Читать книгу Der Tod ist mein Freund - André Schaberick - Страница 10
Reizende Bekanntschaft
ОглавлениеSamuel saß auf einem leeren Weinfass und schaute dabei zu, wie der Gaukler mit drei Keulen gleichzeitig jonglierte und das einfache Volk unterhielt. Doch wo war er? Er konnte sich weder daran erinnern, wie er hier hergekommen noch wann dies gewesen war. Er konnte sich eigentlich an gar nichts erinnern. Er war einfach nur da. Und er wollte sich auch an gar nichts erinnern.
Der Fußboden war mit handgefertigten Pflastersteinen bedeckt, zwischen denen der Schlamm waberte. Es hatte gerade geregnet.
Hier und da befand sich eine Pfütze, in einigen besonders großen spielten Kinder mit selbstgebauten Booten. Sie schubsten sie von einem Ufer zum anderen und erfanden Geschichten. An einer Pfütze stritten die Kinder miteinander, wahrscheinlich wurden sie sich nicht einig, wer der Gute und wer der Böse war. Ihre Art und Weise zu reden ließ ihn darauf schließen.
Kutschen mit pferdeähnlichen Tieren fuhren kreuz und quer und beförderten Waren von hier nach dort. Die Kutscher peitschten ihre Tiere, als wollten sie das Letzte aus ihnen herausholen. Dabei trotteten sie gemütlich vor sich hin. Die Peitschenhiebe schienen sie nicht zu interessieren. Sollten doch die Kutscher glauben, ihre Hiebe würden sie dazu animieren, schneller zu laufen. Warum sollten sie das tun? Sie kamen auch am Ziel an, wenn sie langsamer gingen. Zudem hatten sie ein dickes, dichtes, fluffiges Fell, das jeglichen Hieb erfolgreich abfedern konnte. Vermutlich spürten sie die Peitsche gar nicht.
Es gab zudem keine Autos, keine Eisenbahnen, keine Flugzeuge, keine Hubschrauber oder sonstige, stinkende Gefährte, die giftige Abgase produzierten. Es gab nur diese pferdeähnlichen Tiere und weitere Lebewesen, die Samuel gänzlich unbekannt waren. Es war ein wirklich ungewohnter Anblick, wenn man in der heutigen Zeit und in der Stadt aufgewachsen war. An manchen Kutschen waren zwei Zugtiere angespannt, um besonders viele Waren hinten auf der Ladefläche transportieren zu können. Ganz selten gab es auch Gespanne mit vier Zugtieren. Die Tiere machten komische Geräusche, vielleicht lag es an ihren langen Mäulern. Was sie wohl fraßen? Ob sie sich auch von Hafer ernährten? Sie erweckten nicht den Eindruck, Fluchttiere zu sein. Vielmehr glaubte Samuel, es seien Lebewesen, die sich durch nichts erschüttern ließen. Ihre Gemüter hätte man auch gut und gerne mit Elefanten vergleichen können. Jedoch verfügten sie über keine Rüssel oder ähnliche Extremitäten. Sie sahen zudem sehr liebenswürdig aus. Sie hatten freundliche Gesichter, fast konnte Samuel ein Lächeln erkennen.
Die Menschen trugen seltsame Gewänder. Samuel hatte das Gefühl, er würde sich im Mittelalter befinden. Vielleicht hatte er einen Zeitsprung gemacht. Doch fühlte er sich hier nicht fremd, eher konnte man seinen Gemütszustand mit wohlfühlen beschreiben. Je länger er dort auf dem Weinfass saß, desto mehr hatte er das Gefühl, ein Teil dieses Dorfes zu sein.
