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Kapitel 9

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Geheimnisse haben ihren Preis

Mandy lag auf ihrem Bett. Schon seit Stunden. Öde Stunden. Sie war Zuhause. Ihr Zuhause. Im Rosenweg, nur paar Straßen weiter von Jay entfernt, aber ohne Jay! Schmerzlich allein empfand sie es. Sie wollte sich ausruhen und gleichzeitig bei Jay sein. Aber das ging im Moment nicht. Es gab ein paar Sachen, die sie erst noch tun musste. Verstehen musste.

Wie konnte sich ein Leben so sehr, in so kurzer Zeit verändern? Klar: Sie war nun eine Vampyr brauchte jedoch kein Blut und war trotzdem eine Hexe. Cool, aber erschütternd.

Ihre Eltern stritten sich weiterhin. Sie taten das schon seit zwei Tagen. Mit der Ausnahme, dass es diesmal bei ihnen Zuhause war. Diesmal schien es auch eher um Adele zu gehen. Doch dieser Streit war schon lange hinfällig gewesen und jetzt auch schon wieder unterkühlt.

Dann wäre da noch Adele de Warrene, die plötzlich auch ihr etwas antun könnte. Eigentlich ihr jederzeit hätte etwas Schlimmes antun können. Diese Gefahr, in der sie immer geschwebt hatte, ohne es wirklich zu wissen, war nun präsenter. Das war die Gefahr, die Jay die ganze Zeit über beseitigen wollte.

Diese böse schleimige Schlange! Es gibt manchmal Menschen. Nein, sie ist ja kein Mensch! Eben Personen, die man einfach nicht ausstehen kann. Von Anfang an und da wird auch näheres Kennenlernen nichts daran ändern können! Man kann sich einfach nicht riechen!!! Arghhh!!!

***

Mandy

Das nach dem ganzen Tandam mit Adele auch die Heimfahrt anstand, war es auch schon. Am Nachmittag wurde ich einfach in das Auto meiner Eltern reingesetzt und angeschnallt und weggefahren. Kein einziges Wort mehr. Zumindest hat Patrick gewartet bis ich mich von Jay gelöst hatte, um mich ins Auto zu zerren. Nach dem einen Kuss. Ganz urplötzlich als wäre Patrick erst in diesem Augenblick eingefallen, dass seine Tochter wieder nach Hause sollte. Nein, sogar so dringend nach Hause musste, dass er mich einfach vom Mann meines Lebens gezerrt hat. Aber was sollte es schon ändern an der Tatsache, dass ICH, Mandy, wieder nach Hause sollte, ähm, musste.

Jay versicherte mir noch, dass es besser für alle Beteiligten sei, wenn ich jetzt ging. Er wollte natürlich nicht, dass ich wegen ihm Ärger bekam. Es war natürlich wie immer lieb von, sich daran zu erinnern, aber irgendwie merkte ich eine sehr große Veränderung an mir. Alles was bisher genau richtig gewesen war zwischen uns, begann mich zu nerven. Es nervte mich, wie er immer alles verstand. Wie er immer so verständnisvoll sein konnte. Nie die Fassung verlor! Wie schafft man das?

Ok, so ganz stimmte das ja auch nicht, sonst hätte er mich nicht in eine Vampyr verwandelt. Wir alle haben schließlich verborgene Seiten in uns, die wir nur hin und wieder rauslassen…

Und dann diese Stimmungsschwankungen, weil ich ihn plötzlich wieder voll und ganz nachvollziehen konnte. Nur diese Stimmungsschwankungen verstand ich nicht.

Dann wäre da auch noch diese Ruhe an ihm, die liegt wahrscheinlich an allen seinen gelebten Jahrhunderten! Es kann so anstrengend sein mit ihm! So viel Weisheit und dann hat er doch so viel Lust einen zu ärgern, wenn auch nur unbewusst. Mir sollte klar sein, dass er mich eigentlich neckte.

