Читать книгу Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht - Anne Hahn - Страница 91

2.2.3.2 Telemedien nach § 11d RStV

Оглавление

51

Mit dem 12. RÄStV wurde die Vorschrift des § 11d RStV eingefügt. In dessen Absatz 1 wird nochmals klargestellt, dass Telemedien zu den Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehören. Insoweit wird nur bestätigt, was bereits § 11a Abs. 1 RStV bestimmt. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben nunmehr sogar die Pflicht, zur Erfüllung ihres Auftrags nach § 11 RStV Telemedien anzubieten. Allerdings hat der Auftrag nach § 11d Abs. 1 RStV nur das Angebot von journalistisch-redaktionell veranlassten und journalistisch-redaktionell gestalteten Telemedien im Blick. Angebote, die keinerlei Bezug zur öffentlichen Meinungsbildung haben, dürfen von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstaltern nicht angeboten werden.

52

Journalistisch-redaktionell veranlasste Telemedien sind durch eine planvolle, auf eine zeitnahe Herstellung und Weiterverbreitung eines Angebots gerichtete Tätigkeit gekennzeichnet. Dabei müssen sie einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung i.S.d. § 11 Abs. 1 RStV leisten. Journalistisch-redaktionell ist eine Tätigkeit, die recherchierenden, auswählenden und gewichtenden Charakter hat sowie eine systematisierende und strukturierende Aufbereitung eines die öffentliche Meinungsbildung berührenden Gegenstandes beinhaltet.[179]

53

Journalistisch-redaktionell gestaltete Telemedien sind demgegenüber solche, die den Gegenstand eines Angebots auf eigenständige Weise in Text, Bild oder Ton darstellen. Somit fallen zufällige Anordnungen von Informationen auf einer Internetseite nicht in den Anwendungsbereich. Dennoch sind an die Gestaltung eines Telemediums keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Entscheidend ist, dass das Gesamtbild als publizistisch sinnvolle Anordnung von Inhalten erkennbar ist.[180] Das gilt schon deshalb, weil die Telemedien im Unterschied zum Rundfunk kein lineares Angebot (geprägt durch einen Sendeplan) darstellen.

54

Handelt es sich also um journalistisch-redaktionell veranlasste und gestaltete Telemedien, ist deren Zulässigkeit aber noch nicht geklärt. Vielmehr muss ein Telemedienangebot einer Prüfung der Vorgaben des § 11d Abs. 2 RStV unterzogen werden. Außerdem sind die Verbote des § 11d Abs. 5 S. 1–3 RStV sowie der in der Anlage zu § 11d Abs. 5 S. 4 RStV vorgesehene Negativkatalog unzulässiger Angebote zu beachten. Schließlich müssen öffentlich-rechtliche Telemedienangebote gem. § 11d Abs. 3 RStV eindeutig inhaltlich ausgerichtet sein, um sie von den Angeboten kommerzieller Anbieter abgrenzen zu können. Besonderer Aufmerksamkeit bei der Zulässigkeitsprüfung bedarf die Regelung des § 11d Abs. 2 RStV. So werden die in Nr. 1 und 2 des § 11d Abs. 2 RStV beschriebenen Telemedienangebote dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kraft Gesetzes übertragen. Davon erfasst sind nach Nr. 1 die Verlängerung der Ausstrahlung einer Sendung im Internet für die Dauer von sieben Tagen zum Abruf (für Fußballspiele der 1. und 2. Bundesliga gilt die 24-Stunden-Frist) sowie gem. Nr. 2 das Bereithalten von auf diese Sendung bezogenen Begleitangeboten in Form von Telemedien (sog. Seven-Days-Catch-Up).[181] Zeit- und kulturgeschichtliche Inhalte dürfen nach Nr. 4 hingegen zeitlich unbegrenzt archiviert und zugänglich gehalten werden. § 11d Abs. 2 Nr. 3 RStV erlaubt es, Sendungen und sendungsbezogene Telemedien auch nach Ablauf der in §§ 11d Abs. 2 Nr. 1 HS 1 und Nr. 2 RStV genannten Fristen in den Mediatheken anzubieten, wenn sie in Einklang mit § 11f RStV in einem entsprechenden Telemedienkonzept beschrieben und angebotsabhängig eine Befristung der Verweildauer festgelegt ist. So hält etwa die ARD seit Ende 2015 im Rahmen ihrer Multiplattformstrategie auf Grundlage des Telemedienkonzepts von Juni 2010[182] die „Tatort“-Krimis nunmehr 30 Tage in der Mediathek vor.[183]

