Читать книгу Das Erbe der Macht - Band 24: Schattenkrieg - Andreas Suchanek - Страница 15

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Max bildete die Vorhut.

Hinter ihm kamen Leonardo und Nikki.

Jen kam zuletzt. Immer wieder sah sie zurück, aus Angst, die Varye könnten die Barriere durchdringen und in das Höhlensystem einfallen. Doch es blieb alles still.

Die Höhlenwände waren von einem Film aus Feuchtigkeit bedeckt, der Boden war uneben, überall lag Geröll. Das Vorwärtskommen wurde zu einem vorsichtigen Tasten, jeder Schritt konnte in eine wilde Rutschparty übergehen.

Über ihnen schwebte ein kobaltblaues Licht, geschaffen von Leonardo. »Also, erzähl.«

»Es gab einen Jungen in einem Splitterreich. Die Bewohner feindeten ihn an, weil er anders war. Letztlich führte das zu einem Brand, bei dem er erblindete.« Der Gedanke an das, was Jen im Mentiglobus verfolgt hatte, schmerzte sie. »An dieser Stelle: Auftritt Merlin. Der Junge entwickelte die Gabe, das verdorbene Innere eines Menschen nach außen zu kehren. Am Tag verwandeln die Bewohner des Reiches sich in Steinstatuen, bei Nacht bröckelt dieser ab und heraus kommt ein Varye.«

»Ich nehme an, der Junge ging auf einen Rachefeldzug«, sagte Nikki emotionslos.

»Kein einziger Magier überlebte in seiner normalen Form«, bestätigte Jen. »Alle wurden zu Varye. Wut und Unterdrückung wandelten sich zu Hass. Er nahm gnadenlos Rache.«

»Schrecklich. Bei so was gibt es keine Gewinner«, kam es leise von Max. »Dieser ständige Hass gegen Andersartigkeit ist so sinnlos.«

Sie wusste, dass er aus Erfahrung sprach. Als Magier konnte er sich gegen Anfeindungen wehren, doch es gab noch immer Länder auf der Welt, in denen schwule Männer wie er von der Todesstrafe bedroht wurden. Wie weit die Lücke der Akzeptanz doch auseinanderklaffte.

»Wie ging diese Sache aus?«, fragte Leonardo.

Sie erreichten eine Strickleiter, die auf eine tiefere Ebene der Höhle führte. Die Feuchtigkeit in der Luft nahm zu, vermutlich gab es einen unterirdischen Bachlauf.

»Auf dem Weg zum Ausgang des Reiches griffen die Varye an«, erklärte Jen. »Anne setzte sie in Brand. Der ganze Himmel loderte. Am Ende fielen Aschebriketts herab.«

Leonardo nickte entschlossen. »Eine Maßnahme, die wir hier vermutlich auch anwenden müssen.«

»Die Varye …«, setzte Max an.

»… sind gefährlich«, unterbrach der Unsterbliche. »Wir wissen nicht, ob sie sich von allein vermehren können. Sollte das möglich sein, könnten sie ganze Landstriche verwandeln.«

Innerlich konnte Jen dem nur zustimmen. Ob Anbeginn oder Varye – diese Wesen wollten keinen Dialog, keinen Frieden. Sie waren die Armee Merlins. Die verbliebenen Magier standen zwischen den Nimags und der Auslöschung.

Der Gang wurde breiter und Leonardo legte den Finger auf die Lippen. Sie durften Merlin ihre Ankunft keinesfalls zu früh verraten. Jede Sekunde, in der sie unentdeckt blieben, konnte entscheidend sein.

Vorbei an hüfthohen Findlingen näherten sie sich einem Durchgang. An den Wänden waren Zeichnungen angebracht, die in ihrer Form recht simpel anmuteten. Jen realisierte, dass es sich um einen alten Ritualplatz handelte. Dieser musste bereits vor Jahrhunderten den Einwohnern dieses Landstrichs für heidnische Bräuche gedient haben.

An einer Wand waren Ketten angebracht, jemand hatte mit einem Stein alte Glyphen neben simplen Symbolen eingeritzt. In der Luft lag der giftige Hauch dunkler Magie.

Eine Gänsehaut bildete sich auf Jens Armen.

Als sie näherkamen, ließ Leonardo das Licht fingernagelgroß werden. Auf diese Art konnten sie von innen, wo Lichtschein zuckte, nicht gesehen werden. Die Flammen von Fackeln. Abgesehen davon herrschte Stille.

Was auch immer Merlin tat, er tat es lautlos.

Jen lugte am Stein vorbei in die Höhle. Im Boden waren Pfeiler eingeschlagen, vier an der Zahl. Mit einem Tau war ein kauernder Mensch exakt im Zentrum festgebunden. An der Seite stand ein geöffneter Sarg aus Stein.

Von Merlin oder Patricia war nichts zu sehen.

Max zeichnete ein Symbol in die Luft und sagte: »Agnosco Magica.«

Der Zauber brachte kein Ergebnis.

»Er ist schon weg.« Leonardo erhob sich und eilte in den Raum.

Jen wartete, bis Max und Nikki ebenfalls darin waren, dann erschuf sie einen Warnzauber. Falls die Varye ihnen doch folgten, würde sich eine Schutzsphäre aufbauen. Nur kurz zwar, aber damit waren sie gewarnt.

»Er ist tot.« Leonardo war neben dem leblosen Körper in die Hocke gegangen.

Es handelte sich um einen in Lumpen gekleideten Magier mit dem äußerlichen Alter eines Teenagers. Die dunkle Ausstrahlung, die Jen wahrgenommen hatte, ging von ihm aus.

Max wirkte einen weiteren Agnosco und nahm die zurückgelieferten Informationen auf. »Er war ein Magier von reiner Seele. Unschuldig.«

»Glaubst du, er wurde geopfert, um Merlins Gefolgsmann zu wecken?« Nikki stand neben dem geöffneten Sarg.

»Ein Ritual, das benötigt wird?« Jen nickte leicht. »Gut möglich, immerhin musste Merlin die Särge absichern. Er hat sie in einem entfernten Splitterreich geparkt und hierhergeholt. Falls jemand vor ihm hierhergekommen wäre, hätte er den Sarg nicht öffnen können.«

Das Erbe der Macht - Band 24: Schattenkrieg

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