Читать книгу Teuflische Versuchung - Blaues Inferno | Erotischer SM-Roman - Angelique Corse - Страница 8
ОглавлениеKapitel 5
Garets Hände waren schweißnass und er fühlte sich so kribbelig wie selten zuvor. Selbst die Furcht, wenn sein Vater wieder einmal zu tief ins Glas geschaut hatte, war damit nicht zu vergleichen. Zumal es sich nicht um Panik, sondern um Euphorie handelte.
»Ich bin doch kein Teenager mehr«, schalt er sich selbst, obwohl sein inneres Chaos durchaus vergleichbar war.
Seit dem Abend im La nuit noire hatte sich etwas verändert, das Garet noch nicht klar benennen konnte. Und es hatte mit der schönen Unbekannten zu tun. Nicht nur, dass der Sex anders gewesen war als seine sonstigen Abenteuer. Es entsprach auch nicht seinen Gewohnheiten, nach Kontaktdaten oder gar einem Wiedersehen zu fragen. Erneute Treffen mit seinen Affären geschahen normalerweise zufällig und sofern es nicht zum ersten sexuellen Kontakt kam, behandelte Garet sie mit höflicher Distanz.
Er hatte keine Lust auf Streit oder Eifersuchtsszenen. Auch, weil sein Herz ohnehin vergeben war. Umso ungewöhnlicher erschien ihm sein aktuelles Verhalten. Was war mit ihm los? Nicht nur, dass er ein erneutes Treffen mit der Fremden in Betracht zog, sie spukte auch permanent in seinem Kopf herum. Seitdem war Garet schon öfters mit deutlicher Erregung aufgewacht und war gezwungen gewesen, sich mithilfe von Spielzeug oder der Hand zu erleichtern.
War ihm so etwas vorher schon einmal passiert? Garet konnte sich nicht erinnern, nicht einmal der Gedanke an seine Schwester hatte ihn in derartige Ekstase versetzt. Melissa. Garet hatte das Gefühl, als hätte jemand einen Eimer kaltes Wasser über ihm verschüttet. Es fiel ihm zunehmend leichter, die verbotenen Gedanken an sie zu verdrängen. In den folgenden Nächten hatte stets die Unbekannte seine Träume erfüllt und es wäre eine Lüge gewesen, zu behaupten, dass es ihm nicht gefiel.
Sogar mit der Rolle des Teilzeit-Sklaven hatte Garet sich mittlerweile angefreundet. Etwas, das ihm früher nicht in den Sinn gekommen wäre. Die Male, in denen Garet sich hatte unterwerfen lassen, waren mit negativen Erinnerungen verknüpft. Obwohl die Erlebnisse an sich nicht unangenehm gewesen waren. Aber jetzt … aufgekratzt lief er zum Fenster und blickte in die Nacht hinaus.
Tagsüber schaffte seine Arbeit es, ihm die notwendige Ablenkung zu verschaffen, doch wenn der Feierabend kam, wirbelten seine Gedanken unaufhörlich im Kreis. Er wandte sich ab und die Augen glitten zu der mittelgroßen Kommode, die an der Wohnzimmerwand stand. Entgegen seiner Angewohnheit, Dinge wie Kärtchen oder Notizen in irgendwelchen Taschen aufzubewahren, hatte Garet die der Unbekannten sorgfältig dorthin gelegt. Wieder einmal verfluchte er sich, dass er sie nicht nach ihrem Namen gefragt hatte. So etwas tat man normalerweise, wenn man sich wiedersehen wollte.
Es gibt für dich kein normalerweise, zischte jene aufdringliche Stimme in seinem Innern und Garet unterdrückte einen Aufschrei. Er verabscheute solche Situationen. Da du es vorher noch nie getan hast.
»Diesmal will ich es aber tun«, erwiderte Garet mühsam beherrscht und seine Hand krampfte sich zur Faust.
Eigentlich hatte er gehofft, das Selbstgespräche und Ähnliches der Vergangenheit angehörten. Doch dem war offensichtlich nicht so. Behutsam nahm Garet die Karte und studierte sie, obwohl die Informationen spärlich waren. Neben einer matt glänzenden, tänzerischen Silhouette zeigte sie lediglich eine Telefonnummer in weißer, verschnörkelter Schrift, was Garet ein wenig überraschte.
Nicht einmal ein Künstlername und die Nummer ist lediglich Mobilfunk.
Um ganz sicherzugehen, drehte er die Karte um, sah jedoch nur eine weiße Fläche.
