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Die Wahrheit ist einfach und schön

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Einstein war ständig auf der Suche nach einer universellen Energietheorie. Er war überzeugt, dass die Erklärung der Welt und ihrer Ursachen letztlich einfach und schön sein müsste. Er war ferner der Meinung, dass eine „Weltformel“, die nicht einfach und schön ist, auch nicht wahr sein kann. Das lässt sich aufs Enneagramm übertragen: Es vermittelt eine Erfahrung, die uns erschreckt und herausfordert, die aber zugleich einfach und schön ist. Das Enneagramm ist schön, weil es uns als kleine, partielle und gebrochene Menschen zeigt. Es ist schön, wenn wir endlich nicht mehr so tun müssen, als seien wir mehr als das – und wenn wir merken, dass wir alle im selben Boot sitzen. Wir spielen alle unsere Spiele, kultivieren unsere Vorurteile und unsere unerlöste Sicht der Welt.

Deshalb müssen wir unsere Gabe annehmen, um unsere Sünde zu sehen – und wir müssen unsere Sünde annehmen, um zu erkennen, wie begabt wir sind. Wir müssen unsere Gabe begrenzen, sonst wird unsere Sünde zur Falle – während wir sie „Tugend“ nennen. Auch das ist traditionelle kirchliche Lehre. Thomas von Aquin und viele Scholastiker haben bereits gesagt, dass alle Menschen etwas wählen, was gut aussieht. Niemand tut willentlich Böses. Jeder von uns hat sich sein System zurechtgelegt, mit dessen Hilfe wir erklären, weshalb das, was wir tun, richtig und gut ist. Deshalb ist es so nötig, die „Geister zu unterscheiden“, wie es in der Bibel heißt. Wir brauchen eine Hilfestellung, um unser falsches Selbst zu entlarven und uns von unseren Illusionen zu distanzieren. Dazu ist es nötig, dass wir eine Art „inneren Beobachter“ installieren; manche reden auch von einem „fairen Zeugen“. Zunächst klingt das recht kompliziert, aber nach einer Weile wird es ganz natürlich. Es geht im Grunde um jenen Teil von uns selbst, der ehrlich ist – nicht nur im negativen Sinne, sondern auch im positiven. Er sagt uns zum Beispiel: „Du liebst Gott wirklich und sehnst dich nach ihm. Du bist gut. Hör auf, dich selbst so brutal niederzumachen! Du bist eine Tochter Gottes! Du kannst mitfühlen!“ Er hilft uns, Moralismus von echter Moral zu unterscheiden, Schuldgefühle von wirklicher Schuld, falschen Stolz von echter Stärke. Bei der Selbsterkenntnis, die das Enneagramm vermittelt, geht es nicht nur um Sündenerkenntnis. Es geht auch, und am Ende vor allem darum, alles, was nur scheinbar gut ist, loszulassen, damit wir das an uns entdecken, was wirklich gut ist.

Vor allem für diejenigen, die in einer religiösen Umgebung aufgewachsen sind, dauert es meist eine Weile, bis sie diese positiven Stimmen hören können. Da sind all die negativen Stimmen im Inneren, die ständig Urteile fällen: „Gut, besser, am besten, richtig, falsch, heilig, Todsünde, lässliche Sünde, verdienstlich, unwürdig, verdammenswert“ – und alle Stufen dazwischen. In gewisser Weise gibt es nichts Schwierigeres, als mit religiösen Menschen zu arbeiten. Sie haben solch einen Hang zum Moralisieren, dass sie unfähig sind, die Wirklichkeit anzunehmen und ihr direkt zu begegnen. Deshalb können wir so viel von der Schöpfungsspiritualität, von der indianischen Spiritualität und von echter franziskanischer Spiritualität lernen. Sie alle lassen die Schöpfung, die Natur, die Erde – also all das, was ist – zu uns sprechen. Religiöse Menschen hingegen neigen dazu, mit vorgefertigten Schlussfolgerungen, Bibelzitaten und Dogmen daherzukommen, sodass sie es gar nicht mehr nötig haben, die Realität und den gegenwärtigen Augenblick wahrzunehmen. Wir hoffen, dass das Enneagramm dabei hilft, diese moralistischen Werturteile aus dem Weg zu räumen, weil es zeigt, wie übertrieben sie sind. Es zeigt die Vorurteile, die uns daran hindern, die ganze Wirklichkeit zu erfahren.

Das Enneagramm

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