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Kapitel 6

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„Nee, das mache ich nicht. Wenn du unbedingt mit dem reden willst, dann sieh selber zu, wie du klar kommst. Ich bin drauf angewiesen, dass Cemal mit mir zusammenarbeitet, da werde ich mich hüten, seinen Vetter an die Behörden auszuliefern.“ Alois tippte sich mit dem Finger an die wulstige Stirn, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Cooper wirkte nicht sonderlich beeindruckt.

„Alois, du hast mich nicht richtig verstanden. Weston hat mich geschickt. Das ist weder ein Höflichkeitsbesuch noch eine freundliche Bitte. Mach dem Dealer klar, dass er einfach nur ein paar Fragen beantworten soll, nichts Aufregendes.“

„Und wenn er das ablehnt, kommt ihr mit schwerem Gerät und sammelt ihn ein“, beharrte Alois.

„Natürlich. Aber das sollte er doch wohl wissen, oder? Ist doch bestimmt nicht erst seit gestern im Geschäft.“

Alois seufzte schwer und lehnte sich auf seinem Plastikstuhl zurück. Er hatte sich mit Agent Cooper auf dessen Anfrage hin in einem Coffeestore getroffen, wo der große Troll in schwarzer Lederkluft und der stoische Mensch verstohlene Blicke auf sich zogen. Cooper ignorierte das vollkommen, während Alois sich einen Spaß daraus machte, besonders aufdringliche Beobachter intensiv anzustarren, als überlege er, ob sie wohl ihm schmecken würden. Noch während er seinen viel zu heißen Kaffee schlürfte, hatten sie erstaunlich viel Platz um sich herum bekommen.

„Ich wusste, der Tag, an dem ich euch beiden das erste Mal begegnete, war ein schwarzer Tag in meiner Biografie“, klagte er.

Cooper winkte gelassen ab. „Also, wo finden wir diesen Kali?“

Alois zögerte noch einen Moment. Natürlich hätte die STF auch andere Kanäle benutzen können, um ans Ziel zu gelangen, anstatt ihn damit zu belästigen. Die ganze Sippe Hurdassa war aktenkundig, da gab es genug Druckmittel, um Kali zur Kooperation zu überreden. Alois wollte sich seine eigenen Kontakte nicht kaputt machen lassen. Andererseits würde ihn das vielleicht selber in Schwierigkeiten bringen. Gute Kontakte zum Geheimdienst hatte kaum jemand in seiner Branche, das konnte sich lohnen. Und eine eindringliche leise Stimme in seinem Hinterkopf mahnte ihn, es sich nicht mit Weston zu verscherzen. Er wusste, das der alte Elf sehr mächtig war, aber er hatte auch eine Ahnung, dass er noch nicht einmal ansatzweise das wahre Ausmaß dieser Macht gesehen hatte.

„Na schön. Ich weiß nicht, wo er sich aktuell aufhält, aber Cemal wird es wissen.“

Cooper stand auf und machte eine auffordernde Geste.

„Jetzt warte mal, ich habe noch nicht mal meinen Kaffee ausgetrunken.“

Der Agent blickte für einen Moment auf den Einwegbecher, als überlege er, das Zeug einfach auszukippen. Dann schob er die Unterlippe vor, stemmte die Fäuste in die Hüften und legte mit den Kopf schief. Alois konnte nicht glauben, was er sah. Cooper schmollte. Wie ein kleines Mädchen. Fassungslos starrte er den Agenten an. Der zwinkerte ihm auf einmal zu, kehrte zu seiner normalen Haltung zurück und grinste ihn verschmitzt an.

„Hä?“, machte Alois, noch immer ratlos darüber, was er gerade gesehen hatte. Aber er stand auf und warf den halbvollen Becher in den Recyclingeimer.

Cooper zuckte gleichmütig mit den Schultern. „Bei Briggs funktioniert das auch immer tadellos.“

„Das mädchenhafte Schmollen?“

Coopers Blick veränderte sich in schneller Folge von stoischer Kälte zu flirtendem Augenklimpern und wieder zurück. „Nein, das aus der Fassung bringen.“

„Lernt man das bei der STF? Denn ich bin mir sehr sicher, dass es damals bei der PML nicht auf dem Trainingsplan gestanden hat.“

Cooper überging diese Bemerkung, als habe er sie nicht einmal gehört. Sie stiegen ins Auto und fädelten in den ruhig fließenden Verkehr ein.

