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Entfalten

Montag

Mit meiner Paketabholgenehmigung durfte ich an diesem Tag früher gehen. Herr Mueller drehte sich noch im Kreis, sodass ich ein Treffen mit Herrn Sideropolous außerhalb der Arbeit machen musste, um zu erfahren, was letzte Woche passiert war.

Ich versuchte, das Postpaketamt mit meinem Falk-Straßenplan zu finden. Bisher lagen fast alle meine Ziele genau an einer Falte und waren deshalb kaum zu erkennen, das Postamt war genau an einem Knotenpunkt. Vom Hauptbahnhof waren es nur 40 Häuser entfernt, sodass ich den Weg dorthin zu Fuß ging. Fast jedes Haus war ein Bürogebäude oder eine Fabrik, und es dauerte eine halbe Stunde, bis ich ankam, um dann wieder einmal in einer Schlange zu stehen.

Als ich endlich bedient wurde, wurde ich auf das Kleingedruckte hingewiesen, und darauf, dass ich mein Pass bräuchte, um das Paket abzuholen. Wieder was gelernt, dachte ich, regte mich aber noch furchtbar darüber auf. Ich beschloss, im Büro nichts davon zu erzählen, um weitere Belehrungen zu vermeiden.

Ich kam etwas spät zu meinen Rendezvous mit Herrn Sideropolous. Wir trafen uns in einem griechischen Lokal, das seinem Onkel gehörte. Herr Sideropolous hieß Ianni und wir duzten uns inzwischen.

Ohne Ausfuhrschein durfte er keine Unterlagen aus der Arbeit mitnehmen, hatte aber zum Glück ein gutes Erinnerungsvermögen.

Mit dem, was wir diese Woche erledigt hatten, war das Projekt fast fertig und wir würden nächste Woche einen Abschlussbericht mit oder ohne Herrn Mueller schreiben.

Es gab viel zu viel Essen, mit viel Retsina, was ich nicht mochte, und mit Ouzo, was zum Abschluss der Verdauung sehr half.

Dienstag

Ich erzählte, dass das Paket von meinen Eltern Teebeutel enthalte, die ich in Deutschland nicht kaufen könne. Der Tag wurde zu einer „Wer weiß mehr über Tee?“-Orgie. Dass First-Flush-Teeblätter besser seien, und dass ich als Engländer zwar die Teekultur erfunden hätte, aber deshalb nicht besser wisse, wie lange ein Tee ziehen müsse...

Herr Mueller war wieder da, hatte aber keine Zeit wegen des Monatsberichts. Der Monatsbericht würde ihn den ganzen Tag in Anspruch nehmen.

Kollege P. erzählte, dass ich auch einen Bericht zu schreiben hätte. Ich müsse zusammenfassen, was ich in dem Monat erreicht habe. Ich musste mir verkneifen zu sagen, dass ich von Herrn Mueller nicht mehr als einen Zweizeiler erwartete. Ich wusste noch immer nicht, wo die Grenzen waren, und musste aufpassen, nicht zu frech zu sein.

Die Monatsberichte aller Mitarbeiter wurden von den Dienstellenleitern zusammengefasst, dabei wurde überwiegend das Positive in den Vordergrund gestellt. Der Abteilungsleiter fasste die Berichte seiner Dienstellen zusammen, und am Ende erreichte die Firmenleitung ein kurzer, praktisch nichtssagender aber jedenfalls positiver Bericht.

Kollege P. hatte einen sehr feinen und aufrechten Sinn für Humor, aber ich merkte, dass ich nicht zu sarkastisch werden durfte. Er hatte ein extrem fundiertes Wissen bezüglich Technik als auch darüber, wie die Firma lief. Langsam erkannte ich auch, dass er eine Art Kulturführer war. In Sachen Musik, Oper und Theater war er genauso versiert. Er war bisher meine einzige Stütze in der Firma.

Mittwoch

Gestern Abend im „Hagen“ traf ich mich mit Paul, und er erzählte von seinen Kollegen. Die Gruppe war etwas lockerer, mit einem kleinen Kern von Leuten, die sich duzten. Sie hatten eine Assistenzkraft, die alles organisierte. Sie hatten für ihn bereits eine Butterdose mit seinem Namen darauf gekauft, und riefen jeden am Freitag an, um abzusichern, dass beim Weißbierfrühstück keiner fehlte. Sie kümmerte sich um alles, und Paul war rundum versorgt.

