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Sie marschierten zwar schnurgerade auf die Häusergruppe zu, aber nicht ohne jegliche Vorsicht außeracht zu lassen.

Die Gewehre hielten sie stets schussbereit. Falls sie von den Häusern aus angegriffen wurden, konnten sie sich damit gut verteidigen.

Sinnvollerweise gingen sie nicht als geschlossene Gruppe, sondern hielten Abstand zueinander. Das erschwerte zumindest einen hinterhältigen Angriff von dort vorn.

Unterwegs warfen sie auch immer wieder Blicke über die Schultern zurück.

Am Waldrand tat sich nichts.

Auch dem Himmel widmeten sie ihre Aufmerksamkeit.

Nichts zu sehen.

Aber das war auch so gewesen, bevor diese mehr als eigenartigen, obwohl nicht weniger tödlichen Kämpfer aufgetaucht waren.

Wenigstens hatten ihre Kampfanzüge nicht wirklich Schutzschirme!, dachte Hauptmann Krobar Tolum gerade, bevor er an einem der Fenster etwas blitzen sah.

„Hinwerfen!“, brüllte er.

Die anderen erschraken so sehr, dass sie sich schon ganz von allein fallen ließen.

„Zweites Haus von links, Fenster im Erdgeschoss. Erstes Fenster links, also knapp an der Ecke, über zwei Meter über Bodenniveau“, sagte er.

„Was haben Sie gesehen?“, knurrte der Admiral.

„Ein Blitzen. Ich weiß nicht, was es war, aber ich denke mir...“

„Gut beobachtet“, lobte ihn der Admiral überraschend. „Hat es sonst noch jemand gesehen?“

Niemand meldete sich.

Sie lagen auf dem Bauch, die Gewehre im Anschlag, und spähten gebannt hinüber.

Die vorderen Häuser waren nur noch knapp dreißig Meter entfernt. Mit ihren kleinen Waffen schier unüberbrückbar, aber mit den Gewehren sicherlich zu schaffen.

Alle sahen, dass dieses eine Fenster tatsächlich offen stand. Alle anderen jedoch wirkten geschlossen.

Sie waren wie blinde Augen. Dunkel. Als hätten sie keine Verglasung, in denen sich das Tageslicht spiegeln konnte.

Und ausgerechnet bei dem einen Fenster, das offensichtlich offen stand, hatte etwas geblitzt?

Also, wenn das nicht verdächtig war.

Minutenlang rührten sie sich nicht von der Stelle.

„Wenn wir uns jetzt kriechend weiter auf die Häuser zu bewegen sollen, muss ich passen!“, maulte auf einmal Conina Dorino. „Hat jemand was dagegen, wenn ich aufstehe und geduckt weiter laufe?“

„Nur Sie!“, befahl der Admiral. „Wir geben Ihnen Feuerschutz. Laufen Sie geduckt bis zum Haus. Das heißt bis sie sich im toten Winkel zu diesem Fenster befinden.“

„Gut, wird gemacht, Admiral!“, versprach Conina Dorino und rappelte sich vom Boden auf, ohne jenes Fenster aus den Augen zu lassen.

Als sie geduckt los lief, betrachtete sie jedoch nicht nur dieses eine Fenster, sondern versuchte, nicht den Überblick zu verlieren.

Nichts rührte sich. Die Häuseransammlung wirkte wie ein Geisterdorf. Mit jedem Schritt, den sie sich jetzt näherte, verstärkte sich in ihr die Beklemmung.

Auf einmal hatte sie das Gefühl, diese Fenster wären gar keine Fenster, sondern tatsächlich... Augen, die sie genauestens beobachteten.

Waren sie wirklich geschlossen? Wieso waren sie so finster? Wirklich weil sie nicht verglast waren?

Coninas Atem ging keuchend. Sie war eine ausgebildete und durchtrainierte Soldatin. Wieso hatte sie dann solche Angst?

