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6. Kapitel
ОглавлениеProfessor Doktor Christian Linley war spät dran. Sein Parkplatz war besetzt gewesen und wütend hatte er sich einen anderen suchen müssen. Als er die Treppe zum ersten Stock der Uni hochhastete, sah er Lukas vor sich laufen und hielt unvermindert seinen Schritt ein. Er mochte Lukas. Genau genommen war er verliebt in ihn. Als er direkt hinter ihm war, fiel ihm einmal mehr der schöne Körper von Lukas auf, besonders der runde Po. Linley war schwul, hatte sich aber bisher nicht geoutet, weil er eine Freundin hatte und es nicht fertigbrachte, sie zu verletzen. Er war feige, das wusste er. Als er Lukas das erste Mal in einem seiner Seminare gesehen hatte, spürte er sofort, dass dieser ihm gefährlich werden könnte. Nach einer Weile gestand er sich ein, dass er Sybille nicht liebte. Er hatte sich selbst belogen und wusste nicht, wie er sich jetzt aus der Situation retten sollte. Aber das war noch nicht das Schlimmste. Sein Vater, ein hoch angesehener Professor in London, sowie seine Mutter Rosali, eine Deutsche, die als Lehrerin an einem Gymnasium Deutsch und Geografie unterrichtete, waren sehr konservativ. Er befürchtete, dass er nicht nur enterbt, sondern vermutlich sogar verstoßen werden würde, sobald er seine Homosexualität zugäbe. Er war seit knapp drei Jahren in Deutschland, war Dozent für Bio und Chemie, und es war noch nicht sicher, ob er nach England zurückgehen würde. Er hatte sich hier an der Uni schon nach kurzer Zeit einen Namen gemacht, weil er mit seinen Studenten eine Studie über Schlangengift erarbeitet hatte, die Schlagzeilen in den Medien gemacht hatte. Es ging um eine Versuchsreihe mit Gegengiften, die sehr erfolgreich verlaufen war und ihm nicht nur in Deutschland, sondern auch von seinem Vater, der Experte auf dem Gebiet war, viel Lob eingebracht hatte. Bei den intensiven Versuchen mit Schlangengift war er besonders Lukas sehr nahegekommen. Für sein Alter verfügte der Junge schon über ein immenses Wissen auf diesem Gebiet. Linley wusste, dass Lukas sich irgendwo ein kleines eigenes Labor eingerichtet hatte, aber Lukas wollte nicht mit der Sprache herausrücken, wo es sich befand. Außerdem war Linley aufgefallen, dass Lukas sich immer mehr zurückzog, je mehr er sich bedrängt fühlte. Deshalb hatte er ihn weitestgehend in Ruhe gelassen und beschlossen, nach Beendigung des Experiments noch einmal zu versuchen, an ihn heranzukommen. Er schämte sich, wenn er mit Sybille schlief, während seine Gedanken bei Lukas waren und die sexuellen Gelüste mit ihm durchgingen. Sein Herz schmerzte bei dem Gedanken, Lukas nicht erobern zu können. Wie sollte er das Problem Sybille lösen? Erst Weihnachten hatte er sie seinen Eltern vorgestellt, und sie waren sehr angetan von ihr gewesen. Das erschwerte die Sache sehr. Wenn er jetzt daran zurückdachte, ärgerte er sich immer noch darüber, dass er Sybilles Wunsch mitzukommen nicht abgelehnt hatte. Aber sie hatte ihn immer wieder bedrängt und gefragt, warum sie denn nicht mitdürfe. Als sie dann auch noch zu heulen anfing und meinte, sie sei wohl nicht gut genug für die hohen Herrschaften, hatte er keinen Ausweg mehr gefunden, sie getröstet und ihr klargemacht, dass das nicht stimmte. So musste er Sybille mitnehmen, ob er wollte oder nicht.
