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Heirat in Roma 287 n. u. Z.

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Zurück in Roma begann die Vorbereitung der Verlobung, die Anfang November stattfinden sollte. Daphne merkte, dass ihre Mutter nicht glücklich über die geplante Verbindung war.

„Liebes Kind, bist du dir sicher, dass du mit dem Mann dein Leben verbringen willst; er ist viel älter als du, und du wirst bei den Wilden leben.“

Daphne umarmte ihre Mutter, die zur Überraschung aller Hausbewohner ihr Bett verlassen hatte und in einem Lehnstuhl am Fenster ihres Zimmers saß.

„Mutter, Vitruv ist der faszinierendste Mann, den ich in meinem Leben kennengelernt habe. Außerdem werde ich Zugang zum Kaiserhof in Augusta Treverorum haben, und ich lerne den nördlichen Teil unseres Römischen Reiches kennen. Ich freue mich auf mein zukünftiges Leben.“

Kurz kam Olympia der Gedanke, ihrer Tochter zu erzählen, was sie über Vitruvs Liebesgewohnheiten erfahren hatte, aber sie entschied sich dagegen. Ihre Tochter war wie ihr Vater ein durchsetzungsfähiger Mensch, sie würde ihr Leben in der Fremde meistern.

In den folgenden Wochen war Daphne der Mittelpunkt unter ihren Freundinnen, das Getuschel und Gekicher nahm kein Ende. Alle beneideten sie, und sie sonnte sich in der Aufmerksamkeit. Die Verlobung sollte stattfinden, wenn Vitruv vom Kriegsschauplatz am Rhenus (Rhein) zurückgekehrt war. Das Haus des Senators brummte vor Aktivität: Die Einladungen mussten abgeschickt werden, und der zuständige Sekretär schwebte wochenlang in Ängsten, ob er nicht vergessen hatte, eine wichtige Persönlichkeit einzuladen.

Von den besten römischen Juristen ließ der Senator, den Ehevertrag aufsetzten: Die Mitgift bestand aus einem Gut mit einer Villa an der Mosella, das zwei Stunden zu Pferd von Augusta Treverorum entfernt lag. Dazu kam eine Million Aurei (römische Münze). Wie üblich würde beim Scheitern der Ehe die gesamte Mitgift an Daphne zurückfallen oder zu dem aktuellen gültigen Wert an sie ausgezahlt werden.

Sollten Kinder der Ehe entspringen, würden die Söhne beim Vater erzogen und die Töchter bei Daphne bleiben, die zusammen mit ihnen nach Roma zurückkehren könnte.

Vitruv kam müde und erschöpft aus Gallia zurück. Erst drei Tage nach seiner Rückkehr sprach er im Haus des inzwischen darüber verärgerten Senators vor. Seine vorher schon schlanke Gestalt war noch magerer geworden, und Furchen gruben sich um die Mundwinkel ein. Als er merkte, dass Olympia der Heirat kritisch gegenüberstand, besuchte er sie und Daphne in den folgenden Wochen jeden Tag. Amüsant erzählte er Mutter und Tochter von den fremdartigen Gewohnheiten der Germanen, so dass beide in schallendes Gelächter ausbrachen. Auch jetzt trat Vitruv Daphne nicht näher als in Sicilia, ein hingehauchter Kuss auf die Wange - das war alles.

Obwohl Daphnes Enttäuschung über seine mangelnde Leidenschaft zunahm, entschuldigte sie ihn mit den überstandenen körperlichen Strapazen des Germanenfeldzuges. Philomena blickte oft sorgenvoll auf ihre Herrin, die wenig sprach und stundenlang allein im Garten saß.

