Читать книгу THE CAVERN - Das Grauen aus der Tiefe - Alister Hodge - Страница 10
Kapitel 5
ОглавлениеDie Sprungfedern quietschten, als Sam seinen Rucksack im Dunkeln auf die Matratze hievte. Er tastete sich am Bett entlang und fand schließlich eine Nachttischlampe, deren Licht den Raum in ein eitriges Gelb tauchte, als er sie einschaltete. Außer dem Bett gab es in den Raum nicht viel zu sehen; ein einzelner Stuhl, ein frei stehender Schrank und ein einfaches Waschbecken waren die einzig bemerkenswerten Einrichtungsgegenstände.
Das Zimmer, das er sich mit Ellie teilte, war klein, roch muffig und war bereits über hundert Jahre alt. Die Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten war nicht sehr groß gewesen. Das Pintalba Arms Hotel war ein typischer Outback-Pub, zwei Etagen hoch, beide mit umlaufender Veranda, die von jedem Zimmer aus zugänglich war.
»Mutig, deine Tasche auf das Bett zu legen«, meinte Ellie von der Tür aus. »Falls da Bettwanzen drin sein sollten, nimmst du sie auf diese Weise nämlich mit nach Hause.«
Sam zuckte unbekümmert mit den Schultern. »Da müsste ich schon enormes Pech haben und abgesehen davon sieht der Boden auch nicht viel besser aus.« Der Teppich schien offenbar genauso alt wie der Raum selbst zu sein, nach dem ausgetretenen Pfad um das Bett herum zu urteilen.
Ellie kam herein und stellte ihre Reisetasche auf dem Stuhl ab. Sie öffnete probeweise die Tür zur Veranda, deren rostige Scharniere sich laut meldeten. Eine einsame Straßenlaterne kämpfte vergeblich gegen die Dunkelheit auf den Gehwegen auf beiden Seiten der Straße an. Ellie klemmte ein Kissen zwischen die geöffnete Tür und dem Rahmen, um die warme Brise hereinzulassen.
»Hoffentlich stinkt es so weniger hier drin, wenn wir vom Essen zurückkommen.«
»Hast du keine Angst, dass jemand was klaut? Jeder, der auf der Veranda vorbeiläuft, könnte einfach so hier reinspazieren.«
»Was soll er denn klauen? Ein paar alte T-Shirts? Keine Sorge, alles von Wert ist in den Autos eingeschlossen, das geht schon. Wollen wir jetzt was essen gehen? Ich bin nämlich am Verhungern.«
***
An der Wand im Treppenhaus hing eine Reihe kleiner Gemälde, keines größer als ein A4-Blatt. Sie trugen alle den gleichen Titel. DIE MINENMUTTER stand in ordentlichen Großbuchstaben am Rand jedes Bildes. Sam blieb kurz stehen, um ein paar davon näher zu betrachten, während er auf Ellie wartete. Mittelpunkt jedes Bildes war eine schwarze Gestalt, halb verborgen zwischen den Schatten eines dunklen Hintergrundes, und grüne Augen sorgten für den einzigen Farbklecks. In manchen Darstellungen wirkte die Figur eher menschenhaft und stand aufrecht, in anderen befand sie sich auf allen vieren wie eine Raubkatze. Ein Schaudern lief Sam den Rücken herunter. Jedes der Bilder hatte etwas Bedrohliches an sich, als ob die Figur nur darauf wartete, dass er sich umdrehte, damit es ihn angreifen konnte.
»Was siehst du dir denn da an?«
Sam zuckte vor Schreck zusammen, als Ellie sich über seine Schulter beugte, und lachte dann über seine eigene Reaktion. »Weiß nicht genau. Nur ein paar gruselige Bilder.«
Ihre Nase kräuselte sich leicht. »Da hat ja jemand ‘nen ganz schön eigenartigen Geschmack.«
Sam warf einen letzten Blick auf die lauernden Gestalten und setzte seinen Weg die Treppe hinab fort, dicht gefolgt von Ellie. Eine lockere Holzdiele knarzte, als er auf die unterste Stufe trat. Bei diesem Geräusch sah der Barkeeper auf und nickte ihm zu.