Ich bin schließlich nur siebzehn in diesem Leben. Jedes Mal, wenn ich sterbe, werde ich wiedergeboren! Moment! Werde ich ja nicht mehr! Oder vielleicht doch? Wiedergeboren zu werden ist auch nicht schlecht! Als Hexe hat man solche Vorteile… Aber ich bin jetzt anders. Trotz allem bin ich anders… Heißt das, dass ich jetzt immer noch wiedergeboren werde, wenn ich als Vampyr sterbe? Also versuchen möchte ich es definitiv nicht! Ich hänge an meinem jetzigen Leben, doch irgendwie schon sehr!

Eigentlich ist es aber auch egal. Ich bin unsterblich.

Ich stehe vom Bett auf, weil ich mein Handy aus der Tasche holen möchte, wo auch meine gestrigen Klamotten sind, die irgendjemand netterweise in die Tasche reingepackt hat. Und ach so großes Wunder… Was finde ich da? Eine Blutkonserve! Als hätte ich nicht schon genügend Probleme zu lösen, geschweige denn zu erklären!

Jay musste natürlich eine verdammte Blutkonserve in meine neue Tasche, die er mir geschenkt hat, schmuggeln.

„Nur für den Fall“ stand auf diesem verdammten Klebezettel, den er an der Blutkonserve geklebt hat. Was er wohl mit „Nur für den Fall“ meint, es wäre zumindest schön zu wissen, wenn ein solcher Fall eintreten sollte, nicht?

Kerle glauben unkompliziert zu sein, sind aber noch schlimmer als wir Frauen! Hätte er nicht spezifischer werden können? Konkreter? Anscheinend nicht! Da soll sich mal ein Kerl beschweren wir Frauen seien kompliziert! Dem reiße ich den Kopf ab! Ok, nein, so war das wieder nicht gemeint!

Süße! Was hast du für Gedanken?! Die Blutkonserve ist nur für den Fall, dass du in Lebensgefahr sein solltest. Was ich aber nicht hoffe! Bis heute Nacht. J

Ein Rätsel gelöst. Jay hatte mir gerade eine SMS geschickt. Anscheinend hatte ich meine Gedanken ziemlich weit projiziert…

Ich sollte vielleicht daran arbeiten…

***

Aber irgendwie konnte sie ihm einfach nicht böse sein. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Er hatte ihr versprochen später in der Nacht nach ihr zu sehen. Sie wusste, dass er dieses Versprechen einhalten würde, aber nicht nur dieses eine Versprechen. Es gab so viel, was er ihr versprochen hat und er war keiner, der seine Versprechen brach. Man kann ihm blind vertrauen, ohne jemals zu fallen. Zumindest solange es nur von ihm abhängt.

Sie war von den Toten als Vampyr wieder „auferstanden‘‘. Sie war immer noch eine Hexe, denn sie erkannte immer noch, wenn jemand log und wenn sie es wollte, konnte sie jetzt dank ihm auch alle Gedanken erfahren und dadurch die ganze Wahrheit wissen. Es war eine Erweiterung ihrer Gabe. Jetzt konnte sie alles bis ins kleinste Detail wissen, wenn sie es tatsächlich wissen wollte. Alles. Nichts mehr würde vor ihr verborgen sein.

Das war auch so eins der Gründe, warum sie erkannt hatte, dass ihre Mutter irgendwas zu verbergen hatte. Bisher jedoch war sie noch nicht dahintergekommen, was es genau war, denn sie wollte nicht unbedingt in den Kopf ihrer Mutter hineinschauen. Ein einziges Wort war aus ihrem Kopf herausgekommen und in Mandy baute sich dieses komische Gefühl, dass es etwas mit ihr zu tun haben musste. Doch ihre Mutter hatte gute Barrieren. Aber was musste ihre Mutter wegen ihr verbergen? Es hatte doch gar keinen Sinn.