„Es ist der Held, der seine Angst überwindet, und es ist der Feigling, der seiner Angst unterliegt!“, murmelte sie grimmig und knirschte unbewusst mit den Zähnen.

Noch fünf Meter bis zu diesem Fenster. Das hieß, noch wenige Schritte, bis sie sich im toten Winkel befand.

Und in diesem Moment richtete sich eine Gestalt im Innern des halbdunklen Raumes auf und schoss auf Conina Dorino.

Auch ihre Kameraden schossen, beinahe alle gleichzeitig, aber keiner schien zu treffen.

Hätte sich Conina Dorino nicht blitzschnell zur Seite geworfen, wäre sie jedoch voll getroffen worden.

Noch im Fallen schoss sie zurück.

Sie sah genau, dass der Energiestrahl ins Ziel traf, doch durch dieses Ziel glatt hindurch ging, ohne Schaden anzurichten.

Verdammt, das ist ja genauso wie bei den Schiffen, die uns angriffen!, durchzuckte es sie.

Sie rollte am Boden weiter und stoppte erst an der Hauswand.

Diese war glatt wie die Oberfläche von Metall. Als Conina Dorino die Hand darauf legte und die Handschuh-Sensoren einschaltete, las sie die Temperatur ab: Zehn Grad!

Das bedeutete, die Hauswand war deutlich kühler als die Umgebung. Es war über dreißig Grad heiß, und auf Grund der hohen Luftfeuchtigkeit wäre es ohne Schutzanzüge kaum erträglich gewesen.

Die Luftfeuchtigkeit war hier, bei den Häusern, nicht geringer als im dichten Urwald.

Vorsichtig spähte Conina Dorino nach oben. Wenn sie sich ganz aufrichtete, konnte sie sich das Nachbarfenster genauer ansehen. Es war tatsächlich geschlossen, doch die Oberfläche des Glases, oder was auch immer dieses Material war, glänzte nicht. Sie war schwarz wie die sprichwörtliche Nacht. Als würde sie das Tageslicht regelrecht aufsaugen.

Sie widerstand dem Impuls, nach oben zu springen, um auch dort die Temperatur zu messen. Weil sie wieder an den Gegner dachte, der sich in dem fensterlosen Raum verschanzt hatte.

Wieso war er nicht getroffen worden?

Das stand doch in einem krassen Widerspruch: Die Raumschiffe waren wie Projektionen erschienen – und jetzt dieser Gegner ebenfalls? Aber wenn er nicht körperlich war, wieso konnte er dann eine Waffe halten und damit auf sie schießen?

Conina Dorino knirschte mal wieder mit den Zähnen, was ihr gar nicht bewusst wurde. Sie duckte sich nieder und schob sich dicht an der Hauswand vorbei, bis sie sich genau unter dem offenen Fenster befand.

Sie lauschte gebannt.

Kurz zögerte sie noch, doch dann schloss sie den Helm und schaltete auf Außenmikrophone. Jetzt konnte sie dieses hochdrehen und darüber Dinge hören, die sie mit unbewaffneten Ohren niemals hätte hören können.

Erst im normalen Hörbereich.

Nichts schien sich in dem Raum über ihr zu rühren. Keinerlei Geräusch wahrnehmbar.

Sie veränderte die Frequenzlage und machte damit auch Töne im Ultraschallbereich hörbar. Nur Tiere konnten solche Töne hören, Menschen noch nicht einmal annähernd. Falls dies nicht technisch ermöglicht wurde.

Wiederum nichts.

Sie regelte nach unten, in den tiefen Bassbereich, bis hin zu den Tönen, die unterhalb der menschlichen Hörschwelle lagen.

Ihr Anzug machte sie für sie hörbar.

Und da war es: Ein leises Brummen, wie von einer defekten Leuchtröhre, nur eben viel leiser und natürlich dermaßen tieftönend, dass man es mit den Ohren nicht wahrnehmen konnte.

