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Huch vergessen

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Hallo Nora, 17. April

Entschuldigung. Ich habe gerade noch einmal die letzten zwei Einträge gelesen. Im ersteren davon habe ich Dir ja versprochen, über Franziskas Schlagfertigkeit zu berichten. Letzte Woche hatte ich es ja gar nicht getan. Das werde ich heute nachholen und damit ich es nicht vergesse, fange ich gleich damit an.

Mit Franziska selbst habe ich ja nicht gesprochen, aber Sie spricht ja immer mit den Anderen und da lausche ich immer Ihrer schönen Stimme. Eines Tages wurde Sie von einer Lehrerin gefragt, wie Ihre Arbeit an einem Referat voran geht. Sie sagte: Gar nicht. Ich habe noch keinen Chirurgen gefunden, der meiner Arbeit Beine annäht, damit Sie gehen kann. Ob nun vorwärts oder rückwärts ist ja erst einmal egal. Kennen Sie vielleicht einen Chirurgen, der meiner Arbeit zwei Beine annähen kann? Die Lehrerin konnte es nicht. Es ging ja auch nicht.

An einem anderen Tag sprach Sie mit Rachel, Ihre Banknachbarin und Freundin. Ich mein, keine feste Freundin. Franziska steht nicht auf Frauen. Glaube und hoffe ich. Und wenn Sie es doch tut, dann sehe ich Ihr es nicht an. Aber wissen tue ich es nicht. Ich hoffe nur, dass Sie auf Männer steht. Na ja gut. Franziska sollte das jetzt nicht hören. Als Rachel vor Ihren Augen gefragt wurde, ob Rachel auf Männer stehen würde, sprach Franziska: Nein, Sie steht auf dem Boden. Das siehst Du doch! Unter Ihren Füßen sind die Socken, darunter die Schuhsohlen. Darunter wäre der Boden. Siehst Du darunter einen Mann, auf dem Rachel stehen kann? Er sah es nicht. Wie auch. Rachel stand ja wirklich auf dem Boden, aber so wortwörtlich hatte dieser Jemand es ja gar nicht gemeint. Er meinte es eher im übertragenden Sinne. Na ja, Du siehst also, dass Sie ganz schön wortgewandt und schlagfertig ist.

Ich würde ja gerne mal wissen, wie das bei Ihr zu Hause aussieht. Ob Ihre Eltern darauf achten würden, was Sie zu Franziska sagen? Oder ob sie auch immer wieder den Fehler begehen würden, worauf Franziska wieder schlagfertig kontern konnte? Ich mein, ich weiß es nicht, aber ich glaube nicht, dass Ihre Familie immer weiß, was Franziska gerade denkt. Sie werden bestimmt auch immer wieder in Franziska’s Falle tappen.

So wie ich in Ihre. Aber nicht in die wortwörtliche Falle, sondern in Ihre Liebesfalle. So schön wie Sie aussah, so einzigartig Ihre Art war, so wortgewandt wie Sie war. Sie musste viele Verehrer haben, denke ich mir zu mindestens. Wissen tue ich es aber nicht. Aber wie würde Franziska sagen: Wissen ist Macht, nichts wissen macht nichts. Stimmt wohl. Und trotzdem hoffe ich, dass Sie keinen anderen Verehrer hat. Wenn ich der Einzige wäre, hätte ich doch bessere Chancen, oder?

Mit einem Gedicht doch noch bessere oder? Ich mein, welche Frau steht denn nicht darauf? Ein Gedicht als Liebesbeweis oder Liebeserklärung. Das ist doch romantisch, oder? Na ja, nächste Woche werde ich Ihr das vierte Gedicht zu senden. Da werde ich ins Internetcafé gehen. Warum? Na ja, wie sollte ich Ihr sonst das Gedicht zukommen lassen? Ich habe zu Hause ja kein Internet. In die Schule komme ich nicht. So bleibt mir nur noch ein Internetcafé. Ich werde das vierte Gedicht am Computer abtippen, es auf meinem USB-Stick speichern und dann vom Internetcafé Ihr zusenden. Ja, so mache ich es. Du willst jetzt bestimmt wissen, wie das vierte Gedicht für Sie aussieht, oder? Kein Problem, ich schreibe es Dir auf:

Nur Du bist mein Stern,

Nur Dich habe ich gern,

Nur Du bist mein Sonnenschein,

Nur bei Dir möchte ich sein,

Nur Du bist alles in dieser Welt,

Nur Dich mein Herz für edel hält.

Nur Du bist mein Edelstein,

Nur Du wirst es immer sein,

Nur Du bist mein Smaragd,

Nur bei Dir mein Herz nicht klagt,

Nur Du bist mein roter Rubin,

Nur für Dich schmeiß ich alles hin.

Nur Du bist alles Schöne für mich,

Nur bei Dir bin ich glücklich,

Nur Du bist die schönste Frau,

Nur Dich meine ich, ganz genau,

Nur Du trägst den schönsten Namen,

Franziska, die schönster aller Damen!

Ja, das ist also das vierte Gedicht für Franziska. Ich finde es toll. Ich weiß, dass ich in der letzten Zeile den Rhythmus des Gedichtes gebrochen habe. Aber wie heißt es so schön: Ausnahmen bestätigen die Regel. Zu mal die letzte Ausnahme mit dem Wort Franziska beginnt. Sie ist nun einmal die Ausnahme. Die schönste Frau dieser Welt, ausnahmslos.

Na gut, ich werde Ihr also am Mittwoch das vierte Gedicht zukommen lassen. Ich denke mal, dass ich nächste Woche Dir nicht schreiben werde. Da ist ja Ostern. Bei uns ist es schon Tradition, dass die gesamte Familie ostersonntags gemeinsam fern sieht. Natürlich nicht den ganzen Tag, aber am Abend. Und ob ich es nicht vergesse, Dir vorher schon zu schreiben? Ich weiß es nicht. Aber ich glaube ich tu es. Meine Erinnerung will ich auch nicht umstellen. Sonst vergesse ich sie wieder zurückzustellen. Und wenn ich das tue, vergesse ich die nächsten Sonntage Dir zu schreiben, weil die Erinnerung immer zu früh kommt. Genau dann, wenn ich keine Zeit habe. Nein. Meine Erinnerung schlägt ja immer um kurz nach Viertel Elf Alarm. Manchmal schreibe ich Dir auch früher, wenn es mir gerade in den Sinn kommt. Na ja egal.

Wir sehen uns nächsten Sonntag, oder in zwei Wochen. Dann aber ganz sicher. Also dann, tschüs Nora!

Aron

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