Читать книгу Alles aus meiner Hand - Angela Schwab - Страница 8

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15.12.15

Manchmal muss ich weinen, so wie jetzt, nur leider bekomme ich keine Erlösung. Es ist Dienstagmorgen und beide Mädchen sind weg. Vor kurzem hätte ich gleich die Jüngere zum Mond geschickt, denn Sie wollte nicht in die Spielgruppe gehen und überhaupt auch nicht dort bleiben. Meine Nerven sind so dünn geworden dass das für mich zuviel ist. Was bin ich für eine Mutter die sofort die Nerven verliert? Draussen ist es kalt, der nasse Nebel drückt auf meinem Kopf und auf meine Stimmung. Ich habe gebetet dass mein Gott mir wieder hilft und dass er all meine Taten segnet. Ich spüre es, wenn Sein Segen nicht da ist dann ist der Alltag härter und schwieriger. Ich hoffe dass ich bis 11 Uhr Ruhe habe, bevor die Spielgruppe zu Ende geht, damit ich Zeit für mich habe.

Meistens gehe ich nach draussen wenn es mir schlecht geht. Ich halte es hier in der Wohnung nicht aus. Es erdrückt mich alles, und ich halte es nicht aus. Mein früherer Psychiater sagte mir einmal: „auch ich kann manchmal nicht alles ertragen, aber es gehört zum Leben dass man gewisse Dinge aushält“. Was für eine Einstellung! Ich sage hier: ich halte gewisse Dinge nicht aus, und ich könnte schreien! Und ausserdem, ich bin nicht bereit es auszuhalten! Manchmal fahre ich auf der Autobahn mit meinem Auto Zig-Zag, und das ist befreiend. Manchmal höre ist so laut Musik im Auto dass ich denke, jetzt geht etwas kaputt! Oder ich singe mit den Tränen in den Augen, und das ist auch befreiend. Wer kennt das Gefühl? Habt ihr das manchmal auch?

Ich gehöre nicht einem Muster, ich bin nicht kantig. Ich bin halbrund und ich fliesse so wie ich bin. Ich bin schräg, und so bin ich. Ich gehe joggen was andere Hausfrauen in meiner Gegend nicht tun. Ich gehe alleine Kleider kaufen, ich gehe alleine in die Damentoilette, was andere vielleicht nicht alleine machen. Ich sage vor anderen Müttern: „ich habe genug von meinem Kindern“, ich wollte nie Kinder haben. Andere Mütter verstehen das nicht. Sie sprechen über schöne Erlebnisse und darüber, was ich Kind alles so kann. Ich rede nicht über meine Kinder. Irgendeinmal würden sie mich verlassen und dann? Was wird dann aus mir? Dann kann ich nicht mehr erzählen, was sie alles in meinem Leben gemacht haben. Ich erzähle, was ich in meinem Leben für mein Leben gemacht habe. Und wenn ich das nicht gemacht habe dann stehe ich da mit einer Leere die sowieso niemand mehr auffüllen kann. Vielleicht sitze ich im Auto neben einem Mann und habe nichts mehr zu erzählen, weil mein Leben sich immer auf das Leben meiner Kinder gedreht hat. Mein Leben ist dann verloren gegangen, und niemand wird das merken. Der Mann der neben mir sitzt hat sowieso nichts von meinem Leben mitbekommen und ist vielleicht froh, dass FRAU über die Jahre hinweg alles organisiert hat. Er spürt nicht dass seine FRAU verloren gegangen ist. Das will ich nicht miterleben. Auf keinen Frau will ich zu diesen Frauen gehören die sich verloren haben.

Auch nur deswegen weil ich eh keinen Mann habe. Mein Mann ist genau gestern vor dem Richter gesessen und ist verloren gegangen. Zwei Mal JA musste ich, nein Entschuldigung: JA durfte ich sagen, dann wurde die Scheidung ausgesprochen. Ja, 18 Jahre mit demselben Mann, 17 Jahre verheiratet. Jetzt ist dieser Mann weg, so wie meine Gefühle, vielleicht. Ich hatte nichts mehr zu sagen. Ich sass da wie ein Stein. Aber zwei Kinder bleiben noch. Aber auch sie werden ihren Weg machen, also bin ich trotzdem alleine. Ja, ich bin alleine mit meinem Leben, meinem Körper und meiner Seele. Sie gehört mir. Was mache ich jetzt damit?

Alles aus meiner Hand

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