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Zack! Die Hacke sauste in die Erde. Giersch, Claudias Todfeind im Garten. An ihm reagierte sie sich ab. Wenn sie wütend war, half es ihr, den Giersch zu bekämpfen, ihn von den Wurzeln zu trennen, ihn zu köpfen. Und sie war wütend! Diese unmögliche Kundin. Was bildete die sich ein? Wollte ihr, Claudia, erzählen, wie sie den Blumenstrauß zu binden hatte. Nee, da war sie an die Falsche geraten. Zack und zack und zack. Wenn sie sich mit etwas auskannte, dann waren es Pflanzen, Bäume, Blumen. Claudia wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß aus dem Gesicht. Keine hatte es bisher gewagt, die Zusammenstellung ihrer Sträuße oder die Art des Bindens zu kritisieren. Im Gegenteil. Die Sträuße wurden immer geschätzt und sie hatte einen großen Stamm von Kundinnen. Bis heute. Zack!

“Die Blumen passen aber nicht zusammen”, hatte die Kundin mit einem kurzen Blick auf die von Claudia herbeigebrachten Blumen geschnarrt und ihre kleine Steckdosennase gerümpft. “Ich möchte Nelken und Irisse. Und das Ganze peppen sie mal mit reichlich Schleierkraut auf.”

Claudias Nackenhaare hatten sich aufgerichtet und eine unsägliche Wut war bis in den Hals hoch geschäumt. Das hätte sie doch gleich sagen können. Aber nein, tat erst so, als wolle sie Claudia die Wahl überlassen. Claudia hätte ihr gerne die Meinung gesagt, beherrschte sich jedoch, drehte sich mit einem vernichtenden Blick auf die Kundin um und stampfte zum Kühlhaus, um die gewünschten Blumen zu holen. Als sie begann, den Strauß zu binden, quetschte sich die Frau neben sie und beobachtete jeden Handgriff.

“Mehr Schleierkraut“, wies sie an.

Claudia schluckte eine angemessene Antwort hinunter, obwohl es ihr sehr schwer fiel.

“Wie machen Sie das denn? Wissen Sie nicht, dass man die Stängel immer schräg aneinander legt, damit der Strauß nachher gut fällt?”

Mit hochrotem Kopf stellte Claudia sich mit dem Rücken zur Kundin, um ihr den Blick auf den entstehenden Strauß zu versperren.

“Lassen Sie mal sehen. Wie sieht es denn jetzt aus?” Die Kundin versuchte, Claudia mit ihrem ausladenden Hintern zur Seite zu schieben.

“Bitte, treten sie zurück und lassen Sie mich meine Arbeit machen“, zischte Claudia. Am liebsten hätte sie der Frau ans Schienbein getreten und aus dem Laden gejagt, oder noch lieber ins Kühlhaus gesperrt. Aber die Blumen hatten so eine Gesellschaft nicht verdient.

Die Frau hatte sie daraufhin tatsächlich in Ruhe gelassen bis der Strauß fertig war und Claudia ihn ihr zeigen konnte.

“Pa! Was ist das denn? Hatte ich nicht gesagt, dass ich viel Schleierkraut will? Und warum haben Sie ihn so kurz geschnitten? Na, Sie verstehen überhaupt nichts vom Binden und von geschmackvollen Sträußen. Das machen sie noch mal, junge Frau.”

Das war zu viel. Claudia hob den Strauß in die Höhe und schlug ihn mit voller Kraft auf den Hintern der verdutzen Kundin und schob sie brutal zur Tür.

“Machen Sie bloß, dass Sie rauskommen“, schrie sie, “und kommen Sie nie wieder!”

Nachdem die Ladentür zugefallen war, blickte Claudia auf den derangierten Strauß, der viele Blüten eingebüßt hatte und den sie noch immer fest umklammert hielt. Kurz entschlossen öffnete sie die Tür und warf ihn mit Schwung in den Rücken der Frau, die daraufhin so schnell wurde, wie es ihre Kilos und kleinen Füße erlaubten.

Die Hacke zischte durch die Luft in den Boden. Ja, schöner Mist. Das dicke Ende war danach erst gekommen. Natürlich hatte sich diese Schnepfe bei ihrem Chef beschwert, der sie fristlos entlassen hatte. Zack. Wieder war ein Unkraut entwurzelt und begann sofort zu welken. Die Kundin ist Königin. Haha! Und? Durfte die sich deshalb alles erlauben? Nein. Jedenfalls nicht mit ihr. Was zu viel ist, ist zu viel. Sie hätte die Kuh gar nicht erst bedienen sollen. Nelken, Irisse und Schleierkraut! Viel Schleierkraut! Voller Wucht schlug sie die Hacke in die Erde. Ping.

“Au!” Claudia warf die Hacke weit von sich und rieb sich den Unterschenkel. Sie hatte einen Stein getroffen, der ihr ans Bein geflogen war.

“Mensch. Tut das weh.” Claudia stöhnte vor sich hin und beschloss, bevor sie sich noch selbst verstümmelte, zu duschen und auf einen Whiskey ins Klöntje zu fahren. Da fand sich immer jemand, an dem sie sich abreagieren konnte. Hauptsache, Maria war nicht dort. Ihr wollte sie nicht gerne begegnen.

Das Erwachen der Raben

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