Conina Dorino überlegte nicht länger. Sie duckte sich ein wenig tiefer, um sich danach wie von einer Sehne geschnellt nach oben zu katapultieren. Dabei glitt ihr das Gewehr aus beiden Händen und fiel vor dem Haus auf den Boden.

Conina Dorino erreichte das Fenstersims mit beiden Händen. Sie packte fest zu und riss sich mit einem einzigen Ruck weiter nach oben, flankte über den Fenstersims hinweg und ließ sich in das Innere des Raumes fallen.

Nicht um am Boden einfach so liegenzubleiben. Sie rollte sich seitwärts ab und griff gleichzeitig nach ihrer eigenen Waffe.

Dort, wo sie aufgetroffen war, zerfetzte ein Energiestrahl den Boden.

Sie sah, aus welcher Richtung dieser Schuss gekommen war. Eine Gestalt oder eher eine Art Schatten, der sich in die Ecke geduckt hatte. Anscheinend war ihr Eindringen für diesen Schatten so überraschend passiert, dass er zu spät geschossen hatte. Zum Glück für Conina Dorino.

Und jetzt schoss sie selber. Mit ihrer Handfeuerwaffe. Sie sah keine Kampfrüstung. Sie sah eben nur diesen Schatten.

Vielleicht sah er ja nur so aus, weil es überraschend dunkel war in diesem Raum? Ab zwei Meter vom offenen Fenster entfernt konnte man kaum noch etwas erkennen. Als würde der ganze Raum das Licht in sich aufsaugen, in der Art und Weise wie die Nachbarfenster.

Der Schuss aus der kleinen Strahlwaffe fuhr in die Brust des Schattens.

Conina Dorino wirbelte weiter und entging wiederum knapp einem Treffer, der sie wohl auf der Stelle getötet hätte. Es war kaum anzunehmen, dass ihr Schutzanzug gegen solche Strahlschüsse wirksamen Schutz bot.

Der nächste Schuss aus ihrer eigenen Waffe. Diesmal traf sie den Kopfbereich.

Und sie wich weiter zur Seite hin aus, bis sie mit der Schulter gegen die Wand stieß, während sie den Daumen nicht mehr vom Auslöser ließ.

Plötzlich gab es eine Stichflamme an der Stelle, an der sie den Schatten sah. Aus der Stichflamme kam keinerlei Hitze, aber als sie wieder erlosch, war der Schatten... verschwunden. Mit ihm auch die Waffe, die er gehalten hatte.

Diesmal gab es also keinerlei Hinterlassenschaft.

Inzwischen hatten sich die Augen Coninas an die dürftigen Lichtverhältnisse gewöhnt. Sie suchte den Raum ab, konnte aber nichts mehr finden. Ein kahler Raum, ohne Zugang. Oder aber der Zugang war so geschickt verborgen, dass man ihn nicht finden konnte.

Conina Dorino trat an das offene Fenster und winkte ihren Kameraden zu.

Zögernd standen sie auf und kamen langsam näher.

„Ich habe einen Schatten erledigt, mit meiner Handwaffe. Anscheinend hat er das nicht vertragen. Die Schüsse aus den Gewehren jedoch ließen ihn im wahrsten Sinne des Wortes kalt.“

Da hörte sie Krobar Tolum sagen:

„Kann es sein, dass die uns nur deshalb die Gewehre hinterlassen haben, weil man damit nichts ausrichten kann gegen die nächste gegnerische Welle?“

Donar Änn schmetterte ärgerlich sein erbeutetes Gewehr zu Boden und zog wieder seine kleine Waffe.

„Ich weiß nicht, ob das so ist. Ich weiß nur, dass ich mächtig sauer bin auf diejenigen, die hinter dieser Kette von absurden Ereignissen stehen.“

Das waren sie alle. Aber was nutzte es ihnen?

Conina flankte über die Fensterbrüstung nach draußen und kam mit katzengleicher Gewandtheit draußen am Boden an.