Ihre Mutter versuchte etwas vor ihr zu verbergen, doch mit ihren neuen Kräften war das gar nicht so leicht.

Daher wusste sie auch ganz genau, wie lange eine ganz bestimmte Person vor ihrer Zimmertür wartete, weil sie unsicher war, ob sie reinkommen durfte, bis sie endlich den Mut fand und anklopfte.

Es klopfte sehr leicht an ihrer Schlafzimmertür. Mandy wusste schon vorher, dass es ihre Mutter war, die voller Unsicherheit vor ihrer Tür gestanden hatte. Es war wohl das erste Mal im Leben ihrer Mutter, dass sie gezögert hatte anzuklopfen. Die Unsicherheit, ob sie nicht doch Jay längst hineingelassen hätte, war auch gleichzeitig ihre Hoffnung gewesen.

***

>> Herein. <<, rufe ich sie herein.

>> Ich bin’s Mandy. <<, meint Mariana, bevor sie die Tür aufmacht und sie dann hinter sich wieder schloss. >>Es tut mir leid, dass ich jetzt noch zu so später Stunde reinkomme, aber ich habe Licht gesehen und…<<

>>Du warst neugierig. Wusstest nicht so genau, ob ich alleine bin. <<, springe ich ein. >>Oder, ob ich möglicherweise Jay reingelassen habe. Einerseits wolltest du vor der Tür irgendein Geräusch hören und trotzdem keins mitbekommen. Irgendwie hast du fast diese eine kleine Hoffnung gehabt, ich hätte jemanden in meinem Zimmer, damit du mir was genau nicht erzählen musst? <<, frage ich dann doch viel zu neugierig.

Mariana erstarrte. Das war sehr präzise gewesen. Erst war Mariana sprachlos, doch dann schüttelte sie sich und ging einen Schritt weiter auf mich zu. Wie gut, dass ich die Blutkonserve bereits versteckt hatte.

>>Komm doch schon, Mutter. << Ich klopfe aufs Bett, damit sie sich zu mir ins Bett setzt.

>> Was? Aber...? Wie? << Mariana schüttelte nochmal ihren Kopf, wie um ihn klarer zu bekommen. Die Verwirrung konnte man ihr trotzdem noch deutlich am Gesicht erkennen.

>>Hat dir deine Großmutter Margareth nicht nur die Gabe der Wahrheit gegeben? Mehr konnte sie dir doch nicht geben! Oder? Oder hat sie dir mehr vermacht, als ich es nicht mitbekommen habe? << Eine berechtigte Frage…

>> Sie hat mir nur die Gabe der Wahrheit vermacht, aber das heißt nicht, dass ich nicht andere Fähigkeiten habe. Versuch bitte nicht das Gesprächsthema zu wechseln, damit ich nicht mehr nachfrage. Also klär mich endlich auf und löse dich vom schlechten Gewissen! Das ist weder gut für dich noch für deine Mitmenschen. Oder gar für deine Gesundheit. <<, versuche ich sie zu locken.

>> Ahm…Häm …Wieso schlechtes Gewissen? <<, versucht Mariana sich wieder einmal herauszureden.

Ich blickte meine Mutter mit meinem Ich-weiß-alles-Blick an, in der Hoffnung, dass sie endlich redete.

>>Ok. … Ich weiß, dass du alles wissen willst, aber nicht, wo ich anfangen soll… << Mariana ringt mit ihren Händen. Das ist also keine einfache Geschichte.

>> Vielleicht beim Anfang, wo man beginnt alles zu verstehen! <<, versuche ich hilfreich zu sein.

>>Gut. << Sie fährt nervös mit ihren Händen durch die Haare. >>Der Anfang ist gar nicht so leicht. Nur, dass nicht jeder Anfang für alle Ohren bestimmt ist. << Sie holte tief Luft. >> Du weißt ja, dass wir Hexen sind. Nun mit bestimmten oder unbestimmten Fähigkeiten, aber wir sind auch seit über Tausend Generationen Stammeshexen. Wir sorgen für das Gleichgewicht der Natur. <<

Ich nickte, noch erzählte mir Mutter ihr nichts Neues.

