Читать книгу SF Space Action Weltraum Abenteuer Paket Weihnachten 2018 - Antje Ippensen - Страница 71
Оглавление3
John Darran ließ eine Vollversammlung aller seiner Leute einberufen.
Sie trafen sich in der Kommandozentrale des Kugelraumers, dessen Beiboot Darran in EXPLORER II umbenannt hatte - benannt nach einem der vergleichsweise primitiven irdischen Star Ships, mit denen sie gekommen waren.
Es herrschte eine eigenartige Stimmung, während sich die Kommandozentrale mit den Männern der Star Force füllte.
Net Rovan betrachtete Darran von der Seite, bemerkte die Anspannung im Gesicht des Commanders.
Ein entscheidender Moment lag vor ihnen allen. Darran musste auch jene überzeugen, die während des letzten Probefluges der EXPLORER II auf dem Mars zurückgeblieben waren. Die meisten von ihnen waren damit beschäftigt gewesen, auch das zweite Beiboot des Kugelraumers wieder instand zu setzen. Nachdem sie der Induktiv-Schulung unterzogen worden waren, war das ein lösbares Problem geworden.
Er muss alles auf eine Karte setzen, dachte Net Rovan, während sein Blick noch immer auf dem Commander ruhte. Eine andere Möglichkeit bleibt ihm nicht. Er hat sich jetzt so weit vorgewagt - für ihn gibt es kein Zurück mehr.
Rovan atmete tief durch.
Er konnte sich nicht erinnern, jemals bei irgendeinem Kommandounternehmen oder in einer anderen brenzligen Situation, in die er als Angehöriger der Star Force geraten war, ein derart mulmiges Gefühl in der Magengegend empfunden zu haben.
Hängt vielleicht damit zusammen, dass du in solchen Augenblicken nie Zeit genug zum Nachdenken hattest!, überlegte Rovan.
Die Star Force Männer sahen Darran erwartungsvoll an.
Gemurmel entstand unter jenen, die noch nichts von John Darrans Plan wussten.
Darran wandte den Kopf.
Sein Blick traf sich mit dem Net Rovans.
"Was machen wir, wenn einige nicht bereit sind, ihr ganzes irdisches Leben hinter sich zu lassen und Ihnen zu folgen, Commander?", raunte Rovan.
Darran hob die Augenbrauen.
"Dann werden wir das akzeptieren müssen!"
"Sollen wir sie einfach davonziehen lassen?"
"Sie könnten ein Star Ship nehmen und damit zur Erde zurückfliegen. Aber warten wir erstmal ab!"
"Viel Glück, John!", sagte Rovan dann.
Darran nickte nur leicht. Davon werde ich jetzt eine ganze Menge brauchen, dachte er.
Schließlich waren sie alle vollzählig.
Totenstille herrschte in der Kommandozentrale des Kugelraumers.
Alle Augen waren auf den Commander gerichtet. Jeder der Anwesenden spürte, dass dies keine gewöhnliche Dienstbesprechung war. Keine Besprechung wie Dutzende andere zuvor. Deutliche Anspannung machte sich bei den Star Force-Leuten bemerkbar.
Jeder im Raum wusste, dass etwas sehr wichtiges bevorstand.
"Wir haben ein Problem", begann Darran. "Und deswegen habe ich Sie alle hier zusammengerufen. Vielleicht wird sich der eine oder andere von Ihnen auch bereits Gedanken darüber gemacht haben. Spätestens seit Sie die Induktiv-Schulung absolviert haben und die wahre Macht der außerirdischen Technologie abzuschätzen in der Lage sind." Und dann setzte John Darran ihnen seine Gedanken auseinander wie zuvor schon den Männern an Bord der EXPLORER II.
Er sprach mit ruhiger, überlegt klingender Stimme, brachte die Argumente mit der nötigen Nüchternheit vor - ließ aber auch die Zweifel erkennen, die ihn geplagt hatten. Zweifel, die er jetzt zu Gunsten einer klaren Entscheidung in den Hintergrund gedrängt hatte.
Das musste einfach sein. Die Zeit des Zögerns und der Überlegung musste zu Ende gehen. Jetzt musste gehandelt werden. Bevor andere handelten.
Nachdem John Darran geendet hatte, herrschte einige Augenblicke lang wieder Stille.
Einigen der Gesichter sah man an, wie schockiert sie waren.