»Im Zimmer alles in Ordnung?«, fragte er, als das Paar herüberkam und auf zwei Hockern an der Bar Platz nahm. »Ist schon ein Weilchen her, seit dieses Zimmer benutzt wurde, aber ich habe heute Morgen extra noch frische Bettwäsche aufgezogen.«
»Alles prima«, sagte Ellie.
Wenn Sam sie nicht besser gekannt hätte, hätte er ihr beinahe geglaubt.
»Dieses Gebäude ist aber ein Klassiker«, sagte sie nun, um das Thema zu wechseln. »Wie alt ist das Hotel denn genau?«
Der Barkeeper faltete das Geschirrhandtuch, mit dem er gerade ein Glas poliert hatte, und lehnte sich mit dem Arm gegen den Tresen. »Das gibt es schon, seit die Stadt gegründet wurde, also fast hundertzwanzig Jahre. Es hat über die Jahre hinweg noch einige andere Hotels hier gegeben, aber dieses alte Schmuckstück hat als Einziges überlebt. Aber so, wie die Dinge laufen, werde ich nächstes Jahr vielleicht ebenfalls dichtmachen müssen.«
»Wieso das?«, fragte Sam aus Höflichkeit.
»Ach, bloß der gleiche Mist, der in jedem Outback-Städtchen wie unserem passiert.« Er seufzte. »Keine Jobs, die Dürre und nichts, was einen Touristen herlocken könnte. Aber ihr seid bestimmt nicht hier, um mich jammern zu hören. Ich habe vorhin ganz vergessen, mich vorzustellen.« Er schob seinen Arm über die Theke, um beiden die Hand zu reichen. »Ich bin Jack Horwith.«
Er nahm zwei Biergläser vom Abtropfgitter. »Ihr müsst am Verdursten sein. Was darf’s denn sein, VB oder VB?«
Sam blickte zum Zapfhahn hinüber und sah, dass Victoria Bitter das einzige verfügbare Bier war. Er musste kurz lachen und nickte, bevor der Barkeeper ihm ein Glas zapfte und es vor ihm auf den Tresen stellte.
Sam nahm einen Schluck und nachdem er sich den Schaum von der Nase gewischt hatte, drehte er sich auf seinem Hocker herum, um den Rest des Erdgeschosses in Augenschein nehmen zu können. Die Bar nahm fast die gesamte Länge des Raumes ein, die Spiegel an der dahinterliegenden Wand reflektierten diverse Flaschen hochprozentigen Alkohols. Ein uralter Billardtisch befand sich in der hinteren Ecke, während der Rest des Raums von kleinen Tischen beherrscht wurde, manche von normaler Höhe zum Essen, andere hatten die richtige Höhe für Barhocker. An der hinteren Wand hing eine Reihe von Schwarz-Weiß-Fotografien, die Soldaten zeigten. Mit dem Bier in der Hand wanderte Sam hinüber, um sie genauer betrachten zu können.
»Sind die vom Vietnam-Krieg?«, fragte er, während er auf einen verwundeten Mann blickte, der in einen kleinen Helikopter geladen wurde.
»Ja. Ich habe drei Touren gemacht, ‘69 bis ‘71. Hab ein paar gute Freunde da unten verloren. Ich dachte, dass Beste, was ich für sie tun könnte, ist, sie in Erinnerung zu behalten. Es gibt keinen Veteranenverein in der Stadt, also hängen sie hier.«
Sam hob seinen Arm und fuhr mit dem Finger behutsam über den Holzschaft eines alten Selbstladegewehrs, das über den Fotos an der Wand hing. Er blickte über seine Schulter. »Ist das echt?«
Der Barkeeper nickte kaum merklich. »Aber keine Sorge, ich hab den Schlagbolzen rausgenommen. Das Ding ist vollkommen ungefährlich.«
Jack nahm einen Korb voller Gläser aus der Geschirrspülmaschine hinter der Bar und begann, sie methodisch mit einem Baumwolltuch zu polieren. Ohne von dem Glas in seiner Hand aufzuschauen, fuhr er fort: »Da waren ‘ne ganze Menge Seile und so ein Zeug in eurem Auto, nicht gerade das übliche Gepäck von Touristen – was bringt euch in die Stadt?«
»Wir sind hier, um das Höhlensystem auf Mr. Anastas’ Grundstück zu kartografieren«, erklärte Ellie.
