Читать книгу Elly - Unverbindlich - Alva Furisto - Страница 6

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Laute Musik tönte durch die Bar in Williamsport, in der Elly sich verkrochen hatte. Sie war zum vierten Mal hier, seit sie die Stelle an der Universität am altehrwürdigen Clearfield Campus in Lock Haven angetreten hatte. Meist blieb sie in ihrem kleinen Bungalow, der im angrenzenden Dunnstown lag. Das ruhige Viertel mit den frei stehenden Häuschen wurde überwiegend von Ingenieuren auf Montage bewohnt. Die meisten von ihnen hegten wenig Interesse an Kontakt zur Nachbarschaft.

Warum zur Hölle war sie schon wieder hier?, fragte sich Elly. An Orten wie dieser Bar drohte sie nur in alte Verhaltensmuster zurückzufallen – und genau das wollte sie doch um jeden Preis vermeiden. Sie hatte sich vorgenommen, endlich ein beschauliches und anständiges Leben zu führen. Da war ihr die Lehrtätigkeit gerade recht gekommen, auch wenn ihre Schüler und Kollegen ausschließlich Männer waren. Für die Dozentenstelle war sie eigens aus ihrer Heimat Livingston nach Lock Haven gezogen. Hier in diesem abgelegenen Städtchen war die Gefahr geringer, dass jemand erfuhr, wie sie sich ihr Studium finanziert hatte. Beinahe wäre ihr Plan, ihr Elternhaus zu verlassen und sich ihren Traum mit selbst verdientem Geld zu erfüllen, in einer Katastrophe geendet. Aber nun saß sie dreißig Meilen weit weg vom Clearfield Campus in dieser verrauchten Bar in Williamsport am Tresen, nippte an ihrem Deep Sea River und schaute amüsiert den Stangentänzerinnen zu. Sie kannte sich selbst gut genug, um zu wissen, was dieser Ort ihr versprach. Es war etwas, was sie weder an der Uni noch in ihrem Zuhause fand: unverbindliche Unterhaltung. Wenn sie den Tänzerinnen zusah, verblassten ihre Gedanken an das erstickende Gefühl, nun ein Leben unter all den rechtschaffenen Menschen dort draußen führen zu müssen. Den männlichen Tänzer, den sie das letzte Mal beobachtet hatte, suchte sie an diesem Abend jedoch vergeblich. Vielleicht war das besser so, denn Elly träumte schon davon, sich auf der Tanzfläche an seinen vollkommenen Körper zu schmiegen und sich geschmeidig mit ihm zur Musik zu bewegen. Viel zu lange war es her, dass sie getanzt hatte! Einen Cocktail in der Bar zu trinken war jedoch eine ganz andere Sache, als sich zur Musik auf der Tanzfläche zu bewegen. Würde sie das tun, gäbe es kein Zurück mehr. Sie würde sich fühlen, als sei sie wieder …

»Allein hier?«

Die dunkle, warme Stimme ließ Elly zusammenfahren und riss sie aus ihren Gedanken. Sie drehte den Kopf und erstarrte, als ihr klar wurde, wessen Stimme ihr gerade einen Schauer über den Rücken gejagt hatte. Bemüht, sich nichts anmerken zu lassen, kniff sie die Augen zusammen und musterte ihn. In seinem kühlen grauen Blick lag ein befremdlicher, geradezu verwegener Glanz, und seine Lippen umspielte ein leises Lächeln, das fast noch verwegener wirkte. Völlig überrumpelt brachte Elly ein gestottertes »Hallo« hervor und drehte sich auf ihrem Hocker wieder zum Tresen herum. Den jungen Studenten hätte sie hier am wenigsten erwartet.

Er stellte sich neben sie und betrachtete sie von oben bis unten. »Ich hätte nicht erwartet, eine Frau wie Sie an einem solchen Ort zu treffen.«

Sein Blick tastete unverhohlen jeden Winkel ihres Körpers ab. Elly spürte, wie ihr heiß wurde. »Wie …?«, begann sie.

»Verstehen Sie mich nicht falsch. Mir gefällt Ihr Auftreten. Sie haben Klasse, aber Sie lassen erkennen, dass Sie nicht hierhergehören.«

Langsam sammelte Elly ihre Gedanken und sah ihn flüchtig von der Seite an. Er lächelte charmant.

»Das Kompliment gebe ich gern zurück.« Ihr Mund war so trocken, dass sie sich räuspern musste. Schnell trank sie einen Schluck von ihrem Cocktail. Derweil kramte er in der Brusttasche seines Hemdes und zog eine Zigarette hervor. Elly starrte einen Augenblick in den Cocktail und beobachtete den Studenten aus den Augenwinkeln.

Er zündete die Zigarette an, zog genüsslich daran und hielt sie ihr hin. »Bitte.«

Erstaunt griff Elly danach. Als sie den Filter zwischen ihre Lippen steckte, fühlte sie die Feuchtigkeit seines Speichels daran. Unweigerlich musste sie an den Radiergummi denken, den er sich während der Vorlesung in den Mund gesteckt hatte. Sie nahm einen tiefen Zug und verschluckte sich am Rauch. Hustend reichte sie ihm die Zigarette zurück.