55

Ein Telemedienangebot gilt als sendungsbezogen i.S.d. § 11d Abs. 2 Nr. 2 RStV, wenn ein unmittelbarer Bezug zu einer im Fernsehen ausgestrahlten konkreten Sendung vorliegt. Der Begriff der Sendung wird in § 2 Abs. 2 Nr. 2 RStV definiert. Eine Sendung ist danach ein inhaltlich zusammenhängender, geschlossener und zeitlich begrenzter Teil eines Rundfunkprogramms. Darauf muss sich das Telemedium beziehen. Der Bezug auf eine bestimmte Sendung muss dabei klar erkennbar sein. Außerdem ist § 11d Abs. 2 Nr. 2 RStV und damit die Zulässigkeit eines Telemediums kraft Gesetzes nur gegeben, wenn es sich ausschließlich aus Materialen und Quellen zusammensetzt, die für die in Bezug genommene Sendung genutzt wurden. Schließlich muss ein sendungsbezogenes Telemedium die Sendung unterstützend begleiten und vertiefen. Dabei darf es sich aber nicht so weit von der zugrundeliegenden Sendung entfernen, dass es als eigenständiges Telemedium i.S.d. § 11f Abs. 3 RStV einzustufen ist. Liegen diese drei Voraussetzungen kumulativ vor, handelt es sich um ein kraft Gesetz zulässiges sendungsbezogenes Telemedium.[184] Ein Telemedium, das sich nicht in den Grenzen des § 11d Abs. 2 Nr. 2 RStV hält (was in der Praxis häufig der Fall ist, da Telemedienangebote oftmals nicht nur unterstützend begleiten und vertiefen), kann nur nach erfolgreich durchlaufenem Drei-Stufen-Test i.S.v. § 11f Abs. 4 RStV zulässig sein.

56

Unter den Voraussetzungen von § 11d Abs. 2 Nr. 3 2. HS und Nr. 4 RStV wird dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Möglichkeit eröffnet, auch nichtsendungsbezogene Telemedien anzubieten, sofern diese einem Drei-Stufen-Test nach § 11f RStV Stand gehalten haben. Das gilt aber nicht für presseähnliche nichtsendungsbezogene Telemedien nach § 11d Abs. 2 Nr. 3 letzter HS RStV. Das Angebot derartiger Telemedien ist dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausdrücklich untersagt, um unerwünschte Wettbewerbsvorteile des gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegenüber der Presse zu verhindern.[185] Der Vorteil der Gebührenfinanzierung ist nämlich nur in den Bereichen gerechtfertigt, in denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk die ihm zugewiesene Aufgabe der Grundversorgung erfüllen muss. Diese Regelung war im Vorfeld des 12. RÄStV heftig umstritten. Insbesondere von Seiten der Zeitungsverleger wurde ein weites Verständnis des Begriffs gefordert, um durch einen möglichst weitgehenden Ausschluss des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus dem Bereich des Online-Journalismus die eigene Marktposition zu sichern.[186] Nach der nunmehr geltenden Lösung hat sich kein gänzliches Verbot presseähnlicher nichtsendungsbezogener Telemedienangebote durchgesetzt. Die Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV bestimmt, dass ein „presseähnliches Angebot nicht nur elektronische Ausgaben von Printmedien, sondern alle journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen“, umfasst. Angesichts der Medienkonvergenz kann diese Definition höchstens Anhaltspunkte für eine Abgrenzung liefern. Jedenfalls muss auf die (besonders textbezogene) Gestaltung des Gesamtbilds eines Angebots abgestellt werden, da die sonstigen Merkmale wenig trennscharf sind. Im Sommer 2010 wurde der Streit um die Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch ein von der GVK in Auftrag gegebenes Gutachten zur Erstreckung des öffentlich-rechtlichen Grundversorgungsauftrags wieder aktuell, in dem der ehemalige Präsident des BVerfG Papier die weitreichende Auffassung vertritt, der öffentlich-rechtliche Grundversorgungsauftrag erstrecke sich von Verfassungs wegen auf jegliche Berichterstattung im Internet.[187] Höchstrichterlich geklärt ist inzwischen die Kontroverse diverser Zeitungsverleger mit ARD und NDR über den Umfang dieses Auftrags im Hinblick auf die Zulässigkeit der Tagesschau-App unter dem Aspekt der Presseähnlichkeit.[188]

Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

Подняться наверх