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1.3.2Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Einnahmen
ОглавлениеDie gemeindlichen Finanzmittel können
privatrechtlicher Natur sein oder
auf öffentlich-rechtlicher Basis erhoben werden.
Für die privatrechtlichen Finanzmittel sind die Vorschriften des BGB einschlägig. Zu diesen Einnahmen zählen u. a.:
•Mieten und Pachten; hier vermietet die Gemeinde Räume zu verschiedenen Zwecken oder verpachtet Grundstücke, z. B. zur gärtnerischen oder landwirtschaftlichen Nutzung;
•Verkaufserlöse, z. B. aus der Veräußerung von Grundstücken (insbesondere zu Wohn- und Gewerbezwecken), nicht mehr benötigten Gebäuden (z. B. einer nicht mehr genutzten Schule) oder von Betriebs- und Geschäftsausstattung, teilweise aufgrund von Ersatzbeschaffungen (z. B. von Fahrzeugen oder Computern). Daneben werden z. B. Stadtpläne, Stammbücher, Bildbände oder andere Werbeartikel verkauft;
•Schadenersatzleistungen von Versicherungen,
•Gewinnanteile von städtischen Tochterunternehmen,
•Eintrittsgelder auf privatrechtlicher Basis,
•Kredite (für Investitionen bzw. zur Umschuldung sowie zur Sicherstellung der Liquidität).
Die öffentlich-rechtlichen Einnahmen können unterschieden werden in
öffentlich-rechtliche Abgaben oder
sonstige öffentlich-rechtliche Einnahmen.
Steuern, Gebühren und Beiträge (vgl. § 1 Abs. 1 KAG) sind öffentlich-rechtliche Abgaben.5
Zu den sonstigen öffentlich-rechtlichen Einnahmen gehören u. a.
•Finanzzuweisungen (z. B. Schlüsselzuweisungen, Bedarfszuweisungen, zweckgebundene Zuweisungen); diese Zuwendungen werden seitens des Bundes oder Landes mit oder ohne Zweckbestimmung gezahlt;
•Umlagen (z. B. Kreisumlage, Landschaftsumlage6, Umlage des Regionalverbandes Ruhr, Umlagen an Zweckverbände); diese werden von Umlageverbänden nach den jeweiligen Ermächtigungsgrundlagen erhoben7;
•Steuerbeteiligungen (an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer),
•Kostenersätze und Kostenbeiträge,
•Verwarn-, Buß- oder Zwangsgelder,
•Konzessionsabgaben (zur Nutzung des öffentlichen Straßen- und Wegenetzes für Strom-, Gas- oder Wasserleitungen).
Betrachtet man die Anteile der unterschiedlichen Einnahmen an den Gesamthaushalten, so wird deutlich, dass die Gemeinden zu einem hohen Anteil durch Steuern (hier i. d. R.: Gewerbesteuer) und Steuerbeteiligungen, insbesondere an der Einkommensteuer, finanziert werden, wohingegen die Kreise und Landschaftsverbände in hohem Umfang, auch aufgrund fehlender eigener Steuern, Umlagen von den zahlungspflichtigen Körperschaften erhalten.
Wir betrachten zunächst die öffentlich-rechtlichen Abgaben im Allgemeinen.
Steuern:
Der Begriff der Steuer ist in § 3 Abs. 1 AO definiert. Danach sind Steuern Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein. Zölle und Abschöpfungen sind Steuern im Sinne dieses Gesetzes.
Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs. 1 AO sind:
a)Geldleistung
b)keine Gegenleistung
c)öffentlich-rechtliches Gemeinwesen
d)Zwang
e)Erzielung von Einnahmen
f)Leistungspflicht normativ (durch Gesetz) verankert
Zu a): Eine Geldleistung stellt eine finanzielle Belastung des Steuerpflichtigen unabhängig vom Finanztransfer (z. B. durch Überweisung, Scheckübergabe, Bargeld) dar.
Zu b): Der Steuerpflichtige erhält keine besondere Leistung mit direktem persönlichem Vorteil, d. h., es besteht kein Anspruch auf eine bestimmte staatliche/gemeindliche Leistung, auch nicht aus sogenannten Zwecksteuern (z. B. aus der Kraftfahrzeugsteuer).
Zu c): Steuern dürfen nur durch Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts (Bund, Länder, Kreise und Gemeinden) erhoben werden; Ausnahme: evangelische und katholische Kirchen (Sonderregelung in Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 der Weimarer Reichsverfassung: Kirchen haben das Recht der Steuererhebung nach Landesrecht über staatliche Behörden; in NRW erheben die Finanzämter die Kirchensteuer und leiten diese weiter). Keine Steuern, wohl aber Zwangseinnahmen dürfen erheben: Anstalten (z. B. Rundfunkanstalten) und Kammern (= Personenkörperschaften, z. B. Ärztekammern, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern).
