Читать книгу Ich rocke den Lake Viktoria! - Andrea Shija'Estrana Wobmann - Страница 6

x

Оглавление

Die leckeren Abende verbringe ich chillig bei Mary. Sie wohnt vier Gehminuten von mir entfernt - Korrektur: ich von ihr. Sie bedauert, ihre Küche sei simpel, sie hätte gerne mehr Abwechslung. Also mir schmeckt es vorzüglich: Bohnen- & Bananeneintöpfe, Chicha (Spinat), Wali (Reis) oder Ugali (Maisbrei) mit Beef, Kuku oder Samakis (Fische). Davon der Tilapia mundet sehr delikat; der Fischkopf, wo Mary wonnestrahlend reinbeisst (die fettigen Augen sollen das Beste sein), den überlasse ich ihr. Im Dunkeln draussen leiste ich gerne Pura und Jadida Gesellschaft, während sie kochen. Es braucht alles seine Zeit. Polepole, langsam, werden ohne Eile in der Handfläche haltend werden die Zwiebeln, Tomaten geschnitten, die Bohnen gewaschen, der Chicha gezupft. Bis die zylindrigen Holzkohlengefässe ‘Tschakel‘ genug Hitze abgeben, braucht es ein gemütliches Weilchen, sodass zwischenzeitlich auch die frischen Dessertfrüchte behutsam geschnitzt werden. Auch ich fahre polepole runter vom europäischen Gestürm. Ich bewege mich gemächlich und organisiere Dinge und den Haushalt ohne jegliche Hektik. Tut das gut!

Wau, ich habe einen Hund. Josephine hätte einen, sofern sie da wäre. Warum nahm sie ihn aus ihrem Dorf Singida mit? Er sollte zurück zu seiner Familie. Der junge savannenfarbene Kerl hockt ganz allein, den ganzen lieben langen Tag in einem luftdurchlässigen Minibacksteinhäuschen, einem Quadratmeter! Er winselt vor sich hin und mich zum Erbarmen an. Der weisspfotige Sox ist zu Bedauern. Ich nehme ihn oft aus seinem Käfig. Übermütig freudig tollt er und fighten wir rum. Gegebenenfalls, falls Sox nun den Sinn des Holzstockes hier kapiert, werden meine langgezogenen spielerischen Beiss-, Kratzspuren an Unterarmen und Waden verschwinden.

Die Leute in Kiseke und in Mwanza-Town begegnen mir höflich zuvorkommend. Inside Hauptmarkt agieren sie fordernder - hoffnungsvoll auf ein lukratives Geschäft. Allerorts sind die Menschen schlicht schwarz. Wo ich durchgehe vernehme ich: ’Mzungu’ (Weissgesicht) oder am Markt ’Rafiki’ (Freund). Ohne dieses Mzungu, würde ich vergessen, dass ich Eine bin. Erst, wenn ich was aus meiner Tasche nehme und meine helle Haut sehe, denke ich, gar eine fade Farbe, die eines kleinen Schweinchens! So oder so, ich fühl mich einfach schon jetzt sauwohl hier!

Das Feilschen um Ware gestaltet sich heiter, wo ich (noch) kein Kiswahili kann, die Leute null Englisch. Swahili/Kiswahili (Suaheli/Kisuaheli) stammt vom arabischen sãhil ’Küste ’ oder ’Grenze ’. Diese Bantu ist die am meist verbreitete Verkehrssprache Ostafrikas. Als tendenziell sprachtalentiert, sollte ich mich bald verständigen zu können.

Nsajigwa (welcher gästelockende Touren kreieren soll) präsentiert mir in der ersten Woche eines seiner Programme - er führt erst Eines, nachdem er seit bald zwei Monaten in Mwanza agiert. Er komme aus dem südlichsten Süden Tanzanias, absolvierte ein Kurznaturstudium (mehr weiss er nicht dazu) und war unterwegs als Touristenführer in Dar-es-Salam. Über die Bauten, welche ich dort sah, kennt er allerdings keine Infos dazu.