Jeanshose und Turnschuhe waren natürlich nicht so ganz passend. Als er aber an sich herabblickte, konnte er keine Jeans mehr erblicken. Sie hatte sich aufgelöst. Oder war sie vielleicht nie da gewesen? Er trug die gleichen Kleidungsstücke, wie die Menschen um ihn herum. Woher kam plötzlich die Kleidung? Samuel konnte sich nicht daran erinnern, derartige Kleidung gekauft oder getauscht zu haben. Die Kleidung war einfach da. So wie er auch einfach da war. Und er trug sehr interessanten Schmuck. Eine Perlenkette zierte seinen Hals. Es waren feine, schwarze Perlen. Sie glänzten in der Sonne und funkelten aus dem Inneren heraus. An den Händen trug er keinen Schmuck, jedoch befand sich auf seiner Rechten ein Hennagemälde. Es war reichlich verziert. Als er seine Linke betrachtete, war dort plötzlich auch ein Gemälde auf der Haut entstanden. Sehr interessant. Man musste sich bloß betrachten, und schon entstand ein schmuckes Muster auf der Haut. Als er seine Unterarme betrachtete, sah er auch dort ein wunderschönes Muster entstehen. Es war dunkelbraun, und es wuchs, als würde man eine Rankpflanze über die Haut wandern lassen. Es wuchs jedoch symmetrisch und synchron auf dem linken und dem rechten Unterarm. Fast hatte Samuel das Gefühl, es würde ihm besondere Kräfte verleihen.
Im Allgemeinen schien es Samuel, als wäre es hier in dieser Gasse, Straße, Allee, oder in diesem Dorf, vielleicht auch in dieser Stadt ziemlich ruhig und entspannt. Er wusste nicht, ob das, in dem er sich befand, ganz klein oder ziemlich groß war. Es hätte eine Gasse sein können, aber auch eine Großstadt. Da er nicht wusste, wo er war, interessierte ihn auch nicht die Größe der Menschenansammlung. Viel wichtiger war das allgemeine Getue und Gehabe. Man feilschte miteinander, Waren wurden getauscht, es wurde in der Luft herumgefuchtelt, als würde man der Wichtigkeit der eigenen Waren damit besonderen Ausdruck verleihen wollen. Die Leute stritten um den Preis, drückten ihn und trieben ihn nach oben, sie erfanden Geschichten, um die Waren teurer zu machen oder um zu dramatisieren, damit die Preise schrumpften. Manchmal schlugen sich die Leute gegen den Kopf. Sie gaben sich Ohrfeigen. Vielleicht war das ihre Art und Weise zu handeln. Musste man sein Gegenüber demütigen? Funktionierte das hier so?
Erst jetzt nahm Samuel die vielen Gerüche wahr: Anis, Lakritz, Gewürze. Er erkannte Lavendel, Rosenduft und Thymian. Ab und zu hauchte ihm Minze in die Nase. Und dann wieder Pfeffer und Curry. Plötzlich streifte ihn eine Rosmarinwolke, und schon wurde diese von einer Prise Schweiß vertrieben. Der Rosmarin war ihm da schon wesentlich lieber. Diesen Schweißgeruch hätte er nun wirklich nicht gebraucht. Aber auch in dieser Welt schwitzten die Leute. Sicher gab es hier auch Seife. Und wenn nicht, dann würde Samuel ganz schnell die Seife erfinden.
Wo war er bloß? Er konnte es sich nicht erklären. Er konnte es auch von nichts ableiten. Dies führte dazu, dass er völlig orientierungslos war. Er hätte im Orient sein können, genauso auf einem Markt in China. Oder in Russland.
Vielleicht sollte er jemanden fragen. Doch wen? Und was würde passieren, wenn er jemanden fragen würde? Er würde sich als Fremdling offenbaren. Jeder würde mit dem Finger auf ihn zeigen. Sie würden ihn womöglich vertreiben, sodass er sich das lebendige Treiben nicht länger ansehen können würde. Also zog er es vor, niemanden zu fragen und stattdessen lieber zu beobachten.
Samuel beobachtete die Technik, die hier zum Einsatz kam. Oder sollte man lieber die Nicht-Technik sagen? In seinen Augen war sie hinterwäldlerisch. Er musste im Mittelalter gelandet sein. Wagenräder aus Holz, Löffel und Gabeln aus Holz, Kämme aus Holz, Gürtelschnallen aus ... Metall? Oha, es gab schon Metall. Er befand sich also nicht in der Steinzeit.
Es gab auch keine Werkzeuge, die ihm bekannt waren. Hier wurde noch mit Werkzeugen gearbeitet, die aussahen wie Hammer und Meißel aus Steinen. Filigrane Werkzeuge wie Schraubendreher, Zangen oder Pinzetten waren hier nicht existent.
