Читать книгу Das Erblühen - Ana Catarina Lopes - Страница 4
Kapitel 3
ОглавлениеMandy
Ich versuche zurückzudenken, wann sich meine Eltern überhaupt zum letzten Mal gestritten haben und es läuft immer nach einem Muster. Patrick wird laut und meine Mutter leiser. Und worüber streiten sich meine Eltern? Wenn es um mich geht. Für mich. Es ist schon immer so gewesen, aber als ich jetzt in das Wohnzimmer der Morgens in meinem neuen blauen Kleid, dass mir Jays Schwestern geschenkt hatten, reinkam bin ich froh, dass Jay meine Hand hält, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich nicht doch in ein Schlachtfeld hineingeraten bin. Es fehlen zwar nur noch die zerfetzten Kissen. Es sieht nämlich nicht nach einem Streit, sondern vielmehr nach einem Krieg aus Fetzen. Und diesmal hatte ich bestimmt gar nichts damit zu tun.
Meine Mutter Mariana war kurz dabei Patrick an die Gurgel zu gehen. Wortwörtlich! Super interessant und schockierend.
Patrick schien das nicht zu fassen, wie alle anderen im Zimmer, immerhin hatte meine Mutter bisher keine Handgreiflichkeiten ihm gegenüber gezeigt, auch wenn er es manchmal echt verdient hätte. So etwas sah ich daher zum ersten Mal und war ganz perplex! Sie schlug ihm tatsächlich fest ins Gesicht. Das war möglicherweise wohlverdient. Dennoch ungewohnt. Ich war geschockt. Patricks sonst so fest gegelten platinblonden Haare flogen um sein kantiges Gesicht und seine braunen Augen blickten mörderisch und versprachen Rache.
Jay sah so etwas anscheinend ebenso nicht oft, denn er griff meine rechte Hand etwas fester. Wollte er mich trösten oder doch eher sich selbst abreagieren? Oder mich wohl doch noch von hier wegbringen. Bei der letzten Option hätte ich nichts entgegenzusetzen. Was aber hat das hier vor unseren Augen überhaupt zu bedeuten? Worum ging es hier tatsächlich? Die beiden haben ja zu Hause nie so etwas veranstaltet!
>> Vielleicht möchtet ihr beiden ja hören, was Mandy und ich zu sagen haben. << Es hätte eine Frage sein können, aber das war es nicht. Jay sprach ungewöhnlich laut und autoritär. Das hatte er wohl noch aus einer anderen Epoche, aus einer anderen Zeit, als Manieren noch beigebracht wurden. Aber es war beeindruckend und alle schauten zu ihm auf. Ja, er ist wirklich groß. 1,80 m?
1,93 m, wenn ich bitten darf!
Er nickte mir zu, seine telepathische Antwort war mit einem leicht gekränkten Ton wegen der fehlenden dreizehn Zentimeter.
Das tut mir so schrecklich leid.
Ironie ist meine Stärke.
>> Was habt ihr denn zu sagen? Ist Mandy etwa schwanger? Hast du ihr ein Kind gemacht du höhnischer Taugenichts? Hat es dir nicht gereicht eine Nacht mit ihr zu haben? Neben ihr zu schlafen ist zu viel des Guten für dich, nicht wahr? Du musst gleich zur Aktion heranschreiten! Pah. Ich spucke auf dich, du mieser Verräter! << Patrick kann das gut. Höhnisch sein und Spitzen verteilen, wo auch immer er ist, ohne Rücksicht auf Verluste. Das ist seine Stärke. Das war Patrick wie er leibt und lebt. Beleidigungen konnte er jederzeit und überall und gegen jeden ausspucken. Selbst dann, wenn er irgendwo verletzt lag, konnte er nichts anderes als andere schlecht zu machen. Er konnte nie anders sein. Sah sich immer als etwas Besseres an und dass obwohl er in eine reiche Familie hineingeheiratet hat. Vorher war er ein Nichts. Jetzt? Patrick war herablassend. So war schon immer sein Normalzustand gewesen. Ich kann es immer noch nicht verstehen, wie sich Mutter in diesen Mann hat verlieben können. Dabei ist er mein Vater und ich müsste zumindest Zuneigung empfinden. Dass sie auch noch achtzehn Jahre mit ihm verheiratet ist, schien mir im Verhältnis, zu dem wie er ist, immer noch ein Wunder zu sein.
Jay schaut nochmal zu mir hinunter und dabei bin ich gar nicht so klein. Ihm gefällt ganz und gar nicht Patricks Tonfall und noch viel weniger seine Aussagen. Daher ist es besser, wenn er nicht eingreift. Ich wollte gerade eingreifen, komme aber nicht mehr dazu, denn Mutter ist einfach schneller.
