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3.1 Funktionsweise

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Durch die Digitalisierung der Produktions- und Übertragungstechnik entstehen günstige Voraussetzungen für die Entstehung und Verbreitung einer großen Programmvielfalt. Ein wesentliches Kennzeichen der Digitalisierung ist daher die Vervielfachung des nutzbaren Programmangebots, das in Zukunft neben Rundfunkprogrammen und Telemedien auch eine Fülle multimedialer Anwendungen und Dienste enthalten wird. Damit der Zuschauer die Möglichkeit hat, sich in der Informations- und Angebotsflut zu orientieren bzw. die gewünschten Inhalte schnell auszuwählen und anzusteuern, benötigt er eine Navigationshilfe. Navigationssysteme sind aus der Sicht der Rezipienten somit entscheidend für die spätere Programmauswahl und -nutzung. Abhängig von der Zugriffsebene gibt es deshalb allgemeine und spezielle Navigationshilfen. Eine allgemeine Navigationshilfe bietet der Basis-Navigator, der von Seiten des Herstellers in die Set-Top-Box oder in das TV-Gerät installiert wird oder als allgemeine Programmliste[142] von Plattformanbietern verbreitet wird. Der Basis-Navigator bildet die oberste Benutzeroberfläche, d.h. die allgemeinste Form des übergeordneten Programmzugriffs, die der Decoder bereitstellt. Er liest meist die standardisierten Service-Informationen (SI-Daten)[143] oder die ausgesendeten Programmlisten und eröffnet den Rezipienten Zugang zu allen empfangbaren Serviceangeboten und Programmen. Diese SI-Daten beinhalten beispielsweise die Art und den Namen des Programms, Inhaltsbeschreibungen und Startzeiten der (auch nachfolgenden) Sendungen. Auf der Ebene der Programmpräsentation erscheinen alle empfangbaren Programminhalte sowie meist anbieterspezifische Programmführer, sog. Electronic Programme Guides („EPG“).[144] Erst mit dem nächsten Schritt wechselt der Empfänger die Zugriffsebene und wählt entweder direkt ein Programmangebot oder als neue Benutzeroberfläche einen EPG aus. Der EPG ist ein spezielles Navigationsprogramm, das mehr als eine bloße Listung der vorhandenen Programmangebote vornimmt und den Zuschauern helfen soll, sich einen Überblick über das gesamte Programmangebot zu verschaffen und sodann zielgerichtet das Wunschprogramm einzuschalten. Die unterschiedlichen EPGs können verschiedene Servicefunktionen enthalten und unterscheiden sich stark in Art und Umfang der Programminformation. Denn es gibt zum einen die EPGs, die von den Programmanbietern speziell für ihre eigenen Bouquets konzipiert werden und folglich nur die eigenen Programme (vollständig) berücksichtigen. Diese EPGs können so programmiert sein, dass sie auch zusätzliche interaktive Multimediaanwendungen (z.B. Video-Streams) und Serviceleistungen beinhalten, die von Seiten des Programmanbieters den Bouquets hinzugefügt wurden, um (ausschließlich) das eigene Angebot möglichst attraktiv zu präsentieren. Zum anderen kann der Zuschauer aber auch auf programmübergreifende (neutrale) EPGs zurückgreifen, die wie eine elektronische Programmzeitschrift eine vollständige Programmdarstellung ermöglichen.[145]

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Über EPGs können z.B. Fernsehfilme über Suchbegriffe aufgefunden oder nach Genres geordnet und mit Lesezeichen vorgemerkt werden, ferner können Programmempfehlungen ausgesprochen und eine individuelle Programmvorauswahl programmiert werden. Zusätzlich können die Nutzungsprofile der Zuschauer gespeichert und dadurch die Programmpräferenzen bestimmt werden, um ihnen diese als zusätzliche Selektion anzubieten. Der wesentliche Unterschied der EPGs zu dem Basisnavigator besteht somit in dem größeren programmbezogenen Angebotsspektrum, das weitergehende Informationen zu Sendungen, Bilder und Videoclips, verlinkte Hintergrundinformationen sowie Zugriff auf Applikationen wie z.B. Teleshopping, Kindersicherung etc. enthält. Der EPG kann deshalb gezielt als Marketinginstrument zur Zuschauerbindung eingesetzt werden.[146] EPGs werden in der konvergenten Medienwelt zur zentralen Schnittstelle zwischen dem Anbieter und dem Nutzer, die dem Zuschauer ermöglichen, seine Interessen schnell und intuitiv zu verwirklichen oder aber auch das Interesse des Zuschauers auf bestimmte Inhalte lenken können. Ein Beispiel für einen besonders erfolgreichen EPG ist die Benutzeroberfläche und Steuerungsfunktion des iPhones.[147]

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Aus technischer Sicht ist der EPG eine Softwareanwendung, die einem Browser vergleichbar ist und passend zu dem API einer Set-Top-Box konfiguriert werden muss, damit der EPG vom Decoder dargestellt werden kann.

Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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