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Jay Sindraman, Vier-Sterne-General und Leiter der verschiedenen PAZIV-Geheimdienste, setzte die Datenbrille ab. Eigentlich hatte er damit Dossiers bearbeiten sollen, aber statt dessen hatten er sich einen Hollywood-Film aus der dekadenten Westunion angesehen. Die dortige Filmproduktion war jener im PAZIV-Bereich nach wie vor überlegen, auch wenn Hollywood inzwischen durch Bombay ('Bollywood') erhebliche Konkurrenz bekommen hatte.

Das allgegenwärtige World Wide Web machte es möglich, an jedem Punkt des Globus jeden Film downzuloaden.

Inzwischen war es selbst hier, in der geheimen viertausend Meter unter dem Meeresspiegel gelegenen Sicherheitszentrale der PAZIV möglich, Kontakt zum erdumspannenden Datennetz herzustellen. Und jemand vom Rang General Jay Sindramans ließ es sich nicht nehmen, davon ausgiebig Gebrauch zu machen. Mochte es sich dabei nun um Produkte der dekadenten Gegner auf der anderen Seite des Globus handeln oder nicht.

Jay Sindraman mußte schmunzeln.

So starr und undurchlässig die Grenzen auf politischer Ebene auch geworden waren, die Datenströme des World Wide Web waren einfach nicht zu kontrollieren. Natürlich hatte es in den vergangenen gut sechzig Jahren seit Installierung des Internet immer wieder Versuche gegeben, das Netz politisch zu bevormunden. Es hatte sich als unmöglich erwiesen. Länder, die versucht hatten, sich von der Netz-Gemeinde abzukoppeln, hatten das in der Vergangenheit stets teuer bezahlt. Mit Rückständigkeit und dem Abgeschnittensein von Handel und Know-how. Nichteinmal der große Krieg von 2031 hatte daran etwas geändert.

'Es bleibet dabei, die Bits sind frei...', ging Sindraman die leicht abgeänderte Fassung eines alten deutschen Liedes durch den Kopf.

Sindraman hatte als junger Mann ein paar Jahre in Deutschland verbracht, als dort zu Beginn des Jahrhunderts Computerspezialisten gesucht worden waren.

Eine Ewigkeit ist das her, ging es Sindraman durch den Kopf.

Inzwischen war er ein Mann von beinahe neunzig Jahren. Aber er dachte nicht im Traum daran, sich aus seinen Funktionen zurückzuziehen. Körperlich war er fit und geistig konnte er es mit seiner immensen Erfahrung, die er in all den Jahren gesammelt hatte, ohnehin mit jedem Rivalen aufnehmen.

Alles steuert auf einen großen Krieg zu, ging es Sindraman durch den Kopf. Wer weiß, wie lange in Hollywood überhaupt noch Filme produziert werden können... Schon sehr bald könnten die Studios in Schutt und Asche liegen. Die ballistischen Raketen lagern nur in ihren Silos und warten darauf, das die Knöpfe gedrückt werden... Auf beiden Seiten! Und von den chemisch-biologischen Waffen ganz zu schweigen, die ebenfalls einsatzbereit sind.

Es gab einige wenige Orte auf der Erde, die sicher waren.

Sicher vor jedweder Vernichtungswaffe, ob es sich nun um Raketen, Atomsprengköpfe, Laserwaffen oder chemisch-biologische Kampfmittel handelte.

Und an einem dieser Orte befand Sindraman sich jetzt.

Ein schwacher Trost angesichts der gegenwärtigen politischen Entwicklung auf diesem geschundenen Planeten, dachte er.

Das Hauptquartier des Sicherheitsdienstes der Pazifischen Vereinigung, kurz PAZIV genannt. Es handelte sich um eine Unterwasserstation von gigantischem Ausmaß, die tief in den Meeresboden hineingegraben worden war. Sie hatte noch nicht einmal einen offiziellen Namen. Und selbst die 'andere Seite' wusste nur, dass dieser Ort existierte. Irgendwo im Pazifik oder im Indischen Ozean.

Der genaue Ort war unbekannt. Und das war gut so.

X-Point nannten die Geheimdienstler der Westunion diese Geheimstation.

Sindraman wusste das, weil er Agenten in wichtigen Positionen der Westunion installiert hatte und so über ein hervorragendes Informantennetz verfügte.

