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Kapitel 2

Am nächsten Tag erschienen nacheinander drei vom Arbeitsbüro vermittelte Herren im Hotel, um sich vorzustellen. Alle waren sie übereifrig und erklärten wortreich, dass sie sich in Soweto bestens auskannten und daher sehr geeignet für die Aufgabe waren, die ich ihnen bot. Einer behauptete, schon einmal für einen Privatdetektiv gearbeitet zu haben, Referenzen besaß er allerdings keine.

Die Art der drei Herren, mich beeindrucken zu wollen, ging mir gleich auf die Nerven. Ich wünschte, eine Frau hätte sich gemeldet, obwohl mir klar war: Für diese Aufgabe war ein Mann viel geeigneter. Ich brauchte nicht nur jemanden, der sich in Soweto auskannte, sondern auch einen Beschützer. Ich brauchte jemanden, der mir die Männer vom Leibe halten konnte, und dafür kam nun mal nur ein Mann selbst in Frage.

Ich war bei Männern stets etwas auf der Hut. Ich misstraute ihnen von Grund auf und hatte sie oft im Verdacht, mich nicht ernst zu nehmen. Anders als Andrea, neben Gerda eine meiner wenigen Freundinnen in Johannesburg, war ich nicht selbstbewusst, und es wäre mir nie in den Sinn gekommen, mich in eine Sphäre zu drängen, die von Männern dominiert wird. Andrea, die zur Chefökonomin einer der größten und einflussreichsten Firmen Südafrikas aufgestiegen war, kannte diese Probleme nicht.

Die drei Herren schüchterten mich also trotz ihres lächerlichen Gehabes ein, was mich zutiefst verärgerte. Ich versprach, mich bei ihnen zu melden, wohl wissend, dass ich das nicht tun würde. Ich brauchte eine andere Lösung. Und wie so oft in der Vergangenheit, hielt Andrea diese für mich bereit.

Die Sonne scheint, und es weht ein leichter Wind, als er zum ersten Mal nach Kapstadt kommt. Dank der leichten Brise ist die Hitze erträglich und der Smog über der Stadt sehr gering, wodurch ihm ein atemberaubender erster Anblick auf den Tafelberg gewährt wird. Hier werde ich glücklich werden, beschließt der junge Mann, der eigentlich noch ein Teenager ist. Er ist mit hohen Erwartungen hierhergekommen und mit dem Ziel, der Enge zu entfliehen, die in einer europäischen Stadt, in der die Wohnungen klein und die Straßen verstopft sind, entsteht, sowie einer Familie, die mit vier Kindern gesegnet wurde. Seine Familie hier, sie hat ein riesiges Haus, er wird ein eigenes Zimmer haben, und nach der Schule im Pool baden können. Er freut sich auf diese Freiheiten, und er freut sich darauf, ein Jahr nichts für die Schule tun zu müssen, ohne von seinen Eltern ermahnt zu werden. Das Leben ist ausnahmsweise ganz auf Stephans Seite.

Stephan lernt kurz darauf eine bezaubernde Studentin kennen, verliebt sich so sehr in sie, wie er sich bereits in ihr Land verliebt hat, und kehrt schon nach wenigen Jahren zurück nach Südafrika, um einen Job zu suchen und um die Hand seiner Prinzessin anzuhalten. Und zerschlägt damit Simons Chancen auf eine Ehe mit seiner besten Freundin für immer.

Andrea, die ich an diesem Abend besuchte, wohnte inzwischen in einem reichen Vorort in einem Haus, wie ich es von einer Chefökonomin eines bedeutenden Unternehmens in diesem Land erwartet hatte: ein imposantes Gebäude mit eleganten Verzierungen und einem riesigen Garten, versteckt hinter einem hohen Zaun und dichten Büschen. Lukas, der Pförtner, konnte sich von meinen früheren Besuchen im alten Haus noch an mich erinnern und ließ mich ein. Ich fuhr vor die Haustüre und sprang aus dem Auto. Von der anderen Seite des Hauses hörte ich Andreas Hunde, zwei reizende, wunderschöne Labradorhunde, freudig bellen. Für einen Moment bildete ich mir ein, auch sie würden mich nach der langen Zeit wiedererkennen, aber das war natürlich Unsinn; bestimmt bellten sie bei jedem Besucher so freudig.

Andrea öffnete sogleich die Türe. Sie war durch das Gebell der Hunde und den Pförtner über mein Kommen informiert worden. Sie nahm mich in den Arm, drückte mich fest an sich und küsste mich.

Ich kannte Andrea nur als herzliche, warme Person, vermutete jedoch: Bei der Arbeit in ihrer Rolle der Chefökonomin war sie eine ganz andere.

