Читать книгу Ich rocke den Lake Viktoria! - Andrea Shija'Estrana Wobmann - Страница 8

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Inzwischen habe ich das Hausfrauenrefugium arbeitstauglich ausgestattet sowie das Wasser-Kochen-Zum-Entkeimen angewöhnt. Nicht gewöhnen will ich mich an die bsssss-bssss-Mücken, welche die löchrigen Mückengitter durchdringen, Rain Season. Kaum gelandet, schon gestrandet: Nach der zweiten Nacht stehe ich in einem zentimeterhohen flächendeckenden Nass! Das bisher blockierte Badlavabo machte sich während der Dunkelheit rinnsalmässig tätig. Putz Putz, dieser Wasserverschleiss! Das Leck verlangt eine komplette (Rohr-)Sanierung im Bad, wobei die neugekachelte Wand rausgespitzt wird. Momentan ruht alles, wie gewünscht, trockengelegt.

Wie war überhaupt die Reise hierher? Schwerelos! Es war ein relaxter Flug nach Dar-es-Salam. Dort ein einfaches Prozedere fürs Touristenvisum, danach weniger einfach die Verhandlung mit dem organisierten Taxifahrer Husseny. Dieser weigert sich vehement. Ich bin die Diejenige, es kommt kein Anderer, du schaust verblüfft, ja, es ist so, ja, ich bin eine Frau, hier mein Passport. Andrea gehört, wie in einigen Ländern, auch in Tanzania zu den Männernamen. Husseny gibt auf und fährt durch dickste, stickigste Abend-Rushhour zum Hotel, mitten im lebhaften Warenmarktgebiet gelegen. Eiskaltblasende Aircondition in den Griff kriegen, eine heisse Dusche geniessen, kuschelnd einrollen. Eingeschlafen bin ich bei amüsantem internationalem Geräusch von der Strasse her: Bierkonsumierende, kommentierende Männerclique beim TV-Fussball.

Am Morgen spaziere ich in der lärmigen Grossstadt am Strand entlang, binde ein paar Sehenswürdigkeiten ein und erfreue mich an den geschäftig knallbunten Märkten. Husseny-Transfer zum Flughafen. Es gibt’s kein Zurück mehr. Oh, happy! Der Flug nach Mwanza präsentiert über dem wolkenlockeren Tanzania eindrückliche Landschaftsbilder. Grüsst da der Kilimanjaro? Laufen dort Tierherden? Ein witziger Artikel in der Flugzeitschrift 'Luckily Mashine interviews Banana Zorro'. Und als es durch Wolken rumpelt, macht es den Anschein, die im gezeigten Dokumentarfilm süssen Marienkäfer praktizieren einen draufgängerischen Paarungsrhythmus.

Flughafen Mwanza - 'The Rock-City'! Ich werde abgeholt. Wer wird es sein, wo werde ich logieren? In der Abenddämmerung wartet sie: Die strahlende Mary, eine Black-Power-Lady. Es funkt und plappert zwischen uns, als sind wir uns ewig vertraut. Sie staunt, dass ich für das Halbjahr einen einzigen Koffer mithabe. Auch Frau weiss sich manchmal bescheiden zu halten (wobei die Hälfte Mitbringsel&Co sind). Bevor wir losfahren, kauft Mary Prepay-Voucher von drei verschiedenen Konkurrenten. Finanziell sollte man den Erwünschten vom selbigen Anbieter aus anrufen. Manche Tanzanier besitzen deshalb zwei oder drei mobile Telefone – private Festtelefonie erfahre ich nirgends.

Wir fahren in dunkler Finsternis zum Christmas-Tree-Hotel (gelb, nicht grün gestrichen). Ich lerne William kennen, Geschäftsführer Kiroyeratours Bukoba, ein smilender, turbohintern eifriger Mann. Nsajigwa setzt sich zum Kennenlernen dazu. Er ist der erste Tourguide für Kiroyeratours in Mwanza - ausserdem der erste und wahrhaftig in meiner kompletten Zeit der einzige Mensch in Tanzania, der stinkt! Wir begleiten William zur Nachtfähre nach Bukoba. Dabei umfährt Mary im Citykern die einzige(!) Verkehrsampel. Geschäftiges Treiben am Pier. Vielleicht buche ich mal eine Kabine so à la Minikreuzfahrt. Beim Ablegen zeigen sich die Strassen um acht Uhr abends praktisch menschenleer. Ganzjährig stehen die Menschen bei Tagesanbruch auf und ruhen früh nach dem raschen Eindunkeln. Es ist angenehm, zeitlos entsprechend der Sonnenuhr zu leben.

Die ersten beiden Nächte soll ich im hellgetünchten Greenpark schlafen, dem Erstling von Guesthouse in Kiseke. Das Bett misst ausladend breit, das Bad blinkt sauber und an den Komfort von jederzeit-bereit-stehenden blauen oder roten Plastik-Flipflops (inklusive aller Alters- und Flickversionen) gewöhnt frau sich gerne. Die erste Nacht dauert allerdings kurz. Afrikaner kennen selten musikalische Sperrstunde, mit oder ohne Gäste. Geschlafen habe ich trotzdem erholsam. Am Morgen, draussen im Hof, schmeckt mein erstes Frühstück: Zwei vitaminlose öltriefende Chapati und ein heisser zuckriger Chai (Fladenbrot und gewürzter, milchgepulverter Tee).