X-Point -—dieser Name hatte sich im internen Gebrauch inzwischen sogar bei Sindraman und seinen Leuten eingebürgert.

Wenn es einen Ort gab, an dem man günstigste Überlebenschancen für jede Art von Katastrophen hatte, dann war es X-Point.

Eine Stimme meldete sich über das Interkom auf dem Schreibtisch.

"Major Sung ist eingetroffen und mit ausreichendem Security-Faktor identifiziert!", erklärte die Stimme. Es handelte sich um die Kunststimme des Computersystems, das die Iris- und Handflächenscans bearbeitete, die jeder über sich ergehen lassen musste, der zu General Sindraman vordringen wollte.

"Major Sung soll hereinkommen", antwortete Sindraman. "Ich warte schon auf ihn."

Eine Schiebetür öffnete sich mit einem surrenden Laut.

Major Sung betrat den Raum. Der Chinese war halb so alt wie Sindraman, von kleiner Statur aber sehr drahtig. Das Haar war blauschwarz, was in gewissem Gegensatz zu den Falten stand, die sich im Gesicht des Majors bereits gebildet hatten. Zweifellos waren sie gefärbt oder er trug ein organisches Haarteil. Jay Sindraman amüsierte die Eitelkeit seines Gegenübers. Kein graues Haar durfte zu sehen sein. Auf den Inder wirkte das lächerlich.

Das Alter wird in der chinesischen Kultur verehrt - aber niemand niemand möchte alt aussehen!, ging es Sindraman mit einem sarkastischen Lächeln um die Mundwinkel durch den Kopf. Er hatte das oft erlebt. Ein Inder hatte keine Probleme damit, sich mit grauen Haaren oder Halbglatze zu zeigen. Ein Chinese versuchte das um jeden Preis zu vermeiden.

Major Sung nahm Haltung an. Unter dem linken Arm trug er ein winziges Laptop, auf dem vermutlich seine Unterlagen gespeichert waren.

"Stehen Sie bequem, Major und setzen Sie sich!"

"Danke, General!"

Sindraman deutete auf einen der schlichten Bambussessel in seinem Büro. Er hatte darauf geachtet, in dieser weitgehend künstlichen Umgebung, tief unter der Meeresoberfläche, so oft wie möglich natürliche Materialien zu verwenden. Materialien, die ihn an das Leben 'da oben' erinnerten. Lebendig begraben unter Milliarden von Kubikmetern Salzwasser wollte der General den Kontakt mit der 'dort oben' nicht ganz verlieren.

Vermutlich wird sich mit der Zeit der Begriff von 'Natürlichkeit' verändern, ging es Sindraman durch den Kopf. Sowohl was die vielen PAZIV-Bürger angeht, die inzwischen in Unterwasserstädten lebten, als auch was die Menschen der Westunion betrifft, die versuchen den Weltraum zu erobern. Das Leben passt sich an. So ist es seit Jahrmilliarden. An neue Lebensräume, so extrem sie auch sein mögen. Das gilt für fremde Planeten ebenso wie für den Grund des Meeres.

Die PAZIV hatte dabei nach Ansicht Sindramans im Vergleich mit der Westunion das bessere Los gezogen. Daran bestand für ihn nicht der geringste Zweifel.

Verglichen mit den ungastlichen Gesteinsbrocken, die außerhalb der Erdumlaufbahn durch das All zogen und sich Planeten nannten, war der Meeresgrund ein vergleichsweise freundlicher und leicht zu erschließender Ort.

Ein Ort voller bislang verborgener Rohstoffe und Geheimnisse.

Und voller Leben. Leben, das in seiner wahren Vielfalt bis heute noch nicht gänzlich bekannt war. Ein großer Teil der hier unten lebenden Spezies würden sich auf lange Sicht mit Sicherheit wirtschaftlich ausbeuten lassen. Etwa die besonders schnell wachsenden Riesenkraken, von denen man sich vorstellen konnte, daß sie bei einer industriellen Nutzung zu begehrten Eiweißlieferanten wurden. Kein Tier, das an der Oberfläche lebte, kein Rind und kein Schwein konnte eine vergleichbare Wachstumsrate aufweisen.

