Читать книгу Das Erbe der Macht - Band 24: Schattenkrieg - Andreas Suchanek - Страница 7

Оглавление

Die Geschichte – meine Geschichte – begann vor so langer Zeit, dass ich die Anfänge selbst vergessen habe.« Teresa lächelte versonnen. »Damals nannten sie mich Herrin vom See, in den Generationen darauf folgten andere Bezeichnungen. Obgleich ich niemals alterte, lebte ich doch nicht von Gnaden der Zitadelle.«

Instinktiv nahm Leonardo sich eine Kaffeetasse vom Tablett, obwohl er lieber etwas Stärkeres gehabt hätte. »Woher kam die Langlebigkeit dann?«

»Morgana war die erste Unsterbliche, Merlin der erste Magier des neuen Morgens. Mein Ursprung liegt davor. Aber das ist unwichtig. Letztlich war es die Zitadelle, die den Anbeginn zurücktrieb und mit der Waffe, geschmiedet in den Feuern der alten Götzen, erschufen wir Stabilität. Uther Pendragon war der Erste, sein Sohn Artus baute Camelot zu einem gewaltigen Reich aus. Damals legten wir alle große Hoffnung in ihn und übersahen, dass Merlin sich der Dunkelheit zuwandte.«

»Wodurch erstmals der Pakt des falschen Glücks geschlossen wurde«, warf Einstein ein. Auf die verblüfften Blicke Leonardos hin ergänzte er: »Die Archivarin hat mich in der Bühne besucht und es mir erzählt.«

»Wir standen erneut vor dem Ende. Um die Flamme des Schicksals zu stabilisieren und damit auch die Zitadelle, wurde der Pakt geschlossen, der heute Alexander Kent, Jennifer Danvers, Mordred und die Namenlose verbindet.« Teresa lächelte. »Als er damals zum ersten Mal im Castillo auftauchte, wusste ich, dass die beiden am Ende zueinanderfinden würden. Sie haben sich auch in früheren Inkarnationen ständig angebrüllt und sind dann übereinander hergefallen.«

Clara schmunzelte.

»Weiter«, verlangte Leonardo.

»Mäßige deinen Ton.« In Teresas Augen erschien etwas Uraltes, Ursprüngliches, das ihn bis in die Fasern erschütterte. »Meine Macht gewährt viele Möglichkeiten, doch ebensolche Beschränkungen. Merlin hat lange nach dem Onyxquader gesucht, der einst Kelch und Lade war und so viel mehr. Dabei verbarg er sich vor meinem Blick und die alten Kreaturen sorgten dafür, dass sein Faden aus dem Gewebe des Schicksals verschwand.«

Leonardo hatte das Gefühl, auf ein gewaltiges Schachspiel zu blicken, das über Zeiten hinweg von zwei Seiten gespielt worden war. Der Anbeginn gegen die Zitadelle. Sie wussten so wenig über beide. »Es lag mir fern, dich zu beleidigen.«

Sie überging seinen Kommentar. »Was er tat, blieb jedoch nicht verborgen. Merlin setzte alles daran, vier Wesen zu schaffen. Bösartig, gebunden an etwas, das die Wirklichkeit selbst zu zerfetzen vermag.«

»Piero«, flüsterte Leonardo.

Allein der Name seines Sohnes riss die alte Wunde erneut auf.

»Auch«, bestätigte Teresa. »Ich begreife es noch nicht zur Gänze, aber sie spielen eine Rolle. Seine Schatten, dazu ausersehen, den Krieg auf eine gänzlich neue Ebene zu tragen. Mit ihnen …«

»Was will er denn noch?!« Chloes Finger hatten sich so fest um die Stuhllehne geschlossen, dass es Leonardo nicht gewundert hätte, wäre das Holz gebrochen. »Jeder auf Iria Kon ist ihm hörig, die Unsterblichen werden auf der ganzen Welt gejagt und in den Immortalis-Kerker geworfen. Er kontrolliert die Sprungportale und kann selbst innerhalb von Sekunden überall sein. Oh, und seine Zauber spricht er lautlos, mit der Macht des Walls hinter sich!«

Diese Zusammenfassung ließ sogar etwas der unerschöpflichen Energie Einsteins aus dessen Blick verschwinden.

»Ist das nicht offensichtlich?«, fragte Teresa. »Der Anbeginn hat Merlin positioniert, damit dieser dessen Rückkehr ermöglicht. Beide haben ein bestimmtes Ziel.«

»Sie wollen, dass die Zitadelle fällt«, sagte Clara. »Alle Ereignisse führen auf dieses Ziel hin.«

»Aber das ist lächerlich.« Tomoe hatte bisher still auf ihrem Platz gesessen, bewegungslos wie eine Statue. »Merlin besitzt die Macht des Walls, aber der Wall wurde von der Zitadelle initiiert. Er kann sie nicht zu Fall bringen. Und was den Anbeginn betrifft … Wir wissen nichts darüber – oder fast nichts –, aber die alten Wesen haben den Krieg damals verloren.«

Alle Augen richteten sich auf Teresa.

