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2. Gegenstandsbereich

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Der Gegenstandsbereich der interkulturellen Literaturwissenschaft umfasst Literaturforschung in Theorie und Praxis außerhalb der Muttersprachendisziplin. Zu unterscheiden sind hierbei die Bereiche Literaturforschung, wozu interkulturelle (literarische) Hermeneutik, interkulturelle Literaturgeschichte und kulturwissenschaftliche Literaturwissenschaft zählen, die Erforschung von interkultureller Rezeption und interkulturelle Literaturdidaktik, die sich mit der Erforschung von Lehrprozessen im Fremdsprachenunterricht und im Muttersprachenunterricht mit mehrsprachiger Schülerpopulation beschäftigt.

Literaturforschung

Im Bereich der Literaturforschung hat sich der Begriff ‚interkulturelle Literaturwissenschaft‘ durchgesetzt, der unterschiedliche Richtungen umfasst. Allgemein bedeutet interkulturelle Literaturwissenschaft, wie bereits weiter oben ausgeführt wurde, eine theoretische literaturwissenschaftliche Arbeit, die die Relevanz von Kulturunterschieden für die Erforschung und Vermittlung von Literatur berücksichtigt. Zu differenzieren ist zwischen der interkulturellen Hermeneutik, der interkulturellen Literaturgeschichte und der kulturwissenschaftlichen Literaturwissenschaft.

Interkulturelle Hermeneutik

Der Begriff ‚interkulturelle Hermeneutik‘ kann sich auf die philosophische Reflexion interkulturellen Verstehens überhaupt beziehen, oder aber meint den enger gefassten Bereich der interkulturellen literarischen Hermeneutik, der im Folgenden betrachtet werden soll. Die interkulturelle Hermeneutik steht in der Tradition der literarischen Hermeneutik, deren Hauptvertreter Friedrich Schleiermacher, Wilhelm Dilthey und Hans-Georg Gadamer sind, und der Rezeptionsästhetik, die von Wolfgang Iser und Hans Robert Jauß begründet wurde. Sie knüpft in besonderem Maße an die Hermeneutik Hans-Georg Gadamers an, dessen Ansatz durch eine kulturelle Dimension, die die kulturelle Differenz zwischen Ausgangstext und fremdkulturellem Rezipienten thematisiert, erweitert wird. Ihr Hauptinteresse gilt den Verstehensmöglichkeiten von literarischen Texten unterschiedlicher Kulturen. Es geht, vereinfacht ausgedrückt, um das Verstehen oder die Auslegung literarischer Texte, die in einem anderen kulturellen Kontext entstanden sind. Dabei geht die interkulturelle Hermeneutik der Frage nach, inwiefern sich Texte anderer Kulturen überhaupt in den eigenkulturellen Kontext übertragen lassen und welche Elemente die Rezeption erschweren. Angelpunkt der interkulturellen Hermeneutik ist der Begriff ‚Fremdheit‘ oder ‚Alterität‘, wobei diese in erster Linie als kulturelle Fremdheit definiert wird. Dabei wird Fremdheit in unterschiedlicher Weise wahrgenommen und thematisiert: entweder als kulturelle Differenz von Text und Rezipient oder als inhaltlicher bzw. formaler Aspekt. Darüber hinaus problematisiert die interkulturelle Hermeneutik den Umgang mit dem Fremden, d.h. jene Strategien, die bei der Konfrontation mit Fremdheit ausgelöst werden und die von Vereinnahmung über Auflösung oder Beseitigung bis hin zu einer produktiven Auseinandersetzung mit dem Fremden reichen.

Ziel der interkulturellen Hermeneutik ist das Verstehen des Anderen/Fremden, d.h. das Verstehen von literarischen Texten aus anderen Kulturen. Ausgangspunkte der interkulturellen Hermeneutik sind die Frage nach dem Verstehen/Nichtverstehen bzw. der Auslegbarkeit/Nichtauslegbarkeit des Fremden, die Problematisierung der Standortgebundenheit oder des Blickwinkels des Rezipienten, und Brückenkonzepte, Konzepte, die in besonderem Maße die interkulturelle hermeneutische Differenz problematisieren. Dazu gehören Empathie, das Konzept des dritten Raums und dialogische Modelle des Verstehens, die in Kapitel IV. ausführlicher dargelegt werden.

