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Religionsgeschichte

Die Religionsgeschichte zeigt, dass die Erfahrung von Macht ein religiöses Urphänomen ist: »Da werden zum Beispiel Dinge als ›mächtig‹ erfahren: Steine, Metalle, Bäume, Berge, Wasser und Feuer« (Hauser, 99). Diese Erfahrung ist häufig verbunden mit dem Gefühl, etwas Geheimnisvollem begegnet zu sein, etwas, das unbegreiflich und ungreifbar bleibt. Macht ruft immer Staunen, aber zugleich auch Ehrfurcht und oft genug Angst hervor. So hatten die Menschen beispielsweise Angst vor der Macht des Donners und des Blitzes.

In der Magie wird der Fetisch als Machtträger gebraucht. Man nimmt zum Beispiel einen Stab und ist der Überzeugung, er sei voll von göttlicher Energie, daher könne man damit die Gefahr von Donner und Blitz von sich und vom Dorf abhalten. Ein Weg, mit der Macht umzugehen, war und ist auch heute noch häufig das Tabu: »Es bedeutet eine Art Warnung vor versammelter Macht. Als Gegenwehr umgeht man sie schweigend, spricht nicht von ihr. Der König, das Geschlechtsleben, bestimmte Zeiten zum Beispiel sind tabu. Das Numinose ist gefährlich, wer das Tabu verletzt, ist bedroht« (Hauser, 100).

Zu Beginn der Menschheitsgeschichte – und damit auch der Religionsgeschichte – wird die Macht der Dinge oft nur unklar mit der Macht eines großen Geistes oder eines Urvaters, einer Urmutter in Verbindung gebracht. Man kreist mehr um die einzelnen Dinge, ohne zu klären, woher ihre Macht stammt. Erst in den sowohl matriarchal wie auch patriarchal geprägten Kultreligionen werden die Machterfahrungen einer Göttin oder einem Gott zugeschrieben. Alle menschliche Macht, etwa die der Könige, wird in diesen Konzepten direkt von der Göttin oder von Gott stammend vorgestellt. Zudem erscheint die Macht der Göttin oder des Gottes in den Naturphänomenen, an bestimmten Orten, sogenannten Kraftorten, oder in bestimmten Menschen.

Die stoische Philosophie, die etwa um 300 v. Chr. entstand, gibt diesen Götterglauben auf. Sie setzt die »geheimnisvolle Allkraft, die der Grund des Seins aller Erscheinungen ist, mit der Gottheit gleich« (Hauser, 101). Die Stoa spricht also nicht mehr von einem persönlichen Gott, sondern von der Macht des Weltprinzips, das sie mit der Gottheit gleichsetzt. Hauser meint: »Auch diese unpersönlich abstrakten Aussagen geben noch Zeugnis für das Geheimnis der Macht, die der Mensch im Kosmos erfährt und der er nur mit ehrfürchtiger Scheu begegnen kann« (Hauser, 101).

Die Anschauungen früher Religionen wirken auch heute noch weiter. Viele Menschen schreiben Gegenständen – Medaillons, Anhängern, Steinen oder anderen Symbolen – eine bestimmte Macht zu. Christen halten das häufig für Aberglaube, auch wenn zumindest in der katholischen Kirche Reliquien und andere Symbole noch immer eine große Rolle spielen. Offensichtlich hat auch der heutige Mensch Sehnsucht nach einer Macht, die ihn schützt und der er sich anvertrauen kann.

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