***
Lukas saß in der zweiten Reihe des Hörsaals und hörte Linley aufmerksam zu. Ihm entging nicht, dass dieser immer wieder zu ihm hersah, und das behagte ihm gar nicht. Schon während der Versuche mit dem Gegengift war im aufgefallen, dass Linley ihn immer wieder verstohlen musterte. Manchmal hatte er sogar das Gefühl gehabt, dass er ihm immer so nahe kam, dass er ihn unwillkürlich berühren musste. Das war ihm sehr unangenehm, aber er war zu ehrgeizig, um es sich mit Linley zu verderben. Er musste diplomatisch damit umgehen, wenn er auch nicht genau wusste, wie das gehen sollte. Nachdem die Versuchsreihe abgeschlossen war, hatten Linley, Lukas und die anderen Studenten, die daran beteiligt waren, ihren Erfolg zusammen gefeiert. Linley sicherte sich gleich zu Anfang der Feier den Platz neben Lukas. Nachdem reichlich Bier geflossen war, rückte Linley immer näher an ihn heran und sagte, dass der Erfolg der Versuche zum großen Teil ihm, also Lukas zu verdanken wäre. Lukas war sehr stolz, hatte aber gleichzeitig ein mulmiges Gefühl, weil er Linleys Verhalten ihm gegenüber nicht richtig einordnen konnte. Seitdem war schon eine ganze Weile vergangen und Lukas dachte, dass sich alles wieder normalisiert hätte. Er hatte sich selbst gescholten und gefragt, was er sich überhaupt einbilde. Aber die Blicke von Linley heute und der Umstand, dass Linley ihn nach der Vorlesung zu sich in sein Büro bat, machten Lukas erneut stutzig.
Linley stand sofort auf, als Lukas sein Büro betrat. Er kam auf ihn zu und Lukas hatte das Gefühl, er wollte ihn umarmen. Augenblicklich versteifte er so, dass Linley zurückschreckte und ihm lediglich die Hand drückte.
„Hallo Lukas, schön, dass du gekommen bist. Ich wollte etwas mit dir besprechen. Setz dich doch!“
Lukas nahm vor dem Schreibtisch Platz und sah Linley erwartungsvoll an.
„Ich habe vor, unseren Erfolg nicht ruhen zu lassen, sondern an einer Ausschreibung beziehungsweise an einem Wettbewerb mitzumachen. Ich dachte, du würdest dich vielleicht freuen, daran teilzunehmen.“
Erleichtert atmete Lukas auf.
„Oh, danke! Was ist das denn für ein Wettbewerb?“
„Es geht praktisch um die Fortsetzung unserer Versuchsreihe, nur im Wettbewerb mit anderen Universitäten, und zwar zwischen England und Deutschland. Mein Vater hat da seine Hände im Spiel und er hat mich gebeten, hier zu klären, ob die Oldenburger Uni mitmachen würde. Was meinst du?“
Lukas vergaß seine Befürchtungen und dachte, dass ihm nichts Besseres passieren könnte, als sich auf diese Weise einen Namen zu machen. „Ich bin dabei“, antwortete er. „Wer soll noch mitmachen?“
Linley sah ihm in die Augen. „Es dürfen nur jeweils zwei, also immer Student und Dozent einer Uni, daran teilnehmen.“
War da schon wieder dieses merkwürdige Gefühl? Lukas rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her.
„Du musst dich nicht sofort entscheiden. Mach dir erst einmal ein schönes Wochenende und Montag sehen wir weiter.“
Linley war schon aufgestanden und Lukas sah das Gespräch als beendet an.
„Arbeitest du am Wochenende wieder in deinem Labor oder ist Relaxen angesagt?“, fragte Linley noch ganz nebenbei.
„Ich weiß noch nicht genau. Auf jeden Fall muss ich dort noch einiges aufräumen.“
„Aber erst isst du doch mit deiner Mutter zu Mittag oder?“
„Nein, die ist dieses Wochenende mit einer Freundin verreist. Daher werde ich mich wohl gleich auf den Weg machen.“
„Na dann viel Spaß am Wochenende. Was auch immer du vorhast“, sagte Linley, und Lukas verließ sein Büro.
Lukas hatte das Gespräch mit Linley noch im Ohr, als er sich auf den Weg zu seinen Schlangen machte. Das mulmige Gefühl, das ihn schon seit der Vorlesung verfolgte, wollte sich einfach nicht auflösen. Was war das vorhin mit Linley? Bin ich paranoid oder will er wirklich was von mir? Wenn ich nicht wüsste, dass er eine Freundin hat, würde ich denken, er ist schwul.
Nachdem er die Baracke erreicht hatte, machte er sich sogleich daran, seine Schlangen zu füttern. Sie würden schon einen mächtigen Hunger haben. Eigentlich wäre gestern der Tag der Fütterung gewesen. Schnell holte er die Leckerbissen aus dem Nebenraum, wo er immer ein wenig aufgetautes Futter vorrätig hatte. Glücklicherweise hatten seine Schlangen sich an Tiefkühlkost gewöhnt. Er wusste von einigen Freaks, dass deren Schlangen nur Lebendfleisch fraßen.