Neuere Positionen der interkulturellen Hermeneutik

Neuere Positionen der interkulturellen Hermeneutik knüpfen eher an moderne Literatur- und Kulturtheorien und an philosophische Interkulturalitätskonzepte an. Hierzu gehören die postkoloniale Perspektive Homi K. Bhabhas und Edward Saids, wie beispielsweise Doris Bachmann-Medicks Kultur als Text (1996) oder Michael Hofmanns Interkulturelle Literaturwissenschaft. Eine Einführung (2006) zeigen. Hofmann diskutiert außerdem den dekonstruktivistischen Ansatz von Jacques Derrida. Der Ansatz des französischen Diskurses der litterature décentrée, dessen Hauptvertreter Édouard Glissant ist, wird von dem Literaturdidaktiker Werner Wintersteiner in seiner Poetik der Verschiedenheit (2006) aufgenommen und für den Bereich der interkulturellen Literaturwissenschaft und -didaktik weiter entwickelt. In die Ansätze von Michael Hofmann und Norbert Mecklenburg fließt die deutsche Tradition der kritischen Theorie mit ein, wie sie insbesondere von Jürgen Habermas, Walter Benjamin, Theodor W. Adorno und Max Horkheimer vertreten wird, und Norbert Mecklenburg geht in seinem Werk Das Mädchen aus der Fremde. Germanistik als interkulturelle Literaturwissenschaft (2008) auf die interkulturelle Philosophie Elmar Holensteins ein. Olga Iljassova-Morger entwickelt in Von der interkulturellen zur transkulturellen literarischen Hermeneutik (2009) einen hermeneutischen Ansatz auf der Grundlage des Transkulturalitätskonzepts von Wolfgang Welsch, und die phänomenologische Fremdheitsforschung von Bernhard Waldenfels wird in Fremdheit und Literatur. Alternativer hermeneutischer Ansatz für eine interkulturell ausgerichtete Literaturwissenschaft (Leskovec 2009) für den Bereich der interkulturellen Literaturwissenschaft und Hermeneutik fruchtbar gemacht.

Interkulturelle Literaturgeschichte

Literaturgeschichte erforscht Literatur im Zusammenhang mit Geschichte, Gesellschaft und Kultur, wobei sie zunächst als nationale Literaturgeschichte konzipiert war. Die interkulturelle Literaturgeschichte geht dagegen von der Internationalität nationaler Literaturen aus. Sie beschäftigt sich in besonderem Maße mit den Beziehungen zwischen den einzelnen nationalen Literaturen, wie sie durch Literatur- und Kulturtransfer zustande kommen. Hierbei geht sie beispielsweise der Frage nach, in welchem Maße die europäische bzw. die außereuropäische Fremde die deutsche Literatur produktiv beeinflusst hat. Prominentes Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Gedichtsammlung West-östlicher Divan (1819) von Johann Wolfgang Goethe, die einerseits das Orientverständnis im deutschsprachigen Orientdiskurs geprägt hat, andererseits aber auch der orientalischen Spiritualität wesentliche Anregungen verdankt. Hofmann führt darüber hinaus weitere Beispiele für den Bereich interkulturelle Literaturgeschichte an, so zum Beispiel die Auseinandersetzung mit indischer Kultur in der deutschen Romantik oder das Interesse für afrikanische Kunst und Kultur in der deutschen Avantgarde (vgl. Hofmann 2006, 69ff.).

Die Arbeitsfelder der interkulturellen Literaturgeschichte bilden darüber hinaus auch die sog. „interkulturellen Literaturen“ und eine neu konzipierte Idee von Weltliteratur. Mit interkulturellen Literaturen sind Texte gemeint, die Kulturüberschreitung auf unterschiedliche Weise thematisieren: postkoloniale Literatur, Migrantenliteratur, Minderheitenliteratur oder Exilliteratur. Die postkoloniale Literatur thematisiert meist den amerikanischen und europäischen Kolonialismus und dessen politische und ideologische Dimensionen oder die Hybridisierung von Kulturen durch deren oftmals gewaltsame Vermischung. Dagegen liegt der Fokus bei der deutschsprachigen Exilliteratur zwischen 1933 und 1945 meist auf der konkreten Erfahrung des Exils, das von Flucht, Isolation, Heimatlosigkeit, sozialem Abstieg und damit verbundenen Schaffenskrisen gezeichnet ist. Sie verarbeitet außerdem die Erfahrung der Revision oder der Infragestellung des Eigenen, ein Prozess, der durch die Konfrontation mit der anderen Kultur ausgelöst werden kann. Die Migrantenliteratur des 20. Jahrhunderts thematisiert die Erfahrung des Fremdseins in der neuen und alten Heimat, wobei die interkulturelle Literaturgeschichte oftmals die ästhetische Verarbeitung der Erfahrung kultureller Alterität untersucht, die sich mit Begriffen wie Identitätsproblematik, Heimat, Sprachsituation verbindet. So beschreibt der deutsch-türkische Schriftsteller Feridun Zaimogul die durch kulturelle Differenz erschwerte Lebenssituation der Gastarbeiterkinder in Deutschland und die Hybridisierung von kultureller und persönlicher Identität mithilfe stilistischer und formaler Elemente. Dazu gehören eine Sprache aus deutsch-englischen und türkischen Sprachversatzstücken sowie Elemente orientalischer Erzähltradition (vgl. Meyer-Gosau 2008).