Und die Gentechnik lieferte zusätzliche Möglichkeiten, an denen die Wissenschaftler der PAZIV bereits fleißig arbeiteten. So gab es unterseeische Versuchsfarmen mit gentechnisch veränderten Walen, auf deren massigen Körpern sich Eiweißknollen bildeten. Knollen, die abgeerntet werden konnten und nachwuchsen wie Fingernägel oder Haare. Außerdem versuchte man in hydroponischen Anlagen den Algenreichtum der Meere als Nahrungslieferant zu erschließen. Das war angesichts der erst in den letzten Jahren langsam zum Stillstand gekommenen Bevölkerungsexplosion im PAZIV-Gebiet auch dringend notwendig.

Die Zukunft gehörte dem Meer.

Und der Pazifischen Vereinigung, kurz PAZIV.

Davon war General Jay Sindraman – bei aller Skepsis, die ansonsten in ihm herrschte – zutiefst überzeugt.

Allerdings hatte die Fokussierung auf die Weltmeere auch ihren Preis gehabt. Die Vernachlässigung der Raumfahrttechnik. Und in der unerwarteten, alles über den Haufen werfenden Lage, die seit den jüngsten Ereignissen auf dem Mars eingetreten war, konnte dieser Umstand durchaus ein Nachteil für die PAZIV werden. Sindraman war sich dieses Umstandes voll bewusst.

Was den Großteil der übrigen PAZIV-Machtelite anbetraf, hatte der General da allerdings seine erheblichen Zweifel.

Jay Sindraman wandte Major Sung einen nachdenklichen Blick zu.

Verbirgt sich hinter diesen regungslosen Zügen auch eine Meinung zu diesen Fragen?, überlegte er. Oder ist da nichts, als sture Erfüllung von Befehlen?

Jay Sindraman vermutete eher letzteres.

Er hat Ambitionen!, erkannte der General. Auch wenn er versucht, diese Tatsache so gut es geht zu verbergen. Aber du wirst ihn im Auge behalten müssen. Sehr genau sogar... Und bevor er versucht, dich alten Mann abzuservieren, wirst du ihn stolpern lassen, wie so viele andere vor ihm. Du hast so viele kommen und gehen sehen.

Major Sung wird einer von ihnen sein...

"General Sindraman, die Lage spitzt sich zu", erklärte Major Sung, der jetzt sein Laptop aufklappte und aktivierte. Seine Bewegungen waren schnell und sicher. Ein Mann, der im richtigen Moment zuzupacken weiß, dachte Jay Sindraman. Das Gerät ruhte auf seinem linken Knie. Seine Hände glitten über die Tastatur. Ein vertrautes, klackerndes Geräusch. "Einen Moment noch", murmelte Sung.

Sindraman lächelte.

"Sagt Konfuzius nicht 'Eile mit Weile'?"

Major Sung blickte auf, schien leicht irritiert zu sein. "Ich kenne mich mit Konfuzius nicht so aus", bekannte er.

"Verwunderlich – für einen Chinesen." Sindraman amüsierte das.

Major Sung war um Fassung bemüht, konnte aber seinen Ärger trotz des maskenhaften Gesichts nicht ganz verbergen. Es war die dunkelrote Gesichtsfarbe, die ihn unmissverständlich verriet. Das Gesicht wahren, dachte Sindraman. Eine chinesische Tradition, die wohl auch etwas aus der Mode gekommen zu sein scheint...

Zumindest, was den Grad an Perfektion angeht, mit der sie beherrscht wird!

"Mir scheint, Ihnen schweben veraltete Klischeebilder vor, General Sindraman – wenn ich das bei allem Respekt bemerken darf."

"Sie dürfen...", nickte General Sindraman.

Er musterte das unbewegliche Gesicht des Chinesen. Bei allem Respekt!, echote es in General Jay Sindramans Bewusstsein. Das klingt beinahe wie Hohn. Bedachte man, dass Sung aus einer Kultur kam, in der die Achtung vor dem Ranghöheren einen besonderen Stellenwert hatte, war Major Sungs Bemerkung beinahe schon ein Affront.Warum tut er das?, fragte sich General Sindraman. Was gibt ihm den Mut dazu? Ihm – diesem sonst so speichelleckerischen Subalternen? Es gab nur eine mögliche Erklärung dafür. Irgendjemand stand hinter ihm, protegierte ihn, deckte ihn nötigenfalls auch.

Irgendjemand schickte diesen alerten Major vielleicht auch als eine Art Minenhund vor.

Macht dir das wirklich Angst?, ging es Sindraman durch den Kopf.