>>Doch seit meiner Generation wurde ein Test durchgeführt. Wahrscheinlich wegen mir. Dieser Test ist dazu da, damit man wieder zu den Stammeshexen gehören kann. Die Stammeshexen gehören dann anschließend in den Rat Jede Stammeshexe hat, solange sie nicht für den Rat zuständig ist, ein eigenes Gebiet. Aber um Stammeshexe zu werden, muss jede Hexe der Familie eine spezifische Prüfung bestehen. << Das war neu.

>> Was für eine Prüfung soll das sein? Stammeshexen werden doch nicht gewählt, sie wurden dazu geboren. Genau wie die königlichen Wohlhochgeborenen. Ich habe meine Kräfte seit meiner Geburt, bisher musste ich mich auch keiner Prüfung unterziehen. << Ich bin erstaunt, dass Großmutter Margareth nie etwas dazu gesagt hat.

>> Das liegt daran, dass man glaubte, du würdest keine Magie in dir tragen, aber selbst dann, findet die Prüfung erst nach Volljährigkeit statt. <<, erklärt Mariana weiter.

>> Warum sollte ich keine Magie haben? Du bist doch auch eine Hexe, so wie Großmutter auch eine war. Gut, Vater ist kein Hexer und Gott sei Dank ist er nichts hiervon! Das Beste daran ist, dass er auch gar keine Ahnung davon hat! << Erleichterung durchzuckte uns beide.

>> Das ist es ja, weil er ein Mensch ist, habe ich meine Kräfte eingebüßt. Was zwar nicht ganz der Wahrheit entspricht, doch der Rat der Hexen nimmt es an. Stammeshexen dürfen sich nicht mit anderen Wesen mischen und sei es auch nur ein Mensch. Indem ich mich auch noch geweigert habe die Prüfung zu Ende zu führen und dann auch noch mit einem Menschen heiratete und eine Tochter von ihm bekam, wurde alles etwas komplizierter… <<

Ich bemerkte, dass da etwas an dem, was sie sagte, nicht stimmte. Ein bleiender Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus. Ihre Mutter log. Doch worüber genau log sie?

Plötzlich sah ich Bilder von einem Mann mit Mutter. Es waren Szenen in einem Wald, wo beide nackt waren und aufgestöhnten. Schweiß. Schreie. Glückseligkeit. Liebe.

Ich sah und empfand, was ihre Mutter in den Armen dieses Mannes empfunden hatte. Es war nicht das Gefühl, das ihre Mutter für Patrick empfand, letzteres war im Vergleich zu diesem Unbekannten unbedeutend, wenn sie überhaupt irgendwelche Gefühle für Patrick hegte.

Mariana hatte wohl weitergeredet, während ich in ihrem Unterbewussten gestöbert hatte. Meine Augen weiteten sich.

Was hatte das zu bedeuten? War das vielleicht eine Weiterentwicklung meiner Gabe oder ist es bereits eine der Vampirgaben?

Ich unterbreche meine Mutter in ihrem Redefluss. >> Mutter, hattest du eventuell, bevor du mit Patrick etwas angefangen hast, eine Beziehung zu einem anderen Mann? << Das war nicht gerade subtil, aber das war ja auch nicht mein zweiter Vorname.

Mariana wurde blass im Gesicht und ihr schien übel zu sein.

Ich hatte wohl einen richtigen Riecher. >>Vielleicht etwas mit einem dunkelhaarigen Mann, der sehr, sagen wir mal, vital ist? Oder war? <<

>> Warum fragst du so etwas? << Marianas Stimme ist nur ein Hauch. Sie versuchte sich wieder vom Schock zu erholen, dadurch wusste ich auch schon die Antwort.

Die Bilder, die wieder aufleuchteten, waren jetzt heller und klarer.