Wie bei den ersten Familien von Roma üblich, wurde die Verlobung im großen Stil gefeiert. Kaiser Maximian bedauerte, nicht teilnehmen zu können, da er in Gallia festgehalten wurde. Er schickte seine Ehefrau Eutropia, die zusammen mit einem Freund des Senators Zeugin war, als das Paar die offizielle Zustimmung zu der Verbindung gab. Vitruv steckte Daphne einen Ring mit einem riesigen Smaragd an den vierten Finger der linken Hand. Außerdem schenkte er ihr eine Kette mit passenden Ohrringen aus kirschgroßen gleichmäßigen Perlen mit rosafarbenem Lüster. Daphne überreichte ihm ein antikes Schwert aus dem Besitz ihres Großvaters, Kaiser Gallienus. Erst nach mehrmaliger Aufforderung des Senators, das Schwert als Hochzeitsgeschenk zur Verfügung zu stellen, schließlich handelte es sich um die Hochzeit ihrer einzigen Tochter, hatte Olympia es schweren Herzens herausgegeben.

Das Fest dauerte bis in die frühen Morgenstunden: Eine lukullische Köstlichkeit folgte der nächsten, Musikanten spielten auf, Sänger besangen die Schönheit der Braut und die Tapferkeit des Bräutigams, und die teuersten Schauspieler des Reiches trugen Liebesgedichte griechischer Philosophen vor.

Zwei Wochen später verließ Vitruv Roma in Richtung Augusta Treverorum, um am 1. Januar 287 an den Feierlichkeiten aus Anlass des Konsularantritts Kaiser Maximians teilzunehmen. Auch wollte er die Instandsetzung des Anwesens an der Mosella überwachen und den Bau des Stadthauses in Augusta Treverorum vorantreiben. Die Hochzeit war für den 30. April 287 angesetzt. Sofort danach plante er mit Daphne abzureisen, um rechtzeitig zu seiner Einsetzung in das Amt des Provinzstatthalters im Juni Augusta Treverorum zu erreichen. Die Hochzeit fand in kleinerem gesellschaftlichem Rahmen als die Verlobung statt. Der Gesundheitszustand von Olympia hatte sich wieder verschlechtert. Sie lag ständig matt in ihrem Bett, und außer Daphne durfte nur ihre Amme Philomena sie bedienen.

Der Senator tobte; denn er hatte eine große Hochzeit für seine einzige Tochter geplant, die so glänzend in die erste Familie des Reiches einheiratete. Er bat und drohte, aber Olympia erklärte sich nicht bereit, ihr Zimmer auch nur für die Hochzeitszeremonie zu verlassen.

Am Abend vor der Hochzeit legte Daphne ihre Kleider ab und opferte sie mit ihren Puppen und Spielsachen der Göttin Venus auf dem Hausaltar ihres Elternhauses. Am frühen Morgen des Hochzeitstags frisierte Philomena sie nach römischer Sitte: Sie teilte ihr Haar mit der gebogenen Spitze einer Lanze in sechs Strähnen und flocht sie mit Wollbändern zusammen. Das Hochzeitskleid war extra für diesen Anlass genäht worden. Wie üblich bei einer römischen Braut handelte es sich um eine grade, saumlose Tunika, die ein doppelter Wollgürtel zusammenhielt. Der Gürtel durfte erst von Vitruv geöffnet werden, wenn sie nach der Hochzeitsfeier im Schlafgemach allein sein würden. Daphnes Kopf und Oberkörper bedeckte Philomena mit einem pflaumen farbenen Schleier. Bekrönt wurde die Braut mit einem Kranz Wiesenblumen aus Verbenen und Majoran, die Daphne am Vorabend auf einer Wiese im Garten gepflückt hatte. Die für diesen Tag angefertigten dunkelgelben Holzsandalen drückten, und Daphne beschloss, sie gleich nach der Zeremonie auszuziehen. Am späten Vormittag des Hochzeitstages traf Vitruv im Haus des Senators ein. Er trug eine schneeweiße Toga und sah nach Meinung aller anwesenden Damen wie ein junger Gott aus. Vitruv küsste Daphne zur Begrüßung galant die Hand. Um das Wohlwollen für eine lange Ehe mit einer großen Nachkommenschaft zu erbitten, opferten sie gemeinsam den Hausgöttern ein Schwein und ein Rind. Bei der Hochzeitszeremonie vertrat Kaiserin Eutropia wie bei der Verlobung Kaiser Maximian, der in Gallia durch einen erneuten Einfall der Germanen festsaß.