Unwillkürlich machte sich ein leicht spöttisches Lächeln um seine blutleeren Lippen herum breit. Nein, dachte er, das ist einer der Vorteile deines Alters. Du stehst über diesen Dingen, über den kurzfristigen Ambitionen von Leuten wie Sung. Und am Ende wirst du sie alle überleben...

Er hatte Sung nie getraut. Aber Sindramans Einfluss war letztlich nicht stark genug gewesen, um Sungs Versetzung nach X-Point zu verhindern. Der General hoffte, dass sich diese Niederlage nicht im Endeffekt als schwerwiegend herausstellte.

Offenbar gab es starke Interessengruppen in der Regierung, die Sung stützten. Kräfte von ganz oben. Kräfte, in deren Augen ein altes Fossil wie Sindraman vielleicht nicht mehr so richtig in die Landschaft passte.

Sindraman war Gegenwind gewohnt.

Eine zähe Mischung aus Geduld und Härte kennzeichnete den Inder. Wer es mit ihm aufnehmen wollte, musste einen langen Atem haben...

Und wie ist es mit deinem eigenen Atem bestellt?, durchfuhr es Sindraman. Wird er nicht auch kürzer, je mehr Sand bereits durch deine Lebensuhr hindurchgelaufen ist?

Vielleicht war ja auch das Gegenteil der Fall.

Sindraman erinnerte sich an ein Zitat von George Bernard Shaw, das ihm aus seiner Studienzeit in Delhi in Erinnerung geblieben war, auch wenn er schon nach drei Semestern damit aufgehört hatte, sich mit englischer Literatur zu befassen. 'Beware of old men, they have nothing to loose...'

Ja, genau so ist es. Der alte Shaw hatte schon recht...

Er sah Sung direkt in die Augen, etwas, was der Chinese nicht ausstehen konnte.

Ich hoffe für dich, dass du dieses Shaw-Zitat auch kennst!, dachte Sindraman dabei grimmig.

"Beginnen Sie Ihren Bericht, Major!", forderte Sindraman den Chinesen auf.

Major Sung hob die Augenbrauen. Seine Haltung wirkte steif.

"Unseren Berichten nach kann es eigentlich keinen Zweifel daran geben, dass die Westunion in Kontakt mit einer außerirdischen Zivilisation gekommen ist. Es liegt auf der Hand, dass deren technische Errungenschaften gegen uns eingesetzt werden sollen. Unser Gegner könnte dadurch einen entscheidenden Vorteil bekommen."

"Das ist mir bekannt. Heißt das, dass es jetzt definitive Bestätigungen für diese Meldungen gibt?"

"Ja, General."

"Für mich kommt das nicht überraschend. Ich hoffe, dass unserer obersten Führung klar ist, dass jetzt gehandelt werden muss. Und zwar überlegt..."

"Da sollte sich keiner von uns beiden Sorgen machen." Sungs Tonfall war schneidend. Sindraman gefiel das nicht. In Bezug auf Sung werde ich auch etwas unternehmen müssen, ging es ihm durch den Kopf. Und auch das wollte wohlüberlegt sein...

Sindramans Gesicht bekam etwas maskenhaftes. In seinen Augen glitzerte ein kaltes Feuer.

Er wäre nicht der erste, der mich unterschätzt!, dachte er.

Der Tonfall, in dem der General seine nächste Frage stellte, blieb absolut emotionslos und sachlich. Von dem Ärger, den er empfand, war ihm nicht das geringste anzumerken.

"Ist die Westunion bereits im Besitz der fremden Technologie?", fragte er.

Major Sung zuckte die Achseln, atmete tief durch.

"Die Berichte sind widersprüchlich", erklärte er gedehnt, tickte dabei nervös mit den Fingern auf der Tischfläche herum. Sindraman mochte das nicht.

"Und was ist mit der Star-Ship-Flotte, die der ersten Mission hinterhergesandt wurde?", erkundigte sich der General.

Major Sung lehnte sich zurück. "Es scheint irgendwelche Schwierigkeiten zu geben. Was dort genau vor sich gegangen ist, konnten wir bislang nicht zweifelsfrei herausfinden." Der Major beugte sich etwas vor. "Unter den gegebenen Umständen sollte die PAZIV einen Präventiv-Krieg beginnen."

Das hätte ich mir ja denken können!, dachte Sindraman grimmig. Auf solche Gedanken kommen auch nur Leute wie du...

"Der würde Milliarden Opfer kosten", gab der General im Tonfall kühler Sachlichkeit zu bedenken.