Erneut zog sein Blick sie förmlich aus. Elly hatte ihr Äußeres im Spiegel geprüft, bevor sie ihre Wohnung verlassen hatte, und war sich ihrer Erscheinung bewusst. Ihre sonnengebräunte Haut schimmerte sanft im dämmerigen Licht, und ihre Locken fielen lang über ihre Schultern herab. Sie war froh, sich für eine Röhrenjeans und ein schwarzes Top entschieden zu haben und nicht für das verführerische Kleid, das sie zuerst gegriffen hatte. Das hätte ihm deutlich mehr von ihrem Körper gezeigt. Wieder sog er den Rauch der Zigarette ein. Verstohlen tastete sie ihn mit Blicken ab. Er trug eine enge Jeans und ein figurbetontes schwarzes Hemd, das seinen muskulösen Oberkörper voll zur Geltung brachte. Kurzum: Er gefiel ihr ohne sein Gewand noch besser.

»Ein bisschen frech sind Sie schon«, flüsterte er so nah an ihrem Ohr, dass sie seinen warmen Atem auf ihrer Wange spürte. Als wäre das nicht genug, glitt er mit dem Zeigefinger ihren Rücken hinunter.

»Was meinen Sie?« In ihren Worten schwang mehr Sehnsucht nach seiner Berührung mit, als sie es wollte. Sein Finger erreichte das Ende ihres Shirts, das über den Hosenbund nach oben gerutscht war und ein Stück nackter Haut freigab. Der Student fuhr sachte darüber, bis er das dünne Band ihres Strings erreichte. Ohne zu zögern, schob er den Finger unter den Stoffstreifen und beugte sich noch dichter zu ihr herüber. »Sie lassen mich mehr sehen, als ich mir erhofft habe.«

Elly spürte, dass ihre Wangen heiß wurden, und hoffte, sie würde nicht sichtbar erröten. Sie hatte immer geglaubt, mit allen Wassern gewaschen zu sein, doch der Student brachte sie in eine Situation, der sie sich nicht gewachsen fühlte. Seine Lippen waren so nah an ihrem Ohr, dass sein Mund sie beinahe berührt hätte. Sie hasste es, aber ihre Gänsehaut war deutlich auf ihrem Oberarm zu sehen. Als sie den Kopf zu ihm drehte, starrte sie ihn einen Augenblick argwöhnisch an.

»Ich bin in Zivil, verraten Sie mich nicht!«, meinte er lächelnd.

»Niemals.« Sie zwinkerte ihm zu, doch warum zum Teufel tat sie das? Diese Geste würde ihn nur ermutigen und war das wirklich klug?

Als wären sie schon ewig miteinander vertraut, ließ er die Hand auf ihrem Rücken liegen und stellte sich neben sie an den Tresen, um der Bedienung einen Wink zu geben. »Gin Tonic. Für Sie auch?«

Elly schüttelte den Kopf und umklammerte ihr noch fast volles Glas. Nachdem er seinen Drink bekommen hatte, lehnte der Student sich rücklings an den Tresen und betrachtete sie neugierig. »Trinken Sie nicht mit mir?«

Elly biss sich auf die Unterlippe. Er war ihr Schüler – und noch dazu hatte er sich das Priesterseminar zum Ziel gesetzt. So sehr er sie körperlich reizte, sie konnte es sich nicht erlauben, sich näher auf ihn einzulassen. Der Ärger wäre programmiert, und sie war schließlich aus Livingston geflüchtet, um jedem Ärger zu entgehen. Elly neigte den Kopf und schaute ihn an. »Glauben Sie mir, es ist besser für uns beide, wenn ich das nicht tue. Ärger ist mein zweiter Vorname.«

»Ihr erster hätte mir genügt. Schade.« Bei seinem wunderschönen Lächeln fühlte sie sich wie warmes Wachs. Er ließ seinen Blick durch die Bar schweifen und sah danach direkt in ihre Augen. Mit einem Schulterzucken trat er hinter sie und sprach erneut dicht an ihrem Ohr. »Ich schwöre, eines Tages werden Sie in diese Bar kommen und nach mir Ausschau halten.«

Seine Finger strichen wie flüchtig über ihre Wange, dann machte er sich zu einer der Tabledancerinnen auf und nahm an deren Tisch Platz.

Elly fühlte sich schlagartig einsam. Sie trank einen großen Schluck von ihrem Cocktail, bevor sie es wagte, einen unauffälligen Blick in seine Richtung zu werfen. Mit einem breiten Grinsen betrachtete der Student die junge Schönheit, die sich direkt vor seiner Nase entkleidet hatte und in einem Hauch von Nichts an der Stange rekelte. Elly war verstimmt. Eben noch hatte sie den Anblick der Tänzerinnen genossen. Jetzt störte sie sich daran. Wie konnte er der Tänzerin so hingerissen zusehen? Sie machte ihren Job nicht einmal gut.

Und Elly musste es wissen. Bis vor Kurzem noch hatte sie selbst an der Stange getanzt. Sie dachte daran, wie sie ihren Körper zur Musik bewegt hatte. Ihre schmale Taille, ihre betonten Hüften und ihre wohlgeformten Brüste hatten alle Blicke auf sich gezogen. Sie hatte es geliebt, den wenigen Stoff auf ihrer braunen Haut zu spüren, und hatte ihre weiblichen Reize selbstbewusst zur Schau gestellt.

Zwei Deep Sea River später saß der Student noch immer da. Die nächste mittelmäßige Tänzerin wand sich vor ihm, und er konnte sich nicht sattsehen an ihr. Ein paar Mal hatte er Elly noch charmant zugelächelt, doch sie war nicht darauf eingegangen. Der junge Mann zog sie an wie ein Magnet. Dennoch, sie war seine Dozentin, und das genügte, um sie beide in Schwierigkeiten zu bringen, wenn sie sich auf ihn einließ.

Elly - Unverbindlich

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