Ein Commander der Star Force rief sie alle zu nichts weniger auf als zum Ungehorsam gegenüber jener Organisation, der sie alle dienten. Zum Hochverrat gegenüber der Nation, der sie dienten – der Westunion, die für sie alle die Freiheit und den Fortschritt symbolisierte.
"Das ist Meuterei!", rief jemand. "Schlicht und ergreifend Meuterei! Es mit einem anderen Begriff zu bezeichnen wäre Verharmlosung!"
Darrans Blick schwenkte herum.
Er sah in das schreckverzerrte Gesicht von Sergeant Pablo Maranas. Ein Gemurmel entstand. Hier und da regte sich Zustimmung und Empörung.
"Ich weiß, was ich verlange, vor welche Wahl ich Sie stelle", erklärte Darran und das Gemurmel legte sich wieder. Die natürliche Autorität Darrans zeigte Wirkung. "Jeden einzelnen von Ihnen... Und ich weiß auch, dass ich im Grunde von jedem hier erwarte, dass er alles Bord wirft, woran er sein bisheriges Leben lang geglaubt hat. Von der Karriere und solchen banalen Dingen mal ganz abgesehen, dass ist ein anderes Kapitel. Aber auch das will ich nicht unterschätzen!"
Darran registrierte, dass seine Autorität noch ihre Wirkung zeigte.
Aber ihm war sehr wohl bewusst, dass die Stimmung im Handumdrehen kippen konnte. Alles stand auf Messers Schneide.
"Verdammt nochmal, warum glauben Sie eigentlich, besser dafür geeignet zu sein, über das Schicksal der Erde zu entscheiden als unsere Regierung?", rief Maranas erbost.
Einige andere Männer knurrten etwas, das wie verhaltene Zustimmung klang.
"Ja, wie kommt er eigentlich dazu?"
"Hält er sich für einen Übermenschen oder so etwas?"
"Verdammt, setzen wir ihn fest und stecken ihn in eine Arrestzelle!"
Darran blieb gelassen.
Er verstand diese Leute nur zu gut.
Was er ihnen vorgeschlagen hatte, musste geradezu ungeheuerlich in ihren Ohren klingen.
"Bis unsere Regierung den Ernst der Lage wirklich erkannt hat, wird es längst zu spät sein. Wir müssen jederzeit damit rechnen, dass die fremden Angreifer, die den Kugelraumer kampfunfähig geschossen haben, zurückkehren... Und bis dahin müssen wir alles tun, um vorbereitet zu sein."
"Das ist doch illusorisch!", meinte Sergeant Norman Coburn kopfschüttelnd. Darran kannte ihn gut. Coburn war eigentlich ein gutmütiger Mensch, aber man tat besser daran, seine Reizschwelle nicht zu überschreiten...
Aber diesmal konnte ich ihm das nicht ersparen!, dachte Darran.
Der Commander bedachte den Sergeant mit einem ruhigen Blick.
Die sonore Stimme strahlte Sicherheit aus. Viel mehr Sicherheit, als Darran selbst in diesem Moment empfand. Aber nach außen hin durfte er jetzt keine Schwäche zeigen, durfte keinerlei Zweifel an seiner Entschlossenheit aufkommen lassen. Nur so konnte er diese Leute überzeugen. Stärke zeigen, das ist es...
"Wir müssen es versuchen", erklärte Darran. "Jedenfalls bin ich fest entschlossen dazu. Ich bin nicht bereit, einfach die Hände in den Schoß zu legen und abzuwarten, was passiert. Wir wissen so gut wie nichts von dem, was da draußen in der Galaxis vor sich geht... Aber was unten auf der Erde mit dem Wissen der Fremden passieren wird, das lässt sich an den Fingern einer Hand ausrechnen. Die PAZIV und die Westunion werden sich zerfleischen, um in den Besitz der Alien-Technologie zu kommen... Es geht um die Menschheit, Sergeant Coburn!"
Ein anderer Sergeant meldete sich Wort.
Er hieß Rufus Blackwood, war 39 Jahre alt und eine Art Mädchen für alles, was technische Dinge anging. Seine Ärmel waren hochgeschoben, so dass man die tätowierten Unterarme sehen konnte.
"Ich hatte immer einen verdammt großen Respekt vor Ihnen Commander", erklärte er, räusperte sich dann und druckste etwas herum. Mit einer nervösen Geste fuhr er sich über das Gesicht. Dann endlich sprach er weiter. "Ich nehme an, dass jeder von uns Angehörige unten auf der Erde hat. Menschen, die uns wichtig sind, die wir lieben... Haben Sie daran mal gedacht, Commander?"
Commander Darran nickte.
