt er um mich herum und stellte sich zwischen meine Beine. Er drückte sich nah an meinen geöffneten Körper.
»Ich bin die Falsche für dein Spiel«, sagte ich.
»Es steht dir nicht zu, eine Wahl darüber zu treffen.«
»Man wird sowieso nach mir suchen«, entgegnete ich, auch wenn es niemanden gab, der mich vermisste.
»Sicher wird man das.« Ein schelmisches Lächeln durchzuckte seine Gesichtszüge, als wüsste er um mein soziales Umfeld. »Aber nicht hier. Nicht in diesem Land und nicht an diesem Ort.«
»Wo bin ich?«
»Du hast geschlafen wie ein Baby. Und es war ein Leichtes, nach stundenlanger Überfahrt dort anzuknüpfen, wo wir in der Bar aufgehört hatten. So leicht, wie es gerade eben war. Du bist wie geschaffen für das, was wir mit dir vorhaben.«
Seine Hose, die ohne Zweifel etwas Hartes in sich barg, rieb an meiner Scheide. Ob er das absichtlich machte? Oder war es nur eine Folge dessen, weil er sich vorgebeugt hatte, um auch die Schnallen an meinem zweiten Arm zu lösen? Er griff nach meinen Handgelenken, führte sie zusammen und hakte die Manschetten ineinander.
»Ich möchte endlich wissen, was du mit mir vorhast! Und warum ausgerechnet ich?«
Er schüttelte bedächtig den Kopf. »Du bist ungeduldig. Und du solltest dich darin üben, erst dann zu sprechen, wenn du gefragt wirst. Aber ich bin mir sicher, du wirst dich an die Regeln schnell gewöhnen. Du bist ein kluges Mädchen.«
Welche Regeln? Ich wollte gerade den Mund öffnen, als er mir zuvor kam: »Und jetzt sei still. Es sei denn, du möchtest, dass ich dir wieder den Mund zuklebe.« Er drehte sich um und nahm die Rolle Klebeband vom Tisch. Ein lautes Reißen zischte durch die Luft. Demonstrativ zog er ein Stück davon ab.
Ich schüttelte energisch den Kopf. Eine seiner Regeln hatte ich bereits gelernt, Jeff würde seinen Willen durchsetzen, ob ich mich ihm freiwillig fügte oder nicht.
»Ich möchte, dass du aufstehst«, sagte er und öffnete den letzten Gurt um meinen Brustkorb. »Und«, fuhr er fort, »ich möchte, dass du genau das tust, was ich von dir verlange. Wenn du meinen Anweisungen folgst, werde ich dir nicht wehtun.«
Und wenn ich es nicht tue?, hätte ich am liebsten gefragt. Doch ich fragte nicht. Stattdessen versuchte ich, mir selbst Antworten darauf zu geben. Er hatte gesagt, es sei ein Spiel. War ich das Spielzeug? Aus einer Laune heraus konnte die Idee für dieses Spiel nicht entstanden sein, dafür war alles zu perfekt organisiert. Die Manschetten waren extra angefertigt. Jeder der Räume, den ich bis jetzt zu sehen bekommen hatte, diente einem Zweck. Ich war mir sicher, Jeff und Theo machten das nicht zum ersten Mal.
Jeff fasste nach meinen aneinandergehakten Händen und zog mich in eine aufrechte Position.
Ich rutschte von der Liege und erschrak. An meiner rechten, äußeren Schamlippe entdeckte ich einen kleinen Ring.
»Auch daran wirst du dich gewöhnen«, sagte Jeff. Er zog ein weiteres Mal an den Manschetten, bis ich auf beiden Füßen stand. War es dieser Ring gewesen, der den Schmorgeruch verursacht hatte? Hatte der Mann im Kittel ihn etwa gelötet? Damit ich ihn nicht mehr abbekam? Das war doch verrückt, was bezweckten sie damit?
»Bleib hier stehen«, sagte Jeff und öffnete einen Wandschrank. Kurz darauf hielt er eine Kamera mit großem Objektiv in der Hand. Er würde doch nicht etwa Fotos von mir machen wollen. Auf denen ich nackt war, womöglich noch in obszönen Posen. Wofür? Um sie ins Internet zu stellen?
»Stell dich bitte an die Wand.« Er deutete auf eine kahle weiße Wand neben der Liege.
Die Bitte konnte er sich in die Haare schmieren, das würde ich nicht tun! Ich blieb stehen und schüttelte den Kopf.
Sein Blick traf mich hart. Unruhe machte sich in mir breit. Aber da war noch ein anderes Gefühl, das mich irritierte. Je länger ich seinem Blick standhielt, desto mehr prickelte es in meiner Scham. Reizte es mich etwa, was da gerade zwischen uns ablief? Das Prickeln verstärkte sich sogar, als er mir sagte, er würde meine Brustwarze packen, um mich daran an die Wand zu ziehen, sollte ich nicht tun, worum er mich gebeten hatte.
Keine Ahnung, warum ich ihn dazu herausfordern wollte, aber ich blieb trotzdem stehen. Tatsächlich griff er nach meiner Brustwarze und ließ sie auch nicht mehr los, bis ich ihm schnellen Schrittes folgte.
