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Kapitel 5

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„Man sollte diese Dreckskerle verklagen“, maulte Cooper und stöhnte laut auf als Briggs scharf bremsen musste. „Legst du es eventuell drauf an, dass ich dir ins Auto kotze?“, fuhr er auf und hielt sich dann wieder den Bauch.

„Was stopfst du dir auch dieses Fischzeugs rein? Ich habe dir gleich gesagt, das schmeckt irgendwie komisch. Aber du musstest ja meine Pastete auch noch unbedingt aufessen.“

„Ja ja, schon gut. Du bist ja so viel klüger als ich.“

„Nicht klüger, nur vernünftiger.“ Briggs warf seinem Kollegen einen versöhnlichen Seitenblick zu, während er das Auto mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Innenstadt lenkte. Da sie Zeit vor dem Automaten verloren hatten, mussten sie das nun durch schnelles Fahren wieder wettmachen. Weston mochte es nicht, auf seine Agenten zu warten. Wenn er sie rief, hatten sie alles stehen und liegen zu lassen. Sie hatten es zu einer Art privatem Sport gemacht, die Grenzen auszuloten, innerhalb derer sie sich gefahrlos verspäten konnten. Das Zeitfenster war ziemlich klein.

„Wohin fahren wir?“, fragte Cooper erneut. Briggs wusste, dass der Kollege mit verdorbenem Magen sehr unleidlich werden konnte. Aber er war schließlich selber Schuld. Briggs war nicht gewillt, die schlechte Laune kommentarlos hinzunehmen.

„Leiche im 3. Bezirk“, antwortete er kurz angebunden.

„Was ist das besondere daran?“

„Die Tatsache, dass Weston uns angepiept hat.“

„Sehr witzig.“

„Woher soll ich das wissen, Cooper? Du hast doch selber die Nachricht auf dem eKomm gelesen. Oder meinst du, er schickt mir geheime Botschaften über die Cyberware?“

„Woher soll ich wissen, was ihr Elfen so heimlich treibt, hm?“

Briggs trat mit beiden Füßen auf die Bremse, das Auto geriet ins Schlingern und prallte beinahe gegen einen Verkehrsleitpfosten. Cooper wurde erst nach vorn geschleudert, knallte mit dem Kopf gegen die Frontablage und dann gegen das Seitenfenster.

„Sei froh, dass der Airbag ausgebaut wurde, sonst hätte es dir jetzt dein Essen oben wieder rausgedrückt“, sagte Briggs leise und schaute seinen Partner vorwurfsvoll an. Der hatte eine ganze Tirade von Beschwerden auf den Lippen, schien es sich dann aber anders zu überlegen. Sie starrten einander an.

„Tut mir leid. War nicht so gemeint, ehrlich.“ Briggs sah in Coopers Augen, dass er die Entschuldigung aufrichtig meinte und fuhr wieder an. Er wusste, er durfte nicht so aggressiv reagieren, wenn ihn jemand auf seine elfischen Züge ansprach, das war ein Reizthema, das Cooper normalerweise nicht anschnitt. Briggs hatte in seinem Stammbaum irgendwo einen Elfen, und dessen Erbgut hatte ihm nicht nur seinen feingliedrigen Körperbau beschert, sondern vor allem diese verräterischen schräg stehenden grünen Augen. Ein untrügliches Zeichen und seit jeher eine Quelle des Spotts. Elfisches Erbgut galt als minderwertig, es vererbte sich normalerweise nicht dominant. Aber hin und wieder eben doch. Briggs verfluchte seine Vorfahren, die dafür verantwortlich waren, aber ändern konnte er es nicht. Natürlich wäre eine kosmetische Operation eine Lösung gewesen, aber die war teuer und er hätte sich das im Leben nicht leisten können. Außerdem war es wohl kaum möglich, zu Weston zu gehen und zu sagen, dass er sich operieren lassen möchte, um nicht mehr wie ein halber Elf auszusehen. Semuel Weston gehörte zu den mächtigsten Elfen im ganzen Königreich. Er würde diesen Wunsch kaum gutheißen. Briggs hatte eine ganze Kollektion Sonnenbrillen, um wenigstens auf den ersten Blick nicht seinen Makel preiszugeben. Seine schmale Gestalt war nicht unbedingt ein Kriterium. Er musste an Linus Jagelowsky denken, der beinahe ebenso zerbrechlich gebaut war wie er selber. Oder aber der hatte ebenfalls elfisches Erbgut. Er war nicht grundsätzlich gegen eine Vermengung der Rassen. Aber wenn er schon ein Mischling war, hätte es dann nicht wenigstens ein Troll oder Ork sein können? Etwas Robustes, Gesundes?