Jegliche Form von höher technisierten Geräten gab es ebenfalls nicht. Es gab keinen Strom und scheinbar auch keine Präzision. Alles war so in etwa. Man arbeitete mit Schätzeisen. Große Längen wurden mit Schritten gemessen, kleine mit Ellen, Händen oder Daumen. Zeit maßen sie in Augenblicken oder sie verglichen Zeiträume mit Arbeitsabläufen, wie solange es dauert, um ein Brot zu backen oder in der Nase zu bohren. Und diese Maßeinheiten wurden akzeptiert. Es gab keine Diskussion darüber, ob jemand einen dicken oder einen kleinen Daumen hatte. Ach ja, und Winkel gab es auch nicht. Von denen wollten sie nichts wissen. Die Winkel zwischen ihren Fingern reichten für die grundlegenden Dinge wie zum Beispiel Dachbau völlig aus.
Samuel begutachtete seine direkte Umgebung etwas genauer. Als erstes schaute er sich die Häuser an und stellte fest, dass viele von ihnen aus massiven Steinblöcken gebaut waren. Um welche Art von Stein es sich handelte, konnte er nur raten. Es musste eine Art Basalt sein. Der Stein an sich war sehr hell, und er war gesprenkelt. Die Erbauer der Häuser hatten handliche Blöcke aus ihnen geschlagen, die perfekt aufeinander passten. Sie waren so passend geschlagen, dass sie keinen Mörtel benötigten. Wie sie die Zwischenräume jedoch winddicht bekamen, war ihm ein Rätsel. Vielleicht verwerteten sie ja den Mist der Tiere zum Abdichten. Aber er musste ja nicht alles wissen. Die Häuser sahen jedenfalls sehr robust aus, und auch sehr schnuckelig.
Die Fenster der Häuser waren relativ klein gehalten. Die Rahmen bestanden aus Holz, die Scheiben aus buntem Glas. Man konnte durch sie hindurch blicken. Wenn man von innen herausblickte, sah man die Welt in bunten Farben leuchten. Sicher zauberten die Einwohner auf diese Art und Weise ganz spezielle Atmosphären in den Räumen. So konnte er sich vorstellen, in einem Wohnzimmer vielleicht gelbes, gemütliches Licht zu bevorzugen, in Schlafzimmern rotes, um eine romantische Atmosphäre zu zaubern, und in einer Küche möglicherweise bläuliches Licht.
Nahezu aus jedem Haus sah Samuel Rauch aus den Schornsteinen aufsteigen. Sicher kochten sie gerade etwas zu essen, oder sie heizten mit Feuer. Oder sie saßen gemütlich am Kamin. Samuel betrachtete die Natur und überlegte, ob sie tatsächlich heizen würden. Es war Frühling, überall schossen Blumen aus dem Boden, sie blühten um die Wette und wurden von zahllosen Insekten besucht. Zudem war es angenehm warm. Ob es allerdings nachts auch so warm war, zweifelte er an. So ein Haus aus massivem Stein heizte sich sicher nicht so schnell auf, wenn die Sonne darauf schien.
Nun betrachtete er sich selbst. Er trug eine Hose aus handgefertigtem Stoff. Man konnte es direkt daran erkennen, dass der Stoff nicht gleichmäßig gewoben war, sondern unregelmäßig mit mal dicken, mal dünnen Fäden. Vermutlich waren die Wollfäden auch von Hand gesponnen. Ach was, nicht vermutlich, sondern ganz sicher. Warum sollten sie aus Maschinen stammen? Hier gab es doch gar keine Maschinen. Die Qualität der Hose war jedoch sehr gut. Er fror nicht darin. Sie isolierte sehr gut gegen Kälte, und sie sah auch noch gut aus. Fast war sie schon zu warm. Und sein Hemd? Es musste aus Baumwolle gefertigt sein. Wäre es aus Wolle gewesen, hätte es sicher wesentlich mehr gekratzt. Wolle mochte er auf seiner Haut nicht gern tragen. Vielleicht gab es hier aber auch Tiere, die eine wesentlich weichere Wolle produzierten, die nicht kratzte. Schafe produzieren kratzende Wolle.
