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Nein: Für jetzt!

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Wenn Schüler wirklich in die Schule gehen sollen, um zu lernen, dann müssen zwei Dinge passieren: Sie müssen erstens verstehen, was das ist, was sie tun sollen. Und sie müssen zweitens die Erfahrung machen, dass es ihnen gut tut. Also, was ist es, das Lernen? Lernen ist etwas, das sich pausenlos vollzieht. Das Gehirn lernt immer. Es kann nicht anders. Nichtlernen geht nicht.Lernen manifestiert sich darin, dass man nachher etwas weiß oder kann, was man vorher nicht gewusst oder gekonnt hat. Und das fühlt sich ja schon mal gut an. Auch und gerade deshalb, weil Lernen an eigene Leistungen und Aktivitäten gebunden ist. Der Mensch kann nur selber lernen. Lernen lassen geht nicht.

Deshalb ist es natürlich gut, wenn das, was getan wird, in hohem Maße auf die eigenen Ziele abgestimmt ist – oder umgekehrt. Und: Wenn sich in irgendeiner Weise die Freude am Tun mit einer nachhaltigen Entwicklung verbindet. Wenn es also spürbar etwas bringt, wenn Aufwand und Nutzen aus der Innenperspektive in einem gutem Verhältnis zueinander stehen.


One size fits not all: Weder bei Kleidung noch beim Lernen ist der Durchschnitt das Maß der Dinge

Zwar geschieht Lernen jederzeit und überall. Aber: In jedem Menschen anders, ganz einfach deshalb, weil jeder Mensch anders ist. Und: Lernen ist ein wechselwirksamer Prozess zwischen dem, was in einem Menschen »drin« ist und dem, was durch die Umwelt an ihn herangetragen wird. Er macht Erfahrungen und die Erfahrungen machen ihn.

Vieles passiert zwar einfach so. Das Gehirn bildet sich Muster und Zusammenhänge mit den Informationen, die nicht schon auf dem Weg zu den grauen Hirnzellen auf der Strecke bleiben. Und das ist das Schicksal der allermeisten Informationen. Das ist die schlechte Nachricht. Es gibt aber auch eine gute: Was vom Gehirn verarbeitet wird und wie das geschieht, das ist immerhin zu einem Teil beeinflussbar. Durch die eigene Aktivität. Denn Menschen lernen, was sie tun. Und klar: Je besser man weiß, wie man sein Lernen beeinflussen kann, desto wahrscheinlicher ist der entsprechende Erfolg.

Apropos Erfolg: Erfolgserfahrungen bilden die Scharnierstellen im Lernprozess. Lernen ist, wie alles, was Menschen unternehmen, abhängig vom gefühlten Erfolg. Niemand ist gerne ein Loser. Es braucht das Erleben von Kompetenz (als Folge eigener Leistungen etwas geschafft zu haben), damit sich Selbstwirksamkeit einstellt. Dabei reicht es nicht, wie ein blindes Huhn einmal ein Korn zu finden. Lernen muss in der Wahrnehmung der Lernenden immer und immer wieder zur Erkenntnis führen: Es geht! Das ist wie eine Spirale: Ein Erfolg führt zum nächsten. Denn sonst läuft die ganze Sache in die umgekehrte Richtung.

Erfolgserfahrungen und der sich damit entwickelnde Glaube an die eigenen Fähigkeiten gehören zu den Voraussetzungen, damit Menschen Widerstandsressourcen aktivieren. Und genau das brauchen sie beim schulischen Lernen. Denn Lernen ist prinzipiell widerständig. Noch kann man den Kopf nicht einfach an die Lernsteckdose anschließen und dann flutscht es quasi von alleine. Noch – und wahrscheinlich noch lange – ist Lernen gebunden an eigene Aktivitäten. Der Lernerfolg entwickelt sich in Abhängigkeit zum Gefühl, der Sache gewachsen zu sein. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, positive Bezüge herstellen zu können zu dem, was man tut und wie man es tut.


Erfolgserfahrungen lassen sich unter dem Stichwort »positive Bezüge« subsummieren. Aber auch das Gefühl dazuzugehören, ge- und beachteter Teil einer Gemeinschaft zu sein. Soziale Eingebundenheit nennt sich das in der Fachsprache. Das verlangt nach Kooperation, nach Kooperation als durchgängigem Prinzip. Es reicht nicht, ab und zu eine Gruppenaufgabe zu inszenieren. Denn ohne eine Kultur des Miteinander- und Voneinander-Lernens schaut da ohnehin meist wenig raus. Eingebundenheit, das ist keine neumodische Methodenkarte aus der didaktischen Trickkiste. Da steckt deutlich mehr dahinter. Da geht es letztlich ums Verständnis von Lernen. Denn klar: Wenn die Hauptbotschaft heißt »Ihr sollt nicht miteinander schwatzen!«, dann manifestiert sich in dieser Botschaft eine Haltung, eine Einstellung, eine Vorstellung, wie das zu geschehen hat, was als Lernen bezeichnet wird. Es ist das Konzept des Einzelkämpfers auf der einsamen Unterrichtsinsel. Aber schulisches Lernen braucht den gedanklichen ebenso wie den emotionalen Austausch, braucht die Interaktion, braucht soziale Beziehungen. Das verleiht Sicherheit – zum Beispiel die Sicherheit, Fehler machen zu dürfen und nicht gleich alles wissen zu müssen. Oder so zu tun als ob. Sich in einer Gemeinschaft vorzufinden, wo es cool ist, im Nichtwissen und in den Fehlern Chancen zu erkennen. Und sie zu nutzen.

Es ist dieses selbstverständliche und sich aus den Bedürfnissen heraus ergebende Wechselspiel von kooperativer Verpflichtung und Eigenständigkeit, das die Fäden knüpft zum Gelingen. Die Unterschiedlichkeit der Menschen, die zufälligerweise in einer Klasse zusammenkommen, verlangt nach entsprechend unterschiedlichen Möglichkeiten und Gelegenheiten. Anders gesagt: Schulisches Lernen braucht Autonomiespielräume. Das erste Wort, das ein kleines Kind sagen kann, ist in der Regel »Mama«. Und dem häuslichen Frieden zuliebe ist das zweite »Papa«. Aber etwa das dritte ist »selber«. Selber den Tee verschütten. Selber in den Spinat hauen. Selber. Selber. Selber. Es gehört zu den menschlichen Grundbedürfnissen, Entscheidungen treffen und selber wählen zu können. Dabei geht es keineswegs um die absolute Freiheit. Damit wären nicht nur Schüler überfordert. Es geht auch nicht um einen Jahrmarkt der Beliebigkeiten. Es geht vielmehr um einen Wechsel von kollektiven (alle tun) zu individuellen Verbindlichkeiten. Denn: If he is not part of the solution, he very probably is part of the problem. Will heißen: Lernende müssen sich als Teil der Lösung erleben, wenn sie nicht zum Teil des Problems werden sollen.

Bock auf Lernen (E-Book)

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