Zu d): Zwang ist ein einseitiger Hoheitsakt, somit ein belastender VA ohne maßgebliche Mitwirkung oder Zustimmung des Steuerpflichtigen.
Zu e): Die Erzielung von Einnahmen (auch als Nebenzweck) verfolgt unterschiedliche Zielrichtungen:
•Finanzierung der öffentlichen Haushalte
•Protektionismus (= Schutz der inländischen/innereuropäischen Wirtschaft vor ausländischer/außereuropäischer Konkurrenz durch Erhebung von Zöllen)
•Konsumlenkung (z. B. Tabaksteuer)
•quantitative Beschränkung (Hundesteuer)
Zu f): Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen:
•Die Steuerpflicht muss durch materielles Recht (z. B. Gesetz, kommunale Satzung) begründet sein.
•Der Steuergegenstand ist hinreichend bestimmt und zu anderen deutlich abgegrenzt.
•Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung muss beachtet werden.
•Der Steuerpflichtige soll gerecht belastet werden.
Im Steuerrecht sind die nachfolgenden Besteuerungsgrundsätze zu beachten:
•Gleichheitsgrundsatz: Art. 3 Abs. 1 GG gilt auch für das Besteuerungsverfahren. Gleiches muss gleich, wesentlich Ungleiches darf nicht gleich behandelt werden (Die Beachtung erfolgt auf zwei Ebenen: 1. bei der Gesetzgebung; 2. im Rahmen der Anwendung der Rechtsvorschriften).
•Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit: keine „Erdrosselung“, die angemessene Wirtschafts- und Lebensführung darf nicht unzumutbar beeinträchtigt werden; die individuelle Situation wird z. T. berücksichtigt (ja: z. B. bei der Einkommensteuer, nein: z. B. bei der Umsatzsteuer oder Mineralölsteuer).
•Steuergerechtigkeit: Die Besteuerung soll entsprechend dem Leistungsvermögen erfolgen.
•Voraussehbarkeit der Besteuerung: Es gilt das Rückwirkungsverbot (als Element des Rechtsstaatsprinzips); die Besteuerung muss vorhersehbar und kalkulierbar sein.
Ausnahmen vom Rückwirkungsverbot:
•Erhöhung der Realsteuerhebesätze: mit Ratsbeschluss bis zum 30.06. vom Beginn des Kalenderjahres (§ 16 Abs. 3 GewStG, § 25 Abs. 3 GrStG) möglich.
•Mit Rückwirkung ist zu rechnen, z. B. bei Aufhebung einer nichtigen Hundesteuersatzung und Erlass einer neuen Satzung rückwirkend bis zum Zeitpunkt der nichtigen Satzung.
•Grundsatz der Bedarfsdeckung: Die Einnahmen aus Steuern sollen zur (mittel- und längerfristigen) Deckung des Finanzbedarfs dienen. Die Überfinanzierung ist nicht zulässig.
•Einfache und wirksame Besteuerung: Das Steuersystem muss überschaubar und leicht zu handhaben sein.
Gebühren:
Gebühren sind gemäß § 4 Abs. 2 KAG Geldleistungen, die als Gegenleistung für eine besondere Leistung – Amtshandlung oder sonstige Tätigkeit – der Verwaltung (Verwaltungsgebühren) oder für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen und Anlagen (Benutzungsgebühren) erhoben werden.
Beiträge:
Beiträge sind gemäß § 8 Abs. 2 KAG Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung und Erweiterung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen im Sinne des § 4 Abs. 2, bei Straßen, Wegen und Plätzen auch für deren Verbesserung, jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandsetzung dienen. Sie werden von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür erhoben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden.
Weitere Ausführungen zu Gebühren und Beiträgen erfolgen in Kapitel 3.
1Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, ferner Sozialversicherungsträger oder Kammern, die hier nicht näher betrachtet werden
2Vgl. (Schäfer, 2013)
3An dieser Stelle wird nicht zwischen den Begriffen Einnahmen/Ausgaben oder Aufwendungen/Erträgen differenziert.
4Nichtamtliche Abkürzung
5Insoweit ist die gelegentlich wahrzunehmende Formulierung „Steuern und Abgaben“ irreführend, da Steuern Abgaben sind.
6Die Landschaftsumlage wird nach § 22 LVerbO von den Landschaftsverbänden erhoben. Hier wäre aus Sicht des Autors die Bezeichnung „Landschaftsverbandsumlage“ sinnvoller, da diese zur Deckung nicht anderweitig gedeckter Aufwendungen der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe dient und nicht der (Teil-)finanzierung der Landschaft.
7Vgl. § 56 KrO, § 22 LVerbO, § 19 RVRG, § 19 GkG