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Reisepraxis der gesellschaftlichen Elite

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Kavalierstour

Den proletarischen Handwerksgesellen in der Frühen Neuzeit stehen am anderen Ende der Skala die Angehörigen der gesellschaftlich-politischen Elite, des Adels, gegenüber. Auch diese soziale Gruppe hatte für ihren männlichen Nachwuchs eine besondere Form der Ausbildungsreise entwickelt: die (dem frz. Ursprung geschuldet, gelegentlich auch der) Grand Tour, für die sich im deutschen Sprachraum die Bezeichnung „Kavalierstour“ eingebürgert hat. Im Mittelpunkt des adligen Erziehungsprogramms standen die Beherrschung der höfischen Konventionen und das geschliffene Betragen im Verkehr mit den Standesgenossen. Den europäischen Vorbildern des italienischen cortegiano, des französischen honnÞte homme und des englischen gentleman entsprach der deutsche Kavalier. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die Kavalierstour zum festen Bestandteil der adligen Erziehung, sie führte durch zahlreiche europäische Länder und konnte mitunter mehrere Jahre dauern. Bis ca. 1750 waren dabei längere Aufenthalte an ausländischen Universitäten oder Ritterakademien üblich. Das an der Lebensführung des fürstlichen Hofes orientierte Bildungsideal erforderte weniger die gründliche Gewandtheit in einer Einzeldisziplin als vielmehr die breitgestreute Kenntnis verschiedener Wissenschaften. Neben den sogenannten Kavaliersfächern (Reitkunst, Fechtkunst, Tanz) gehörten die Beherrschung der französischen und italienischen Sprache sowie Grundkenntnisse der Reichsgeschichte und Genealogie, der Staats- und Rechtswissenschaften, der Mathematik und Architektur, aber auch ein Basiswissen in den Naturwissenschaften zum Lernpensum. Die Rundreise zu den europäischen Fürstenhöfen bot den jungen Adligen die Möglichkeit, politische Prozesse und Verfahren aus eigener Anschauung wahrzunehmen und zahlreiche Kontakte zur international vernetzten Adelsgesellschaft zu knüpfen. Über die Kavalierstouren der Frühen Neuzeit sind wir durch die Tagebücher der Reisenden selbst oder Berichte ihrer Begleiter gut unterrichtet.

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