»Dreh dich mit dem Gesicht zur Wand«, sagte er und drückte einige Knöpfe an der Kamera.
War ich etwa feucht? Das konnte unmöglich sein. Sicher war das noch von vorhin. Ein Nachbeben sozusagen. Denn an dem, was er mit mir machte, konnte es ja kaum liegen. Er zwang mich zu Dingen, die ich nie aus freien Stücken tun würde. Er entzog mir meine Freiheit. Er war ein Verbrecher und ich gehörte hier nicht her. Und wenn sich die Gelegenheit ergab, war ich weg.
»Ich möchte erst wissen, wofür die Fotos sind«, sagte ich.
»Habe ich nicht gesagt, du sollst still sein?« Seine Stimme klang ruhig, als wollte er mir demonstrieren, dass ich es nicht schaffen würde, ihn zu provozieren.
Ich biss mir auf die Lippe. Wut keimte in mir. Seine kargen Antworten gefielen mir nicht. Warum sagte er mir nicht einfach, was los war?
Er neigte seinen Kopf in Richtung Wand. Ich folgte seiner Anweisung, denn solange er vor der Tür stand, war es ohnehin nicht möglich zu fliehen. Und ich würde fliehen, dazu war ich fest entschlossen. Bei der erstbesten Gelegenheit, die sich mir bot, würde ich davonlaufen.
Ich drehte mich um und starrte an die glatt verputzte Wand. Seine Hand berührte meine Schulter, er legte meine Haare zur Gänze nach hinten. Gleichzeitig bebte ein Schauder durch meinen Leib und bedeckte meinen Körper mit Gänsehaut. Ich atmete tief ein und stieß einen Schwall Luft aus. Leise, damit er es nicht mitbekam. Es erregte mich, wie er mich berührte. So sanft und doch so fordernd. Es war nur eine Berührung, sagte ich mir, sie war zärtlich und es war ganz normal, dass es mir gefiel.
Sekunden später klickte der Auslöser der Kamera. Mehrere Male hintereinander.
»Dreh dich um«, hörte ich ihn sagen.
Ich tat es und war froh, dass die gefesselten Hände meine Scham verdeckten. Obwohl ich meinen Körper mochte und ihn gern gewagt kleidete, schämte ich mich, nackt vor ihm zu stehen. Weil ich auch nicht wusste, wozu er diese Fotos brauchte.
»Spreiz die Beine. Ich möchte das Schmuckstück glitzern sehen, das ich dir zum Geschenk gemacht habe«, sagte er und sah mich schmunzelnd an. »Deinen wütenden Blick darfst du gern beibehalten.«
Ich kniff die Augen ein Stück weiter zusammen und öffnete die Beine, kaum merklich. Jeff legte die Kamera auf einem der Tische ab und kam zu mir. Sofort wusste ich, dass ich wieder leiden sollte. Er griff mir in die Haare und sah mich an.
»Du willst es nicht anders, nicht wahr?«, sagte er, als wüsste er um meine verbotenen Gelüste. »Tu es, oder ich werde nachhelfen. Und glaub mir, diesmal bin ich nicht so zärtlich wie vorhin.«
Ich öffnete die Beine und wieder war da dieses Kribbeln.
Er nahm meine gebundenen Handgelenke und hob sie hinter meinen Kopf. Mit der anderen Hand zog er an dem Halsband. Ich erinnerte mich vage, dass er es mir angelegt hatte, bevor ich in Ohnmacht gefallen war. Inzwischen hatte das Material meine Körpertemperatur angenommen und war mir nicht weiter aufgefallen.
Sein Körper presste sich an meinen. Er hakte die Ringe der Manschetten in den des Halsbandes. Ich roch an ihm, spürte den warmen Stoff seiner Kleidung auf meinem nackten Körper. Es fühlte sich erstaunlich gut an. Dann trat er zurück und zupfte ein Bündel Haarsträhnen über meine Schulter nach vorn.
Ich fühlte mich zur Schau gestellt und wendete den Blick von ihm ab. Ein zweites Mal richtete er die Kamera auf mich.
»Gut. Jetzt sieh mich an.«
Ich zögerte. Ich wollte sehen, wie weit ich diesmal gehen konnte. Wann er die Beherrschung verlieren würde. Bis jetzt hielt er sie gut im Zaum. Er war nie ausfallend geworden. Sein Ton war immer ruhig geblieben.
»Sieh mich an!«, seine Stimme wurde lauter, bestimmter, aber dennoch kontrolliert.
Ich hob nur den Blick, weil ich sein Gesicht sehen wollte. Seinen Ausdruck. Er war ernst, lauernd, aber entspannt. Wie lange würde es dauern, bis er die Fassung verlor? Ich fragte mich, ob dies der richtige Zeitpunkt war, ihn zu testen. Dass er mir körperlich überlegen war, hatte ich bereits gespürt. Auch aus diesem Grund entschied ich mich dagegen. Es wäre wohl geschickter, ihn vorerst im Glauben zu lassen, ich fügte mich meinem Schicksal. So würde er mich nicht ständig beobachten und ich könnte den Überraschungsmoment nutzen und fliehen.
Ich hob den Kopf und sah ihn an.