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1.1.1.2. Herangezogene Archivbestände

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Zur Erschließung einzelner Aspekte in der Prozesshandschrift, besonders aber zur Analyse des Verhältnisses des Grafen von Étampes zum burgundischen Hof und zu Ludwig XI., konnten die französischen Archive nützliches Material liefern. Statt auf viele einzelne, sei hier einführend besonders auf die Aufsätze von Pierre Cockshaw, Bertrand Schnerb oder Sébastien Hamel verwiesen, die zur Orientierung in der burgundischen Archivlandschaft zu empfehlen sind und auf zahlreiche weiterführende Literatur hinweisen. Für die deutschsprachige Suche sollen hier beispielhaft Werner Paravicini, Holger Kruse und Sonja Dünnebeil genannt werden.6

Insbesondere sind hier die Bestände der Archives départementales du Nord in Lille hervorzuheben. Dort steht mit den sogenannten Écroes (escroes), die in der französischen Forschung häufig als états journaliers bezeichnet werden, eine Quellengattung zur Verfügung, die unter anderem auch die Zeit des Grafen von Étampes am burgundischen Hof betrifft.7 Sie werden von der historischen Forschung vor allem in zwei große Gruppen unterteilt, nämlich die escroes de la despense (de bouche), also die Sachausgaben, und die escroes des gaiges, die Tagegelder oder, wenn man so will, Personalausgaben. Bei den escroes de gaiges muss man allerdings – wie Paravicini bereits anmerkte – in Rechnung stellen, dass diese zwar prinzipiell den gesamten Hofstaat des entsprechenden Tages verzeichnen, dies allerdings nur insofern, als auch Tagegelder bezogen wurden. Personen, die sich auf Dienstreise befanden oder anderweitig Geld von einem jeweils anderen Hof erhielten, tauchen in diesen Listen nicht auf. Auch Unregelmäßigkeiten können vorkommen.8 Die Bestände nicht nur in Lille, sondern auch an anderen Orten haben zudem unter starken Verlusten gelitten, sodass man nur mit einer lückenhaften Überlieferungssituation arbeiten kann. Für den Grafen von Étampes etwa sind zwar Écroes der 1440er und 1450er Jahre überliefert, aber auch diese sind offenbar nicht vollständig erhalten.9

Neben den Écroes gibt es noch einen weiteren Quellenbestand in den Archives départementales du Nord, der den Grafen von Étampes direkt betrifft. Unter der Signatur Cumulus wird unter anderem Rechnungs- und Verwaltungsschriftgut für die Picardie aus den 1450er Jahren verwahrt. Diese Bestände sind noch größtenteils unerschlossen. Lediglich Marie Thérèse Caron hat den Bestand stichprobenhaft für ihren Aufsatz über den Grafen von Étampes verwendet.10

Die Bestände der Archives départementales du Nord konnten schließlich drittens für nähere Untersuchungen das Bistum Cambrai betreffend genutzt werden. Einige der einschlägigen Texte sind allerdings nur in Abschriften des 17. Jahrhunderts erhalten. Die gesichteten Dokumente gaben sowohl Aufschluss über den Bischof von Cambrai, der die Untersuchungskommission des Processus contra dominum de Stampis eingeleitet hatte, als auch über rechtliche Vereinbarungen, die das Bistum mit Herzog Philipp dem Guten getroffen hatte, sowie den Verbleib der Komplizen des Grafen von Étampes, Jean de Bruyère und Charles de Noyers.

Die im Zuge der Recherchen aufgesuchten weiteren regionalen Archive konnten hingegen nur vereinzelte Aspekte zum Wirken des Grafen von Étampes beleuchten. Die Archives départementales du Côte d’Or in Dijon erlaubten kleinere Einblicke in die Förderung des Grafen durch Philipp den Guten, die Archives départementales de Nièvre liefern hinsichtlich des Grafen von Étampes insbesondere Informationen zu seiner Tätigkeit als Graf von Nevers seit 1464. Die auch insgesamt vergleichsweise spärliche Überlieferungssituation ist, wie bei so vielen französischen Départementsarchiven, auf einen Brand aus den Revolutionsjahren – in Fall der Archives départementales de Nièvre im Jahre 1793 – zurückzuführen, bei dem besonders die Akten der Rechnungskammern und damit wichtige Zeugnisse der spätmittelalterlichen Verwaltungsgeschichte verloren gegangen sind.11

Auskünfte über das Wirken des Grafen im Gebiet der Somme-Städte konnte die Bibliothèque municipale d’Amiens geben. Zudem konnten zwei der im Processus benannten Edelleute durch Texte dieses Archivs näher identifiziert werden.

Größere Bestände den Grafen von Étampes betreffend finden sich schließlich in den Archives nationales in Paris, hier insbesondere die Bestände AN J und AN K. Sie liefern Informationen zur Rolle Johanns von Burgund während der Guerre du Bien Public, aber auch zu den nach seinem Tode sich entwickelnden Erbstreitigkeiten zwischen Jean d’Albret, Seigneur d’Orval, und dessen Ehefrau Charlotte de Bourgogne gegen Engelbert von Kleve.12 Zuletzt müssen auch die archivalischen und gedruckten Bestände der Pariser Bibliothèque nationale erwähnt werden, in deren Beständen sich eines der wenigen Dokumente befindet, das direkt mit dem Processus contra dominum de Stampis in Verbindung gebracht werden kann: Es handelt sich dabei um eine Bericht des Seigneur de Mouy, der auf Anweisung König Ludwigs von Guillaume Jouvenel, Seigneur de Treignel und Rat des Königs, sowie von Adam Rolant, Sekretär Ludwigs, aufgezeichnet wird.13 Aber auch die Beziehung des Grafen von Étampes (später Nevers) zu Ludwig XI. lässt sich anhand der dortigen Dokumente, die zu einem großen Teil freilich nur in Abschriften existieren, gut nachvollziehen.

Konsultiert wurden zudem die belgischen Staatsarchive, die Archives générales du Royaume et Archives de la Région de Bruxelles-Capitale sowie die handschriftlichen Bestände der Bibliothèque royale. Außer einigen Hinweisen auf das Umfeld des Grafen von Étampes konnten hier allerdings keine weiterführenden Kenntnisse gewonnen werden, da die mittelalterlichen Bestände des Staatsarchivs durch die Bombardierung Brüssels im 17. Jahrhundert stark dezimiert wurden.14 Dieser Umstand ist insbesondere hinsichtlich der zahlreich im Processus erscheinenden Personen aus Brüssel bedauerlich, die aus diesem Grunde nicht durch zusätzliches Aktenmaterial nachgewiesen werden konnten.

Die burgundischen Bestände in Wien wurden zwar gesichtet; jedoch waren durch diese bereits gut erforschten Bestände keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich der Ereignisse um den Processus contra dominum de Stampis zu erwarten. Das dem Bestand des Wiener Haus-, und Staatsarchivs zugeordnete Archiv des Ordens vom Goldenen Vlies liefert allerdings auch abseits der in Edition vorliegenden Aufzeichnungen zu den Ordensfesten noch weiteres, den Fall Étampes betreffendes Material.15

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