Konzepte einer Weltliteratur

Was den Begriff der Weltliteratur betrifft, so ist er aufgrund seiner eurozentrischen bzw. abendländischen Ausrichtung in die Kritik geraten. Ein neuer Begriff von Weltliteratur plädiert für die „Globalisierung“, für eine „Literatur der Weltgesellschaft“ (Wintersteiner 2006b, 186), der die Pluralität der Welt berücksichtigt. Hierzu gehören auch Konzepte einer hybriden Weltliteratur (vgl. Bachmann-Medick 2004a), einer hybriden „Neuen Weltliteratur“ (vgl. Sturm-Trigonakis 2007) oder einer transkulturellen Literatur (vgl. Iljassova-Morger 2009) – Begriffe, die die multikulturelle und multilinguale Komplexität des postnationalen Schreibens umfassen. Insofern gehört zum Arbeitsbereich der interkulturellen Literaturgeschichte auch die Kanondebatte. Hierbei geht es auch um die Frage, ob sich der Literaturunterricht in der Muttersprache auf literarische Werke des eigenen Sprachraums beschränken sollte, oder ob der Kanon sowohl in Hinsicht auf die Literatur von Migranten als auch in Hinsicht auf die neuen Konzepte von Weltliteratur zu erweitern wäre. Ersteres spiegelt die Heterogenisierung der Gesellschaft durch Migration und Minderheiten wider, Letzteres könnte ein Gefühl für die Pluralität der Welt vermitteln und helfen, regionales oder eurozentristisches Denken zu erweitern (vgl. Wintersteiner 2006b, 101ff.).

Kulturwissenschaftliche Literaturwissenschaft

Die kulturwissenschaftliche Ausrichtung der germanistischen Literaturwissenschaft ist Ergebnis einer intradisziplinären Reflexion über Selbstverständnis und Legitimation der Geisteswissenschaften im Allgemeinen und der Germanistik im Besonderen, wie sie in Deutschland für die 1990er Jahre charakteristisch war. Im Wesentlichen geht es um die Integration kulturwissenschaftlicher Methoden in literaturwissenschaftliches Arbeiten und die Verknüpfung von Literatur und Kultur im weitesten Sinne. Zu den Standardpublikationen, die über die Verbindung von Kultur- und Literaturwissenschaft reflektieren, gehören u.a. Literatur- und Kulturwissenschaften. Ihre Methoden und Theorien (2007) von Sabina Becker, das Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie (2008) von Ansgar Nünning, Kulturwissenschaftliche Literaturwissenschaft (2004), herausgegeben von Ansgar Nünning und Roy Sommer, Literaturwissenschaft als Kulturwissenschaft (2006) von Franziska Schößler und, speziell für den Bereich der Germanistik, der Band Germanistik als Kulturwissenschaft (2002), herausgegeben von Claudia Benthien und Hans Rudolf Velten. Literatur wird ihres Elfenbeinturmdaseins enthoben und in erster Linie als Produkt eines spezifischen kulturellen Kontextes verstanden. Gegenstand der kulturwissenschaftlichen Literaturwissenschaft bildet die kulturelle Verortung literarischer Texte und damit eigentlich der Gesamtbereich der Kultur.