Ob er auch Unterwäsche trug? Samuel wusste es nicht, also musste er nachsehen. Ganz scheinheilig zog er die Hose etwas nach vorn, um hineinblicken zu können:
Ja, er trug eine Unterhose. Es hätte ihn auch gewundert, wäre er ohne Unterhose hier gelandet. Sagte seine innere Stimme gerade gelandet? Wie war er auf das Weinfass gelangt? Wer hat ihn hier abgesetzt? War er selbst dorthin gelaufen, hatte es aber vergessen? Oder hatte ihn jemand hierhin gezaubert? Er konnte sich nicht erinnern. Was alle seine Fragen anbetraf, war sein Erinnerungsvermögen komplett gelöscht.
Ein hübsches Mädchen in seinem Alter kam singend auf ihn zu gehopst. Sie trug einen Weidenkorb am Arm, in dem sie frische, bunte Blumen trug. Auch die Blumen waren wunderschön. Blonde, lange Locken umrahmten ihr strahlendes, frisches, leicht gebräuntes Gesicht.
„Möchtest du einen Strauß Blumen für deine Frau kaufen? Sie würde sich sicher sehr darüber freuen.“
„Hallo schönes Mädchen. Blumen? Für meine Frau? Ähm...“. Er hatte doch gar keine Frau. Oder hatte er in dieser Welt vielleicht doch eine, und er wusste es noch gar nicht? Wie sollte er es herausfinden?
„Möchtest du? Such dir welche aus. Ein Strauß, der in deine Hand passt, soll dir einen Taler wert sein.“
Samuel fühlte sich ziemlich überfahren, deshalb war er auch etwas verlegen. Seit wann hatte er eine Frau? Warum wusste das Mädchen von einer Frau, von der er nichts wusste? Hatte sie es einfach nur angenommen? War es eine raffinierte Art und Weise, um herauszufinden, ob er verheiratet war? Wusste sie vielleicht etwas, was er nicht wusste? Viele Fragen, keine Antwort. Und Samuel war zu schüchtern, sie dies einfach zu fragen.
„Danke, vielleicht später. Du läufst sicher noch ein wenig hier herum. Ich werde dich rufen, wenn ich Blumen kaufen möchte.“
Samuel hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da war das Mädchen schon wieder davon getanzt und suchte den nächsten, potenziellen Kunden.
Hatte er richtig gehört? Aus der Ferne hörte er eine weibliche Stimme, die seinen Namen rief? Aber ja, vermutlich gab es hier noch andere, junge oder ältere Männer, die auf den Namen Samuel hörten. Er war bestimmt nicht gemeint.
„Samuel, hier bist du also. Wo warst du die ganze Zeit? Ich habe schon den ganzen Markt nach dir abgesucht.“
Als er sich in die Richtung drehte, aus der er die Stimme vernahm, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Ein blondes, bildhübsches Mädchen schaute ihn an. Auch ihr Gesicht rahmten unzählige Locken. Ihre langen Haare glänzten wie Diamanten in der Sonne. Ein Duft von Rosen betörte seine Sinne, ihr Gesicht war so hübsch wie aus einem Bilderbuch. Samuel konnte plötzlich nicht mehr klar denken. Ihre unglaubliche Ausstrahlung nahm ihm jegliche Fähigkeit, rational zu denken.
Überwältigt sah er sie von oben bis unten an. Sie trug ein Kleid, das ziemlich tief blicken ließ. Der Ausschnitt war mit Kordeln verschnürt, die allerdings nur einen symbolischen Charakter hatten. Mühelos hätte er in ihren Ausschnitt bis zu ihrem Bauchnabel blicken können. Sicher gab es in der Tiefe viel zu entdecken. Sehr viel. Sie war nicht dick, aber auch nicht zu schlank. Sie war kein Hungerhaken, also ein Mädchen zum Anpacken. Samuel mochte keine schlanken, dünnen Mädchen. Es musste schon etwas dran sein an so einem weiblichen Körper. Und genau dies bot sie ihm. Es kam ihm vor, als hätte jemand seine Gedanken und Wünsche gelesen und daraus dieses Mädchen geformt.
