Читать книгу Das Erblühen - Ana Catarina Lopes - Страница 3
Kapitel 2
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Mandy
Vorhin noch war ich noch mit Jay im Bett und es war herrlich mit ihm zusammen zu sein. Okay, nein so war das nicht gemeint, wir haben nur zusammen gelegen. Gekuschelt und geküsst. Doch der Tag musste einfach viel zu schnell anbrechen und Jay musste ja auch meine Eltern irgendwann anrufen, um ihnen zu sagen, dass es mir gut ging. Sehr wichtig war auch mitzuteilen, dass ich die Nacht bei ihm verbracht habe. Ich verstehe das und nachdem ich alles weiß, was ich wissen muss, kann ich es auch nachvollziehen. Schmeckt es mir? Nein! Muss ich damit vorerst leben? Ja!
Außerdem musste ich meinen Eltern gleich erklären, warum ich bei Jay übernachtet habe, obwohl ich zugesagt hatte das zuhause zu tun. Etwas was auf jeden Fall einzuhalten war. Außerdem wurde von Anfang an von niemand geringeres als meinem Vater, Patrick, beschlossen, dass ich NIEMALS und das ist etwas, dass immer zu befolgen ist – bah - nie bei Jay übernachten dürfte. Patrick hatte zudem dafür gesorgt, dass Jay definitiv nicht auf der Party sein durfte, obwohl er eingeladen wurde. Es war nämlich Xenas Geburtstagsfeier und er hat irgendwie einen komisch engen Draht das zu bekommen was er will.
Patrick würde mir ganz bestimmt an die Gurgel gehen, wenn ich es gewagt habe ihm zu widersprechen und bei Jay zu übernachten. Oh ja, die übliche Standpauke wird mir ganz bestimmt noch auf dem Nachhauseweg in den Ohren klingeln. Zumindest konnten sie durch Jays Anruf wissen, dass es mir gut ging. Das sollte doch mindestens ein Pluspunkt sein. Oder etwa nicht? Auch wenn man dazu sagen muss, dass ich nicht mehr zurückkehre, wie ich vorher war. Wie wunderbar, dass nicht alle Vampirklischees stimmen. Doch diesmal wird mir die Standpauke wirklich wehtun, wenn ich Patricks Lärmpegel bedenke…
Patrick Hochmann ist zwar mein Vater, aber er hat nie wirklich diese Rolle in meinem Leben erfüllt. Klar ist er immer dann anwesend, wenn er es überhaupt nicht sein sollte und mischt sich auch nur dann in mein Leben ein, wenn er überhaupt nichts zu sagen hat. Doch hat er meine Mutter Mariana Schöne wegen des Kindes in ihrem Bauch geheiratet. Kurz und bündig: Mich! Meine Mutter war vor der Hochzeit schwanger gewesen. Was legitim ist. Ich will das nicht schlecht reden. Großmutter jedoch legte die Vermutung nahe, dass er meine Mutter nicht lieben würde, sie jedoch geheiratet hat, weil er an das Geld meiner Familie interessiert sei. Großmutter könnte so einiges mehr dazu sagen. Doch nun? War sie nicht mehr da. Sie ist von uns gegangen. Doch sie hatte mir genug zu verstehen gegeben.
Ich gehe sehr stark davon aus, dass mir Großmutter genau deswegen die Gabe der Wahrheit vermachte. Ich sollte immer vorsichtig sein, denn er wäre nicht derjenige, den er zu zeigen pflegt. Sie sagte immer, Patrick habe nie milde walten lassen, er sei immer nur auf seinen eigenen Vorteil aus, ihm würde es nicht interessieren, wer für seine Fehler zu zahlen hätte. Ihm sei nicht einmal das Leben anderer heilig. Dank Großmutter habe ich also eine wunderschöne Gabe erhalten, dadurch wird mir jederzeit und unwiderruflich die Wahrheit zuteil. Zumindest wenn jemand spricht.
Eine so schöne Gabe, aber auch lästig und schmerzhaft. Man bekommt zwar das zu hören was man will, hat aber anschließend diesen bleiernen Geschmack der Lüge im Mund. Man merkt es auf jeden Fall!
Es gibt unterschiedliche Arten von Lügen und jede davon kann ich aufdecken. Unterlassung. Umschiffen. Komplete Lügen. Ach, es gibt so viel mehr. Notlügen sind aber erheiternd. Sie hinterlassen bei mir ein Kribbeln, denn dadurch weiß ich, dass irgendjemand ein Versprechen abgegeben hat nichts zu erzählen.