Da stimmt etwas nicht, protestierte die Stimme und aus Erfahrung wusste Garet, dass sie in solchen Fällen sehr hartnäckig sein konnte.
Deswegen schlug er sich selbst gegen den Kopf. Immer diese Zweifel. Schon in der Kindheit und Jugendzeit hatten sie ihn in den verschiedensten Ausprägungen gequält. Nicht zuletzt aufgrund des Vaters und des verbotenen Verlangens nach Melissa. Trotz leichter Schmerzen würde er sich nicht beirren lassen. Woher diese plötzliche Entschlossenheit kam, konnte Garet nicht sagen. Lag es am geilen Sex mit der Unbekannten? Zum Teil mit Sicherheit.
Obwohl ihm derartige Abenteuer nicht fremd waren. Im Gegenteil. Besonders in der letzten Zeit hatte Garet in diesem Punkt nichts anbrennen lassen und alles nur, um die Gedanken an seine Schwester zu verdrängen. Es hatte eine Zeit gegeben, in der er kurz davor gewesen war, ihr die Wahrheit zu sagen. Kurz nachdem Melissa ihre Hingabe für Männer entdeckt hatte. Zuvor hatte er sie mehr oder weniger für lesbisch gehalten, obwohl Melissa das männliche Geschlecht niemals gehasst oder unattraktiv gefunden hatte. Nur Vertrauen zu fassen, war unmöglich gewesen.
Garet presste die Lippen aufeinander. Die Schuld daran trug zweifelsohne ihr Vater, denn seine Alkoholexzesse verbunden mit Misshandlungen hatten tiefe Narben hinterlassen. Ihm selbst war es im Laufe der Zeit gelungen, sie zu verdrängen, obwohl es auch nicht die beste Lösung gewesen war. Aber Melissa hatte sich schon immer durch eine hohe Sensibilität ausgezeichnet und entsprechend zerbrechlich war ihr Herz. Aus diesem Grund wandte sie sich ab und verschenkte ihre karge Zuneigung an Frauen, wobei jene Beziehungen nie länger als eine Nacht dauerten.
Doch dann kam Chris. Ein Schwall von Zorn erfüllte Garets Innerstes und seine Hände krallten sich in das dunkel lackierte Holz der Kommode. Obgleich er sich mit dem blondhaarigen Millionärssohn weitestgehend versöhnt hatte, gab es noch immer Augenblicke, in denen Garet ihn regelrecht verabscheute. Denn niemand anders als er hatte Melissa verändert. Plötzlich zeigte sie nicht nur die typischen Anzeichen einer jungen, verliebten Frau, sondern wollte auch wissen, wie es war, einen Mann zu küssen und zu berühren.
Garet hatte sofort geahnt, dass lange theoretische Erklärungen nicht viel halfen, schließlich kannte er sie. Der erste Kuss zwischen ihnen war mehr oder weniger ein Unfall gewesen, doch war er Garet als einer der schönsten Augenblicke in Erinnerung geblieben. Melissas Lippen, weich und unschuldig, von ihrem Körper ganz zu schweigen. Mehr war an diesem schicksalhaften Tag nicht passiert und im Nachhinein wusste Garet nicht, ob er darüber froh oder frustriert sein sollte.
Erst einige Stunden später bemerkte er die Konsequenzen jenes sündigen Augenblicks. Statt diesen Kuss wie üblich zu vergessen, hatte sein Herz wie verrückt angefangen, zu schlagen und auch der restliche Körper reagierte, als besäße er ein Eigenleben. Ganz egal, wie sehr der Verstand sich wehrte. Kopflos war er aus dem Haus geflohen, um sich abzureagieren und ließ seine Schwester allein im Elternhaus zurück. Was Garet sich noch heute vorwarf. Denn er hatte Melissa nicht nur einer chronischen Gefahr ausgesetzt.
Als er zurückkehrte, fand er seine Schwester im Badezimmer vor, wo sie sich selbst befriedigte. Das gerade erloschene Feuer war sofort in seinen Schritt zurückgekehrt und wie Garet es geschafft hatte, unentdeckt zu bleiben, war ihm bis heute ein Rätsel. Unbemerkt hinter der Tür hatte er sie durch einen Spalt beobachtet, ihrem kehligen Stöhnen gelauscht und nicht mehr ersehnt, als sie berühren zu dürfen.
