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Private Daten: Währung und Risiko

Wenn die vorangegangenen Ausführungen den Eindruck erweckt haben, dass die Preisgabe Ihrer Daten immer ein Risiko und das Internet deshalb „böse“ ist, dann ist das nur ein Teil der Wahrheit. Das Internet funktioniert nun mal nur mit Daten und mit dem Bezug zu Personen. Wenn Sie in Ihrem Browser eine Internetseite aufrufen, indem Sie deren Adresse eingeben, dann muss ja in irgendeiner Form hinterlegt sein, wohin die aufgerufene Webseite „geliefert“ werden soll. Das funktioniert über die IP-Adresse, die von Ihrem Internetanbieter automatisch vergeben wird, wenn Ihr Router eine Verbindung zum Internet aufbaut.


Diese IP-Adresse ist über eine gewisse Zeit gültig und über den Anbieter Ihrem Anschluss – und damit Ihnen – zuordenbar. Die seit Jahren schwelende Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung dreht sich genau um diesen Punkt: Wie lange muss der Bezug zwischen IP-Adresse und Anschlussinhaber gespeichert bleiben und wer hat unter welchen Bedingungen Zugriff darauf?

Onlineshopping leicht gemacht

Wenn Sie im Internet einkaufen, dann ist es viel bequemer, einmal ein Benutzerkonto beim Händler anzulegen, statt immer wieder Ihre Adresse und die Bankverbindung manuell einzugeben. Damit hinterlassen Sie natürlich schon vor dem ersten Einkauf Daten. Bei jedem Einkauf werden es mehr: Die gekauften Artikel kommen hinzu, Dinge, die Sie sich angesehen haben, und vieles mehr.

Auch das Thema Werbung ist in diesem Zusammenhang zu sehen: Haben Sie sich schon einmal darüber gewundert, dass Ihr bevorzugter Internethändler immer die richtigen Sachen im virtuellen Schaufenster hat, die fast hundertprozentig Ihren Vorlieben entsprechen? Das liegt einfach daran, dass der Händler Ihr Einkaufsverhalten kennt. Wenn Sie sich mit Ihrem Kundenkonto anmelden, dann wird eine kleine Datei, ein sogenannter Cookie, gespeichert. Damit werden Sie identifiziert, wann immer Sie die Internetseite des Shops aufrufen. Die Identifikation über den Cookie und das von Ihnen gespeicherte Einkaufsverhalten ermöglichen dann zielgerichtete Werbung.


Wenn Sie als Thriller-Fan plötzlich Kinderbücher angeboten bekommen, dann müssen Sie sich normalerweise keine Sorgen machen. Fragen Sie doch einfach in der Familie herum, wer gerade mit Ihrem PC gesurft hat. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass ein Familienmitglied hier der „Schuldige“ ist und nicht etwa ein Sicherheitsvorfall wie ein gehacktes Konto!

Ohne Ihre Daten geht es nicht

Nun haben Sie vielleicht gar kein Interesse an personalisierter Werbung und daher den Anspruch, im Internet möglichst wenige Daten zu hinterlassen. Das ist sicher kein schlechter Ansatz, doch es kann nicht bedeuten, dass Sie als Internetnutzer gar keine Daten von sich preisgeben.

Das würde schlicht nicht funktionieren, da Sie dann bestimmte Programme und Dienste nicht mehr nutzen könnten. Was bringt Ihnen ein Navigationsprogramm ohne Ihre aktuelle Position? Und wie wollen Sie etwas in einem Onlineshop bestellen, ohne ihm die Lieferadresse mitzuteilen?

Auch die viel gescholtenen sozialen Netzwerke leben ja davon, dass Sie aktuelle Lebensereignisse mit anderen Anwendern – Ihren (virtuellen) Freunden – teilen. Ohne Daten keine Freundschaften, ohne Freundschaften keine Beiträge, der Sinn eines sozialen Netzwerkes wäre dahin.

Ihre Spuren im Netz

Der Datenschatten, den Sie unweigerlich im Internet hinterlassen, hat also zwei Seiten: Auf der einen Seite ist er nahezu unvermeidbar, damit das Internet funktioniert und für Sie halbwegs komfortabel ist. Auf der anderen Seite birgt er das Risiko, dass Ihre Daten in falsche Hände gelangen und missbraucht werden.

