Читать книгу Elly - Unverbindlich - Alva Furisto - Страница 8
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ОглавлениеEine Stunde später stoppte Elly ihren klapprigen Chevy Malibu vor einem gepflegten weiß getünchten Haus am Stadtrand von Berwick. Die Sonne stand hoch am Himmel, und die Hitze im Auto war kaum zu ertragen gewesen. Die Klimaanlage funktionierte nicht. Elly war froh, ihr leichtes braunes Sommerkleid angezogen zu haben. Sie fächelte sich Luft zu, als sie aus dem Wagen stieg, und schlenderte über den Kiesweg zwischen den Rosenbüschen zur Tür. Kaum hatte sie die Hand zur Klingel gehoben, wurde ihr auch schon geöffnet. May stand da und lächelte sie über das ganze Gesicht an. »Elly! Wie komme ich zu dieser Ehre?«
Elly fiel ihr um den Hals. May war Mitte fünfzig und wirkte wie immer strahlend schön und lebendig. Sie hatte Elly nach Rogers Übergriffen zunächst als Psychologin unterstützt. Sie hatte ihr beigestanden wie eine Mutter und damit gegen alle Regeln einer Therapeutin verstoßen. Im Gegenzug allerdings hatte Elly sich dieser Frau mehr geöffnet als allen anderen Psychologen gegenüber, denen sie im Verlauf ihrer Therapie begegnet war. Immer wenn Elly ihre Freundin May wiedersah, empfand sie dieselbe Geborgenheit wie damals.
Sie machten nicht viele Worte, als sie sich begrüßten. May zog sie hinaus auf die Veranda und durch den Garten zum Teich. Elly setzte sich auf einen der Stühle im Schatten einer großen Eiche. Nachdem May Kaffee gekocht hatte, gesellte sie sich zu Elly und musterte sie wissbegierig.
»Was ist passiert, dass es dich zu mir verschlägt?«
»Muss immer was passiert sein?« Elly zwinkerte ihr zu, dann trank sie einen Schluck Kaffee.
»Raus mit der Sprache. Ich kann es dir an der Nasenspitze ansehen, dass du etwas auf dem Herzen hast«, sagte May.
»Der neue Job tut mir gut.«
»Fein!« May schien erfreut über diese Nachricht.
»Das waren alle Neuigkeiten. Ich wollte dich einfach besuchen. Wie geht es dir?«
Ein Schatten huschte über Mays Gesicht. »Meine Praxis läuft gut. Nur mein Sohn bereitet mir Kopfzerbrechen, aber du kennst das ja. Die alte Geschichte.«
»Tut mir leid, dass sich sein ablehnendes Verhalten dir gegenüber nicht gebessert hat.«
Elly beobachtete die Blumen am Teich, die sich in dem leichten Wind hin und her wiegten. Sollte sie May die Frage stellen, die ihr auf der Zunge brannte? Auch wenn sie sich vorgegaukelt hatte, bei May Ablenkung zu suchen, letztlich war sie doch aus keinem anderen Grund hier. Sie brauchte Mays Rat.
»Was würdest du von jemandem denken, den du aus der Uni kennst und der sich immer ganz unauffällig benimmt«, begann Elly zögernd, »… und dann triffst du ihn auf einmal in einer Bar und hast das Gefühl, einen anderen Menschen vor dir zu haben?«
»Paff!« May schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn.
»Was, paff?«
»Darum also bist du hier.« May sah Elly finster an. »Erstens: Was hast du in einer Bar gemacht? Bleib von solchen Orten fern! Zweitens: Lass die Finger von jemandem, bei dem du von Anfang an merkst, dass er nicht richtig tickt. Und drittens …«, liebevoll packte May ihre Hand, »… pass auf dich auf! Ich will nicht noch einmal erleben, dass du so am Boden liegst.«
Elly verdrehte die Augen. »Bisher ist nichts passiert«, erwiderte sie. »Ich wollte einfach mal unter Leute und etwas trinken. Da ist mir einer meiner Studenten aufgefallen. Mehr nicht.«
»Wie ist sein Name?«
Elly überlegte. »Meyer. Seinen Vornamen kenne ich nicht.«
May nickte. »Gut. Wenn du nicht einmal seinen Vornamen kennst, bin ich geneigt dir zu glauben, dass es harmlos ist.«
»Es ist harmlos. Ich habe alles unter Kontrolle.«
»Bring dich nicht in Schwierigkeiten! Du brauchst diesen Job. Pater Miles hat dir eine Chance gegeben. Verspiel sie nicht! Also bleib weg von den Bars, dann triffst du auch keine Studenten.«
Elly nickte ergeben.