Bei Patrick stellt sich das Problem, dass er nicht anders kann als zu lügen. Er kann nie die Wahrheit sagen und ist dann dazu auch noch dominant. Es ist wie eine Sirene, die durchgängig schrillt. Nicht das übernatürliche Wesen. Diese Sirenen bringen dich mit ihrem verlockenden Gesang in die tiefsten Gewässer und nehmen dir dein Leben. Ok, vielleicht ist der Vergleich doch gar nicht so abwegig.
Seine Regeln müssen befolgt werden und das ohne Wenn und Aber! Wehe dem, der auch nur daran denkt seine Befehle nicht auszuführen und dass obwohl er überhaupt keine Ahnung von irgendwas hat! Wirklich! Er will das Familienunternehmen leiten und doch führt er es, wenn er tatsächlich alleinige Kompetenzen hätte, in den Bach.
Patrick wollte nicht einmal, dass ich Medizin studiere. Ich sollte mich ja schön an das Imperium dransetzen, dass meiner Familie mütterlicherseits gehört. Darum hat er auch den Nachnamen meiner Mutter angenommen. Wahrscheinlich um ehrenwerter zu erscheinen. Ihm liegt viel an Äußerlichkeiten, statt auf Charakter zu setzen. Ihm geht es immer nur um den Schein. Er weiß gar nicht was Ehrlichkeit bedeutet.
Alles hat bei ihm einen Sinn und Zweck. Immer! Er tut nichts was ihm nicht in irgendeine Weise einen Nachteil verschafft. Am liebsten hat er es, wenn er seine Vorteile aus den Problemen andere ziehen kann. Entweder durch einen Gefallen von einer höherrangigen Person oder durch weiß der Kuckuck was. Was er bei mir speziell nicht so gut findet: Meine Freundschaft zu Jay. Da hatte er auch schon immer mehr vermutet als tatsächlich da war. Das habe ich bisher nie nachvollziehen können, aber es wird sich schon irgendwann zeigen. Wie Xena immer sagt, wenn die Zeit reif ist, wird, alles offenbart. Sie hat ja immer Recht! Doch jetzt entspricht seine Wahrnehmung doch der Wahrheit. Jay und ich sind nun zusammen. Irgendwie würde ich sagen, dass wir nun wirklich zusammengeschweißt sind bis aufs Blut sogar.
Marisha, Jays Mutter, hatte uns vor paar Minuten telepathisch darüber informiert, dass meine Eltern nun angekommen seien und nun in dem Wohnzimmer gebracht werden würden. Es war ja bereits nachmittags, da hatte sich wahrscheinlich meine Mutter durchgesetzt.
Telepathie hat auch seine erfreulichen Seiten und sie ist eine unter vielen anderen Gaben, die ich durch die Verwandlung über Jay erhalten habe, aber demnächst sollten auch andere Gaben hinzukommen, die durch meine eigene DNA nun freikommen würden.
Marisha ist Jays leibliche Mutter, denn Vampire können eigene Kinder zur Welt bringen und das ist auch nicht verboten.
Wie froh ich darüber bin, dass ich zum Überleben kein Blut saugen muss, kann ich nicht einmal beschreiben! Ich kann immer noch wie ein ganz normaler Mensch Essen zu mir nehmen. Blut ist nur bei Blutverlust notwendig, daher hatte sich zum Menschsein nicht wirklich etwas verändert. Ein Punkt weniger auf meiner Liste.
Jay und ich sitzen am Treppenansatz und halten Händchen. Wir wollen noch ein kleines bisschen allein sein, gleich würde es schon komisch genug werden. Patrick konnte ziemlich ungehobelt sein, wenn er das will und ich glaube kein Moment lang, dass er nicht irgendeine Szene machen wird, sobald wir beide im Wohnzimmer erscheinen.
Heute scheint alles anders zu sein und es war auch tatsächlich irgendwie anders, intensiver. Ich spüre das Händchenhalten anders als noch vor ein paar Tagen, denn nun weiß ich über Jays Gefühle für mich. Ich erkenne jetzt auch, dass unsere unschuldigen Küsse, keine Unschuldigen gewesen sind. Gibt es überhaupt so etwas wie unschuldiges Küssen? Im Nachhinein denke ich, dass es so etwas überhaupt nicht geben kann.
