Читать книгу Toxicus - Anita Jurow-Janßen - Страница 10

4. Kapitel

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Sechs Jahre waren vergangen, nachdem Birgit spurlos verschwunden war. Sanne hatte nicht aufgegeben, nach ihr zu suchen. Das hatte so an ihren Nerven gezerrt, dass sie etliche Kilo abgenommen hatte. Nachdem der tiefe Schmerz etwas abgeklungen war, und sie sich wieder mehr auf sich selbst besonnen hatte, entschloss sie sich zu einer Operation, bei der ihr das so ungeliebte Fett abgesaugt wurde. Seit Birgits Verschwinden waren Ben und sie sich immer näher gekommen. Es hatte mehrere operative Eingriffe erfordert, bis sie mit ihrer Figur zufrieden war. Jedes Mal stand Ben ihr tapfer zur Seite und seit Kurzem waren sie ein Paar. Wenn sie sich jetzt im Spiegel betrachtete, war sie sehr stolz auf ihre Leistung. Da sie wegen Ben keinen Studienplatz an einem anderen Ort haben wollte, wohnte sie noch bei ihren Eltern. Eine Ausbildung bei einem Steuerberater hatte sie abgebrochen, weil sie schnell erkannt hatte, dass das nicht ihre Welt war. Seit gut einem Jahr studierte sie jetzt an der Uni und wollte Lehrerin werden.

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Ben, mittlerweile ein smarter aber durchsetzungsfähiger junger Mann, sein dunkelblondes glattes Haar immer gebändigt, mit wachen grünbraunen Augen, stand wie so oft vor dem Gemälde seiner Großmutter Birgit, die seiner Schwester so ähnlich war und von der sie den Namen erhalten hatte. Seine Großmutter war bei der Geburt seines Vaters gestorben, und die große Trauer darüber hatte bis zum Zeitpunkt von Birgits Verschwinden das Leben der Familie beeinträchtigt. Jetzt hatte der Verlust seiner Schwester diesen Schmerz abgelöst und in einen noch viel unerträglicheren verwandelt. Niemand wusste, was mit Birgit geschehen war, und gerade diese Ungewissheit brachte alle Familienmitglieder, und auch ihre Freundin Sanne, schier zum Verzweifeln.

Ben war mittlerweile in die Firma seines Vaters eingestiegen. Sein Opa hatte die Firma aufgebaut. Sie vertrieben seit über Hundert Jahren Tierfuttermittel. Bens Vater, der nach dem Tod seiner Mutter in einem Internat gelandet war und dort unendlich unter der Trennung von seinem Zuhause gelitten hatte, wollte die Familie zusammenhalten und hatte die Firma übernommen. Er hatte aus dem veralteten Betrieb ein innovatives Unternehmen geschaffen, das sich auch international einen Namen gemacht hatte und das Ben eines Tages übernehmen sollte.

Ben sah sich im Haus um. Die alten, samtenen Vorhänge waren ihm schon lange ein Dorn im Auge. Im Gegensatz zum Geschäft hatte der Vater die Villa nicht verändern wollen. Ben dachte an Sanne. Er freute sich, dass sie in seiner Nähe wohnen geblieben war. So konnte er den Schmerz über den Verlust seiner Schwester mit ihr teilen. Nie hätte er gedacht, dass er Birgit so sehr vermissen würde. Dieses Biest, wie er sie immer genannt hatte. Eines Tages würde Sanne hier einziehen, und spätestens dann würde er mit ihrer Hilfe die Villa modernisieren.

Sanne und er hatten sofort an den Spanner Ronny gedacht, als das mit Birgit geschehen war. Aber der war spurlos verschwunden, und es dauerte eine ganze Weile, bis die Polizei ihn ausfindig gemacht hatte. Er war mit seinen Eltern nach Hameln verzogen. Etliche Verhöre und Untersuchungen folgten. Man konnte ihm nichts nachweisen. Sein Elternhaus war sauber. Nachdem man sogar den Garten um das Haus herum aufgewühlt hatte, war von Birgit immer noch nichts zu finden gewesen. So waren die Jahre vergangen.

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