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2 Oh Fee

Es war wieder so einer von diesen Abenden, an denen im Fernsehen nur hochqualitative Unterhaltung geboten wird, und ich trotzdem beim „Sommerhaus der Stars“ hängen geblieben bin. Als eine der xyz-Promis zum wiederholten Male ihren Gatten mit „du bist so behindert“ ankeifte, bekam ich Appetit auf Schweinskopfsülze. Zum Glück fand sich noch ein Glas der extravaganten Speise in meinem Kühlschrank, und ich deckte meinen Esstisch mit Teller, Messer, Brot und Senf und setzte mich. Das Sülze-Glas ließ sich schwer öffnen, doch ein Weiteres „du bist so behindert“ aus dem Fernseher stachelte meinen Ehrgeiz an. Mit den Gesetzen der Physik, der Messerspitze und der Hebelwirkung brachte ich den Deckel zu Ploppen. Ich staunte nicht schlecht, als sich aus der obligatorischen Fettschicht auf der Sülze eine kleine, feine Frau mit Flügeln quälte. Verklebt und verschmiert krabbelte sie aus dem Glas, über den Tisch und ließ sich dann auf einen Stuhl fallen, welcher am Kopfende meiner Tafel platziert war. Unter Stöhnen und Ächzen verdoppelte sie ihre Körpergröße, dann noch einmal und so weiter, bis sie schließlich knappe eins-siebzig erreicht hatte.

„Du saust mir den Stuhl ein!“, kommentierte ich das Schweinskopffett an ihrem Körper und auf meinen Polstern.

Sie stand auf, fragte mich nach dem Weg zum Bad und ging erstmal duschen.

In der Zwischenzeit holte ich Geschirrspülmittel und ein paar Haushaltstücher und begann, den Stuhl zu reinigen. Mein Gerubbel machte alles nur noch schlimmer. Mir wurde schnell klar, dass ich da nichts mehr retten könne. Schmieriges Schweinefett auf Feinwebbezügen… das kriegste nicht mehr raus. Also schob ich das Sitzmöbel beiseite, warf einen Blick auf den Fernseher – Werbung für Schokocreme – und nahm wieder Platz. Der Appetit auf ein Sülzbrot war mir vergangen. Wer will schon was essen, in dem sich vorher eine kleine Motte getummelt hat. Nach etwa 10 Minuten kam die Dame zurück. Sauber und gut riechend. Anscheinend hatte sie als Parfüm mein Rasierwasser benutzt.

Freundlich lächelnd streckte sie mir ihre Hand entgegen.

„Hallo. Ich bin Lisbeth. Eine Fee.“

Wir machten Shakehands und ich erwiderte lapidar „ja nee, is klar“, so als ob ich regelmäßig Besuch von Feen erhalten würde. Da sie sich nicht auf den Fettstuhl setzen wollte, begaben wir uns zur Couch.

„Was macht eine nette Fee wie du in einem Glas Sülze wie diesem?“, fragte ich neugierig.

Lisbeth schüttelte leicht den Kopf.

„Das willste gar nicht wissen…“, entgegnete sie ausweichend. Eine Weile schauten wir „Sommerhaus der Stars“.

„Ich kenne keinen von denen.“, kommentierte die Dame. „Das sollen Promis sein?!“

„Heutzutage biste schon ein Promi, wenn du mehr als 10.000 Follower auf Instagram hast.“, erklärte ich.

Wir schauten noch etwa fünf Minuten, dann stand Lisbeth auf.

„Also,“ sagte sie, „kommen wir zur Sache.“

Das letzte mal, als eine Frau zu mir „kommen wir zur Sache“ gesagt hatte, waren wir im Bett gelandet. Aber darauf würde Lisbeth wohl nicht hinauswollen, dachte ich. Schade eigentlich, denn bei genauerem Betrachten und ohne Ganzkörperfettschicht sah sie ausnehmend bezaubernd aus.

„Du hast drei Wünsche frei.“, erklärte sie mir, und fügte aus Erfahrung hinzu, „nochmal 3 Wünsche wünschen und so weiter und so immer weiter gilt nicht. Ist das klar?“ Ich nickte. Sie nickte. Verstanden.

Also begann ich zu überlegen.