Mit einer Sorgenfalte zwischen den Augenbrauen stellte der Barmann das Glas ab und faltete das Tuch zusammen. »Das solltet ihr euch vielleicht noch mal überlegen«, meinte er mit sanfter Stimme.
Ellie blickte zu Sam hinüber und er sah ihr an, dass sie genervt war. Wenn es eines gab, was sie nicht ausstehen konnte, dann, wenn jemand glaubte, ihr Vorschriften machen zu können.
»Und warum sollten wir das tun?«, fragte Ellie in leicht gereiztem Tonfall. »Wir haben die Erlaubnis, Mr. Anastas’ Land zu betreten, und ich glaube nicht, dass das jemanden in der Stadt irgendetwas angeht.«
Jack stützte sich wieder auf den Tresen und blickte Ellie in die Augen. »Die Formalitäten interessieren mich kein bisschen. Es geht mir vielmehr um eure Sicherheit. Es gibt Dinge in dieser Gegend, die sollte man besser in Ruhe lassen.«
»Und was, zum Beispiel?«
»Du würdest es mir eh nicht glauben, wenn ich’s dir sage. Gott weiß, dem letzten Pärchen ging’s genauso«, murrte er. »Ich hab früher in einer der Opal-Minen gearbeitet, bevor man die dichtgemacht hat, und da unten sind wirklich schreckliche Dinge geschehen.«
»Ich weiß Ihre Sorge durchaus zu schätzen, aber wir sind Profis und haben nicht vor, unnötige Risiken einzugehen. Unser Team bringt Tausende von Stunden Erfahrung mit und außerdem ist Sam Rettungssanitäter. Es gibt wirklich keinen Grund, sich Sorgen zu machen.« Ellies Ton machte klar, dass die Unterhaltung damit vorüber war.
Jack presste die Lippen zusammen und wandte sich dann an Sam: »Du bist also Sani?«
»Ja, Rettungsassistent beim NSW Ambulanzdienst.«
»Bei uns besteht gerade erheblich Mangel. Der feste Sani hat plötzlich aus heiterem Himmel gekündigt und kümmert sich jetzt in Übersee um ein krankes Familienmitglied. Keine Ahnung, wann er wieder zurückkommt.«
»Und wer schmeißt den Laden jetzt?«, fragte Sam, obwohl ihm der Gesprächsverlauf immer mehr missfiel.
»Ein Mädel namens Mia. Ist ganz nett, aber frisch aus der Ausbildung und da ist es ganz schön mies, wenn sie jetzt komplett allein dasteht. Vielleicht könntest du ihr ja ein bisschen helfen, solange du in der Stadt bist.«
»Da hat sie es bestimmt nicht leicht, aber ich habe gerade Urlaub. Normalerweise würde ich ja helfen, aber ich habe bereits bei der Höhlenexpedition zugesagt«, erklärte Sam und zuckte verlegen mit den Schultern.
Hinter ihm polterte jetzt jemand die Treppe herab und Sam sah den Rest ihrer Gruppe eintreffen. Aaron war ganz rot im Gesicht und sah aus, als wolle er jemandem den Kopf abreißen. Ellie rutschte von ihrem Barhocker und ging auf die Gruppe zu.
»Was ist denn los?«
»Ich hab gerade ‘nen beschissenen Anruf von dem Farmer bekommen«, erwiderte Aaron. »Der Gemeinderat hat sich heute bei ihm gemeldet und ihm untersagt, uns Zugang zu der dummen Höhle zu gewähren.«