Literatur als Teil kultureller Kommunikation und kulturellen Handelns

Texte sind demnach nicht aufgrund ihrer ästhetischen Struktur oder Eigenqualität Gegenstand literaturwissenschaftlicher Analyse, sondern weil sie Teil „kultureller Kommunikation und kulturellen Handelns“ sind (Becker 2007, 163). Daher soll literaturwissenschaftliche Interpretation mit „übergreifenden historischen und soziokulturellen Fragestellungen“ (ebd., 160) verknüpft werden, um die über literarische Texte transportierten sozialen, kulturellen und mentalen Strukturen von Kulturen und Gesellschaften erschließen zu können. Es geht hierbei jedoch nicht nur um die Kontextualisierung literarischer Texte, sondern auch um die Frage, auf welche Weise kulturelles Wissen im weitesten Sinne in den Texten transportiert wird.

Literatur als Symbol- und Sozialsystem

Die kulturwissenschaftliche Literaturwissenschaft versteht Texte als Symbol- und Sozialsystem (vgl. Nünning/Sommer 2004). Der Begriff Symbolsystem bezieht sich auf die textuelle Struktur von Texten, Sozialsystem meint dagegen Literatur als gesellschaftliches Handlungssystem. Daher bemüht sich die kulturwissenschaftliche Literaturwissenschaft um die Verknüpfung von „textzentrierten und kontextualisierenden Ansätzen“ (ebd., 16), d.h. um die Verbindung von textanalytischen und kulturwissenschaftlichen Methoden.

Interkulturelle Rezeption

Die interkulturelle Rezeption erforscht fremdkulturelle Leseerfahrungen und Leseverhalten und die Voraussetzungen, die den Rezeptionsprozess beeinflussen. Hierzu gehören individuelle Faktoren wie Interesse, Motivation, Erwartungen, Vorwissen, Leserbiographie, Muttersprachen- und Fremdsprachenkompetenz, aber auch kulturspezifische Faktoren wie Lesesozialisation und kulturspezifisches Umfeld, die mit Hilfe von empirischen Methoden ermittelt werden können.

Leseforschung

Die Leseforschung setzt sich mit den unterschiedlichen Aspekten des Lesens auseinander und beschäftigt sich im Kontext der Vermittlung fremdsprachlicher bzw. fremdkultureller Literatur vor allem mit der Frage nach Lesemodellen/Lesedidaktiken und Lesematerialien für den Fremdsprachenunterricht. Hierbei wird von der spezifischen Situation fremdsprachlicher Leser ausgegangen, da sich der Leseprozess in der Fremdsprache von dem in der Muttersprache unterscheidet. Fremdsprachliches Lesen ist in der Regel verlangsamtes Lesen, und zwar nicht nur aufgrund der Fremdsprache, sondern vor allem auch aufgrund von fehlendem kulturellen Wissen und unterschiedlichen Lesekompetenzen.

Interkulturelle Literaturdidaktik

Die interkulturelle Literaturdidaktik untersucht die Rolle von Literatur im Fremdsprachenunterricht, und zwar sowohl im Bereich Deutsch als Fremdsprache als auch Deutsch als Zweitsprache. Sie erarbeitet Modelle zur Literaturvermittlung im Fremdsprachenunterricht, wobei nach Karl Esselborn, einem der herausragenden Theoretiker auf dem Gebiet der interkulturellen Literaturdidaktik, hauptsächlich folgende Aspekte berücksichtigt werden: Bildungsziele, Kompetenzentwicklung, Kanonfragen bzw. Textauswahlkriterien und didaktische Methoden (vgl. Esselborn 2003b und 2010). Besondere Impulse für die deutschsprachige interkulturelle Literaturdidaktik kamen aus dem Umfeld der interkulturellen Germanistik, die aufgrund der häufigen Auslandslektorate ihrer Vertreter auf praxisorientierte, literaturdidaktische Konzepte angewiesen war und ist. Pionierarbeit hat hier Dietrich Krusche geleistet, dessen Texte als Ausgangsprämissen für eine theoretische Reflexion im Bereich der interkulturellen Literaturdidaktik und der Leseforschung gelten können. Besonders in folgenden Texten setzt er sich mit der Problematik der Literaturvermittlung in fremdkulturalen Bildungsprozessen auseinander. Literatur und Fremde. Zur Hermeneutik kulturräumlicher Distanz (1985), Lese-Unterschiede. Zum interkulturellen Leser-Gespräch (1985) und Vermittlungsrelevante Eigenschaften literarischer Texte (1985).