Ich sah den Mann und erkannte, dass er dieselben Muttermale am linken Ohr hatte, wie ich selbst.

Nun hatte ich etwas erfahren, was ich nicht erwartet hatte. Die Wahrscheinlichkeit desselben Muttermals an derselben Stelle war nur dann wahrscheinlich, wenn sie derselben Familie entstammten. Besser gesagt, man hatte einen direkten Verwandtschaftsgrad zueinander.

Der Mann war braungebrannt, sehr schön sonnengebräunt. Er musste entweder aus so einem Gebiet kommen oder oft an der Sonne sein. Man erkannte die unzähligen Muskelstränge an seinem Waschbrettbauch und an Ober- und Unterschenkeln. Ja, an Armen und Beinen. ich wollte Mutter nicht zu nahetreten, aber er offerierte wohl ganz bestimmte Freuden. Dunkelbraune Haare, die ihm bis kurz über die Schultern gingen und goldene Augen.

Ich versuchte nicht so genau hinzuschauen. Ich erinnerte mich an die Frage meiner Mutter, warum ich jetzt nachfragte. Das ist doch eine sehr berechtigte Frage… Mit wem hatte da Mutter mehr getan… Als ein Schäferstündchen zu halten. Uii… Ok! Ich sollte nicht weiter in ihrem Kopf schnüffeln! Man sieht manchmal Dinge, die man besser nicht sehen sollte und wollte. Nicht einmal ahnen sollte! Niemals im Leben!

>> Es ist ja nicht so, dass du gerade nicht an diesen einen bestimmten Mann denkst, der so wie ich, Muttermale am linken Ohr hat. <<, gebe ich zu, während ich mich innerlich schüttle, um diese Bilder aus meinem Kopf zu kriegen.

>> Was? Wie kannst du sehen was ich denke? Moment! << Sie erhebt sich vom Bett und starrt auf mich runter. >> Seit wann schnüffelst du in meinem Kopf? Mandy Schöne! Du hast dich jetzt auf der Stelle zu erklären! <<

>>Ich kann es eben sehen und diese Muttermale sind ungewöhnlich! << Ich erhebe mich jetzt auch und hebe meine Hände wie zur Kapitulation. >> Du kannst sternförmige Muttermale nicht so ohne weiteres bekommen. Sie werden durch die DNA weitervererbt und das kann nur dann passieren, wenn ein Elternteil diese hat. Soweit ich weiß, hast du keine. <<

Mariana blieb erst einige Zeit still und starrt mich einfach nur an. >>Es ist nicht einfach, Mandy. Die Muttermale… Das könnte durch irgendeine Mutation hervorgerufen worden sein. Du weißt es doch besser. <<

>> Ist dieser Mann mein Vater? << Mir ist schon klar, dass er es sein muss, ich warte nur noch auf eine Bestätigung von ihr.

>> Patrick ist dein Vater! Und nun sag mir, wer dir erlaubt hat in fremden Gedanken einzutauchen? Nein, nicht in fremde Gedanken, sondern in meine! << Der wütende Ausdruck ist wohl berechtigt.

Die eigentliche Frage ist vielmehr, seit wann ich das konnte, ich konnte sie in ihren Gedanken hören. Ich konnte das echt gut nachvollziehen. Ich selbst hätte das auch nicht gerne, wenn jemand unbemerkt meine Gedanken lesen würde.

>> Also hattest du vor Patrick eine Beziehung zu dem sexy Unbekannten. Und im Wald ist halt das passiert, was eben zwischen zwei leidenschaftlichen Personen passiert und dann heiratest du statt des sexy Unbekannten doch lieber Patrick? Ich bin verwirrt. Ich kann das nicht einmal nachvollziehen. Und als wäre es nicht genug, bin ich auch noch ein Kuckuckskind! Du hast mich als Patricks Kind ausgegeben? << Das konnte ich tatsächlich nicht nachvollziehen.