Ihre weiblichen Kurven, vor allem die ihrer Brüste, raubten ihm völlig den Verstand. Ob sie seine Freundin war?
„Ich hoffe, du sitzt hier nicht nur herum und trinkst Bier. Oder Wein? Ich erwarte, dass du heute mal deinen ehelichen Pflichten nachkommst, du Faulpelz! Du könntest mich ruhig mal wieder ein wenig verwöhnen.“
Hatte diese Frau diese Worte tatsächlich zu ihm gesagt? Zu ihm? Aus seiner Sicht hatte er sie das erste Mal gesehen, sie war vermutlich gerade anderer Meinung. Wie sollte sie auch sonst auf die Idee gekommen sein, ihn zu beschuldigen, Bier zu trinken? Und dann fielen die Worte eheliche Pflichten, denen er nachkommen sollte. Diese Worte waren ziemlich eindeutig. Sie war also nicht nur seine Freundin, sondern seine Ehefrau. Er war mit ihr verheiratet. Das war schon mal Tatsache. Als er nun an sein Handgelenk blickte, bestätigte sich dieser Verdacht. Er hatte einen Metallreif um sein Handgelenk, den man nicht abstreifen konnte, ein hier scheinbar eindeutiges Zeichen für eine Ehe. Viele Leute auf dem Marktplatz trugen so einen Ring um ihr Handgelenk.
Samuel musste nun gut überlegen, was er ihr entgegnen sollte. Ein falsches Wort, und er würde einen Streit vom Zaun brechen. Dies musste er unbedingt vermeiden.
„Mein Schatz, da mach dir mal keine Sorgen. Du wirst heute Abend so richtig verwöhnt!“
Anschließend packte er sie mit beiden Händen an den Hüften, zog sie zu sich und tätschelte ihren knackigen Po.
War ich das gerade, der ihren Po angefasst hat?
Dieser fühlte sich wirklich gut an. Stramm, muskulös.
„Du wirst anschließend nie wieder sagen, ich würde dich nicht verwöhnen.“
Was erzähle ich denn da?
Die Leute, die ihre nette Unterhaltung mitbekamen, pfiffen grinsend durch die Zähne. Sicherlich war die eine oder andere Frau dabei, die ganz gern in ihrer Fantasie die Rolle seiner Frau eingenommen hätte. Verwöhnt werden sicher alle Frauen gern. Aber die eigene verwöhnt man natürlich am liebsten. Fremde Frauen waren immer ziemlich unberechenbar und undurchsichtig, zumindest war Samuel dieser Meinung.
„Du kleiner Schlawiner!“
Die schöne Frau sprach in einem lasziven Tonfall, ihre Augen funkelten vor lauter Vorfreude. Sie bewegte sich äußerst verführerisch. Alles in allem waren ihre Gedanken und Wünsche ziemlich eindeutig.
Und wieder durfte er ihr üppiges Dekolleté bewundern. Sie kam ihm jetzt so nah, dass sie seine Nase zwischen ihre Brüste steckte.
Meine Güte, was sich darin alles verbarg! Eine Menge Holz vor der Hütte, ging es ihm durch den Kopf. Was der Dame gerade durch den Kopf ging, war ziemlich eindeutig: Sex. Sie war wahrscheinlich bereits seit Tagen, wenn nicht sogar Wochen, auf sexuellem Entzug.
In Samuels Kopf brodelten plötzlich wilde, erotische Fantasien um die Wette. Aber er wagte nicht, vor allen Leuten darüber zu reden, vor allem war er ziemlich befangen, da er das Mädchen ja gar nicht kannte.
„Komm her und nimm dir, was dir gehört, oder hast du Angst, dass dir dabei jemand zusieht? Ich weiß doch ganz genau, dass du am liebsten sofort mit mir ins Bett springen würdest.“
Oha, konnte diese Frau Gedanken lesen? Samuel war es äußerst unangenehm, vor all den Leuten seine Frau zu küssen und zu verführen, vor allem, da er sie ja eigentlich gar nicht kannte.
