Читать книгу Albrecht Dürer - Anja Grebe - Страница 10
Als Malerlehrling bei Michael Wolgemut
ОглавлениеUnd da ich nun seüberlich arbeiten kund, trug mich mein lust mehr zu der mallerei dan zum goltschmidwerckh. Daß hielt ich mein vatter für. Aber er was nit woll zu frieden, dann jhn reuet die verlorne zeit, die ich mit goltschmid lehr hete zugebracht. Doch ließ er mirs nach, und da man zehlt nach Christi geburth 1486 an St. Endres tag, versprach mich mein vater in die lehr jahr zu Michael Wohlgemuth, drei jahr lang jhm zu dienen. (R. I, S. 30f.)
Der knappe Bericht in der „Familienchronik“ lässt erahnen, welche Dramen sich 1486 im Hause Dürer abgespielt haben müssen. Die Hoffnungen, die Dürer d. Ä. angesichts seines Sohnes gehegt hatte, drohten zunichte gemacht zu werden. Nicht nur, dass die Goldschmiedekunst aufgrund der kostbaren Materialien gegenüber der Malerei das weitaus prestigeträchtigere Handwerk war, auch die Zukunft des mühsam aufgebauten Familienunternehmens stand auf dem Spiel. Erst mit dem am 25. April 1484 geborenen Endres wuchs ein Sohn heran, der über die ausreichende Begabung und das Interesse verfügte, in die Fußstapfen des Vaters zu treten und nach dessen Tod 1502 die Werkstatt weiterzuführen.
Was den Vater dazu bewogen hat, der „Lust“ seines Sohnes nachzugeben, ihm eine zweite Lehre und damit den Weg in eine zunächst ungewisse Zukunft zu finanzieren, darüber schweigen die Quellen. Dürer d. Ä. hatte die außergewöhnliche Begabung seines Sohnes erkannt, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen konnte, dass der Knabe des Selbstbildnisses einmal ein weltberühmter Maler werden sollte. Aber er konnte sicher sein, dass der fast 16-Jährige sein Ziel mit Ehrgeiz und Hartnäckigkeit verfolgen würde. Und so sorgte er dafür, dass sein Sohn die bestmögliche Ausbildung erhielt. Zwar wurde der von Christoph Scheurl (1481–1542) überlieferte Plan, den Jungen beim damals bekanntesten deutschen Maler, Martin Schongauer (um 1440–1491), in die Lehre zu schicken, nach einem kurzen Briefwechsel des Vaters mit dem Meister aus Colmar wieder aufgegeben, doch auch Michael Wolgemut (1434/37 –1519), Albrechts Lehrmeister zwischen 1486 und 1489, war durchaus keine zweite Wahl.
Wolgemut bot den Vorteil, dass er in unmittelbarer Nachbarschaft zur Dürerfamilie wohnte. Er betrieb die größte und erfolgreichste Malerwerkstätte in Nürnberg, die neben Gemälden mehrteilige Flügelaltäre mit Skulpturen, Entwürfe für Glasmalereien und Holzschnittillustrationen für Bücher herstellte. Vor allem die Kombination von Malerei und Druckgraphik sollte der entscheidende Faktor für Dürers spätere Karriere werden.
Das Gebiet, auf dem ihm Wolgemut zweifellos viel beibringen konnte, war die handwerkliche Seite des Malerberufs. Hierzu gehörte die Vorbereitung („Zurichtung“) der Holztafeln, der Umgang mit den verschiedenen Pinseln und Werkzeugen, spezielle Techniken zum Auftragen von Goldhintergründen oder das Anbringen von Punzierungen. Unabdingbare Voraussetzungen eines guten Gemäldes waren eine fundierte Kenntnis der Farben, vor allem des richtigen Mischens von Pigmenten und Bindemitteln, sowie eine gute Maltechnik. Diese Grundlagen verdankte Dürer in hohem Maße seinem erfahrenen Lehrer.