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8 – Unter schlechtem Einfluss

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»Porter, du musst mehr für mich über diese Hexe, von der du mir erzählt hast, herausfinden«, beeilte Dan sich, in den Hörer zu sagen. Dabei schaute er sich um, aus Angst, dass seine Schwiegertochter kommen und ihn belauschen könnte. Gerade sie durfte davon vorerst nichts erfahren.

»Du meinst aber jetzt nicht die Hexe aus Coconut-bottle?«, erkundigte sich Porter.

»Doch, genau die!«

»Ich bitte dich, Dan. Ich hab dich doch davor gewarnt, in dieser Geschichte herumzustochern«, stöhnte der Mann.

»Kann ich denn ahnen, dass diese Hexe tatsächlich noch an diesem Ort ist.«

»Dan, Hexen kommen immer dorthin zurück, von wo sie kommen. Warum soll es ausgerechnet bei der anders sein?«

»Weil du mir gesagt hast, dass sie in einem leerstehenden Haus wohnen würde und heutzutage niemandem mehr etwas anhaben könnte.« Der Schweiß rann ihm von der Stirn auf die Nase.

»Den Überlieferungen zufolge, habe ich aber auch gesagt, Dan!« Er atmete tief durch. »Wie kannst du auch nur glauben, dass man das Haus einer Hexe ungestraft aufsuchen kann? Und auch noch von solch einer!« Porter fuhr sich durchs Haar. »Was hast du da nur angerichtet?«

»Ich kann es jetzt nicht mehr ändern«, versuchte Dan, sich zu entschuldigen. »Genau deswegen brauche ich ja deine Hilfe. Ich glaube nämlich, dass die Hexe in der Lage ist, auf Susan Einfluss auszuüben, ohne dass sie es selbst merkt.«

»Wie kommst du darauf?«

Dan erzählte dem Freund von allem, was sie in dem leerstehenden Haus erlebt, und auch, wie Susans Blick und ihre Stimme sich verändert hatten.

»Das hört sich gar nicht gut an. Sie ist schon jetzt dem schlechten Einfluss von Faith ausgesetzt. Und dabei hat sie sie noch nicht einmal mit nach Hause genommen. Sie hat sie doch nicht bei sich zuhause, oder, Dan?«

»Nein, dafür habe ich gesorgt, dass sie sie in dem Haus zurücklässt.«

»Was?«, kreischte es durch die Ohrmuschel. »Du hast das Biest ebenfalls gesehen?« Er schnappte nach Luft. »Himmel, jetzt weiß auch sie von dir!«

»Ja, schon, doch das ist nicht weiter tragisch. Die Hexe, sie war eigentlich nur eine Puppe. Eine von denen, die man ans Fenster hängt, und die dann auf ihren Hexenbesen hin und her wippen.« Dan zwang sich zu einem beiläufigen Lachen. Doch es klang hart, und seine Angst schwang darin mit. »Durch den Wind auf ihren Besen fliegen

»Hexenpuppe oder Hexe, mein Gott, Dan, wie naiv bist du eigentlich? Das ist doch völlig egal. Diese Hexe ist Faith!« Porter zog sich das Telefonkabel lang und eilte zu seinem Sessel. Er musste sich unbedingt setzen. »Sie täuscht euch, schon jetzt. Sie gaukelt euch vor, eine harmlose Puppe zu sein. Immerhin sucht sie nach einem Weg, in euer Leben zu kommen. Vielmehr in das von Susan.«

»Porter, hör' auf, du machst mir Angst«, kam es schwach von Dan.

»Wie oft, hat Susan sie gesehen?«, erkundigte Porter sich. »Ich muss wissen, ob die beiden sich schon öfter begegnet sind!«

»Wie oft? Warum? Soweit ich weiß, zweimal«, antwortete er.

»Hatte sie auch Kontakt mit ihr?«, ging die Fragerei, seitens Porter, weiter.

Dan schluckte hart. »Im Haus. Sie hat sie in die Hände genommen. Susan wollte sie doch mit nach Hause nehmen.«

»Oh mein Gott. Wie konntest du das nur zulassen!«

»Wie ich das zulassen konnte?« Dan zog sich sein Taschentuch aus der Hosentasche und tupfte sich über die Stirn. »Ich hab sie anfangs doch auch nur für eine harmlose Puppe gehalten«, gab er zu. Und wieder fühlte er diese beklemmende Angst, die ihm den Atem rauben wollte.

»Ja, ja, ich weiß, Faith ist gut, im Täuschen von Menschen.« Porter atmete tief durch. »Das musste sie sein, all die Jahrhunderte hindurch. Immerhin will sie am Leben bleiben.«

Dan hörte, dass der Mann mit dem Fingernagel über die Sprechmuschel kratzte.

»Du redest von ihr, als wenn sie real wäre«, bemerkte Dan, und seine Stimme zitterte. Eine Puppe. Sie war doch nur eine Puppe!

»So real, wie eine Hexe nur sein kann.«

»Kannst du mir helfen?«, fragte Dan beunruhigt.