„Du bist doch sonst nicht so verkrampft!“, sagte sie lachend und zog die Schleife ihrer Bluse vor allen Leuten auf. Sie tat es so, dass es jeder sehen konnte. Sie hätte es ja wenigstens ein wenig versteckter tun können, aber sie machte ein regelrechtes Schauspiel daraus. Dann zog sie ihr Kleid an einer Seite etwas hoch und stieg mit ihrem nackten Oberschenkel über seinen. Sie rieb mit ihrem Bein seine Haut und näherte sich mit ihrer Hüfte ganz gefährlich seinem Körper.
„Wenn ich nicht will, verhältst du dich wie ein Pirat. Wenn ich willig bin, bist du eher ein verklemmter Jüngling. Los, komm her, fass meine Brüste an! Ich will jetzt verführt werden.“
Samuel musste schlucken. Er fühlte sich äußerst unwohl in seiner Rolle als Verführer. Sex in der Öffentlichkeit war nun gar nichts für ihn. Seine Schüchternheit hielt ihn in der Regel davon ab. Er würde sich niemals dabei entspannen können.
Mittlerweile hatte sie die Aufmerksamkeit des Publikums voll und ganz auf sich gezogen. Die Leute pfiffen und jubelten, und manche ließen unqualifizierte Kommentare von sich.
„Hey, Jüngling, bist du zu feige, der Dame zu geben, was sie braucht? Muss ich das für dich tun?“
„Pack dein Ding aus und gib´s ihr!“
„Legt mal los, wir wollen was sehen!“
„Meine Güte, braucht der lange. Ich glaube, der kneift!“
„Kein Mumm in den Knochen, was?“
Und so weiter und so fort. Die provozierenden Beschimpfungen wollten kein Ende nehmen.
Wem macht es schon Spaß, auf Kommando vor Publikum seine Frau zu verführen? Samuel war definitiv kein Mensch, der beim Sex Zuschauer brauchte.
Je mehr die Menschenmenge jubelte, desto weniger war Samuel daran interessiert, seine Frau auch nur anzufassen. Am liebsten wäre er davongelaufen, aber er wollte sich selbst nicht bloß stellen.
In seinem Inneren baute sich eine Blockade auf. War es in diesem Dorf üblich, dass man seine Frau mitten auf der Straße verwöhnte?
Die einzige Möglichkeit, aus dieser Situation heil herauszukommen, war mitzuspielen. Also nahm Samuel all seinen Mut zusammen und packte ihre Hand. Eine fremde Hand, die er noch nie berührt hatte. Oder doch?
Er zog sie gespielt stürmisch zu sich, bis sich ihre Nasenspitzen berührten. Erwartungsvoll schaute sie ihn an. Sie öffnete lasziv ihren Mund und fuhr mit der Zunge über ihre Lippen. Am liebsten hätte sie ihn direkt vernascht, aber jetzt hatte er die Führung.
„Gebt mir was zu trinken“, rief er in die Allgemeinheit und streckte die Hand aus. Sofort wurde ihm ein Becher Wein gereicht. Man hätte bis drei zählen können, da hatte er den Inhalt bereits heruntergestürzt. Bis der Alkohol jedoch seine Wirkung entfaltete, würde es noch eine Weile dauern. Um diese Zeit geschickt zu überbrücken, musste er sich etwas einfallen lassen. Er hoffte, dass der Wein ihn etwas auflockern und seine Hemmungen beseitigen würde.
Unsicher streichelte er ihr Gesicht, spielte in ihren Haaren und gab ihr flüchtige Küsse. So richtig wollte er nicht in Stimmung kommen. Schließlich war es Stimmung auf Kommando.
Samuel umarmte sie, spielte an den Bändern und Knöpfen ihrer Bluse, öffnete sie und biss ihr sanft in die Brust. Aber statt es ihr missfiel, packte sie mit beiden Händen seinen Hintern und stöhnte laut und übertrieben auf. Ihr schien es zu gefallen, dass die anderen Menschen ihnen dabei zusahen. Vielleicht war es hier auch üblich, seine Mitbewohner anzuheizen.