Verdammt ich werde rot, wenn ich nur daran denke. Richtig rot sogar. Tomatenrot. Ich bin nicht prüde und ich schäme mich auch nicht, aber Leidenschaft lässt sich auch nicht so gut kontrollieren.
Jay schaut mich schon wieder so an. Wissend. Er lächelt mich zwar an, aber ich habe das dringende Bedürfnis ihn schlagen zu müssen. Er drückt meine Hand. Kann das überhaupt als Liebe gelten? Wenn man ihn in der einen Minute noch wild abknutschen möchte und in der nächsten ihn einfach nur noch schlagen will?
>> Mandy, du machst dir einfach zu viele Gedanken. Alles ist gut und es wird noch besser werden. Ich bin schon so schadenfroh die Bombe gleich platzen zu lassen. << Sein Lächeln ist ansteckend.
Worüber spricht er gerade??? Ich muss einen verdammt dämlichen Gesichtsausdruck zur Schau tragen, da er nur seinen Kopf schüttelt und schon wieder dieses verdammte Lächeln aufsetzen muss. Ich sollte ihn tatsächlich dort treten, wo es wirklich wehtut.
>> Ich würde das an deiner Stelle unterlassen, wenn du später noch eigene Kinder haben willst. Was ich meine ist ganz einfach: Wir sind jetzt zusammen. Und…naja…<< Er schaut etwas verlegen zu seinen Füßen. >>Es… ich … naja… außerdem wollte ich dich fragen, ob du, sobald du volljährig bist mit mir zusammenziehen möchtest? << Jetzt schaute er mir wieder in meine Augen. Seine wunderschönen eisblaue Augen schauen mich viel zu hoffnungsvoll an.
Ok! Ich weiß schon, dass wir ziemlich lange für den ersten Schritt gebraucht haben, aber jetzt den zweiten Schritt in nur einer Woche? War das nicht alles zu schnell? Und ich meine wirklich rasant schnell? Superschnell? Habe ich das eigentlich schon erwähnt? Turbomäßig schnell?
Jay schien meine Panik mitzubekommen und drückt mir erneut mit leichtem Druck auf meine Hand, was mich beruhigen soll und auch funktioniert. >> Wir kennen einander wie kein anderer. Warum sollten wir da noch rumzappeln? Jetzt wo wir keine Geheimnisse mehr untereinander und voreinander haben? <<, redet er beruhigend auf mich ein.
Eine sehr, sehr gute Frage. Eigentlich würde nichts dagegensprechen, aber … Das Haus meiner Eltern? Sollte ich es wirklich verlassen? Konnte ich es überhaupt?
>> Du hast jetzt nicht schon wieder komische Fragen über das Vampirdasein oder ist das deine sentimentale Seite? Weil wenn du mich jetzt tatsächlich fragen solltest, ob du ein Haus ohne die Zustimmung eines sterblichen Wesens betreten kannst, dann flippe ich aus. << Ich kann an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass er es nicht ernst meint, trotzdem werde ich rot. Kann man eigentlich noch röter werden als Tomatenrot? Ich sollte vielleicht immer einen Spiegel zur Seite haben. Es könnte hilfreich sein. Es gab ein Märchen, dass Vampire nicht in bewohnte Häuser ohne eine vorherige Einladung reingehen durften. Doch ich wusste schon, dass Jay häufiger in anderen Räumen als die seinen gewesen war, daher plagte mich diese Antwort nicht wirklich. Daher hatte ich eine solche Frage nicht. Daher schüttle ich den Kopf.
Ganz plötzlich hören wir von unten Geschrei, meine Eltern waren vor kurzem reingekommen. Es ist nicht irgendein Geschrei. Sondern eher ein Brüllen und nicht von irgendjemanden. Sondern von einer Person, die niemals die Stimme erhebt. Das war die Stimme meiner Mutter und sie erhob selbst im Streit nie die Stimme. Nie!
Außer vielleicht jetzt im Moment.
Hatte sie vielleicht nach so langen Jahren doch gespürt, dass die Morgens Vampire sind? Und ich jetzt ebenso eine Vampyr bin?
>> Ahhmm. Nein. Diese Frage stellt sich nicht einmal, wenn meine Eltern gerade unten diskutieren. << Ich blicke zu ihm auf.
Das war vielleicht schräg.
Vielleicht aber auch nicht …
Vielleicht ist das am Ende sogar etwas wirklich Gutes.