»Versprechen kann ich nichts. Aber versuchen, werde ich es auf jeden Fall. Allerdings solltet ihr euch von Faith fernhalten. Mit ihr ist nicht zu spaßen.«

»Und was, wenn es mir nicht gelingt, Susan davon abzuhalten, wieder nach ihr sehen zu wollen.«

»Das wäre nicht gut. Gar nicht gut«, orakelte der Mann, und es hörte sich düster an.

»Heißt was?«, wollte Dan wissen, dabei musste er sich mühen, seine Stimme unter Kontrolle zu halten.

»Wenn sie sie zum dritten Mal sieht, wird deine Enkeltochter unter ihrem Einfluss stehen, wann immer Faith das will.« Er hustete. »Entschuldigung. Wo war ich? Ach ja. Wie gesagt, bisher braucht sie anscheinend Susan in ihrer Nähe, um sie unter ihren Einfluss zu bekommen. Aber irgendwann ist das vorbei, dann reicht es, dass die beiden sich kennen. Und soweit mir bekannt, geschieht dies beim dritten Mal. Aber wie gesagt, ich mache mich da nochmals schlau. Bisher kenne ich auch nicht mehr als das, was man sich über Faith eben so erzählt. Legenden eben, Gerüchte, wie immer du es auch nennen willst.« Er hustete. »Wenn ich auch nur im Entferntesten geahnt hätte, dass du, vielmehr ihr, auf sie trefft«, er zögerte einen Moment, »dann hätte ich das alles schon längst genauer nachgeforscht.« Während er nachdachte, verstummte das Gespräch. »Wie gesagt, das Wichtigste ist, dass deine Enkeltochter auf gar keinen Fall unter ihren Einfluss gerät. Nur so kannst du sie vor Faith schützen.«

»Sie ist doch bereits unter ihrem Einfluss gestanden. Das hab ich dir doch gesagt.«

»Ja, aber noch keine dreimal. Beim dritten Mal vergrößert sich Faiths Macht. Du musst unbedingt aufpassen, dass Susan nicht nochmals zu ihr hingeht.«

»Ich werde mein Bestes geben. Nur Susan kann ungemein halsstarrig sein.«

»Um so mehr, steht sie erst einmal richtig unter Faiths Einfluss. Horch zu, Dan, ich leg jetzt auf. Sowie ich etwas weiß, melde ich mich bei dir.«

»Danke.«

»Und noch etwas, Dan.«

»Ja?«

»Faith wird jeden ausschalten, der sich ihr in die Quere stellt.«

»Heißt …?«

»Dass auch du aufpassen musst. Du bist in allergrößter Gefahr!« Porter atmete hart. »Susan braucht sie. Ihr wird vorerst nichts passieren, was nicht vielleicht wieder durch einen guten Exorzisten zurechtgerückt werden könnte. Aber bei dir, Dan, ist das anders. Du bist für Faith eine Gefahr. Und Gefahren hat sie sich schon immer aus dem Weg zu schaffen gewusst.« Er holte Luft. »Und die meisten ihrer Opfer sind angeblich niemals gefunden worden. Sie haben sich in Luft aufgelöst.«

»Im wahrsten Sinne?«

»Nein. Das heißt, das weiß ich nicht. Ich habe keine Ahnung, ob die Hexe die Menschen in ihre Moleküle zersetzen kann. Zutrauen würd‘ ich es ihr allerdings.«

»Also, wenn du glaubst, dass es mir nach dem Telefonat mit dir besser geht, dann täuschst du dich«, stöhnte Dan, und merkte, wie ihm die Angst den Rücken hochkroch.

»Du wolltest die Wahrheit von mir wissen.«

»Ich weiß. Sei so gut, tu dein Bestes«, bat er den Freund.

»Werd‘ ich.«

»Und noch eins, Porter.«

»Was?«

»Beeil dich damit.«

»Auf jeden Fall.«

Als Dan den Hörer zurücklegte, war er aschfahl im Gesicht.

»Dad, geht es dir nicht gut?«, erkundigte sich Nick besorgt, als er im Flur seinem Vater über den Weg lief.

»Nichts weiter zur Sorge. Hatte nur soeben ein Telefonat mit Porter, und was der zu erzählen hatte, hat mich ein bisschen mitgenommen.«

Nick legte die Hand auf die Schulter seines Vaters. »Du solltest dir endlich einmal abgewöhnen, dir die Probleme von anderen, dermaßen nahegehen zu lassen«, riet er ihm.

»Wenn du wüsstest«, murmelte Dan, auf dem Weg zur Treppe.

»Wir essen in einer Stunde«, rief Nick ihm hinterher.

»Aye, aye«, sagte Dan und zog sich die Treppe hinauf. Er hatte auf einmal das Gefühl, als wären all seine Lebensgeister aus ihm entwichen, nach dem Telefonat mit Porter.

Oder war, da bereits die Hexe dran schuld?

Angstgeflüster

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