>> Erst einmal, Mandy, ist es ziemlich unhöflich sich in die Gedanken der anderen einzumischen! Es können ziemlich private Erinnerungen sein und so ganz stimmt die Geschichte nicht. Der…<< Mariana schluckte laut. >>sexy Unbekannte, so wie du ihn nennst, hieß Jorge. Es stimmt, dass im Wald…Ähm… sind so… naja… ein paar Dinge passiert sind. << Ihre Wangen rötteten sich wie eine blühende Rose. >> Patrick war unser gemeinsamer Freund und er war derjenige, der sah wie Jorge… <<

Mandy sah wieder Szenen. Doch diesmal waren es keine glücklichen.

Patrick kam in Großmutters Haus hereingerannt. Panisch. Bleich. Blutverschmiert. Gehetzt.

>> Wo ist Mariana? <<, fordert er Margareth auf, wartete die Antwort jedoch nicht einmal ab, sondern rannte hoch in Marianas Schlafzimmer.

Großmutter fluchte ihn an, dass es nicht höflich wäre, so in das Zimmer einer Frau reinzustürmen. Einer unverheirateten Frau wohlgemerkt.

Mariana lag in ihrem Bett und hatte gerade von Jorge geträumt, nachdem sie die Nacht gemeinsam verbracht hatten und wachte jetzt abrupt durch das Geschrei und Getrampel im Flur auf. Sie ahnte, dass etwas geschehen sein musste, aber es durfte nichts sein. Nicht schon wieder eine überstürzte Flucht.

Patrick stand in ihrem Zimmer. Panische Angst war in seinem Blick. >>Er ist tot! <<, spricht er aus, aber das lag keine Emotion. Es war kühl und sachlich und Mariana verstand nicht, was er damit sagen wollte.

>>Wer? <<, flüsterte sie und schüttelte dabei ihren Kopf, um die Müdigkeit zu verscheuchen. Es gab nur eine einzige Person, die sie gemeinsam hatten. Sie riss die Augen auf. >> Nein! Er würde mich nie zurücklassen! Bist du dir sicher? << Sie steht vom Bett auf und kommt auf ihn zu.

Er legt ihr die Hände aufs Gesicht und schaut ihr in die Augen.>> Wir waren beide zusammen, als uns eine Horde von Leoparden angriff. Er meinte, ich sollte verschwinden, so schnell wie möglich rennen, während er sich um die Leoparden kümmerte. << Er schüttelt den Kopf und es sieht aus, als würden ihm Tränen die Wangen herunterlaufen.

Sie ahnte, was vorgefallen sein musste. Er durfte sich nicht für Patrick aufgeopfert haben. Ihr Jorge durfte das nicht gemacht haben. Das durfte einfach nicht sein. Das Leben könnte doch nicht so schrecklich zu ihr sein, wenn sie gerade die Liebe ihres Lebens gefunden hatte. Das Schicksal dürfte ihn ihr nicht entreißen, das ist nicht fair. Das darf nicht wahr sein.

>>… Ich konnte nicht, ich bin auf das Nächsthöchste gestiegen und habe gewartet, bis die Leoparden sich verzogen hatten und ging zurück, aber das hätte ich nicht tun sollen, dort lag er blutverschmiert. Er hatte keinen Puls mehr. Ich ließ ihn dort liegen. Ich konnte nichts mehr für ihn tun. <<, beteuert er, während er Marianas Gesicht mit leichten Küssen pflastert.

Ich sah selbst in der Erinnerung meiner Mutter, dass Patrick unaufrichtig gewesen war. Ich erkannte auch, dass dies ihrer Großmutter, die neben ihrer Tochter stand, auch nicht entgangen war, denn dann sagte sie:

>> Ich kann erst glauben, dass er tot ist, wenn ich es mit meinen eigenen Augen gesehen habe! Patrick, beschreibt mir, wo sich das zugetragen hat. << Ihr Ton duldete keinen Widerspruch.