Als er das erste Terrarium öffnete, hörte er ein hölzernes Knacken von draußen. Er sah zum Fenster und lauschte. Aber es war schon wieder mucksmäuschenstill. Ich glaube, ich leide unter Verfolgungswahn.
Er verdrängte seine Befürchtungen und unterhielt sich mit seinen Schlangen. Das hatte ihn schon immer beruhigt. „Was meint ihr, meine Lieben? Soll ich bei dem Wettbewerb mitmachen?“ Die Schlangen interessierten sich ausschließlich für ihr Futter. Gierig verschlangen sie die Mäuse, die Lukas ihnen auf der Stange zureichte. „Ich sehe schon, ihr wollt euch nicht mit mir unterhalten. Ich muss wieder ganz allein eine Entscheidung treffen. Also ich denke, ich wäre verrückt, wenn ich diese Chance nicht nutzen würde. Auch wenn ihr dazu schweigt. Ganz gleich, was Christian Linley wirklich von mir will.“
***
Sobald Lukas die Tür hinter sich geschlossen hatte, stand Chris Linley schnell auf und nahm seine Jacke mit den Autoschlüsseln aus dem Schrank. Er wollte endlich das wahr machen, was er schon lange vorgehabt hatte. Er würde Lukas verfolgen, um herauszubekommen, wo er sein Labor hatte. Mit dem Labor allein war Lukas’ Wissen nicht zu erklären. Es ging ja nicht nur um das Gift. Lukas’ enorme Kenntnis betraf Schlangen im Allgemeinen und überhaupt alles, was damit zusammenhing. Er vermutete, dass er eine Schlange besaß. Vielleicht sogar mehrere. Genau das wollte er jetzt herausbekommen. Aber während er Lukas hinterlief, fragte er sich einmal mehr, warum der aus einer Schlange so ein Geheimnis machte.
Es war nicht schwierig, Lukas zu folgen, der sich nur langsam mit seinem kleinen Polo der Stadtgrenze näherte. Linley wunderte sich, dass Lukas’ Labor so weit außerhalb der Stadt lag, aber das würde ja seine Schlangentheorie nur bestätigen. Als Lukas in eine Einfahrt einbog, parkte Linley sein Auto an der Straße und verfolgte ihn zu Fuß. Es fing schon an zu dämmern und es würde nicht mehr lange dauern, bis es ganz dunkel wäre. Die Wolken hingen tief und es konnte jeden Moment anfangen zu regnen. Chris fröstelte. Er zog seine Schultern hoch und schlang die Arme um seinen Körper. Hoffentlich bleibt es trocken. Hätte ich doch wenigstens meine Regenjacke angezogen. Er sah sich die Häuser an, die düster die Straße säumten. Nur vereinzelt sah er Licht hinter den Fenstern. Wenn hier überhaupt jemand wohnte, handelte es sich sicherlich nicht um wohlhabende Leute. Von Weitem sah er einen hohen Schornstein. Er rätselte, was für eine Fabrik hier mal gestanden haben könnte. Hier war er noch nie gewesen. Überhaupt kannte er sich nicht gut in Oldenburg aus. Eigentlich hielt er sich immer nur am Uni-Campus oder in der Innenstadt auf. Einige Lokale und Discos waren ihm bekannt. Aber wenn er dort hinging war es immer schon dunkel und er ging auch selten allein. Meistens war Sybille an seiner Seite und er kümmerte sich nicht um den Weg.
Jetzt war größte Vorsicht geboten, damit Lukas ihn nicht bemerkte. Außer ihnen war hier niemand unterwegs. Lukas hatte sein Fahrzeug verlassen und ging auf eine Baracke aus grauen Betonsteinen zu. Linley hielt großen Abstand. Lukas schien ihn nicht zu bemerken. Er schlich schnell und so leise wie möglich hinter ihm her und konnte sehen, wie Lukas über die Dachrinne der Baracke griff. Danach schloss er ein Vorhängeschloss auf.
Super, jetzt weiß ich sogar, wo der Schlüssel liegt, freute sich Chris.
Nachdem Lukas im Inneren der Baracke verschwunden war, lugte Chris durch das Fenster neben der Tür, konnte aber nur ein paar Sessel und ein Sofa erkennen. Dazwischen stand wahrscheinlich ein kleiner Tisch, der verdeckt wurde. Lukas legte seine Tasche auf einen Sessel und verschwand hinter einer Tür.