>> Halt den Schnabel, wenn du nochmal in diesem Ton über oder mit meiner Tochter sprichst, garantiere ich, dass du diesen Tag noch tatsächlich bereuen wirst! Reicht dir die eine Ohrfeige nicht? Mir reicht es, dass du die Morgens bereits beim Betreten der Haustür beleidigt hast. Noch ein Wort und ich bin versucht dir deine Zunge rauszuschneiden! Lass die beiden in Ruhe! Zudem vergisst du, dass die beiden alles tun dürfen, was sie wollen! Du kannst ihnen nichts befehlen! Sie sind frei in ihrem Tun. <<, schreit meine Mutter ihn an.
OK???! Meine Mutter hat das übernommen. Das ist nicht normal für meine Mutter. Gut, natürlich beschützt sie mich, aber dann wird sie nicht so… so aggressiv? Verstörend? Handgreiflich? Schnippisch? Habe ich erwähnt, dass sie so nie vorher gewesen ist? Creepy? Schon gar nicht vor Zeugen??! Und seit wann bedroht sie Patrick mit dem Zungen-herausschneiden?
>> Na, dann passt es ja gut. << Jay zog den Satz in die Länge und schaut mich noch einmal an und fährt erst dann fort, als ich im zunicke. Ihm ist meine Zustimmung für die nächste Offenbarung wichtig.
>> Wir ziehen nämlich zusammen <<, sagte ich, ohne zu wissen, wie es mir so leicht über die Lippen ging. Vielleicht war es doch, so leicht wegen den Veränderungen?! Alles ist in Bewegung und alles in mir verändert sich. Schließlich bin ich nicht mehr nur eine Hexe … Aber auch weil ich mir sicher bin, dass Jay für mich da ist, komme was wolle.
>>Was!!!<<, kommt es von Patrick im selben Moment wie das >>Endlich!!! << von meiner Mutter und beide schauen sich finster an.
Unterschiedlicher hätten die beiden Reaktionen im selben Moment nicht sein können. Patrick ist geschockt und Mariana, meine wunderschöne Mutter, überglücklich. Mariana kommt auf mich zu und umarmt mich. Die Morgens nickten und lächeln uns nur zu, denn immerhin wussten sie längst darüber Bescheid. Gute Ohren und so. Was das Vampirsein nicht alles für Vorteile hat.
***
Kaum hatte Mariana ihre Tochter in den Armen, da spürte sie es. In diesem Moment spürte Mariana eine Veränderung an Mandy. Etwas war entschieden anders. Doch was war es? Kälte lief ihr den Rücken runter wie Eiszapfen stachen sie in ihre Wirbelsäule. Das war nicht gut. Das kann nicht sein, denkt Mariana. Sie versteift sich und lässt Mandy los, um ihr genauer in die vertrauten blauen Augen zu schauen.
***
Im selben Moment wie meine Mutter versteife ich mich. Ich fühle eine Gefahr, die draußen auf uns wartet. Dieses dringende Gefühl nachsehen zu müssen will sich einfach nicht in Luft auflösen. Ich weiß auch was auf mich wartet, aber ich kann nicht anders. Dumm und stur könnte man die Situation auch benennen. Aber wie immer bin ich spontan. Zu spontan könnte man es ebenso meinen! Ich stellte mich wie immer jeder Gefahr. Selbst als ich erkenne, dass die Blitze, die nur ich sehe, immer stärker werden. Auch wenn die Situation verrückt ist. Das dringende Bedürfnis die Tür aufmachen zu müssen ist stärker, was oder wer auch immer sich dahinter versteckt, will rein und will etwas Böses tun und ich muss es aufhalten. Es will gegen mich einschreiten und mir die Flügel stutzen. Mich brechen. Mich zerstören. Aber das konnte die Person dort draußen vergessen, denn ich stelle mich jeder Gefahr, auch wenn es etwas ist, womit ich nicht rechnete. Zumindest nicht wirklich rechnen konnte.
Und jetzt? Jetzt bin ich eine Kämpferin!
Ich bin bereit bis zum letzten Atemzug für mein Leben zu kämpfen und ich hoffe die andere Person dort draußen ebenso, denn es würde Blut fließen
Es sollte sich wohl noch als wahre Dummheit bewahrheiten, wenn man jedem Instinkt nachgibt.
Aber ist nicht jeder dumm, wen es um die Liebe geht und wenn man seine Liebsten beschützt? Dann gibt es keine Dummheit.
Es sind die eigenen Entscheidungen, die uns die Richtung ebnen wohin unser Leben am Ende geht.
Bin ich bereit für meine „Dummheit“ am Ende zu zahlen?
Absolut
***