Patricks Augen blitzen gefährlich auf. Er log auch über den Ort des Geschehens. Also war das alles eine Lüge.

Mandy wusste jetzt, seit wann, ihre Großmutter ihrem Schwiegersohn, meinem Vater misstraute.

>> Hattest du zu der Zeit noch deine Kräfte? <<, frage ich, um sicher zu gehen.

Mariana schauderte und überlegte kurz. >> Ja, zu der Zeit durfte ich noch meine Kräfte benutzen, warum fragst du? <<

>>Was für Kräfte hattest du? <<, gehe ich weiter darauf ein.

>>Warum ist das wichtig? <<, fragt sie, während ihr die Tränen über ihre Wangen liefen. >>Ich habe ihn damals auch nicht retten können. << Mariana empfand Reue. Schuldgefühle nagten an ihr, aber sie konnte nichts dafür.

>>Hast du ihn jemals tot gesehen? <<, versuche ich es weiter, denn irgendetwas musste ich übersehen haben.

>> Nein. Patrick verbat es mir. << Sie atmete ein und aus.

Was für eine nette Geste, schnaube ich in meinem Kopf.

>>Und im Anschluss erfuhr ich, dass ich schwanger war, und gleich darauf wurden mir meine Kräfte entzogen, sodass ich nicht mehr die Möglichkeit hatte Jorge zu sehen. Ich habe es wirklich versucht, aber mit Patrick und dir? << Sie schüttelte den Kopf. >> Es war einfach nicht mehr möglich ihn zu sehen. Es wäre eine Gefahr. <<

>> Du hattest vor Kontakt mit den Geistern aufzunehmen? <<

Mariana nickte.

Ich erinnerte mich an eine Passage im Hexenbuch der Warren, die Großmutter Margareth hinzugefügt hatte.

>> Großmutter meinte, es wäre zu gefährlich, aber wenn ich eines Tages den Wunsch verspüre die Geisterwelt aufzusuchen, dann sollte ich in unser Hexenbuch schauen. Sie meinte, es wäre wichtig. Lass uns mal schauen, ob Jorge sich überhaupt dort aufhält. <<, gebe ich von mir, während ich aufstehe, um das Hexenbuch aus seinem Versteck herauszuholen.

>> Warum sollte er sich nicht dort aufhalten, wenn er getötet wurde?! <<, fragt mich Mutter sichtlich überrascht.

>> Hast du schon mal an Patricks Aufrichtigkeit gezweifelt? Immerhin liebt er dich genauso wenig, wie du ihn! <<

>>MANDY! <<, schreit mich Mutter an.

>>Es ist eine Tatsache und keine Frage! Ich meine, wir sollten den Versuch wagen. Immerhin habe ich das Recht meinen richtigen Vater kennenzulernen, da Patrick nicht mein leiblicher Vater ist und zudem noch einige Geheimnisse hat, die dich vielleicht auch nicht weiter verwundern dürften, wie zum Beispiel eine uneheliche Tochter, die nicht einmal meine Schwester ist und sie soll mir Jay ausspannen? Wie sollte ich da froh sein, Patrick als Vater zu haben? Findest du etwa nicht? Außerdem wollte ich dir sagen, dass meine Fähigkeiten sich weiterentwickelt haben. Erst aber Großmutters Magietagebuch…<<, meine ich und suche bereits darin nach dem geeigneten Spruch.

>>Du weißt auch über Klara Bescheid? <<, fragt sie erstaunt.

>>Seine Gedanken sind wie ein offenes Buch. Ich habe es, als wir bei Jay waren, erfahren, genauer gesagt, als er diese Frau angegafft hat wie ein … weißt du was, ich verkneife es mir. So habe ich allerdings von Klara erfahren, denn er hat darüber nachgedacht, wie sie Jay noch rumkriegen kann, wenn wir beide zusammen sind. Aber du weißt über Klara Bescheid? << Das erstaunte mich dann doch.