„Hey“, sagte Cooper und legte ihm kurz seine Hand auf den Arm. „Achte auf den Verkehr. Ich will nicht als Verkehrstoter enden, der nach verdorbenem Fischmehl stinkt.“

Briggs grinste wider Willen. Cooper schaffte es immer wieder, ihn aus seinen trüben Gedanken zu holen. Er zeigte seinem Partner den Stinkefinger und parkte das Auto in zweiter Reihe vor der Zieladresse. Und wo er schon dabei war, kriegten auch die hupenden Autofahrer den Stinkefinger zu sehen, bevor er seine Sonnenblende herunterklappte, wo ein Dienstsiegel klemmte, das jedem sichtbar vermittelte, sich nicht in polizeiliche Angelegenheiten einzumischen. Die STF besaß solche Siegel eigentlich nicht, aber die Kriminalpolizei zählte auch nicht nach, ob ihnen davon vielleicht welche fehlten.

„Überdosis Drogen“, empfing Weston seine beiden Agenten. „Und ich stelle fest, dass der Verkehr um diese Tageszeit eine solche Verspätung in keiner Weise rechtfertigt.“ Er schnupperte übertrieben und blickte dann Cooper strafend an.

„'Tschuldigung“, murmelte der sonst so coole Agent. Weston winkte einfach ab.

„Was ist so besonders an der Toten?“, fragte Briggs nach und schaute sich die Leiche genauer an. Eine junge Frau, hübsch, aber mit kränklich gelber Haut. Er vermutete, dass sie regelmäßig illegale Substanzen konsumiert hatte.

„Ihr Arbeitsplatz ist das Besondere“, antwortete Weston. „Sie war Reinigungskraft, unter anderem in den Büros von HomeCare.“

„Zufall?“, schlug Cooper vor, aber es war ihm anzusehen, dass er das selber nicht wirklich glaubte.

„Ich denke nicht.“

„Selbstmord?“

„Schon eher. Allerdings möchte ich eure geschätzte Aufmerksamkeit auf dieses Röhrchen lenken.“ Er deutete auf ein leeres Behältnis, in das Apotheken üblicherweise Pillen abfüllten. Briggs sah es sich genauer an. „Teures Zeug. Sie hat sich immerhin edle Drogen gegönnt.“

„Ihr Aussehen lässt aber darauf schließen, dass sie normalerweise eher das gepanschte billige Zeug genommen hat“, gab Cooper zu bedenken.

„Ganz recht“, stimmte Weston ihm zu, „sie war offenbar ungeübt im Umgang mit teuren Designerdrogen. Um davon an einer Überdosis zu sterben, hätte sie mehr Geld ausgeben müssen, als ihr Jahreseinkommen vermuten lässt. Außerdem haben wir im Bad Hinweise gefunden, dass sie tatsächlich normalerweise billigeres Zeug eingenommen hat.“

„Sie wurde für ihre Dienste mit teuren Drogen bezahlt und dann auch noch mit einer geschenkten oder erzwungenen Überdosis beseitigt“, fasste Cooper die Beobachtungen zusammen.

„Das ist sehr wahrscheinlich. Allerdings muss man sich schon fragen, woher sie das Gift hatte, um den Essensdrucker zu präparieren. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass sie den Anschlag auf eigene Initiative durchgeführt hat, aber ausschließen können wir es auch nicht. Überprüft ihren Hintergrund, Bekannte, Familie, Kontakte aller Art. Ich will wissen, wer ihr normalerweise die Drogen verkauft hat. Eine detaillierte chemische Analyse der tödlichen Droge sollte uns auf die Spur des Herstellers bringen. Briggs, klappern Sie ein paar alte Kontakte ab, vielleicht hat jemand was gehört. Cooper, nehmen Sie Kontakt zu Hintertupfer auf. Dessen Schieber war doch mit einem Dealer verwandt, oder nicht?“ Weston hatte es als Frage formuliert, aber sie wussten alle, dass er solche Details niemals vergaß.

„Na, da wird er sich aber freuen, dass er den Behörden helfen kann“, spottete Cooper und wurde dafür mit einem weiteren stechenden Blick seines Vorgesetzten bedacht.

„Sind schon unterwegs, Chef“, sagte Briggs und schob seinen Kollegen vor sich her zur Tür hinaus.

Die Stadt und der Tod

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