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Cap. 4

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Obgleich das Gesagte uns schon hinreichend belehrt, wie sehr der Herr Jesus zum Erbarmen geneigt ist, so möge er doch mit jenen Worten uns belehren, mit denen er uns dem Schreckenseindruck der Verfolgung gegenüber unterweisen wollte. „Fürchtet nicht diejenigen,“ sagt er, „welche den Leib tödten, die Seele aber nicht tödten können: fürchtet vielmehr denjenigen, der Leib und Seele zugleich in die Hölle stürzen kann.“ Und weiter: „Jeden, der mich bekennen wird vor den Menschen, den werde auch ich bekennen vor meinem Vater, der im Himmel ist. Wer aber mich vor den Menschen verleugnet hat, den werde auch ich verleugnen vor meinem Vater, der im Himmel ist.“

Wo er sagt: „Ich werde bekennen,“ da tritt er für Alle ein, da umfaßt er Alle; wo er sagt: „Ich werde verleugnen,“ da schließt er nicht Alle ein. Da er zuerst sagt: „Jeden, der mich bekennet, den werde ich bekennen,“ sollte man erwarten, daß er auch ferner sagte: „Jeder, der mich verleugnet.“ Damit es nicht den Anschein gewänne, als meine er auch hier Alle, so fügt er weniger bestimmt hinzu: „Wer aber mich verleugnet, den werde ich verleugnen.“ Die Gnade verspricht er Allen, aber er droht keineswegs Allen die Strafe an. Das Erbarmen dehnt er aus, das Rächen schränkt er ein.

Dabei ist zu bemerken, daß das nicht allein in dem Evangelium des heiligen Matthäus, sondern auch in dem des heiligen Lukas sich aufgezeichnet findet: wir sollen eben erkennen, daß beides nicht obenhin, ohne Grund gesagt ist.

Haben wir so das Wort der Schrift uns vorgeführt, so erfassen wir jetzt den Sinn der Worte! „Jeder, der mich bekennen wird,“ sagt er, d. h.: „In welchem Alter, in welcher Lebensstellung mich Jemand bekennen wird, der wird der Vergeltung, daß ich auch ihn bekenne, nicht entbehren.“ Wenn er sagt: „Jeder“, so wird Keiner von der Belohnung ausgeschlossen, der ihn bekannt hat. Dagegen wird keineswegs in gleicher Weise Jeder, der ihn verleugnet hat, auch wieder verleugnet; kann es ja doch geschehen, daß Jemand, überwältigt durch die Qualen, mit dem Munde ihn verleugnet, während er ihn im Herzen anbetet.

Ist denn die Sachlage ganz gleich bei demjenigen, der aus sich selbst, so ganz ohne äußere Veranlassung den Herrn verleugnet, und demjenigen, den die Qualen, nicht der eigene Wille zu diesem Verrathe gegen Gott gebracht haben? Wie unzulässig wäre das, wenn bei den Menschen milde Nachsicht im Kampfe gelten sollte, während Gott dem Herrn gleiche Milde abgesprochen wird? Pflegt doch oftmals das Volk bei den Gladiatorenkämpfen auch die Besiegten, wenn ihr Kampf Billigung fand, zugleich mit den Siegern mit dem Siegeskranze zu belohnen; zumal dann, wenn man erkannt, daß sie durch List oder Betrug des Sieges verlustig wurden. Wird denn nun Christus zugeben, daß seine treuen Kämpfer, die er unter wuchtigen Qualen für einen Augenblick erliegen sah, ganz ohne Verzeihung bleiben?

Sollte der Herr, der selbst die, welche er verstößt, nicht für ewig verstößt, ihr Mühen und Kämpfen denn nicht in Anschlag bringen? Sagt doch David: „Nicht ewiglich wird der Herr verstoßen“ und der Irrthum sagt dagegen: „Er wird doch ewiglich verstoßen?“ „Nicht für immer wird er sein Erbarmen zurückziehen von Geschlecht zu Geschlecht, nicht für immer wird Gott vergessen gnädig zu sein.“ So der königliche Sänger, und es gibt Menschen, die Gottes Erbarmen eindämmen wollen?

Essentielle Werke des Heiligen Ambrosius von Mailand, Band 2

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