Lisbeth ging in meinem Zimmer auf und ab, zog ein paar Bücher aus dem Regal, stellte sie wieder zurück, zappte durchs Fernsehprogramm, ließ es auf QVC laufen, tigerte weiter durch meine Wohnung und machte mich so langsam nervös.

„Ich kann mich nicht konzentrieren.“, maulte ich.

„Du sollst dich auch nicht konzentrieren, du sollst dir was wünschen. Ich hab nicht ewig Zeit!“, antwortete die Fee schnippisch.

„Wo musst du denn so dringend hin?“, fragte ich. „Zurück in die Sülze?“

Ein abfälliges „hahaha“ und „sehr witzig“ war ihre Antwort. Ich begann, mich wieder auf meine möglichen Wünsche zu konzentrieren.

Seit ein paar Jahren war ich wieder Single. Das mit Beate war in die Brüche gegangen, weil sie in einem Yogakurs den Schamanen Norbert kenne gelernt hatte, welcher ihr glaubhaft erklärte, dass ich kein Umgang für sie sei, weil ich eine schwarze Seele hätte. Seitdem hatte ich keine feste Beziehung mehr gehabt. Da kam ich auf eine Idee.

„Ich hab meinen ersten Wunsch!“, erklärte ich, und Lisbeth hob erwartungsvoll die Augenbrauen.

„Na dann….?“

„Ich will mit dir Schlafen!“

Die Fee legte die Stirn in Falten. „Mit mir schlafen?“, wiederholte sie, und ich befürchtete, jetzt eine saftige Standpauke zu bekommen, von wegen sexuelle Belästigung, „mee-too“ und Sexismus. Aber dem war nicht der Fall. Stattdessen fand ich mich nur Sekunden später mit Lisbeth im Bett. Und: wir schliefen. Gesund und erholt, bis zum nächsten Morgen.

Als ich erwachte war die Fee bereits aufgestanden. Sie kam aus dem Bad und grinste breit.

„Haben wir…?“, tastete ich mich vorsichtig vor.

„Natürlich nicht!“ antwortete Lisbeth. „Du wolltest mit mir schlafen. Und wir haben geschlafen. Sonst nichts. Übrigens, du hast eine super Matratze.“

„Nur 199 Euro, bei Bett-1.de.“, erklärte ich überflüssigerweise. Lisbeth setzte sich auf die Bettkante.

„Und? Wunsch Nummer zwei?“, fragte sie.

Ich bat mir Bedenkzeit aus. Erstmal frühstücken.

Die Fee war einverstanden und wollte wissen, ob sie Rührei machen soll.

„Ja.“, antwortete ich, „ich hätte gern Rührei.“

Und in der selben Sekunde war mir klar, dass ich soeben meinen zweiten Wunsch verballert hatte.

„Hab dich voll reingelegt, was?“

„Das war nicht fair!“, protestierte ich vergeblich.

Zwanzig Minuten später saßen wir am Frühstückstisch. Die Rühreier waren hervorragend, das musste ich zugeben. Aber einen Gratis-Wunsch waren sie letztlich doch nicht wert.

Lisbeth und ich plauderten über Gott und die Welt. Ich war stets penibel drauf bedacht, keinen Satz so zu formulieren, dass daraus hätte ein Wunsch abgeleitet werden können.

Es gelang mir ganz gut. Die Fee versuchte mir Fallen zu stellen, etwa: „Hättest du gern noch eine Tasse Kaffee?“ Aber darauf fiel ich nicht rein.

Trotz unseres kleinen „Wunsch-Vermeidungs-Spielchens“ fühlte ich mich rund rum wohl. Lisbeth war eloquent und ich konnte prima mit ihr diskutieren. Und witzig war sie auch. Mein Gott, was haben wir gelacht…

Wie sehr hatte ich es vermisst, den weiblichen Esprit in meinem Leben zu spüren. Dieses gemeinsame Frühstück war einfach herrlich. Ich fühlte mich jung und voller Energie, ja, ich hatte sogar „Flugzeuge im Bauch“. Es war so ein schönes Gefühl mit dieser bezaubernden Frau zusammen zu sitzen, dass ich mir wünschte, dieses Frühstück würde niemals enden.

Dummerweise sagte ich das auch.

Und so sitzen wir noch heute am Frühstückstisch. Langsam gehen uns die Themen aus….

Was soll das

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