Seine Erregung war damals so schlimm gewesen, dass er erneut selbst Hand anlegen musste, wobei er von Glück sagen konnte, dass Melissa nichts davon mitbekommen hatte. Obwohl, hätte es einen Unterschied gemacht? Schwer zu sagen. Die Schleuse stand offen und ließ sich, zumindest in Garets Augen, nicht mehr schließen. Natürlich hatte er Melissa gegenüber den fassungslosen, vernünftigen Bruder gemimt und ihr mit Nachdruck erklärt, dass solche Eskapaden nicht sein durften. Obwohl sein Innerstes höchstwahrscheinlich am meisten tobte.
Wie Melissa zu der ganzen Angelegenheit stand, konnte Garet nicht sagen. Weder durch Blicke noch Gesten oder Worte hatte sie dazu Stellung bezogen und war stattdessen kurze Zeit später mit Chris zusammengekommen. Jene Tatsache stach Garet wie ein Dolch ins Herz, obgleich er sich andererseits für seine Schwester freute. Mehr als jeder andere Mensch auf Erden hatte Melissa Glück verdient. Zumal er nur ein paar Tage später auf Chris’ Unterstützung angewiesen war.
Denn sein skrupelloser Vater Wolfram schaffte es, die eigene Tochter in seine Gewalt zu bringen. Die Absicht des sexuellen Missbrauchs stand für Garet außer Frage und zuerst war er drauf und dran, sie im Alleingang zu befreien. Aber seine Vernunft hielt ihn hartnäckig zurück. Eine solche Handlung war an Gedankenlosigkeit nicht zu überbieten, auch weil keiner wusste, ob und inwieweit der alkoholkranke Mann bewaffnet war. Also hatte Garet notgedrungen Chris aufgesucht und ihm Melissas verzweifelten Hilferuf gezeigt.
Entgegen seiner Erwartung hatte dieser keine Sekunde gezögert, sein Motorrad aus der Garage geholt und ihn barsch aufgefordert, die Polizei zu rufen. Widerwillig hatte Garet es getan. Nicht, dass er die Notwendigkeit nicht sah, er verabscheute es lediglich, auf Kommando Befehle auszuführen. Gemeinsam waren sie zu Melissas und seinem Elternhaus gefahren und eilten die Stufen hoch, so schnell sie ihre Füße trugen.
Was Garet dort sah, ließ sein Blut in den Adern gefrieren. Seine geliebte Schwester saß nackt und gefesselt auf einem Stuhl, der offensichtlich betrunkene Vater über sie gebeugt in der Absicht, ihr Schlimmes anzutun. Glücklicherweise löste Chris sich aus seiner Erstarrung, zog Wolfram von Melissa weg und schlug ihm eine blutige Nase. Jene kurze Zeitspanne reichte aus, dass die Polizei Wolfram ergreifen und festnehmen konnte. Zwar hatte dieses Geschehen Garets Vorurteile gegen Chris relativiert, aber sein Herz schmerzte noch immer.
Bis zum gestrigen Abend. Eine Welle aus Hitze und Erregung schoss durch Garets Körper, erreichte seine Lenden. Die Begegnung mit der unbekannten Schönheit hatte dazu geführt, dass er sich regelrecht befreit fühlte. Wenigstens für ein paar Stunden hatte seine verbotene Begierde sich auf einem normalen Level bewegt, sofern es möglich war. Aber jenes genügte, dass er wieder atmen und Lust empfinden konnte. Wahre Leidenschaft und nicht das vermeintliche Betäubungsmittel. Zweifellos war es gut gewesen und wenn Garet ehrlich war, hätte er nichts dagegen, dieses Gefühl zu wiederholen.
Doch dazu gab es nur eine Möglichkeit. Ohne lange zu überlegen, griff er zum Telefon und wählte die auf der Visitenkarte abgedruckte Nummer. Das Freizeichen erklang einmal … zweimal … dreimal. Seine Zähne gruben sich regelrecht in die Lippe. Das konnte nicht wahr sein. Hatte er sich verwählt? Angstschweiß begleitete diesen Gedanken, als es am Hörer knackte.
»Hallo.« Wie elektrisiert zuckte Garet zusammen.
Allein der Ton ihrer Stimme sorgte dafür, dass er unsicher wurde. Was war nur los?
»Hallo … ich bin …« Mitten im Satz stockte er.
Zu sagen der Mann, den du nach deiner Performance im La nuit noire flachgelegt hast, war vielleicht nicht das Klügste. Schließlich wusste Garet nicht, ob er der Einzige gewesen war. Doch was dann? Er kannte weder ihren Namen noch umgekehrt. Zu seiner Verwunderung ertönte ein sanftes Lachen.
»Deine Stimme verrät dich … ich weiß, wer du bist.« Eine Pause lag zwischen ihren Worten. »Ich hatte gehofft, dass du dich meldest.«