Mary lädt ein und auf für die Monatssitzung der 'MTTF Mwanza Tourism Task Force'. Das Hotel Isamilo ist Gastgeber. Seltsamer Name, denke ich, heisst die Besitzerin Isa, ihr Kater Milo oder bedeutet es was in Suaheli? Weder noch, das Quartier heisst Isamilo. Von einem dieser steinbrockigen Hügel ‘entdeckte’ der Pionier Speke angeblich den Lake Victoria. Von welchem Fleck aus genau, das bleibt ein unwichtiges Rätsel. Hauptsache für die Mwanzaner, dass es bei ihnen geschah. John Hanning Speke (1827-1864) war Officer in der British Indian Army. Um die Nilquelle zu aufzuspüren, unternahm er drei Expeditionen in Afrika. 1856 stiess er an diesem Ort auf den Lake Victoria und war sich irrtümlicherweise des Zieles sicher. Enchanté, Mister Speke - die erste ‘Persönlichkeit’, der ich begegne.

Mit dem heutigen Monatsmeeting bin ich mitten drin und erlebe, wie die 'MTTF Mwanza Tourism Task Force' funktioniert. Hoteliers, Stadtverwaltung, Reiseveranstalter, private Personen, Künstler und Weitere bemühen sich, Mwanza touristentauglich zu kreieren. Es geschieht locker, die ersten Kontakte zu knüpfen. Zum Beispiel mit John Sombi. Der Schlangentänzer und Musiker hat nächste Woche eine Aufführung hier. Eva, Andy, Kathy, Fiona, James, Delphine, Joseph, Marianne, … (alle dreissig Namen zu wissen, darf warten). Zum heutigen Tagesschluss erlebe ich erfüllt den ersten Sonnenuntergang über dem Victoriasee - wunderfarbig warm golden!

Es ist spät. Neben ein paar Floskeln Suaheli lernte ich vorher ’Chipsi-Mayai’. Selbstbewusst bestelle ich folglich im Greenpark beim Freiluft-Kitchen-Corner eine Kartoffel-Omelett. Irgendwie will der junge Mann gar nicht verstehen, der strahlt mich nur unentwegt an. Haalloooo, meine Gesten sprechen Bände! Ich grinse. Chakula, Mahlzeit. Eine Big-Mama-auf-Chapati-Take-Away-Durchweg vermittelt. Er begegne zum erstem Mal life einer Mzungu … Danke, ich will trotzdem was Essen. Supu, Rice, Chipsi? Egal was, was Rasches, irgendwie vergassen wir zu Essen heute & ich bin müde. Ndjyo, ja, er werde mir kochen – endlich! Wartend, mache ich es mir mit Buch, Trinkwasser und Moskitospray bequem wie möglich auf dem roten Gartenplastikstuhl.

Ich warte, und warte, … und warte.

Ich warte. Himmelsfeld, müssen die Kartoffeln erst gepflanzt und die Eier gelegt werden? Eine halbe Stunde, eine Stunde, eineinhalb Stunden. Irgendwie mag ich nicht Nachhaken, möchte nur gerne ins Bett trollen. Die Lektüre lenkt vom Magenknurren und den Stechmücken ab. Auch Alisha leistet kurz Gesellschaft; hübsch, die junge Kellnerin mit dem pagengeschnittenen Kunsthaar. Mit ihrem einzigen englischen Vokabular umschmeichelt sie: „I love you“. Die Crew wird zusammengerufen - zum Essen! Wie bitte, die kriegen was, wo bleibt mein Diner? Der Kellner schlendert vergnügt in meine Richtung. Chipsi-Mayai, endlich. Oh, aber was ist das? 'Kuku'! Ein ganzes halbes Huhn! Alles klar, das musste zuerst geschlachtet und gerupft werden!

Tagsdarauf ziehe ich ein, ins Häuschen Nummer 255. Chapati wird es selten zum Frühstück geben, Lunch bleibt Tagesprogramm abhängig und das Abendessen bei Mary vorprogrammiert. Die frischen Lebensmittel ergattere ich zum fröhlichen Gelächter der Frauen an den kleinen Markständen im Village. Weder Kosten noch Zahlen sind mir in Suhaeli bekannt. Ich werde überraschend feststellen, dass sie die lokalen Preise verlangen. Auf Mzungu-Profitgedanken sind diese feinen Menschen in Kiseke (noch) nicht aus. Wir verständigen uns mit Gesten oder ‘schriftlich’. Dazu gebrauchen wir weder Stift noch Papier, sondern unsere Mobiles. Mein zukünftig Frühstück-Gebrutzeltes besteht lecker aus Kochbananen salzig oder süss, (Honig-)Bananen, Rührei oder einer Schoko-, Milchpulvershake-Bombe, dazu tiefrote Tomaten und saftiggelbe Ananas.


Mein Häuschen

Ich rocke den Lake Viktoria!

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