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1. Übertragung von Krankheitserregern auf Flächen

Günter Kampf

1.1. Hände bzw. Fingerkuppen

Mikroorganismen und Viren können durch einen kurzen Kontakt direkt von kontaminierten Händen oder Fingerkuppen auf unbelebte Flächen übertragen werden. Dabei wird meist nur zwischen 0 % und 24 % der Viren tatsächlich auf die Flächen gelangen. Wenn die Trocknungszeit der Kontamination auf den Fingerkuppen länger war, konnte nur weniger Virus auf die Fläche übertragen werden (1, 29). Lediglich mit dem Norovirus, gewonnen aus einer kontaminierten Stuhlprobe, waren Übertragungsraten von bis zu 100 % messbar. Sie nahm jedoch mit zunehmender Zahl an Flächenkontakten kontinuierlich abnahm (Tabelle 1.1). Wenn Mitarbeiter nach direktem Hände- oder Handschuhkontakt mit VRE-Patienten weitere Flächen berührten, konnte auf 10,6 % der 151 untersuchten und bis dahin nachweislich VRE-negativen Flächen eine Übertragung nachgewiesen werden, beispielsweise auf das Bettgestell, die Infusionspumpe, die Blutdruckmanschette oder den Nachttisch (18).


Tabelle 1.1: Übertragungsrate von Viren von künstlich kontaminierten Händen bzw. Fingerkuppen auf unbelebte Flächen; *„plaque forming units“ (PFU; Höhe des Virustiters); **höhere Übertragungsrate bei kürzerer Trocknungszeit auf den Fingerkuppen.

1.2. Atemwegsekrete

Durch das Niesen können 40 000 Partikel ausgestoßen werden. Die meisten von ihnen trocknen sofort in kleine, potenziell infektiöse Tröpfchenkerne aus, von diesen sind 80 % kleiner als 100 μm (15). Kleine Tröpfchen haben eine Reichweite von etwa acht Metern, große Tröpfchen von ca. zwei Metern (3, 8, 9, 21, 34). Beim Niesen finden sich im Hinblick auf den Durchmesser der Tröpfchenpartikel Häufigkeitsgipfel bei ca. 100 μm und 500 μm (23). Beim Husten werden ca. 710 Partikel ausgestoßen, die mehr als zwei Meter weit fliegen können. Das allgemeine Husten ist im Vergleich zum Niesen eventuell ein wirksamerer Weg der Übertragung in der Luft, z. B. von Coxsackievirus A (16). Bei leichtem Wind können die Tröpfchen bis zu sechs Meter weit getragen werden, dabei sinken mit zunehmender Distanz sowohl ihre Anzahl als auch ihr Durchmesser (17). Durch das Sprechen von 100 Worten werden etwa 36 Partikel abgegeben (21). Die Übertragung über die Luft oder Tröpfchen hängt dabei auch von der Häufigkeit der auslösenden Aktivität ab.

1.3. Erbrochenes

Fallbeispiel

Im Januar 1999 waren mehr als 300 Menschen von einem Norovirus-Ausbruch mit Gastroenteritis betroffen, die über einen Zeitraum von fünf Tagen einen Konzertsaal besucht hatten. Der Indexfall war ein Konzertbesucher, der sich im Auditorium und in der angrenzenden Männertoilette erbrach. Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts traten bei Besuchern von acht der 15 Schulgruppen auf, die am folgenden Tag anwesend waren. Kinder, die auf der gleichen Ebene des Auditoriums saßen wie der Indexfall, waren viel häufiger krank als Kinder, die anderswo saßen (relatives Risiko: 7,1; p < 0,001). Die Übertragung erfolgte höchstwahrscheinlich durch direkten Kontakt mit kontaminierten Flächen (19).

Das typische Beispiel für das Entstehen einer Kontamination unbelebter Flächen ist das Erbrechen bei einer Norovirus-Infektion (12, 13, 22, 28). Dabei können die Tröpfchen und Partikel eine Entfernung von mehr als drei Meter zurücklegen (26). Nach dem Antrocknen auf einer Fläche können Viruspartikel darüber hinaus durch Luftströmung weiter verteilt werden (30).

Mit einer Simulation des Erbrechens anhand einer technischen Vorrichtung („vomiting Larry“) wurde mit dem felinen Calicivirus (FCV) untersucht, wie stark der Fußboden in der Umgebung nach einmaligem Erbrechen von einem Liter mit dem Virus kontaminiert ist. Dabei fand sich die höchste Virenzahl unmittelbar vor „vomiting Larry“, doch einzelne Tröpfchen wurden noch in drei Meter Entfernung beschrieben (27)

1.4. Stuhl

Infektiöse Gastroenteritis wird vorwiegend durch Noroviren und Rotaviren ausgelöst (4). Darüber hinaus ist Durchfall das Hauptsymptom der C. difficile Infektion (CDI), die inzwischen die vierthäufigste nosokomiale Infektion in Deutschland darstellt (6). Im Umfeld von CDI Patienten findet sich häufig C. difficle auf Flächen (9,3 % - 32,8 %) (20, 24, 32). In Zimmern von Patienten, bei denen MRSA im Stuhl nachgewiesen und Durchfall beschrieben war, fand sich MRSA auf sogar auf 59 % der untersuchten Flächen (10).

1.5. Blut

Relevante Mengen potenzieller Pathogene sind durch Blut auf unbelebten Flächen nicht zu erwarten Das Ebolavirus kann jedoch bis zu zehn Tage in getrocknetem Blut auf unbelebten Flächen infektiös bleiben, die Nachweisdauer ist in Erbrochenem bzw. im Stuhl kürzer (31).

1.6. Lebensmittel

Eine weitere Quelle der Kontamination von Flächen kann im Küchenbereich die Zubereitung von Lebensmitteln sein. Insbesondere das Verarbeiten von Hähnchenfleisch hat wiederholt zur Kontamination von Flächen mit Salmonella spp., Listeria spp. bzw. Campylobacter spp. geführt (7, 11, 14, 25).

Fazit für die Praxis

1. Flächen können über die Hände, Atemwegsekrete, Stuhl, Erbrochenes oder Lebensmittel mit potenziell pathogenen Mikroorganismen kontaminiert werden.

2. Von primär kontaminierten Händen lassen sich bei einmaligem Kontakt meist zwischen 0 % und 24 % der Viren auf Flächen übertragen.

3. Lediglich mit dem Norovirus aus einer kontaminierten Stuhlprobe waren Übertragungsraten von bis zu 100 % messbar, die mit der zunehmenden Zahl an Flächenkontakten kontinuierlich abnahm.

4. Im Umfeld von CDI-Patienten mit Durchfall findet sich häufig C. difficile auf Flächen (9,3 % bis 32,8 %).

Literatur

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