Keine zehn Sekunden später stürmten Andreas zwei Kinder aus dem Haus und umarmten mich ebenfalls. Oft hatte ich auf sie aufgepasst, als ich in Johannesburg gewohnt hatte, obwohl dies nicht nötig gewesen wäre, weil Andrea genug Aufpasser für die Kinder hatte. Dennoch war sie froh darüber gewesen, denn die beiden hingen sehr an mir und hatten mich, immer nur mich als Babysitterin gewollt.

Ich schaffte es kaum, meine Tränen zu verbergen, als ich die beiden in den Arm nahm. Wie ihre Mutter waren sie offen und herzlich, sie scheuten keinen Körperkontakt, nicht einmal Sebastian, der mit seinen knapp zwölf Jahren fast schon ein Teenager war. Die Wärme ihrer vom Spielen erhitzten Körper und die aufrichtige Freude auf ihren Gesichtern waren genau das, was ich nach den langen Monaten der Einsamkeit nötig hatte. Ich hatte lange Zeit keinen Menschen mehr in den Armen gehalten.

Wir aßen gemeinsam zu Abend. Und wie anders als gestern verlief diese Mahlzeit! Die Kinder redeten viel und meist durcheinander. Andreas Ehemann, der ebenfalls ein sehr geselliger Mensch war, unterhielt sich angeregt mit seiner Frau, während die Kinder mich in Beschlag nahmen. Um neun Uhr schickten die Eltern sie ins Bett und bestanden trotz heftiger Proteste darauf, dass sie sich zurückzogen. Andrea wollte ohne die Unterbrechungen ihrer Sprösslinge mit mir sprechen. Und weil ihre Zeit spärlich war, war sie auf eine strikte Einhaltung ihres Zeitplans angewiesen. Stephan brachte Jasmine zu Bett und verfrachtete Sebastian, der behauptete, mit seinen elf Jahren wirklich zu alt zu sein, um schon um neun ins Bett zu gehen, vor den Fernseher, wo er ihm noch eine halbe Stunde gewährte. Stephan selbst zog sich mit der Ausrede zurück, noch einiges an Papierkram erledigen zu müssen.

So waren Andrea und ich schließlich alleine. Wie gut es mir tat, in ihrer Nähe zu sein, ihre Wärme zu spüren und die Wärme, die das ganze Heim und die Familie ausstrahlten. Das Haus der Familie Wolff war zwar luxuriös, aber nicht pompös und eingerichtet mit viel Charme. Trotz Personals herrschte eine kleine Unordnung, was davon zeugte, dass in diesem Haus mit viel Freude und Energie gelebt wurde.

„Wie geht es dir?“, fragte Andrea, und ich wusste, dass dies keine Floskel war. Andrea benutzte keine Floskeln: Wenn sie mich fragte, wie es mir ging, wollte sie dies wahrheitsgetreu wissen.

„Mir macht einiges zu schaffen“, gab ich zu. „Nicht so sehr die Trennung von Simon, sondern die Tatsache, dass ich zurückgekehrt bin in ein Land, das ich vor über zwei Jahren verlassen und in dem ich damals keinen Anschluss an das soziale und berufliche Leben gefunden habe.“

„Warum bist du dann zurückgekommen?“

„Wir sind überstürzt abgereist damals… Ich wollte nur noch weg von hier, weil es mir so schlecht ging. Nun bin ich zurückgekommen, um mit allem abzuschließen.“

„Womit abschließen? Was bezweckst du damit, hierher zu kommen? Warum glaubst du, dir würde es besser gehen, wenn du den Ort besuchst, an dem du so unglücklich warst?“

„Ich stelle mich meinen Dämonen.“

„Du wirst ihnen hier nicht auf offener Straße begegnen. Sie sind in dir und begleiten dich somit überall hin.“

Natürlich hatte Andrea Recht. Und trotzdem hatte ich herkommen müssen. Ich hatte herkommen müssen, um Gerda zu finden. Es war Gerda, nach der ich mich sehnte, und die mir helfen würde, mich meinen Dämonen zu stellen. Doch dies würde ich nicht einmal Andrea gestehen. Zu groß war meine Scham über das Leben, das ich einst geführt hatte. Andrea gegenüber hatte ich damals verheimlicht, wie schlecht es mir gegangen war – ich hatte mich am absoluten Tiefpunkt meines Lebens befunden und alles, was ich gehabt hatte damals, war ihre und Gerdas Freundschaft gewesen. Gerda, die ich ehrlicherweise nicht mal als Freundin bezeichnen konnte – meine Schwermut hatte es mir nicht erlaubt, dass wir uns wirklich nahekamen.

Noch größer als meine Scham über mein damaliges Leben aber war meine Reue darüber, dass ich zu spät erkannte hatte, wie viel mir Gerda bedeutet hatte. In einer idealen Welt hätte ich es nie so weit kommen lassen, dass ich sie nun suchen musste.

Mabena

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