>>Ja, als er sie kennenlernte, wollte er mich dazu zwingen seine Tochter als die meine anzuerkennen, damit sie mit dir das Erbe antreten könnte. Aber ich habe mich geweigert einen seiner Seitensprünge in meinem Haus zu tolerieren. Daher habe ich mir gedacht, würde er irgendwann einen Plan aushecken. Das er allerdings glaubt Jay von dir abbringen zu können, ist selbst für ihn völlig irrational. Hast du schon mal Klara gesehen? Ihr Anblick bereitet bereits Kopfschmerzen, ganz zu schweigen von ihrer Stimme. Kein vernünftiger Mensch ist in der Lage, ihr länger als eine Minute zuzuhören, denn sie hält sich wie Patrick, für etwas viel Besseres. Sie denkt sie könnte die nächste ‚Queen‘ werden! <<

Mandy war erst sprachlos und dann erheitert und lachte dann aus vollem Halse. >>Ok, dann sieht es ja ganz danach aus, als müsste ich mich für die nächsten Jahrhunderte nicht beunruhigen. <<

>>Was soll das heißen? << Mariana schaut mich jetzt wieder etwas genauer an.

>>Ach nichts. <<, versuche ich sie mit einer wedelnden Handbewegung zu beruhigen und holte das Magietagebuch von Großmutter aus dem Nachtschrank. Die unterste Schublade ist dafür reserviert und mit einem Schutzzauber belegt. Ich verstecke es dort seit einigen Jahren, besonders vor Vater. Wie es sich jetzt herausstellt, war er aber gar nicht mein richtiger Vater. Na, im Großen und Ganzen eine gute Nachricht.

>> So, das hier müsste der Spruch sein. <<

Ruf die vergangenen Seelen Wenn mein Herz dich nicht vergessen kann Selbst wenn so lange Zeit vergangen ist Mir keine Ruhe mehr geben kann So rufe ich den (Geist, aber bitte nicht aufsagen), der meine Seele bis heute noch ist Ich rufe von tiefstem Herzen, Jorge zeige dich

>>Mutter, findest du nicht komisch, dass Sie Jorge geschrieben hat? <<

>> Sie hat nie etwas hiervon erwähnt. << Sie streicht über die Seite. >>Ja, ich finde es seltsam. Warum sollte sie mir so etwas verschweigen? Es hat doch keinen Sinn! <<

>> Ich sehe sehr wohl einen Sinn, sagtest du nicht einmal, Großmutter könnte in die Zukunft sehen? Also ich glaube sie hat das vorhergesehen. Obwohl ich es doch komisch finde, dass sie mir so viele Möglichkeiten gegeben hat, damit Vampire mir nicht zu nahekommen und doch, wenn es darauf ankam? Nö, dann hat sie es nicht fertiggebracht mich genau vor dem zu warnen, wer mir tatsächlich bedrohlich werden könnte. <<

>> Was sagst du da? Ein Vampir ist dir zu nah gekommen? Hast du deinen Onyxstein nicht benutzt? <<, fragte sie mich besorgt.

>> Also du warst dabei, als sich diese Vampyr an Patrick rangemacht hat und du hast selbst auch nichts gemacht. Woran hat das wohl gelegen? <<

>>Du weißt warum. <<

Ich grinste meine Mutter an. >> Aber das wirklich Wichtige ist, dass wir den Spruch aufsagen müssen. Bereit? <<

Sie nickte mir zu und nahm meine Hand in ihre.>> Du hast wohl Recht. Noch ein Tag länger mit Patrick und ich schmeiße ihn raus. Also los! <<

Beide sagten den Zauberspruch gemeinsam auf.

Plötzlich hatte sich eine Rauchwolke in meinem Schlafzimmer gebildet, aber es war nicht der sexy Unbekannte alias Jorge, sondern jemand anderes.

Jemanden, den wohl niemand erwartet hatte.

Erwartungen sind echt das Letzte.

Das Erblühen

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