Ein Kollege wartete auf die Rente, er hatte ein Maßband und schnitt jeden Tag einen Zentimeter ab, die Restlänge war dreieinhalb Meter, er war nicht sehr motiviert und had the nose full.

In der Früh zogen sich alle ein Art Hausschuh an, genannt „Birkenstock“, um es bequemer zu haben. Es sah aus wie ein Altersheim, es fehlten nur Bademäntel und Schaukelstühle.

Ein Arzt saß ihm gegenüber, der sehr besorgt über die Umwelt war. Er erzählte, dass er nur Getreide esse, das vor dem Tschernobyl-Unfall geerntet worden war, und hatte bereits jede Menge Vorräte eingelagert. Paul hatte auch gelernt, dass er Champignons wegen der Kontamination erst 2012 wieder essen solle.

Paul wurde eingearbeitet von einer sehr netten Kollegin, Karoline. Er erzählte, dass sie ihn auf eine Faschingparty eingeladen hatte. Das Ganze klang wie die Kundgebung einer radikalkonservativen politischen Bewegung namens „die Faschingspartei“. Aber nein, es war die einzige Zeit im Jahr, wo es eine Spaßgenehmigung gab, und ich sollte mitkommen.

Auf dem Heimweg kaufte ich die SZ. Die Wohnungsanzeigen waren verschlüsselt. Es gab sogar halbe Zimmer, vielleicht für ein halbes Bett (ob in der Länge oder Breite, war unklar), auch Loggia und Balkon und Wintergärten.

Manche Wohnungen hatten keine Heizung (kalt) und andere hatten etwas, das „zzgl.“ hieß, was meist zwischen 150 und 250 DM kostete. Es gab auch Nebenkosten, die Near-Costs, welche verwandt waren mit Far Warmth, nahm ich an. Schon wieder sehr kompliziert das alles. Noch ein Fall für Kollegen P.

Mittwoch bis Freitag

Beim Deutschkurs lernte ich viel Deutsch und machte die Wohnungssuche zum Thema. Die Lehrerin übersetzte die Anzeigen und erklärte die Geheimcodes.

Ich beschloss, in der Innenstadt zu wohnen, und zwar ausschließlich dort, wo die Falk-Stadtplan-Falten lagen, um meine Besucher zu ärgern. Ich würde nächste Woche damit beginnen. Dafür würde ich vermutlich eine Dauerwohnungsbesichtigungs-kernzeitverletzungsgenehmigung brauchen.

Wochenende

Ich stand heute früh auf und holte das Paket ab. Es war voller Unterhemden und Unterhosen. Meine Mutter hatte sich Sorgen gemacht, dass ich mangels Wäschewaschen in Unterwäschenot käme. Die Unterhosen waren zwei Nummern zu groß, dazu mit Seiteneingriff - sehr hübsch.

Paul erfuhr, dass wir uns bei der Faschingspartei verkleiden mussten. Ich hatte die Maskenbälle von Venedig in der Abendzeitung gesehen und mich inspirieren lassen. Wir würden als Mönche hingehen.

Ich fand einen riesigen Stoffladen in der Theatinerstraße und kaufte viel schwarzen Stoff, um einen Umhang mit Kapuze zu kreieren. Obwohl ich so etwas noch nie gemacht hatte, gelang es mir, zwei schwarze Mönchgewänder zu realisieren. Paul hatte dazu zwei weiße Masken besorgt. Er war fast 1,90 und ich 1,78, in diesem Gewand kam ich mir noch kleiner vor. Am Sonntag arbeitete ich an meinen Bericht und besuchte den Hofgarten. Hier gab es ein zerbombtes Gebäude mit Kuppel und einen Weg mit Stufen, die zu einem Mahnmal führten. Ein unordentliches, aber wahres Gesicht Münchens.

Abends besuchte ich mit Paul das griechische Lokal von Iannis` Onkel. Der Onkel konnte sich an mich erinnern und wir bekamen viel kostenlosen Ouzo. Die Bedienung an diesem Abend war Iannis' Cousine. Eine außergewöhnliche Griechin mit wunderschönen blauen Augen, hellblondem Haar, mit einem bezaubernden Lächeln, einer tollen Figur und, leider, einem Freund namens Kostas. Es war recht ruhig, und obwohl sie genauso wenig Englisch wie ich Deutsch konnte, schafften wir es, ein bisschen miteinander zu ratschen. Sie war Rechtsanwaltsgehilfin und arbeitete abends manchmal als Bedienung.

Alle Hübschen waren vergeben.

Ein Hellas Bitte!

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