»Doch ihre Nester sind noch überall zu finden«, sprach diese nach Sekunden der Stille. »Die Nutzung der Artefakte wurde stärker, sie sind weiter verteilt denn je.«

»Aber was können wir …?« Leonardo stoppte, als ein mit Bruchstellen übersäter Bergkristall auf dem Tisch rot leuchtete.

Teresa eilte dorthin, nahm ihn auf und schloss die Augen. Sekunden später riss sie diese wieder auf. »Es war keine Attacke auf euch allein. Ich dachte, dass Merlin gezielt die Monolith-Reisenden anvisiert hat, weil ihr seine Geheimnisse aufdeckt. Aber das ist falsch.«

Es dauerte einen Augenblick, bis Leonardo ihre Worte zuordnen konnte. »Die Essenzstäbe!« Er sprang auf. »Es sind mehr als nur unsere?«

Teresa antwortete nicht, doch in ihrem Gesicht arbeitete es. »Es gibt nur eine Möglichkeit, sie alle zu zerstören. Der Stabmacher. Er hat Nostradamus getötet.«

Tomoe erhob sich geschmeidig. »Damit wären alle betroffen, die einen seiner Stäbe tragen.«

»Möglicherweise sogar noch mehr«, flüsterte Teresa.

»Wir müssen in die Zuflucht!«, rief Chloe.

»Ich packe ein paar Dinge zusammen, haltet euch bereit.« Damit verschwand die Herrin vom See aus dem Raum.

»Was ist während unserer Abwesenheit geschehen?«, fragte Leonardo. »Welche Zuflucht?«

Chloe berichtete ihm von dem springenden Castillo, in das sich die Rebellen gegen die neue Ordnung zurückgezogen hatten. Und von den Toten der Blutnacht. Selbst Tomoe hatte nicht alle Einzelheiten gekannt, war sie doch aus Frankfurt geflohen, bevor die Reise ihren Anfang genommen hatte.

Die Wucht der Namen traf Leonardo. Die Grants hatten Schreckliches erlebt, so viele treue Kämpfer verbrannt in einem einzigen Zauber.

»Deshalb hat er die Unsterblichen alle in den Immortalis-Kerker gesteckt«, sagte Clara leise. »Auf diese Weise schickt die Zitadelle niemand neuen. Nostradamus war da wohl eine Ausnahme, weil sein Tod Merlin von Nutzen war.«

Mit einem gewaltigen Koffer kehrte Teresa zurück in das Zimmer. In einem freien Bereich des Raums zeichnete sie mit dem Finger magische Symbole auf die Bodendielen. Ein Kreis entstand.

»Tretet bitte ein.« Sie winkte hektisch. »Los, los.«

»Was ist mit Grace und Anne?«, fragte Tomoe.

»Denen passiert nichts«, erwiderte Teresa. »Das Haus ist besser gesichert als jede Festung, die du in deinem langen Leben kennengelernt hast. Außerdem ist es unter einer Illusionierung verborgen. Die beiden werden in ein paar Tagen ohne Kratzer aufwachen.«

Endlich befanden sich alle innerhalb des Kreises.

»Was wird das?«, fragte Leonardo. »Ich habe diese Symbole noch nie gesehen.«

»Lass dich überraschen. Benötigt viel Essenz, funktioniert aber tadellos.« Teresa ließ ihre Gelenke knacken. »Man braucht eine Richtung und vorzugsweise eine exakte Vorstellung des Ziels, andernfalls kann es gehörig danebengehen.« Sie hob ihre Hand. Die Flammen der Essenzsymbole loderten auf Hüfthöhe. »Es ist ein Sprungkreis.«

Leonardo erinnerte sich an die längst vergangene Zeit, als sie noch mit ähnlichen Kreisen gereist waren. Hierfür waren Artefakte vom Anbeginn zum Einsatz gekommen und die Nebeneffekte hatten den Beipackzettel jedes Medikaments in den Schatten gestellt.

Bevor er eine entsprechende Frage stellen konnte, führte Teresa den Zauber aus.

»Corpus Disparere. Corpus Aportate.«

Die Umgebung wurde durchsichtig, wie ein Fernsehbild, das von einem anderen überlagert wurde.

Sie erschienen inmitten von Chaos, Blut und Tod.

Das Erbe der Macht - Band 24: Schattenkrieg

Подняться наверх