Wir fangen frühmorgens mit einer ersten Daladalafahrt an: eine halbe Stunde enges, farbiges Chaos in einem bunt beschrifteten Kleinbus! Die Tour starten wir an der Seepromenade in der Citymitte, sie misst kurz - die Promenade – und liegt einladend eindrücklich mit den Felsformationen am und im Wasser. Die erste Attraktion, der markante Granit, ufernah majestätisch erhabener Bismarck-Rock. Die Deutschen benannten den Outcrop nach Otto von Bismarck, dem ersten Reichskanzler des Deutschen Reiches. Über den Hügel Capripoint wandern wir an Herrschaftshäusern vorbei. Jetzt wird der Antrag von Eva am MTTF-Meeting klar: Sie will die Rocks unter Schutz stellen lassen. Es frieselt schaurig, wie teils die einzigartigen Felsformationen für neue Villen abgetragen werden. Man sollte diese mehr in die Häuser einbauen; genau das macht den Rock-City-Charme einzigartig.

Auf dem Weg begegnen wir einer Horde Schulkinder. Sie beäugen mich vorsichtig, vorwitzig. Die staunenden, ausgelassenen Kindergesichter bei der schüchternen Berührung meiner Haut und Haare sind kribbelnd schön. Beim Tschüss winken sie: „Mzungu, give me my money“, ich ignoriere dies lächelnd. Allerdings will ich kaum glauben, dass Nsajigwa das gut findet! Das Einzige was ich einbringen würde (mit der Zeit auch neckisch tue), ist die Aufklärung ihres Satzinhaltes „Mzungu, give me my money“. Geld, was überlegt der, Geld, für was. Ja, Mitbringsel wie Seife, Ballone, Pens, Streichhölzer und Co. Kein Bares! Jawohl Nsajigwa, zeige den Kindern, dass Wazungu (die Weissen) Geld haben; unterstütze sie, dem nachzujagen, anstatt die Schulbank zu drücken. Häufig landet das Geld in der Tasche eines aggressiven Verwandten, der es versäuft, statt Essbares zu kaufen oder Schulgelder zu bezahlen. Übrigens Nsajigwa, oftmals sind Touristen nicht auf Rosen gebettet, sie arbeiteten und sparten teils jahrelang für den Traum Afrika.

Themenwechsel zu Capripoint, dem Namen des Hügels. Erinnert an Bella Italia, ulkig nicht? Der ausladende Hügel mit den hocherhabenen Villen reicht bis an den Seeanstoss hinunter mit einheimischer kleiner querplatzierter unfarbigen Slumhäuschen belegt. Der Name entstammt einer Familie, welche in Vorkriegszeiten bis in die Sechziger auf dieser Seite Mwanzas wohnte. Der Teppichmacher und Schiffsbauer kam mit seinen fünf Söhnen aus dem italienischen Neapel.

Wir spazieren nun durch das strom- und wasserlose Slumsquartier - einfach nur eindrücklich. Die Sicht auf den weiten Lake Victoria glitzert wunderschön silbern. Die Siedlung, alles liegt steingrau und sauber zwischen runden, eckigen, grossen, kleinen Felsbrocken platziert. Farbige Kleiderleinen hängen, stille Kochnischen stehen, stauende Kinderaugen, hochgezogene Stirnen, ein Lächeln da, ein Winken dort. Ich fühle mich auf dem Durchweg schon etwas mulmig. Nein, keineswegs kriminelle Gedanken. Auch wenn Nsajigwa mit einem Bewohner im Vorfeld das Durchgehen arrangiert hat, so durchdringen wir trotzdem quasi ungefragt intimste Privatsphäre.

Am Hügelende ruft das Hotel Tilapia. Lunchtime. Im Tilapia trifft man Durchgangsreisenden an. Sie hängen am Pool oder an der Bar rum oder an ihren Wireless-Notebooks. Die ruhige Lage in der Seebucht relaxt. Der schmackhafte afrikanische Kebab bekommt meine Aufmerksamkeit wie der Nebentisch zunehmends mehr. Ich schnappe auf, wie ein Halbschwarzer zwei jungen Deutschen ein Projekt in Bukoba erklärt, und stelle mich Clemenz Mulokozi vor. Hocherfreut strahlt er. Clemenz Vater kam aus Bukoba, seine Mutter aus München. Clemenz Kleinkind wuchs in Dar-es-Salam auf. Auf einer persönlichen Recherchenreise als Erwachsener berührte ihn das Leid der Waisenkinder und Kriegsflüchtlingen sehr. Er stiess auf Bukoba Kids Sports Club, welcher 2005 gegründet wurde (unterstützt von Mary/Kiroyeratours). Das brachte ihn auf die Idee von jambobukoba.com. Deshalb will er Mary schon länger kennenlernen. Eine ausgezeichnete Organisation – Jambobukoba wie Kiroyeratours! Wir versprechen einander den aufrechten Kontakt.

Ich rocke den Lake Viktoria!

Подняться наверх