"Ja, das habe ich. Es geht mir da nicht anders als Ihnen allen."
"Wir werden lange nicht zurückkehren können, wenn wir Ihnen folgen, Commander."
"Das ist nicht auszuschließen. Aber wenn wir es nicht tun, dann gibt es 'da unten' wie Sie sich ausdrückten vielleicht schon bald niemanden mehr... Jeder von Ihnen hat eine Induktiv-Schulung hinter sich. Und wenn Sie damit auch nicht das komplette Wissen jener Spezies besitzen, die den Kugelraumer ursprünglich benutzte, so wissen Sie doch mehr als genug, um sich vorzustellen, was ein Schiff wie die EXPLORER II in den falschen Händen bedeutet..."
"Der Commander hat recht!", mischte sich nun Sergeant Cole Indish ein, ein dunkelhaariger Mechaniker, von dem Darran wusste, dass man sich absolut auf ihn verlassen konnte. "Wir dürfen es einfach nicht zulassen..."
Coburn war noch immer skeptisch. "Wir müssten Verstärkung haben! Mit dieser Handvoll Leute können wir kaum etwas ausrichten."
"Das stimmt", gab Darran zu. "Wir werden uns verstärken müssen."
"Und wie soll das geschehen?"
"Wir werden früher oder später mit der EXPLORER II oder ihrem Schwesterschiff auf der Erde landen und alle diejenigen aufnehmen, die sich uns anschließen wollen. Manche werden wir gezielt ansprechen müssen. Fachkräfte, Wissenschaftler, Techniker... Mit Hilfe der Technologie des Kugelraumers werden wir hier eine neue Macht aufbauen, die vielleicht verhindern kann, dass für die Erde der jüngste Tag anbricht."
"Und wo sollen all diese Leute wohnen?", fragte Rufus Blackwood. "Hier im Wrack des Kugelraumers vielleicht? In der Station im Lowell-Krater dürfte es auch ziemlich eng werden..."
"Und wenn die Feinde der Roboter zurückkehren, dann dürfte ein einziger Schuss genügen, um dieser 'neuen Macht' ein Ende zu setzen!", kommentierte Cole Indish ziemlich bissig.
Gemurmel brandete durch den Raum.
John Darran hob die Hände. Es dauerte eine Weile, bis die Anwesenden sich wieder einigermaßen beruhigt hatten.
"Wir werden diese Station mit Hilfe der fremden Technologie, die uns in die Hände gefallen ist, umbauen", kündigte Darran an. Er machte eine Pause, ging ein paar Schritte nach vorn und blieb dann stehen. Sein Blick musterte die Gesichter seiner Leute. Schließlich fuhr er fort: "Wir werden daraus Port Mars machen, eine unabhängige Stadt auf dem Mars, die es mit jeder Macht der Erde aufnehmen und in einiger Zeit vielleicht sogar Bedrohungen von außerhalb des Sonnensystems die Stirn bieten kann..."
Port Mars - ein Name, der wie ein Programm klingt!, dachte Net Rovan, während er den Worten des Commanders zuhörte.
Es wird nie wieder so werden wie es war, ging es ihm dann durch den Kopf. Die Zeiten, in denen der Mensch annehmen konnte, allein im Kosmos zu sein waren vorbei. Und damit auch die Zeiten, in denen sich die Menschheit vor allem darauf konzentriert hatte, sich selbst an den Rand des Abgrunds zu bringen...
Seltsam, dachte Rovan. Jeden anderen, der so daherredet wie der Commander, hätte ich für einen Spinner gehalten. Aber bei ihm klingt es so, als gäbe es gar keine Alternative.
"Ich kann niemanden dazu zwingen, sich meinem Plan anzuschließen", sagte Darran. "Wenn jemand von Ihnen dagegen ist, soll er es sagen. Wir werden für diejenigen, die sich uns nicht anschließen wollen, versuchen, eine Möglichkeit zur Rückkehr zu finden..."
Niemand meldete sich.
"Dann gehe ich davon aus, dass ich mich weiterhin so auf Sie verlassen kann, wie bisher."
Zustimmendes Gemurmel ertönte.
Net Rovan trat näher an Darran.
"Ich glaube, du hast gewonnen, John!"
Aber John Darran schüttelte den Kopf.
"Dies ist der Anfang", sagte er.
Ihm war bewusst, dass die tatsächlichen Bewährungsproben erst noch vor ihm lagen.
Und darum wollte sich ein Gefühl der Erleichterung auch nicht einstellen.