Читать книгу CBRN-Schutz in der Gefahrenabwehr - Andreas Kühar - Страница 53
3.1.3 Viren
ОглавлениеEin Virus besteht lediglich aus Erbmaterial, in Form von DNA oder RNA, das in einer Eiweißhülle (Capsid) eingeschlossen ist. Viren haben kein Zytoplasma und sind nicht zum selbständigen Stoffwechsel befähigt. Deshalb werden sie auch nicht zu den Lebewesen gezählt. Aufgrund ihrer sehr geringen Größe von zirka 0,01 bis 0,3 μm sind sie nur unter dem Elektronenmikroskop sichtbar.
Beispiele sind das Rhinovirus (Erkältung), das Influenzavirus (Grippe), das Variolavirus (Pocken) und das Masernvirus sowie das Poliovirus (Kinderlähmung), der HIV-Erreger (AIDS), das Coronavirus (Erkältung, Lungenentzündung) und das Ebolavirus. Um sich replizieren zu können, muss das Virus den Stoffwechsel einer Wirtszelle gebrauchen. Hierzu dockt das Capsid an die Zellmembran der Wirtszelle an. Danach wird das Viren-Erbgut auf das Zytoplasma der Wirtszelle übertragen. Das Viren-Erbgut zwingt der Wirtszelle den eigenen Stoffwechsel auf, sodass diese gezwungen ist, die Viren-DNA/-RNA zu replizieren und die für die Capside benötigten Eiweiße zu produzieren. Aufgrund der Andockmöglichkeit an die Zellmembran als auch der Codierung ihrer DNA bzw. RNA sind Viren spezifisch auf eine Wirtszelle ausgerichtet.
Eine infizierte Zelle produziert 50 bis 1.000 neue Viren, welche dann freikommen, wobei die Wirtszelle zerstört wird, und die ihrerseits weitere Zellen befallen. Aufgrund der schnellen massenhaften Replikation der Virus-DNA/RNA treten dabei zahlreiche Fehler in der genetischen Codierung auf (Mutationen), wodurch sich die Eiweißstruktur der Virus-Capsiden verändert. Dadurch entstehen regelmäßig neue Virusvarianten, die durch das Abwehrsystem der Wirtszellen nicht mehr erkannt werden. Beispielsweise tritt bei dem Influenza-A-Virus mit einer Chance von 1 zu 10.000 bei einer Replikation in der Wirtszelle durch die auftretenden Mutationen eine neue Variante auf, die unter Umständen gefährlicher ist als das ursprüngliche Virus.
In der Vergangenheit kam es aufgrund dieser Mutationen wiederholt zu Pandemien, so zum Beispiel durch die Grippeviren der Variante H1N1, dem Auslöser der Spanischen Grippe 1918 mit geschätzten 20 bis 40 Millionen Todesopfern, durch die Variante H3N2 (Hong Kong-Grippe 1968/1969 mit über einer Million Todesopfern) und die Variante H5N1, die zwischen den Jahren 1997 und 2007 aufgetreten ist. Beginnend 2019 hat sich der Virus SARS-CoV-2, der Erreger der Lungenentzündung Covid-19, 2020 weltweit ausgebreitet.
Virusinfektionen sind nach ihrem Ausbruch schwierig zu bekämpfen. Eine Behandlung mit Antibiotika ist bei Viruserkrankungen unwirksam. Zwar sind antivirale Medikamente verfügbar (Virustatika), diese weisen allerdings eine wechselnde Effektivität auf und haben zumeist starke Nebenwirkungen. Der effektivste Schutz gegen Virusinfektionen stellt die Schutzimpfung dar. Dazu werden unschädlich gemachte Capside in den Körper gespritzt, welcher gegen diese körperfremden Eiweiße eigene Antikörper bildet. Tritt tatsächlich eine Virusinfektion auf, reagiert die vorbereitete Immunabwehr des Körpers direkt auf die bekannten Virus-Eiweiße. Der Nachteil der Virus-Vakzination ist, dass mit dem Auftreten von mutierten Capsid-Eiweißen ein neues spezifisches Vakzin notwendig werden kann. Daher muss eine Grippe-Schutzimpfung jährlich wiederholt werden. Außerdem muss die Vakzination mit ausreichendem zeitlichem Vorlauf stattfinden, um rechtzeitig eine Resistenz entwickeln zu können.
Aktuell ist es Ziel der medizinischen Forschung, Methoden zu entwickeln, die eine schnelle Anpassung von Vakzinen bei Auftreten von mutierten Erregern gewährleisten.