„Respekt, Respekt!“, sagte Donar Änn anerkennend. „Meine Liebe, ich vermute eine Vollausbildung zur Elitekämpferin? Aber wieso haben Sie das niemals auch nur mit einem Wort erwähnt?“

„Hätte ich das denn sollen?“, giftete sie ihn an. „Ich bin ja nicht Sie. Ich sehe keinen Sinn darin, damit anzugeben. Vor allem weil ich als Ortungsoffizier an Bord gekommen bin, nicht als Kämpferin.“

Donar Änn lachte plötzlich lauthals und wollte sich gar nicht mehr beruhigen.

„Verdammt noch mal, was ist los mit Ihnen!“, bellte ihn der Admiral an.

„Was mit mir los ist?“, fragte Donar Änn zurück, beruhigte sich endlich und wandte sich an ihn. „Wir sind alle fünf gut ausgebildet. Nicht nur in Schiffsführung, wie ich sehe. Schließlich hat man uns nicht umsonst zusammengewürfelt, um eine schnelle Eingreiftruppe anzuführen. Wir sind soeben dabei, uns zu beweisen, auch außerhalb eines Raumschiffes.“

Zolan Schubur schüttelte den Kopf und zeigte sich weit weniger optimistisch.

„Wir werden sehen, wohin das noch führt. Ob es überhaupt nützt gegen solche Gegner, die mit uns regelrecht spielen?“

Conina Dorino starrte ihn an und rief aus:

„Was sagen Sie da? Könnten Sie das vielleicht noch einmal wiederholen?“

„Hä? Was nun? Ich sagte doch bloß, dass die regelrecht mit uns spielen.“

„Spielen!“, brüllte sie jetzt und reckte die Faust gen Himmel. „Ihr verdammten Mistkerle, wo auch immer ihr steckt: Das ist für euch nur so eine Art Spiel, was? Und dafür sind so viele Menschen gestorben und habt ihr unser schönes Schiff geschrottet?

Und was ist letztlich der Preis bei diesem Spiel? Na?

Ich sage es euch: Eure Köpfe! Wer auch immer ihr seid, ihr werdet bitter dafür bezahlen, dass ihr euch mit uns eingelassen habt!“

Aus ihren Augen schienen Funken zu sprühen, und sie wollte sich nicht so schnell wieder beruhigen.

Keiner wagte es, etwas zu unternehmen. Sie warteten einfach nur ab.

Conina beruhigte sich irgendwann auch von selbst.

Sie wandte sich an den Admiral.

„Entschuldigung, steht irgendwo auch in meiner Akte: Neigt in Extremsituationen dazu, die Nerven zu verlieren! Stimmt leider. Aber ich verspreche Ihnen: Schlimmer wird es nicht, und ich gehe niemals so weit, dass ich meine Aufgaben auch nur vernachlässige geschweige denn nicht zur vollsten Zufriedenheit ausführe.“

Diesmal war es der Admiral, der lachte.

Er klopfte seinem weiblichen Ortungsoffizier ziemlich heftig auf die Schulter.

„Verdammt noch eins, noch niemals in meinem ganzen Leben war mir ein Weibsstück dermaßen sympathisch! Willkommen an Bord. Bei uns sind Sie genau richtig.“

Er schnalzte genüsslich mit der Zunge.

„Falls wir das hier wirklich überleben sollten: Ich werde niemals wieder einen Unterschied machen, nur weil Sie eine Frau sind. Das verspreche ich hoch und heilig.“

„Na, solange sie jetzt nicht gleich mit mir ins Bett steigen wollen...“

Der Admiral erschrak sichtlich.

„Aber nicht doch, Hauptmann, so einer bin ich nicht. Das müssten Sie eigentlich längst wissen.“

Sie nickte lächelnd.

„Natürlich, weiß ich doch. War doch nur ein Scherz.“

„Na, da bin ich aber beruhigt.“

„Und ich erst!“

SF Space Action Weltraum Abenteuer Paket Weihnachten 2018

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