Im mit Blumen prächtig geschmückten Prunksaal des Stadthauses erwartete ein Priester das Brautpaar. Helena, die beste Freundin ihrer Mutter, führte Daphne vor den Altar, wo Vitruv sie erwartete. Beide nahmen auf zwei mit einem Schafsfell verbundenen Sesseln Platz. Nach der Begrüßung durch den Priester reichten sich Daphne und Vitruv die Hände und sprachen nacheinander die gegenseitige ewige Treueverpflichtung nach, die der Ehevertragszeuge ihnen vorsprach. Als Letztes sprach Daphne die Worte: „Wo du bist, will auch ich sein“.

Nach der Zeremonie beglückwünschte Olympia als Ehrengast als Erste das Brautpaar. Leicht umarmte sie Vitruv, tippte ihn auf die Schulter und sagte:

„Lieber Vitruv, du hast großes Glück, Daphne als Ehefrau zu bekommen. Sie ist jung und schön und bringt eine ansehnliche Mitgift mit. Zeige dich dieses Glückes für würdig.“

Während sie Daphne umarmte, flüsterte sie ihr ins Ohr:

„Liebes Kind, ich wünsche dir so viel Glück, wie ich es erleben durfte.“

Die anschließende Feier dauerte entgegen römischer Sitte nur bis kurz nach Mitternacht, Vitruv wollte bereits am nächsten Tag nach Augusta Treverorum abreisen. Bevor Daphne ihr Elternhaus verließ, um in das Haus ihres Ehemannes auf dem Paladin zu ziehen, suchte sie das Zimmer ihrer Mutter auf, um sich zu verabschieden. Olympia hielt nur mühsam ihre Tränen zurück.

„Daphne, versprich mir, dass du sofort nach Roma zurückkehrst, wenn Vitruv dich nicht, als seine Ehefrau und Mutter seiner Kinder ehrt.“

„Mutter, wir haben in den letzten Wochen oft darüber gesprochen, ich weiß, was ich tue. Ich werde ein aufregendes Leben in Augusta Treverorum führen, und Vitruv wird gut zu mir sein - ich bin sicher.“

Mit einer Fackelprozession brachte der Brautzug, der aus drei Brüdern von Daphnes Freundinnen, deren Eltern noch lebten, bestand, Daphne im Wagen in das Haus ihres Ehemannes. Die alte Philomena, die Daphne auf Anweisung von Olympia begleitete, trug für sie eine Spindel und einen Rocken als Symbol ihrer Aufgabe als Frau des Hauses.

Daphnes Zuhause in Roma, eine fürstliche Villa am Hang des Palatins, war ein Geschenk Kaiser Maximians. Vitruv bewohnte das Anwesen, seit er sich in Roma niedergelassen hatte. Wie die Sitte es gebot, bestrich Daphne den Türpfosten ihres Heimes mit Fett und umwickelte ihn mit wollenen Binden. Mit Schwung hob Vitruv Daphne hoch und trug sie über die Schwelle in das Haus. Im Atrium erwartete sie Vitruvs uralte Amme, die auf seinen Wunsch die lange und beschwerliche Reise von Pannonia auf sich genommen hatte. Als Symbol für Daphnes Würde als mater familias, Mutter der Familie, überreichte die Amme ihr Wasser und Feuer. Damit war Daphne in die Hausgemeinschaft und in die Obhut der Hausgötter aufgenommen.

Daphne und der Kaiser

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