"Aber wir würden ihn gewinnen, denn unsere Unter-Wasser-Siedlungen sind vor der Strahlung weitgehend geschützt."

"Sie sind ein Zyniker, Sung!"

"Nein, ein Realist. Lesen Sie sich eine Bedrohungsanlayse durch, General. Je länger wir warten, desto geringer werden unsere Chancen, etwas auszurichten."

"Und was ist mit den Milliarden PAZIV-Bürgern, die an Land leben? Sind Ihnen die gleichgültig, Major Sung?"

"Nicht gleichgültig, aber manchmal müssen gewisse Opfer gebracht werden. Im übrigen ist die Bevölkerungszahl der PAZIV erheblich größer als die der Westunion. Ein strategischer Vorteil, den man ausnutzen sollte."

Man kann nur hoffen, dass Sungs Ansichten auf oberster Ebene nicht uneingeschränkt geteilt werden!, dachte Sindraman schaudernd.

"Bislang wissen wir nicht, was der anderen Seite effektiv an außerirdischer Technologie in die Hände gefallen ist und ob daraus ein Bedrohungspotential erwächst, Major!"

Major Sung vollführte eine unbestimmte Geste mit den Händen.

"Von letzterem können Sie getrost ausgehen, General!", meinte er.

"Es wird eine Weile dauern, bis die andere Seite mit dieser Technologie umzugehen in der Lage ist. Und wer sagt uns, ob die Fremden sie der Westunion überhaupt überlassen..."

"Wenn es diese Fremden überhaupt noch gibt. Ihr Schiff ist schließlich havariert. Möglicherweise hat die erste Expedition die Überlebenden liquidiert, um sich in den Besitz des Raumschiffs zu bringen..."

"Ich bin nicht für übereiltes Handeln..."

"Seltsam, ich hatte Sie nie für einen Zögerer gehalten, General Sindraman."

"Das war ich auch nie."

"Sie wollen den Spionagekrieg also auf kleiner Flamme weiterführen?"

"Die Sache mit diesem Berkewitz war ein herber Rückschlag, aber im Prinzip ja. Eine Eskalation ist kein Problem, sie kann jederzeit ausgelöst werden."

Sung beugte sich vor.

"Mein Vorschlag wäre, das Programm CHAOS auszulösen, General... Wir müssen Zeit gewinnen und die Kräfte des Gegners binden!"

Sindraman hob die Augenbrauen.

Das Programm CHAOS. Daran hatte er auch schon gedacht. In der gesamten Westunion gab es Personen, die hypnotisch behandelt worden waren. Sie waren so konditioniert, dass sie sich regelmäßig eine bestimmte Seite im Datennetz ansahen, die völlig harmlos aussah. Eine winzige Änderung auf der Benutzeroberfläche dieser Seite löste einen posthypnotischen Befehl aus und machte aus den derart konditionierten Personen Saboteure.

Selbstverständlich hatte der Geheimdienst der PAZIV darauf geachtet, diese Leute an möglichst sensiblen Positionen zu platzieren, so dass der Schaden, den sie anrichten konnten, möglichst groß war.

Auf diese Weise war die PAZIV in der Lage, einen unerklärten Krieg zu führen und die andere Seite jederzeit in ein komplettes Chaos zu stürzen. Zumindest in der Theorie. In der Praxis war das Programm CHAOS noch nie erprobt worden.

Jay Sindraman selbst war es gewesen, der es einst aufgebaut hatte.

Er sah darin so etwas wie eine Möglichkeit, den Gegner im Krisenfall in die Knie zwingen zu können, ohne gleich auf den roten Knopf drücken zu müssen.

Denn in dem Fall - das stand von vorn herein fest - waren die Opfer auf beiden Seiten enorm.

Sindraman lehnte sich in seinem Sessel zurück.

"Ich werde Ihren Vorschlag weiterleiten, Major Sung", versprach er.

"Das hoffe ich sehr!", war die eisige Erwiderung des Chinesen.

Sindraman registrierte die unterschwellige Drohung durchaus, die in diesen Worten mitschwang und in etwa lautete: Wenn du es nicht weiterleitest, werde ich das tun - über meine eigenen Kanäle.

Und dass die hervorragend funktionierten und wirklich bis ganz nach oben reichten, daran bestand für General Sindraman nicht der Hauch eines Zweifels.

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