Was ist ein Datenschatten?

Der Begriff des Datenschattens hat sich in den letzten Monaten immer mehr verselbstständigt. Darunter versteht man die Wolke an Daten, die jeder Anwender unweigerlich hinter sich herzieht, und das vollkommen ungewollt.

Der Prozess beginnt, wenn Sie irgendwelche Daten bei einer Webseite hinterlassen – oder auch bei einem Händler in der realen Welt. Denn Letzterer macht am Ende auch nichts anderes, als diese Daten in seinen PC einzugeben. Die Daten dienen einem bestimmten Zweck und müssen verarbeitet werden, damit die gewünschte Dienstleistung erbracht werden kann. So gelangen Ihre Daten vollkommen rechtmäßig an weitere Parteien, die dann wieder etwas damit machen.

Eigentlich – das ist eine rechtliche Anforderung des Datenschutzes – müssen Ihre Daten nach einer gewissen Zeit gelöscht werden. In vielen Fällen geschieht das aber nicht: Daten bleiben schier endlos gespeichert und sind damit dauerhaft verfügbar.

Über die Zeit kommen dann weitere Daten hinzu. Verschiedene Datenquellen werden miteinander verknüpft und durch intelligente Algorithmen verarbeitet, die Daten aus anderen Quellen anreichern und auswerten. Es dauert eine gewisse Zeit, aber dann ist Ihr Datenschatten komplett: eine fast vollständige Datenwolke Ihrer Vorlieben, Meinungen, Interessen, besuchten Orte, Freunde etc. Wer Ihren Datenschatten kennt, der kennt Sie besser als Sie sich selbst, denn Sie haben nur eine Meinung über sich. Der Datenschatten ist objektiver: Er enthält Tatsachen.

Sind Sie schon öffentlich?

Ein großer Datenschatten führt schnell dazu, dass Sie selbst nicht mehr befragt werden müssen, wenn es darum geht, eine Entscheidung für Sie zu treffen. Ob es nun um eine Kreditvergabe, ein Jobangebot oder eine personalisierte Werbung geht: Die Systeme greifen auf Ihre Daten zu und fällen eine automatisierte Entscheidung. Sie bekommen nicht mal mit, was dann am Ende dazu führt, dass diese positiv oder negativ ausfällt.

Info

Wie viel können Daten verraten? Zu viel, wie eine junge Amerikanerin erfahren musste, als ihre bisher geheim gehaltene Schwangerschaft rüde der Familie bekannt gemacht wurde. Wie kam es dazu? Analysten der Supermarktkette Target hatten bei der Auswertung der Kaufdaten erkannt, dass der Kauf bestimmter Produkte, etwa parfümfreier Lotions oder spezieller Nahrungsergänzungsmittel, direkt mit einer Schwangerschaft in Verbindung steht. Target errechnete auf diese Weise einen „Schwangerschafts-Vorhersage-Wert“. So kam es, dass die junge Frau plötzlich Coupons für Babykleidung, Schwangerschaftskleidung und Babyausstattung zugeschickt bekam – zur Überraschung ihrer ahnungslosen Familie.

Als die Gesellschaft anfing, sich über Datenschutz und das Recht auf Privatsphäre Gedanken zu machen, war die Vision des „gläsernen Bürgers“ einer der Auslöser, von staatlicher Seite regulierend einzugreifen. Viele Jahre später zeigt sich, dass die Befürchtungen nicht unberechtigt waren. Onlineshopping, soziale Netzwerke, biometrische Sensoren in Geräten und Smartphones als Immer-dabei-Datensammler haben dazu geführt, dass Sie quasi gläsern sind, und das nur halb freiwillig.

Ganz schützen können Sie sich nicht vor einem Datenschatten. Teilweise bringt er sogar Vorteile, weil Sie objektiver bewertet werden. Der Kerngedanke des Datenschutzes ist jedoch: Sie sollen selbst entscheiden können, was andere über Sie wissen dürfen und welche Informationen über Sie gespeichert sind. Wenn Sie aufgrund der bisherigen Ausführungen befürchten, dass Sie keine Chance haben, dies zu erreichen, dann seien Sie beruhigt: Alle Geräte, mit denen Sie arbeiten, bieten Ihnen Möglichkeiten, Einfluss darauf zu nehmen.

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