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1 Warum Deutschlands Wirtschaft von der Corona-Krise so hart getroffen wurde

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Deutschland ist im Frühjahr 2020 relativ glimpflich durch die gesundheitlichen Herausforderungen der ersten Corona-Welle gekommen, insbesondere im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern. Trotzdem ist die deutsche Wirtschaft von der Krise hart getroffen worden. Das liegt aber nicht daran, dass die Bundesregierung zu wenig Geld zur Stabilisierung ausgegeben hat – im Gegenteil, das deutsche Krisenpaket ist deutlich größer ausgefallen als in anderen europäischen Ländern.

Die im internationalen Vergleich besondere Ursache für den Einbruch der deutschen Wirtschaft während der Corona-Krise liegt in den Exporten. Die deutsche Wirtschaft ist extrem exportlastig, ihre Abhängigkeit vom Außenhandel ist wesentlich stärker als jene aller anderen großen Industrieländer. Da die meisten der wichtigsten Absatzländer für die deutschen Produkte in der Corona-Krise stärker eingebrochen sind als Deutschland, konnte das Rettungspaket die Wirtschaft nicht grundlegend stabilisieren, obwohl es stark auf die Unterstützung der Industrie ausgerichtet war.

Um die extreme Exportlastigkeit der deutschen Wirtschaft zu verstehen, bietet sich besonders die Differenzierung verschiedener nationaler Wachstumsmodelle an. Aus dieser Perspektive hat sich die deutsche Ökonomie in den letzten Jahrzehnten zu einem Wirtschaftsmodell entwickelt, in dem Wachstum weit überproportional von Exporten abhängt.

Auch politisch dominiert in Deutschland eine breite soziale Koalition, die sehr stark auf das Exportmodell ausgerichtet ist. Dementsprechend war das Rettungspaket auch besonders darauf ausgerichtet, die Industrie zu unterstützen. Die politisch schwächer organisierten Verlierer der Corona-Stabilisierungsmaßnahmen finden sich vor allem in den Binnensektoren, von den kleinen Selbständigen über eine Vielzahl von Dienstleistern bis hin zu den Kulturschaffenden.

Auch unabhängig von diesen sehr problematischen Verteilungswirkungen in der Corona-Krise stellt sich die Frage nach der Zukunft des deutschen Export-Wirtschaftsmodells. Bereits vor Ausbruch der Pandemie befand es sich in der Krise. Durch die Schwächung unserer Exportmärkte wird sich diese Krise vertiefen. Es steht daher zu befürchten, dass die extreme Exportlastigkeit sich in Zukunft noch mehr als Achillesferse der deutschen Wirtschaft herausstellen wird. Das gilt umso mehr, als Deutschland auf Wirtschaftskrisen und wachsende Arbeitslosigkeit in der Vergangenheit regelmäßig mit einer noch weiteren Intensivierung des Exportmodells reagiert hat, insbesondere durch Lohnmäßigung und Kostensenkung (Kapitel 5).

Auch nach Überwindung der Corona-Krise ist mit einer Intensi­vierung des Exportmodells zu rechnen, insbesondere über eine schnelle Reduktion der stark gewachsenen staatlichen Defizite durch Austerität (begrenzte öffentliche Ausgaben) sowie über den Verzicht auf Lohnerhöhungen. Gesamtmetall hat im Oktober 2020 schon einmal mitgeteilt, dass höhere Löhne weder dieses noch nächstes Jahr realistisch und stattdessen Mehrarbeit ohne vollen Lohnausgleich geboten seien.

Da Austerität und Lohnverzicht in der Zukunft aber genau der falsche Weg wären, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um eine grundlegende Debatte über die Ausrichtung des deutschen Wirtschaftsmodells zu führen.

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