Читать книгу Das magische Buch 3 - Voodoo - Anne-Marie Donslund - Страница 7
Hunger
ОглавлениеAnna könnte genauso gut von einem anderen Planten kommen, wie sie so mit ihrem schwarzen Outfit und den roten Haaren auf meinem Bett sitzt und sich umsieht. Währenddessen kann ich Malthe vor der Tür hören. Ich möchte wetten, dass er durchs Schlüsselloch guckt, weil er sich nicht rein traut. Das wäre ihm nie passiert, wenn Julie und Helena zu Besuch wären. Da käme er einfach reingelaufen und hätte sich in ihre Arme geschmissen. Sie fanden ihn immer so niedlich.
Ja, so war das damals. Aber jetzt ist alles anders.
Annas Stirn ist ganz runzelig, wie sie sich so kritisch umsieht. Ich folge ihrem Blick und plötzlich sehe ich es auch ganz deutlich: Mein Zimmer ist total kindisch. Rosa-weiß mit vielen Blumen und albernen Postern. Sogar das neue mit dem sich küssenden Paar bei Sonnenuntergang wirkt jetzt lächerlich. Ich hatte es mir bei IKEA ausgesucht, weil der Junge auf dem Bild mich an Kasper erinnerte.
Anna pustet in die Teetasse und nimmt vorsichtig einen Schluck.
„Mmm, Kräutertee“, sagt sie. „Hast du auch was zu essen? Ich habe seit gestern nichts mehr gegessen.“
Ich nicke, halte den Zeigefinger vor meinen Mund und deute zur Tür. Anna setzt sich etwas im Bett auf; sie lächelt beinahe. Ich schleiche mich zur Tür und reiße sie mit einem Schlag auf. Malthe fällt in mein Zimmer.
„Gefangen! Jetzt wirst du abgekitzelt!“, rufe ich. Aber er windet sich aus meinen Armen und rennt davon. Anna sieht nicht wie jemand aus, der kleine Brüder auch nur im Geringsten süß findet. Ich nicke ihr zu:
„Na, dann komm, wir gucken mal in der Küche!“
Mir fällt auf, wie dünn Annas Arme und Finger sind, als sie sich drei Klappstullen mit Tomaten schmiert.
Sie sagt noch einmal, sie sei Vegetarierin. Keine toten Tiere für sie! Mama hält sich dezent im Hintergrund, aber ihr Blick streift uns ständig und überwacht uns, so als würde Anna gleich etwas klauen wollen. Aber es ist auch wirklich merkwürdig, wenn sie seit gestern nichts gegessen hat. Auch, dass sie ganz selbstverständlich das letzte Stück Brot genommen hat.... Aber wirklich mal, vielleicht hatte sie ja auch nur Angst davor, heute in der neuen Schule anzufangen. Schließlich isst sie keine Tiere und das muss doch bedeuten, sie kann niemandem etwas zu leide tun.
„Weißt du, wer auch Vegetarier war?“, fragt sie und drückt die Majo-Tube über den Broten leer.
„Nee... Also Helena isst auch nicht viel Fleisch, weil sie ja Model ist und man so aufgebläht wird, wenn...“
Anna starrt mich mit leerem Blick an. Ich sollte also offensichtlich besser nicht von Helena und Models reden.
„Hitler!“, sagt sie dann.
„Was?“ Sagt sie Hitler zu Helena? Das ist sonderbar, aber auch irgendwie lustig. Ich muss jedenfalls lachen. Helena ist schon eine Art Diktatorin. Eine Modediktatorin. Eine Freundschaftsdiktatorin. Eine Klassendiktatorin. Und sie ist definitiv bereit, hart gegen die vorzugehen, die gegen sie sind. So wie gegen Anna.
„Hitler war Vegetarier. Krass, was, Ce?“
Ich nicke, verstehe aber nicht ganz, inwiefern das krass sein soll. Dafür macht mein Herz trotzdem so etwas wie einen Purzelbaum: Sie hat mich Ce genannt.
„Hast du Geschwister?“, frage ich.
Anna hat sich eine halbe Stulle in den Mund geschoben. Sie kaut genüsslich und nickt.
„Kleine?“, ich zeige auf Malthe, der sich sofort wieder versteckt.
Anna schüttelt den Kopf und wischt sich mit dem Handrücken den Mund ab. „Ich habe eine große Schwester. Bei der wohne ich auch.“