„Mach hinne, Junge! Zeig mal, was du drauf hast. Zeig der Schlampe, wer den Prügel in der Hose hat.“
„Hol ihn raus, den Knüppel!“
„Zeig ihr, was du drauf hast!“
Die Leute warfen ihnen auch schmutzige Dinge an den Kopf. Hauptsache, sie begannen endlich, Sex vor den Anderen zu haben.
„Ich will was erleben, warum tut sich denn da nichts?“
„Elender Feigling, soll ich dir helfen?“
„Meine Güte, hast du noch nie eine Frau verführt? Ich dachte, es ist deine Frau, nicht eine Fremde.“
Und da hatte der gute Mann genau ins Schwarze getroffen. Er kannte das Mädchen ja gar nicht. Wie sollte er bei ihr locker sein?
Wie kam er bloß aus dieser verfluchten Situation heraus, ohne sich zu blamieren - weder vor den Zuschauern noch vor seiner vermeintlichen Frau?
Doch dann kam die rettende Wirkung des Alkohols zur Hilfe. Er hatte noch nicht viel gegessen, deshalb wirkte der Alkohol sehr schnell. Er fühlte sich plötzlich locker, heiter und hatte gar kein Lampenfieber mehr.
Seine Frau machte sich gerade an dem zu schaffen, was man heutzutage Gürtel nennt. In dieser Welt war es eher ein Seil mit einem Knoten vor dem Bauch. Als er es genauer ansah, stellte er fest, dass es sich um einen aufgerollten Stoffstreifen handelte, der zu einem Seil gedreht war.
Schnell hatte sie den Knoten gelöst und schleuderte das aufgerollte Tuch in die Menge. Jubelnd schnappten ein paar Mädchen danach und stritten darum, wer es bekam. Dies führte unweigerlich dazu, dass seine Hose herunterfiel. Sie war so groß, dass sie von allein nicht auf seinen Hüften hielt. Nun stand er mit einer Art Unterhose vor den Leuten. Eher sah es aus wie eine große Windel. Es war äußerst unangenehm. Hoffentlich zog sie ihm diese nicht auch noch herunter. Mit dieser Windel sah er aus, wie ein zu groß gewachsenes Baby.
Die Hoffnung starb zuletzt, nun machte sie sich auch noch daran zu schaffen. Sie wollte gerade den Knoten vor seinem Bauch öffnen, als er ihr Einhalt gebot.
„Weib, das ist etwas, das wir lieber zuhause zu Ende führen.“
Samuel hielt seine Unterhose fest und zog ihre Hände vom Knoten weg. Aber sie ließ nicht locker. Immer wieder versuchte sie, den Knoten zu lockern. Und immer wieder drehte Samuel sich von ihr weg. Dies steigerte jedoch die Spannung bei den Zuschauern, und sie pfiffen und jubelten umso mehr. Nun begann sie zu tanzen, sicher war dies ein Liebestanz, und er war ihr Angebeteter. Oder war er ihr Opfer?
Was mache ich hier bloß? Wie bekomme ich das Weib dazu, mit der Fummelei aufzuhören?
Samuel war mittlerweile ziemlich verzweifelt, ließ es sich aber nicht anmerken.
Sicher waren hundert Augenpaare auf ihn gerichtet, und er wusste noch immer nicht, wie er sich korrekt verhalten sollte. War das hier so üblich? Oder war seine Frau Nymphomanin? Wusste seine Frau, dass sie eigentlich gar nicht seine Frau war? Oder war dies hier der Alltag, und er war bloß unglaublich verklemmt?