Interkulturelle Erziehung, globale Bildung, transnationale Literaturdidaktik

Stand in der traditionellen Literaturvermittlung im Fremdsprachenunterricht hauptsächlich die Vermittlung von Werkwissen, Kontextwissen, der Biografie des Autors und Vermittlung des klassischen Bildungskanons im Vordergrund, so verortet die interkulturelle Literaturdidaktik ihre Ansätze nun vorzugsweise in den Bereichen interkulturelles Lernen, interkulturelle Erziehung, Friedenspädagogik und globale Bildung. Repräsentativ ist hierfür der Ansatz Werner Wintersteiners. In seiner theoretischen Monographie Poetik der Verschiedenheit. Literatur, Bildung, Globalisierung (2006) und dem literaturdidaktischen Folgeband Transkulturelle literarische Bildung. Die ‚Poetik der Verschiedenheit‘ in der literaturdidaktischen Praxis (2006) erarbeitet er einen differenzierten Ansatz einer transnationalen Literaturdidaktik, die sich nicht nur mit Phänomenen der transnationalen Literatur auseinandersetzt, sondern gleichzeitig ein Konzept präsentiert, in dem transkulturelle, interkulturelle und literarische Bildungsziele miteinander verwoben sind. Insofern strebt die interkulturelle Literaturdidaktik eine „interkulturelle literarische Bildung“ (Esselborn 2003b, 482) an, die neben kulturellem, historischem und literarischem Grundwissen auch interkulturelle Kompetenzen umfasst. Das Prinzip des ganzheitlichen Lernens und der Entwicklung interkultureller Kompetenzen liegt auch dem Ansatz eines hermeneutischen Fremdsprachenunterrichts zu Grunde, dessen bekanntester Vertreter Hans Hunfeld in Fremdheit als Lernimpuls. Skeptische Hermeneutik – Normalität des Fremden – Fremdsprache Literatur (2004) nicht nur auf den Aufbau von Sprachkompetenz in der Fremdsprache abzielt, sondern auch „eine neue Haltung der Toleranz gegenüber Andersheit und Fremdheit“ (Hunfeld 2004, 484) fordert.

Didaktik des Fremdverstehens

Interkulturelle Literaturdidaktik beschäftigt sich darüber hinaus mit der Problematik des fremdsprachlichen Lesens/der fremdsprachlichen Lesedidaktik und entwickelt Ansätze zu einer Didaktik des Fremdverstehens, wobei die Besonderheiten des fremdsprachlichen Lesens untersucht werden. Im Mittelpunkt dieser Ansätze stehen Problematik, Voraussetzungen und Besonderheiten des fremdsprachlichen Lesens, das sich aufgrund der fremdsprachlichen und fremdkulturellen Konnotationen und Semantik und wegen der unterschiedlichen literarischen Traditionen vom eigenkulturellen Lesen unterscheidet. Besonders einflussreich ist diesbezüglich die Forschungsrichtung des Gießener Graduiertenkollegs „Didaktik des Fremdverstehens“, aus dem eine Vielzahl von Publikationen zum Thema Fremdverstehen, interkulturelles Verstehen, fremdsprachliche Literaturdidaktik und fremdsprachliche Rezeption hervorgegangen sind. Die Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik sind als Diskussionsforum im Bereich der fremdsprachlichen (Literatur)didaktik zu verstehen und bilden einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von theoretischen Ansätzen und Unterrichtsmodellen, hauptsächlich für Deutsch als Fremdsprache, Deutsch als Zweitsprache, Englisch und Französisch. Zu den Hauptvertretern der literaturdidaktischen Richtung gehören Lothar Bredella, Michael K. Legutke, Herbert Christ, Eva Burwitz-Melzer, Michael Byram und Werner Delanoy. Richtungsweisend sind die Ansätze von Lothar Bredella, der in zahlreichen Publikationen theoretische und methodische Grundlagen geschaffen hat. Zu den wichtigsten Beiträgen für die Bereiche fremdsprachliche Literaturdidaktik und Fremdverstehen zählen Didaktik des Fremdverstehens (Christ/Bredella 1995), Wie ist Fremdverstehen lehr- und lernbar? (Bredella et al. 2000), Literarisches und interkulturelles Verstehen (Bredella 2002), Rezeptionsästhetische Literaturdidaktik (Bredella/Burwitz-Melzer 2004) sowie Das Verstehen des Anderen (Bredella 2010), in denen die Rolle der Literatur im Prozess des Fremdverstehens reflektiert wird.

Einführung in die interkulturelle Literaturwissenschaft

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