Unterwegs ertappte sich Alois dabei, dass er Fragen stellen wollte. Normalerweise konnte er Small Talk nicht ausstehen, und es wunderte ihn, dass er neugierig genug war, darüber hinweg zu sehen. Ihm kam der Gedanke, dass Cooper Alois' menschliches Pendant sein könnte, mit einer ähnlichen Biografie, und vor allem einer ähnlichen Haltung anderen gegenüber. Aber wieso konnte der dann so gut mit jemandem wie dem quirligen Briggs kooperieren, während Alois sich damit so schwer tat und nach wie vor lieber allein arbeitete?

„Seit wann bist du schon bei der STF?“, fragte er schließlich und ärgerte sich beinahe, dass er dem Drang nachgegeben hatte.

„Ein paar Jahre.“

„Und war Briggs von Anfang an dein Partner?“

Cooper nickte.

„Kann mir vorstellen, dass das nicht immer leicht war oder ist.“

Cooper zuckte mit den Schultern und blickte weiterhin stur auf den Verkehr und ignorierte die Fahranweisungen seines eDrivers.

Alois wurde bewusst, dass er nun endlich einmal erfuhr wie sich andere in seiner Gegenwart üblicherweise fühlten. Die wortkarge Art war nicht angenehm, wenn man Antworten haben wollte. Diese Erkenntnis würde sicherlich nicht dazu führen, dass er sein eigenes wortkarges Verhalten grundsätzlich änderte, aber immerhin wusste er nun, wie frustrierend das sein konnte. Er machte einen letzten Versuch.

„Hat Weston euch zusammengetan oder habt ihr euch das selber ausgesucht?“

Cooper warf ihm einen schnellen spöttischen Seitenblick zu, der Antwort genug war.

„Muss schwierig sein, sich auf einen Anderen so sehr zu verlassen. In eurem Job geht es ja wohl auch mal um Leben und Tod, nehme ich an.“ Er hatte 'auf einen anderen Menschen' sagen wollen, aber dann fiel ihm noch rechtzeitig ein, dass das bei Briggs nicht ganz der Fall war.

„Auf Briggs kann ich mich hundertprozentig verlassen“, sagte Cooper schließlich und sein Ton ließ keinen Zweifel daran, dass er es nicht hinnehmen würde, wenn jemand das in Frage stellte.

Alois machte eine abwehrende Handbewegung. Er hatte nicht vor, die Partnerschaft in irgendeiner Weise zu bewerten. Aber das Ganze war derart exotisch für ihn, dass er es nicht lassen konnte, darüber nachzudenken.

„Verlässt du dich nicht auf den kleinen Cop?“, fragte Cooper schließlich, offenbar bemüht, seinen scharfen Ton ein wenig abzumildern.

„Linus? Das ist ja wohl nicht das selbe. Den kenne ich doch erst seit ein paar Monaten. Und er ist ein....“ 'Mensch' hatte er sagen wollen. 'Cop' wäre ihm auch noch in den Sinn gekommen. Beides hätte den Agenten vielleicht wütend gemacht. Das wäre Alois normalerweise egal gewesen. Aber bei Cooper musste er vorsichtig sein. Der hatte etwas an sich, das ihn auf der Hut sein ließ. Er hielt den Mann für eine tickende Zeitbombe und nur Briggs wusste offenbar, wie man die entschärfte. Es konnte eine Menge Trigger geben, die den Mann ausrasten ließen. Dass etwas unter seiner stoischen Oberfläche schwelte, war mehr als offensichtlich. Alois ging gewalttätigen Auseinandersetzungen nicht aus dem Weg, im Gegenteil, das konnte sehr unterhaltsam sein und helfen ein bisschen Dampf abzulassen. Aber bei Cooper wusste er, dass es damit nicht getan sein würde, wenn der eines Tages den Hebel umlegte.

Die Stadt und der Tod

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