Als wäre die Situation nicht schon heiß genug, wurde sie jetzt noch heißer. Diese Frau kam ihm immer näher, sie drückte ihren Busen, der halb aus ihrer Bluse heraushing, gegen seine Brust. Sie nahm seinen Kopf zwischen ihre Hände und zog ihn an den Haaren herunter, sodass er mit der Nase zwischen ihren Brüsten hing. Stöhnend rutschte sie nun tiefer herab. Sie küsste seinen Körper, erst am Hals, dann an der Brust, am Bauch und nun… oh je, was machte sie da nur? Samuel merkte, dass ihre Aktionen nicht spurlos an ihm vorbei gingen. Immer wieder rieb sie mit ihrem Mund über seinen Körper. In seinem Unterleib begann es zu kribbeln. Die schönen Gefühle sorgten dafür, dass er die Menschen um sich herum nicht mehr wirklich wahrnahm. War es nur Wein gewesen, was er vorhin getrunken hatte, oder war in dem Becher noch etwas Anderes gewesen? Die Stimmen der Menschen verschwammen, er hörte nur noch das Stöhnen seiner Frau. Sie war nun mit ihrem Mund exakt auf der Höhe seiner Männlichkeit angekommen. Samuel krallte sich mit seinen Fingern in ihre langen, blonden Haare. Erst wühlte er ein wenig darin, dann nahm er ihren Kopf und zeigte ihr, was ihm gefiel. Das Jubeln der Leute heizte ihn jetzt noch mehr an. Doch abrupt hörte sie auf und bekleidete ihn wieder. Warum musste sie ausgerechnet jetzt damit aufhören, ihn zu verwöhnen?
„Den Rest bekommt ihr nicht zu sehen, ihr notgeilen Gaffer. Das ist uns vorbehalten.“
Sie lachte gehässig, nahm Samuels Hand in ihre und zerrte ihn in ein Haus, das scheinbar ihres war. Wenigstens hatte er hier ein Dach über dem Kopf und musste nicht im Freien schlafen. Mit ihr schlafen?
Im Schlafgemach angekommen begann das Spiel von vorn, nur diesmal ging sie dabei wesentlich draufgängerischer vor. Sie riss ihm förmlich die Kleidung vom Leib. Dann krallte sie sich in seinen Rücken, biss ihm ins Ohr, in den Hals und in die Brust. Sie fauchte wie ein Löwe und zog Samuel komplett aus, sprang wieder auf ihn und vollführte mit ihrer Hüfte eindeutige Bewegungen. Mit der Zunge wanderte sie über seinen Körper. Schnell hatte sie ihn wieder angeheizt. Nun stieß sie mit ihren Händen gegen den Oberkörper, sodass er flach lag und nicht wagte, sich vom Fleck zu bewegen. Sie stieg von ihm ab und begann, sich komplett auszuziehen, zog sich aber nicht einfach nur aus. Sie vollführte dabei eine Art Liebestanz, der sehr schön anzusehen war. Als sie komplett entkleidet vor ihm stand, tupfte sie eine geheimnisvolle Flüssigkeit auf ihren Hals. Noch wusste Samuel nicht, was es war. Sie stieg wieder zu ihm ins Bett und setzte sich auf seine Hüfte.
Die Liebestropfen rochen sehr gut, und während er sie küsste, bekam er etwas davon auf die Lippen. Die Tropfen schmeckten süß, fast wie Traubensaft.
Von diesem Moment an konnte er sich an nichts mehr erinnern. Ein paar Stunden später stellte er fest, dass er ziemlich wund gerieben und völlig erschöpft war. Die Wahrscheinlichkeit lag nahe, dass es sich bei den Tropfen um K.O.-Tropfen oder eine ähnliche Substanz gehandelt hatte. Was war geschehen? Hatte er mit ihr geschlafen? Hatte er sie glücklich gemacht? Er konnte sich an kein einziges Detail erinnern, aber sie sah ziemlich glücklich aus. Sie hatte ein Lächeln auf dem Gesicht, obwohl sie noch schlief.
Zufrieden legte sich Samuel wieder auf den Rücken, nahm seine Frau in den Arm und versuchte, wieder einzuschlafen. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf, jedoch alle äußerst positiv.
Das Rauschen, das von draußen zu ihnen herein drang, klang beruhigend und monoton. Zufrieden betrachtete er das temperamentvolle Wesen neben sich, das glücklich auf der Seite schlief. Sie umarmte ihr Kopfkissen und atmete in tiefen Zügen. Sicher hatte sie sich in den vergangenen Stunden geholt, was sie dringend gebraucht hatte. Schnell fielen ihm die Augen wieder zu. Auch er war glücklich und zufrieden.
So lagen sie nun bestimmt einen halben Tag Seite an Seite, bis das nächste Abenteuer sie rief.