Ich muss mir wohl ein anderes Fenster suchen. Chris ging um die Baracke herum und sah, dass ein Fenster erleuchtet war. Langsam ging er darauf zu, konnte aber nicht verhindern, dass das Gebüsch unter ihm knackte. „Autsch!“ Jetzt war er auch noch mit der Socke hängengeblieben. Dornen hatten sich in seinen Fuß gebohrt. Das tat verdammt weh. Er versuchte, mit der Hand die Dornen zu lösen, aber dabei verletzte er sich auch noch an der Hand. Er fluchte leise. Hoffentlich hatte Lukas ihn nicht gehört. Als er durch das Fenster blickte, stockte ihm der Atem. Das gibt es doch nicht. Was ist das denn? Das müssen ja mindestens zehn Terrarien sein. Lukas war im Nebenraum verschwunden und kam mit einem Eimer zurück. Offensichtlich wollte er die Schlangen füttern. Bevor er das erste Terrarium öffnete, sah er zum Fenster. Erschrocken duckte Linley sich. Sein Herz pochte laut vor Anspannung. Hatte Lukas ihn entdeckt? Dann konnte er niemals unerkannt von hier verschwinden. Er wartete eine Weile, die ihm unendlich erschien. Seine Beine schmerzten von der geduckten Haltung. Vorsichtig erhob er sich und lugte erneut ins Fenster. Lukas war mittlerweile beim dritten Terrarium angekommen. Er sprach mit den Schlangen, als wären es seine Freundinnen. So leise wie möglich schlich Linley sich davon. Als er in seinem Auto saß, bemerkte er, dass seine Hand blutete. Er sah sich auch den Fuß an. Auch in der Socke hatte sich ein kleiner Blutfleck gebildet. Zu Hause angekommen versorgte er sich mit Pflastern, nachdem er die Wunden ausgespült hatte. Es war verdammt spät geworden. Sybille würde sauer sein.
***
Sybille Modrow saß vor dem Fernseher, war aber in Gedanken nicht bei dem Film, der seit fast einer Stunde lief. Sie ärgerte sich so über Christian, dass ihr böse Vorwürfe durch den Kopf gingen. Wo blieb er nur? Aber nicht nur der Ärger des heutigen Abends spukte durch ihren Kopf. Seit Weihnachten war sie sich ihrer Sache nicht mehr sicher. Christian hatte sich verändert. Genau genommen hatte sie es schon vorher bemerkt, aber Weihnachten war es offensichtlich geworden. Er wollte sie nicht mit nach London zu seinen Eltern nehmen und erfand fadenscheinige Ausreden. Das hatte eine schwere Krise bei ihr ausgelöst, die sie seitdem zu bekämpfen versuchte. Aber es wollte nicht so recht gelingen. In London war alles sehr harmonisch gewesen. Christians Eltern hatten sie sehr herzlich aufgenommen und ihr zu verstehen gegeben, dass sie sich sehr über einen Enkel freuen würden. Christian hatte nur laut gelacht, als sei es der abwegigste Gedanke überhaupt für ihn gewesen. Er hatte sie natürlich beruhigt, als sie ihn darauf angesprochen hatte, und sich alle Mühe gegeben, das wiedergutzumachen. Aber sie ließ sich nicht täuschen. Irgendetwas stimmte nicht. Sie war sogar schon so weit gegangen, ihn zu beschatten. War eine andere Frau im Spiel? Nachdem sie weit und breit keine andere entdecken konnte, gab sie das aber wieder auf. Es musste etwas anderes sein.
Sie hörte die Eingangstür der Wohnung klappern. Christian hatte einen Schlüssel, sodass sie nicht aufzustehen brauchte. Er kam direkt auf sie zu und gab ihr einen herzlichen Kuss.
„Tut mir leid, dass es so spät geworden ist, aber ich hatte noch in der Uni zu tun. Du weißt doch, das neue Projekt. Ich musste noch mit Lukas sprechen. Ich denke, er wird dabei sein. Vom Prof habe ich grünes Licht bekommen. Der war ganz begeistert. Ist ja klar. Das kommt der Uni schließlich zugute.“
Sybille sah ihn prüfend an. Wenn er wenigstens nicht so gut aussehen würde.
Sein schlanker Körper steckte stets in schicker Kleidung. Sein dunkles, welliges Haar war immer friseurgepflegt und es kam nie vor, dass er sich ungestylt vor ihr zeigte. Am meisten liebte sie seine dunkelbraunen Augen. Lange Wimpern, um die sie ihn immer wieder beneidete, umrahmten seinen sanften Blick.
„Und dein Handy hattest du vergessen?“
„Nein, aber ich dachte, es würde nicht so lange dauern. Und jetzt bin ich ja da.“
Er hatte sich zu ihr aufs Sofa gesetzt und ihren Kopf auf seinen Schoß gezogen. Zärtlich küsste er ihr die Stirn. Sie spürte, dass er in Gedanken nicht bei ihr war.
***
Sanne und Gilda machten sich zu Fuß auf den Weg zum Metro, das nur zehn Minuten von ihrer Wohnung entfernt war. Es war Samstag und sie wollten sich mal wieder so richtig austoben. Da war Techno genau das Richtige. Ben war auf einem Seminar in Süddeutschland und würde erst Sonntagabend zurückkommen. Obwohl Sanne Ben aufrichtig liebte, fand sie nichts dabei, sich ab und zu auch mal ohne ihn zu amüsieren. Ben mochte Techno überhaupt nicht und war nicht böse, wenn Sanne sich ab und zu mit Gilda im Metro vergnügte. Gilda liebte diese Musik über alles und war gleich Feuer und Flamme, als Sanne ihr eröffnete, dass sie mitkommen würde. Sie plapperte seitdem unaufhörlich von den verschiedenen DJs, die sie kannte, und Sanne hörte halbherzig zu, ohne wirklich daran interessiert zu sein. Gilda war ihr inzwischen eine gute Freundin geworden. In Vielem erinnerte sie sie an Birgit, vor allem, was ihr Selbstvertrauen und das Durchhaltevermögen anging. Auch äußerlich war sie Birgit ähnlich, wenn sie auch nicht ganz so lang und dünn wie ihre vermisste Freundin war.
Sie waren erst nach zweiundzwanzig Uhr losgezogen, und als sie ankamen, war auf der Tanzfläche schon der Bär los. Sanne wollte sich gleich unter die Tanzenden mischen, als sie Sebastian entdeckte. Er stand an der Theke und unterhielt sich. Sie erkannte Lukas neben ihm, den sie schon ewig nicht mehr gesehen hatte. Sie musste unwillkürlich grinsen, denn sie freute sich schon über dessen Gesicht, wenn Sebastian sie vorstellen würde. „Basti ist hier“, sagte sie zu Gilda. „Er steht mit einem alten Schulfreund an der Theke. Lass uns mal hingehen und Hallo sagen!“
Gilda ließ sich nicht lange bitten. Sebastian interessierte sie sowieso und es war immer eine Bereicherung, neue Leute kennenzulernen. Als sie auf die beiden zugingen, stieß Gilda Sanne an und sagte: „Du, den hab ich schon öfter an der Uni gesehen. Der studiert doch auch Bio und Chemie. Allerdings ein paar Semester über mir.“
Sanne sah sie von der Seite an. Da sie an einer anderen Fakultät studierte, war Lukas ihr noch nie über den Weg gelaufen.
Als sie schließlich vor den beiden standen, strahlte Sanne Lukas an, ohne etwas zu sagen. Er erwiderte unsicher ihren Blick. Basti, der die Situation sofort richtig einordnete, musste lachen. „Na Lukas, erkennst du etwa unsere alte Schulfreundin nicht?“
„Wie bitte? Wen meinst du?“ Lukas musterte Sanne jetzt von oben bis unten, bis ihre Blicke sich trafen. „Ich werd verrückt: Susanne?“
Sanne lachte: „Ja, Susanne. Und wie ich gerade mitbekommen habe, kennt Gilda dich auch … von der Uni.“ Sein Blick wanderte jetzt zu Gilda.
„Ja, ich glaube ich habe dich da schon öfter gesehen.“ Seine Augen streiften ihren Körper und blieben eine Weile in ihrem lachenden Gesicht hängen.
Gilda strahlte. Es war offensichtlich, dass ihr Anblick Lukas gefiel. Interessanter Typ, dachte sie.
Der Abend zog sich bis in die Morgenstunden. Als sie sich verabschiedeten, schlug Lukas vor, sich am nächsten Freitag im Litfaß zu treffen. Er würde auch noch eine Überraschung mitbringen, versprach er.